Freitag, 15. Februar 2013

Nach Papst-Rückzug: Feuer frei aus allen Rohren

Johlen im Fernsehstudio, widerwärtiger Spott in Internetforen und Netzwerken, bisweilen blanker Hass – die katholische Kirche und der aus Deutschland stammende Papst erleben in diesen Tagen eine Form der Ablehnung, die jedes Maß verloren hat.

Häme und Aggression in Teilen der Öffentlichkeit und der veröffentlichten Meinung kritisierte jüngst der Kölner Kardinal Meisner. Wer das für überzogen hält, sollte sich die Reaktionen auf den angekündigten Rücktritt von Papst Benedikt anschauen. Vorweg: Niemand muss katholisch oder überhaupt Christ sein, niemand muss an Gott glauben, und niemand muss überhaupt einen Papst mögen.
 
Doch die Reaktionen eines Teils der deutschen Öffentlichkeit lassen mich am Verstand mancher Zeitgenossen zweifeln. In Online-Foren und sozialen Netzwerken wie Facebook und insbesondere Twitter schüren Kirchenfeinde, anders kann ich es nicht nennen, den Hass. "Der Papst hat seinen Freund geheiratet und musste zurücktreten" könnte man vielleicht noch unter Satire verbuchen. Aber Beiträge wie "keine Knaben mehr zum Missbrauchen da?" oder "Keine Aufopferung bis zum letzten Atemzug? Hat wohl bei der HJ nicht aufgepasst" überschreiten jede Grenze zulässiger Kritik in einer zivilisierten Gesellschaft. Diese Form der Menschenverachtung findet kaum Widerspruch – in Medien schon gar nicht.
 
Kaum ein Blatt, kaum ein Sender, der die Top-Nachricht dieser Woche nicht nutzt, vornehmlich Gegner der katholischen Kirche im Allgemeinen und dieses Papstes im Besonderen ausführlich zu Wort kommen zu lassen. Uta Ranke-Heinemann und Horst Herrmann, beiden entzog die Kirche einst den Lehrstuhl, dürfen draufhauen, dass es kracht.
 
Heiner Geißler weiß, was der Vatikan "für ein Laden" ist, und auch TV-Pastor Fliege ist als Experte geladen. Und das "Handelsblatt" gibt der Grünen-Vorsitzenden Claudia Roth breiten Raum für ihr gewohntes Sexualmoral-Zölibat-Frauenordination-Erneuerungs-Geweine. Mitglied der Kirche ist sie nicht. Ob die Zeitung nun wenigstens Kardinal Meisner mal etwas zu notwendigen Reformen bei den Grünen schreiben lässt?

Nur selten findet man mediale Würdigungen eines Papstes, der die Lehre seiner Kirche weiterentwickelt und die wunderbare Enzyklika "deus caritas est" verfasst hat. Dessen Worte im ehemaligen Vernichtungslager Auschwitz auch uns Deutschen vor der ganzen Welt gut angestanden haben. Wer würdigt seine Bemühungen, nach seiner missverstandenen Rede in Regensburg, um ein besseres Verhältnis zur islamischen Welt, zu Juden und orthodoxen Kirchen? Wo bleibt, wenn man seine Lehren nicht teilt, wenigstens der Respekt vor dem ungemein gebildeten und scharfsinnigen Denker?

Papst Benedikt hat seiner Kirche und unserem Land in den Jahren seines Pontifikats alle Ehre gemacht. Es ist ein Trauerspiel, das eine feixende, schadenfrohe Meute in diesen Tagen aufführt.

Von Klaus Kelle

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