Freitag, 5. April 2013

Man muss den Menschen die Gelegenheit geben, besser zu werden

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Von Ulrike Hinrichs. - Dem ehemaligen Verfassungsschutzpräsidenten Hansjörg Geiger ist die Begeisterung ins Gesicht geschrieben. Die Alexandra-Lang-Stiftung für Patientenrechte ist sein Lebenswerk geworden.
 
In einer kleinen ehemaligen Altbauwohnung im Regierungsviertel, direkt gegenüber der Bundespressekonferenz in Berlin, öffnet er uns lächelnd die Tür. Wir wollen mehr wissen, über seine Motivation, sich so zu engagieren und über diese nahezu unbekannte Stiftung.
 
Alexandra Lang, die Namensgeberin der Stiftung, ist seit 13 Jahren tot. Sie starb mit nur 29 Jahren 2000 an einem ärztlichen Behandlungsfehler. Ein Hausarzt hatte ihr gegen Ermüdungs- und Erschöpfungszustände eine Infusion verabreicht, die wenige Stunden später zum Multiorganversagen führte. Eine anrührende Geschichte ist dieser Fall, denn das junge Mädchen stand kurz nach ihrem Studium vollkommen gesund im Leben. Alexandras Mutter, Ilse Lang, Unternehmergattin, kann das einfach nicht fassen. Was tatsächlich an diesem Tag passiert ist, wollen ihr die Ärzte anfangs gar nicht sagen, nur mühsam erfährt sie die Fakten und fühlt sich hilflos und alleingelassen im Dschungel der irreführenden Antworten durch Ärzte und Krankenkassen.
 
2003 entscheidet sie sich zu klagen, denn aus dem Fall ihrer Tochter wird immer deutlicher, dass offensichtlich ein Behandlungsfehler der Auslöser für das Organversagen war. Der juristische Weg ist mühsam und auch nicht von Erfolg gekrönt. Heute – zehn Jahre später- ist das Verfahren immer noch nicht abgeschlossen. Das Urteil allerdings soll in diesem Jahr verkündet werden. Gespanntes Warten. Parallel zum Gerichtsverfahren gründet Ilse Lang eine Stiftung, die Alexandra-Lang-Stiftung für Patientenrechte. Ihr mühsamer Weg vor Gericht, die mangelnde Unterstützung von allen Seiten und die unzureichende Kenntnis der Anwälte in medizinischen Streitfällen lassen dieses Vorhaben mehr und mehr reifen.
 
“Ilse Lang ist eine echte Mäzenin”, erzählt Hansjörg Geiger. Durch Zufall lernen sich der ehemalige Verfassungsschutzpräsident, Ex-Staatssekretär aus dem Innenministerium und Ilse Lang kennen. Ilse Lang möchte, dass er die Stiftung leitet. Doch was hat einer, der sich um Rechtsextremismus,
Waffenschmuggel und organisierte Kriminalität kümmerte, mit Patientenrechten zu tun? “Mein Vater war Arzt” , erzählt Geiger “, schon als kleiner Bub war ich also mit Patienten und ihren Problemen befasst.” Vielleicht hätte die Stiftung kaum jemanden Besseren finden können, denn Geiger weiss, wie er die Politik für seine Zwecke gewinnen kann. Und das gehört neben der Hauptarbeit -nämlich die Patientenfälle anzusehen, mit einem Ärztenetzwerk Gutachten zu erstellen und beratend tätig zu werden- zu den Hauptaufgaben. Unermüdlich besucht Geiger in Berlin die handelnden Gesundheitspolitiker, weist auf die Defizite bei den Patientenrechten hin. Als Sachverständiger wird er inzwischen in Bundestagsausschüsse geladen unc er hat wesentlich an dem Gesetz für die Patientenrechte mitgearbeitet.
 
Die Probleme der Patienten und ihrer Angehörigen nach schweren Behandlungsfehlern sind immens, eigentlich unfassbar und in einer aufgeklärten Gesellschaft nicht akzeptabel. Dass Geschädigte von einem Arzt zum anderen geschickt werden, unzureichende Gutachten geschrieben und Juristen im Fachgebiet Medizinrecht nahezu nicht ausgebildet werden, reicht für ein riesiges “Schwarzbuch”.
 
“Wir sind zurückhaltend mit Presse- und Öffentlichkeitsarbeit”, erklärt Geiger”, wir haben durchschnittlich 250 Fälle, mehr können wir gar nicht bewältigen”. Leichte Fälle von Behandlungsfehlern müssen sie in der kleinen Stiftung ablehnen, sie wollen denen helfen, die unausweichlich auf sie angewiesen sind. Das Team um Geiger ist professionell aufgestellt. Ärzte, eine Krankenschwester und mit Geschäftführer Johannes Wörn ein ehemaliger Mitarbeiter aus der Politik. Sie betreuen die Betroffenen, verfassen Beurteilungen zu den einzelnen Fällen und erstellen Expertisen für den Gesundheitsausschuss im Bundestag. Die Erfolge geben der Stiftung recht. Immer wieder kann Menschen mit schwersten Behandlunsgfehlern geholfen werden. Manchmal geht es um viel Schmerzensgeld, manchmal aber auch nur darum, den Betroffenen ihr Selbstbewusstsein wieder zu geben. Wie vielen Menschen konkret konnte die Stiftung schon helfen? “Sehr vielen”, sagt Geiger ” nur in ganz wenigen Fällen – vielleicht zehn Prozent- geraten wir an unsere Grenzen”.
 
Geiger glaubt, dass die Dunkelziffer alleingelassener Patienten nach Behandlungsfehlern äußerst hoch ist. Viele scheuen die Öffentlichkeit und trauen sich nicht, gegen die “Macht im weissen Kittel” das Wort zu erheben. Das müsse sich ändern, findet Geiger. Deswegen kämpft er auch gegenüber der Politik so unermüdlich für einen “mündigen Patienten”. “Die Motivation für diese Aufgabe, hole ich mir jeden Tag von den Menschen, denen wir helfen können”, sagt Geiger “und den anderen muss man einfach die Gelegenheit geben, besser zu werden”.
Die Stiftung im Internet – Wenn Sie spenden möchten:
Spendenkonto

Alexandra-Lang-Stiftung
Konto-Nr. 150727600
BLZ: 56240050
Commerzbank AG Kirn
 
 
 
 

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