Sonntag, 28. Dezember 2014

Pro und Contra Mindestlöhne - Gerechtigkeit bei der Lohngestaltung im Niedriglohnsektor

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Janis Meinung dazu:
Viel Text, wenig Substanz, weil .... da schreibt jemand sehr abgehoben .... vielleicht mal das Ohr beim Volk haben, konnte möglicherweise zu einer differenzierteren und damit adäquateren Meinung führen. 
Aber was schreib ich da, wenn ich lese, was gut bezahlte Kirchenleute so von sich geben, letztens erst in der Heiligabendausgabe unserer Tageszeitung, sollte man wirklich seinen Kirchenaustritt in Erwägung ziehen. 
Obwohl diese Kirche verloren wäre, würde das Salz der Erde aus ihr austreten. Dürfte also nicht dem Willen des Herrn entsprechen. Aber machen kann man auch nicht wirklich etwas, das Teuflische in der Kirche ist sehr mächtig. Nur zu DDR Zeiten hatte es sich verkrochen. 
Und weil das so ist, darf ich auch nicht alles sagen, weil es mir selber schadet. Es gibt dann diverse Leute, die nur darauf warten, ihre Intrigen zu spielen. Das spüre ich seit geraumer Zeit und weiß auch, wer dahintersteckt.





Eine Argumentationshilfe der Kammer der EKD für soziale Ordnung, EKD-Texte 102, 2009


Zusammenfassung

(20) Wägt man die Argumentationen gegeneinander ab, so lässt sich einerseits festhalten, dass ein allgemeiner staatlich definierter Mindestlohn in der Tat eine gewisse Sicherung vor Lohnverfall in den unteren Lohnbereichen wäre und, bei entsprechender Höhe, auch ein pragmatisch sinnvoller Bezugspunkt für die Lohnfindung sein könnte. Umfragen zeigen, dass die Mehrheit der Deutschen einen Mindestlohn für gerecht hält. Die Einführung eines Mindestlohns hat offenbar auch Symbolkraft: sie könnte die Wertschätzung von Arbeit sichtbar und öffentlich stärken.
Allein durch einen Mindestlohn wäre aber andererseits Armut noch nicht besiegt, und auch die Umsetzung des Postulates, dass ein jeder und eine jede von seiner bzw. ihrer Arbeit leben können muss, wäre dadurch keineswegs gewährleistet. Schon jetzt liegt der Durchschnittslohn der „Aufstocker“ über der Höhe des diskutierten Mindestlohns. Es gäbe also auch weiterhin viele denkbare Konstellationen, in denen vor allem Familien mit Kindern zusätzliche Transferleistungen benötigten. Im Blick auf eine nachhaltige Armutsbekämpfung bleibt deshalb die Investition in Infrastruktur zur Unterstützung von Familien entscheidend. Auch um das Entstehen unzureichender Erwerbseinkommen bei Beschäftigten zu vermeiden, sind Mindestlöhne sicher nicht das Mittel der ersten Wahl. Vorrang haben jene Maßnahmen, die der Verbesserung der Erwerbschancen dienen. Bildung und Weiterbildung kommt deshalb eine Schlüsselrolle bei der Vermeidung unzureichender Einkommenslagen zu, da mangelhafte oder überholte Qualifikationen Hauptursachen für schlechte Erwerbschancen, verbunden mit Niedrigverdiensten, bilden. Berufliche Weiterbildung ist entscheidend, weil die Berufsqualifikation in modernen Ökonomien offenbar sinkende Halbwertszeit hat: Besonders problematisch ist das im Blick auf die wachsende Erwerbsbeteiligung von Frauen mit häufigeren Übergängen zwischen privatem Leben und Beruf und die steigende Erwerbsbeteiligung der Älteren, für deren Beschäftigungschancen zeitgemäße berufliche Qualifikationen entscheidend sind.
Der beste Weg zu einer gerechten Lohnfindung bleibt auch für den Niedriglohnsektor das Tarifsystem. Es sollte, wo es erodiert, erneut gestärkt werden – nicht zuletzt durch eine breite Mitgliederbasis von Arbeitgeberverbänden und Gewerkschaften. Die Tarifparteien sind als erste aufgefordert, eine „nach unten“ beliebige Abwärtstendenz zu verhindern; das gilt gerade auch im Blick auf die wachsende Freizügigkeit in der EU. Die Bedeutung von Arbeit ist konstitutiv für die gerechte Teilhabe wie für die sozialen Sicherungssysteme in Deutschland. Wo Lohn und Rahmenbedingungen der Arbeit fragwürdig werden, und wo es nicht gelingt, die Arbeitsverhältnisse durch das Tarifsystem so zu regulieren, dass die unteren Lohngruppen gesichert sind, wie das derzeit in manchen Branchen der Fall ist, besteht allerdings politischer Handlungsbedarf.
Die zum Teil unrealistischen Erwartungen an einen allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn werden wachsen, wenn eine Mehrheit der Bevölkerung den Eindruck hat, dass der Wert der Arbeit und die Würde der arbeitenden Menschen auf dem Markt verfallen und die Abhängigkeit der Beschäftigten von Transferleistungen jenseits des Familienleistungsausgleichs zunimmt. Solche Entwicklungen führen schon heute dazu, dass unterschiedliche Kräfte in der Gesellschaft Modelle eines bedingungslosen Grundeinkommens in die Debatte bringen.
Der derzeitige Weg, da, wo das Tarifsystem nicht trägt, eine „Abwärtsspirale“ zu vermeiden, sind in den entsprechenden konkret definierten Ausnahmefällen branchenspezifische gesetzliche Mindestlöhne, die gegenüber einem allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn den Vorteil haben, die Entwicklung in einzelnen Bereichen und Regionen genauer analysieren zu können und damit zielgenau gegenzusteuern. In der Pflegebranche beteiligen sich auch die Kirchen selbst als große Arbeitgeber an einer entsprechenden, von der Regierung eingesetzten, Kommission, die den Mindestlohn für Pflegehelfer sichern soll. Da die Pflegebranche allerdings in hohem Maße öffentlich refinanziert wird und auch der Wettbewerb der Anbieter in der Pflegebranche politisch gesteuert ist, bleibt darauf zu achten, dass ein Mindestlohn in diesem Feld lediglich eine untere Lohngrenze beschreibt, nicht aber zur Norm der Refinanzierung durch die Kostenträger werden darf.


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Mindestlöhne in Europa

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In ganz Europa gibt es Mindestlöhne... Ganz Europa? Nicht ganz. Aber Deutschland soll endlich auch bald den Mindestlohn bekommen. Achten wir darauf, dass er wirksam umgesetzt wird!

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Aber auch im neuen Europa ist er längst verbreitet. Begeben wir uns also auf eine Reise rund um Deutschland. Beginnen wir mit unseren Nachbarn im Westen.


In den Niederlanden bezeugt die urkundliche Erwähnung aus dem Jahre 1894 erste Bestrebungen zu einem gesetzlichen Mindestlohn. 1968 wurde schließlich ein gesetzlicher Mindestlohn landesweit eingeführt. Seither nimmt das Arbeitsministerium an der allgemeinen Preis- und (Tarif-)Lohnentwicklung Maß, um die Lohnuntergrenze anzupassen. Neben diesem Index beeinflussen aber auch politische Erwägungen die Entwicklung des realen Mindestlohnniveaus. Derzeit liegt der Mindestlohn in den Niederlanden bei 9,11 Euro pro Stunde.

Befürchtungen, wonach ein Mindestlohn negative Beschäftigungseffekte haben würde, haben sich im Königreich nicht bestätigt. Vielmehr besteht in den Niederlanden Konsens darüber, dass eine Vollzeitbeschäftigung eine angemessene Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ermöglichen muss.


In Belgien einigten sich 1975 die Dachverbände von Arbeitgebern und Arbeitnehmern in einem branchenübergreifenden Tarifvertrag auf die Einführung eines nationalen Mindestlohns. Der Erlass des Königs erklärte dies für rechtsverbindlich. Mit automatischem Inflationsausgleich und tarifvertraglicher Aushandlung werden Erhöhungen realisiert. Derzeit liegt der gesetzliche Mindestlohn im Königreich bei 9,10 Euro pro Stunde. Er wird von keiner relevanten sozialen Kraft in Frage gestellt.


Die traditionell offene luxemburgische Volkswirtschaft bedurfte wegen des internationalisierten Arbeitsmarktes eines nationalen Lohnstandards. 1944 führte das Großherzogtum als erstes europäisches Land einen gesetzlichen Mindestlohn ein. Dieser ist an die Preisentwicklung gekoppelt und orientiert sich an der durchschnittlichen Entwicklung der Reallöhne. Mit 11,10 Euro ist er der europäische Spitzenwert. Für qualifizierte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer liegt er nochmals 20 Prozent darüber.


Frankreich hat seit 1950 einen allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn. Seit 1970 sorgt der SMIC, der wachstumsorientierte berufsgruppenübergreifende Mindestlohn dafür, dass für die untersten Einkommensgruppen ein angemessenes Niveau der Kaufkraft gesichert bleibt. Eine jährliche Anpassung orientiert sich an der Preis- und Reallohnentwicklung und lässt auch der Regierung einen Ermessenspielraum. Seit Januar 2014 liegt der SMIC bei 9,53 Euro in der Stunde, was einem monatlichen Salär von ungefähr 1365 Euro bei einer 35-Stunden-Woche entspricht.

Die Auswirkungen des Mindestlohns auf die Beschäftigung ist in Frankreich noch umstritten. Fest steht, dass Lohnungleichheiten in hohem Maß abgebaut werden konnten. Die Binnennachfrage entwickelte sich positiv und konnte Impulse für Wachstum und Beschäftigung setzen.


In Großbritannien gibt es seit 1999 einen einheitlichen nationalen Mindestlohn. Die Low Pay Commission, bestehend aus Vertretern der Arbeitgeber, Gewerkschaften und Wissenschaftlern, empfiehlt alle zwei Jahre eine Anpassung dieser Lohnuntergrenze nach wirtschaftlichen und sozialen Faktoren. Derzeit liegt der britische Mindestlohn  bei 7,43 Euro pro Stunde. Lag die Höhe des Mindestlohns im Sommer 2007 noch bei umgerechnet 8,20 Euro, so führt die derzeitige Stärke des Euros gegenüber dem britischen Pfund nun zu diesem niedrigeren Wert.

Die Beschäftigung in Großbritannien hat zugenommen, insbesondere auch in denjenigen Branchen, in denen Mindestlöhne gezahlt werden. Dies führte zu einer breiten Unterstützung des Mindestlohns in Politik und Bevölkerung.


Eine ähnliche Entwicklung nahm die Einführung des Mindestlohns in Irland. Dort war trotz eines unvergleichlichen Wirtschaftsaufschwungs in den 80er Jahren Armut trotz Arbeit weit verbreitet. Seit dem Jahr 2000 sorgt der gesetzliche Mindestlohn dafür, dass es auf der grünen Insel mittlerweile keinen Lohn mehr unter 8,65 Euro in der Stunde gibt. Auch hier gab es keinen Beschäftigungsrückgang. Insgesamt erfreut sich der Mindestlohn in Irland einer breiten gesellschaftlichen Anerkennung.


Spanien hat seit 1968 einen gesetzlichen Mindestlohn. Dieser ist im westeuropäischen Vergleich mit derzeit 3,91 Euro bewusst auf einem niedrigen Niveau festgelegt worden. Er dient vorrangig als Referenzwert für sozialen Leistungen. Die meisten Löhne liegen - auch im Niedriglohnbereich - deutlich darüber.


Wenden wir uns nach Osten, zu den neuen EU-Mitgliedsstaaten. In Kroatien, Estland, Lettland, Litauen, Polen, Slowakei, Slowenien, Tschechien, Ungarn und auch in den neuesten Mitgliedsländern Bulgarien und Rumänien gibt es gesetzliche Mindestlöhne. Überall gab es nach dem Zusammenbruch der sozialistischen Planwirtschaft einen eigenständigen Transformationsprozess. Gemeinsam ist ihnen eine noch bestehende institutionelle Lücke in der Regelung der Arbeitsbeziehungen.


So ist außer in Slowenien die Deckungsrate der Tarifverträge sehr gering. Die Slowakei erreicht mit 50 Prozent Tarifbindung der Beschäftigten noch den höchsten Anteil. Um die Folgen des wirtschaftlichen und sozialen Umbaus abzufedern, gibt es in allen Ländern den Mindestlohn.

Mit einer Bandbreite von 1,04 Euro pro Stunde in Bulgarien bis zu 4,56 Euro in Slowenien haben die neuen EU-Staaten im europäischen Vergleich sehr geringe Mindestlöhne. Das Verhältnis zwischen dem niedrigsten (Bulgarien) und dem höchsten (Luxemburg) EU-Mindestlohn beträgt somit 1 : 14. Gemessen an der Kaufkraft und den Lebenshaltungskosten in den entsprechenden Ländern reduziert sich diese Spanne jedoch erheblich.

Und die verbliebenen Länder? Wirklich alle ohne Mindestlohn? Keineswegs, in fast allen europäischen Ländern gibt es Instrumente, die die Mindesthöhe von Löhnen zu sichern.



In Staaten wie Dänemark, Schweden und Finnland wird die Höhe der Mindestlöhne ausschließlich über Verträge zwischen den Tarifparteien geregelt. Dies gelingt, weil eine hohe Tarifbindung garantiert ist. So sind in Skandinavien mehr als 90 Prozent aller Beschäftigten durch Tarifverträge abgedeckt. Angesichts der zunehmenden Liberalisierung des europäischen Dienstleistungssektors und der damit einhergehenden zunehmenden Arbeitsmigration werden aber auch in diesen Ländern gesetzliche Mindestlohnmodelle diskutiert. Auch Österreich konnte traditionell auf gesetzliche Lohnuntergrenzen verzichten, da es über eine sehr hohe Tarifbindung verfügt. Im Juli 2007 einigten sich die Verhandlungspartner jedoch auf die Einführung einer festen Lohnuntergrenze.



Auch in Deutschland wird die Debatte über Mindestlöhne mittlerweile intensiv geführt. Die Erfahrungen in Europa - und in den USA - lassen auch in Deutschland rundum positive Folgen erwarten.

Am Ende unserer Reise sind wir also guter Dinge. Vielleicht heißt es bald: Ganz Europa hat Mindestlöhne. Ganz Europa!


Weitere Informationen zu Mindestlöhnen in anderen Ländern finden Sie in der WSI-Mindestlohn-Datenbank (PDF-Dokument) der Hans-Böckler-Stiftung.





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"Wenn Würde nichts mehr wert ist"



"Wenn Würde nichts mehr wert ist" 
Ein Gastbeitrag von Klaus Ernst 


Vorwort: 

Für all jene, die immer noch noch so richtig begreifen, was Hartz-IV ist, und was das tatsächliche Ziel dieser sogenannten Arbeitsmarktreform war und ist, sei diese recht kurze, aber inhaltlich umso deutlichere Zusammenfassung von Klaus Ernst sehr empfohlen: 


Die Agenda 2010 war in der Geschichte der Bundesrepublik nicht der erste Versuch, Sozialleistungen abzubauen. Bereits unter Bundeskanzler Kohl wurden massive Angriffe auf den Sozialstaat gefahren. Der Kündigungsschutz wurde gelockert. Lohnfortzahlungen bei Krankheit sollten eingeschränkt und die Rente gekürzt werden. Bereits damals haben wir in der Verwaltungsstelle Schweinfurt als IG Metaller und andere protestiert. Mit der Abwahl von Kohl 1998 und der rot-grünen Regierung dachten viele, dass jetzt die Voraussetzungen zum Erhalt des Sozialstaates gegeben seien. Doch spätestens seit dem Rücktritt von Oskar Lafontaine zeigte sich der wahre Charakter dieser Regierung.





Anleitung zum Schleifen des Sozialstaats

Die ganze Agenda 2010 und mit ihr die Hartz-IV-Gesetze folgten einem Masterplan: dem Schröder-Blair-Papier, das Gerhard Schröder und Tony Blair am 8. Juni 1999, wenige Tage vor der damaligen Europawahl, gemeinsam veröffentlichten. Das Papier trägt den euphemistischen Namen „Der Weg nach vorne für Europas Sozialdemokraten“ und war nichts weniger als eine Anleitung zum Schleifen des Sozialstaats. Die Sozialdemokraten setzten den Sozialabbau brutaler fort als es Kohl je gewagt hätte: Die Rente wurde mit der Riester-Rente teilprivatisiert. Praxisgebühren für Arztbesuche wurden eingeführt. Für Kapitalgesellschaften wurde die Körperschaftssteuer gesenkt, Veräußerungsgewinne für Unternehmen steuerfrei gestellt. Der Spitzensteuersatz wurde von 52 Prozent auf 43 Prozent gesenkt, was für eine Person mit einem Einkommen von 1 Million Euro ein Steuergeschenk von etwa 100.000 Euro bedeutet.


Gewerkschaften zwischen Schockstarre und Aufbegehren 

Wir Gewerkschafter der IG Metall in Schweinfurt haben wie schon zu Kohls Regierungszeit versucht, massiv Widerstand zu leisten – bis hin zu Arbeitsniederlegungen gegen die Riesterrente. Doch viele in den großen Gewerkschaften waren paralysiert, betrachteten sie doch die Regierung Schröder als die ihre, welche sie selbst im Wahlkampf unterstützt hatten. 


Unerträgliche Entwertung der Arbeit 

Als Schröder 2003 seine Agenda verkündete und den Arbeitsmarkt weitgehend deregulierte durch Entgrenzung von Leiharbeit und befristeter Beschäftigung, war Hartz IV ein weiterer Schritt zu dem Ziel, das eigentlich im Zentrum stand: einem drastischen Absenken der Löhne. Mit der Einführung von Hartz-IV ging es nun darum, die Versorgung von Menschen ohne Arbeit, die nicht mehr im AGL I Bezug waren, auf das absolute Minimum zu drücken. Sie sollten gezwungen sein, Arbeit aller Art anzunehmen, egal bei welcher Qualifikation und welcher Bezahlung. Die Einführung der Ein-Euro-Jobs bedeutete eine unerträgliche Entwertung der Arbeit. Die Regelung der Bedarfsgemeinschaft bedeutete, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, obwohl sie ihr ganzes Leben lang gearbeitet haben, ohne jegliche Unterstützung blieben, wenn ein Familienmitglied noch über eine bestimmte Einkommensgrenze verdiente. Die Angst, arbeitslos zu werden und in dieses System zu fallen, war selbst bei in Gewerkschaften organisierten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer so groß, dass viele bereit waren, unterhalb der tariflichen Bestimmungen zu arbeiten.



Größter Niedriglohnsektor Europas 
Zehn Jahre nach der Einführung von Hartz IV ist Deutschland ein Billiglohnland mit einem der größten Niedriglohnsektoren Europas. Die Löhne in Deutschland stagnierten seit dem Jahr 2000 inflationsbereinigt nicht nur, sondern sie sanken. Jede fünfte Arbeitsstelle ist heute prekär. Rentnerinnen und Rentner haben in den letzten zwölf Jahren rund ein Drittel ihre Kaufkraft verloren. Nur bei den Unternehmern und Kapitaleignern knallen die Champagnerkorken: Trotz der Finanzkrise sind die Gewinn- und Unternehmenseinkommen seit 2000 real um 24 Prozent gestiegen.


Widerstand leisten 

Warum musste das so kommen? Hätte diese Entwicklung nicht verhindert werden können? Mehrere Initiativen mit dem Versuch, die SPD zu einem Umdenken zu bewegen, scheiterten. Nach dem Ausschluss vieler Mitstreiter und mir aus der SPD und angesichts der zögerlichen Haltung der Gewerkschaften war bald klar, dass letztendlich nur der Schritt blieb, eine neue Partei zu gründen. Nur eine Partei, die auch im Westen und in der organisierten Arbeitnehmerschaft verankert ist, würde in der Lage sein, gegen die Agenda-Reformen Widerstand zu leisten. Es war die Geburtsstunde der WASG, die ihr Hauptanliegen im Namen trug: Arbeit und soziale Gerechtigkeit. Der Zusammenschluss mit der Linkspartei.PDS stellte den Widerstand auf eine gesamtdeutsche Basis. 


Demokratisches und soziales Korrektiv in Deutschland 

Und dieser Widerstand bleibt weiter nötig, unsere Kritik an der Agenda-Politik von Schröder nach wie vor richtig. Es ist unglaublich, das sich Sozialdemokraten und Grüne bis heute für die Agenda 2010, die selbst vom Verfassungsgericht korrigiert werden musste, noch immer auf die Schulter klopfen. Die Gewerkschaften wurden massiv geschwächt und damit, von Deutschland ausgehend, ein europaweites Lohndumping eingeleitet. Hartz IV hat die SPD zu einer neoliberalen Partei gemacht, in der Folge hat sie ein Drittel ihrer Mitglieder verloren. Die LINKE ist heute das demokratische und soziale Korrektiv in Deutschland. Auch wenn das Hartz-IV-System nach wie vor besteht: Ohne den Kampf der LINKEN und der Gewerkschaften gäbe es nicht mal den – wenn auch deutlich zu niedrigen – Mindestlohn von 8,50 Euro, der die Rutschbahn der Löhne zumindest ein wenig stoppt. Doch es bleibt noch viel, für das wir streiten müssen. Der Preis der Arbeit ist das eine. Der Wert der Würde das andere. Deshalb bleibt es dabei: Hartz IV muss weg! Wir brauchen eine bedarfsdeckende sanktionsfreie Mindestsicherung. 





gegen-hartz IV
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Ohne Worte: Schöne Bescherung für arme Menschen:

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WOHNUNGSLOSE NUN OHNE ADRESSE

Ohne Worte: Schöne Bescherung für arme Menschen: Jobcenter Saarbrücken beendet die Zusammenarbeit mit Trägern der Wohnungslosenhilfe
von Wolfgang Edlinger / Saarl. Armutskonferenz

21.12.2014

Seit vielen Jahren haben Wohnungslose und Menschen in prekären Wohnsituationen eine Postadresse bei zwei sozialen Trägern in Saarbrücken. Damit sind sie, so die Saarländische Armutskonferenz (SAK), für das Jobcenter postalisch erreichbar und können mit Unterstützung von sozialpädagogischen Fachkräften ihren Weg zurück in die Gesellschaft finden.

Diese Zusammenarbeit von Wohnungslosenhilfe und Jobcenter sei gewählt worden weil „die Bürokratie Jobcenter“ diese Menschen häufig nicht mehr erreiche. Nun habe das Jobcenter Saarbrücken diese Zusammenarbeit zum Jahresende aufgekündigt. Dies habe für die Betroffenen katastrophale Auswirkungen.

Die Betroffenen würden noch weiter ins gesellschaftliche Abseits gedrängt und müssten wiederum leidvoll erfahren, dass ihnen grundlegende Hilfestellungen im täglichen Lebenskampf genommen und ihre Anliegen, ihr Wert missachtet werde.

Besonders Jugendliche unter 25 Jahren seien von dieser Entscheidung existenziell betroffen. Die Zahl derjenigen Menschen, die sich Abend für Abend eine neue Schlafstelle suchen müssten, sei in den letzten Jahren stetig gestiegen. Mit der bisherigen Zusammenarbeit von pädagogischen Fachkräften und Mitarbeiter/-innen des Jobcenters konnten, so SAK-Vorsitzender Wolfgang Edlinger, Hartz-IV-Karrieren verhindert werden. Die betroffenen Jugendlichen würden den Verwaltungskampf allein mit der Behörde Jobcenter resigniert aufgeben. Die daraus entstehenden gesamtgesellschaftlichen Folgekosten würden um ein vielfaches höher ausfallen als frühzeitige Hilfen.

Für die Saarländische Armutskonferenz sei die Entscheidung des Jobcenters Saarbrücken in keinster Weise nachvollziehbar. Sie sei ein weiterer Beitrag dafür die Kluft zwischen Arm und Reich zu vergrößern und Langzeitarbeitslose ihrem Schicksal zu überlassen bzw. sie aus der Statistik des Jobcenters zu entfernen.

Die Saarländische Armutskonferenz fordert das Jobcenter und die politisch Verantwortlichen auf, die Entscheidung zurückzunehmen und ein soziales Desaster für alle Beteiligten zu verhindern. (pm)


gegen-hartz IV


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Zynischer geht nimmer ....


BA VERSCHICKT HARTZ IV JUBELKARTE

Hartz IV Jubelkarte zum Weihnachtsfest der Bundesagentur für Arbeit an Bundestagsabgeordente sorgen für heftige Kritik

23.12.2014

Edel sind sie, die Karten der Bundesagentur für Arbeit. Silber auf edlem rotem Hintergrund. Frohe Weihnachten mit „10 Jahre Hartz IV“ wünscht BA-Vorstand Heinrich Alt allen Bundesabgeordneten. Eine Aktion, die nicht zynischer sein kann.

Auf der „Gegen-Hartz Facebook-Gruppe“ wurde die Karte bereits geleakt. Linken-Bundesvorsitzende Katja Kipping bezeichnet die BA-Aktion als "Zynismus pur". Denn erst am Freitag hatte die Linksfraktion einen Antrag im Bundestag mit dem Titel „10 Jahre Hartz IV“ eingereicht. In der Debatte wollte die Fraktion auf die leidvolle Situation der Millionen Hartz IV Betroffenen gerade vor der Weihnachtszeit aufmerksam machen. Den Menschen sollen mit "aufrechten Ganges teilhaben können, ohne sich aus Scham oder Geldnot in den eigenen vier Wänden verkriechen zu müssen." Die Karte sei nicht nur zum Fest mehr als unangemessen.

Bei der BA zeigt man sich uneinsichtig. Es sei „keine verständnislose Reaktion bekannt“. Ist die Karte an die Bundestagsabgeordneten nicht geschmacklos? Am Weihnachtsfest, an denen sich Hartz IV Bezieher nichts leisten können. Die Karte ging freilich nur an Menschen, die sich keine Sorgen machen müssen, ob sie sich Weihnachtseinkäufe überhaupt leisten können. Zynisch bleibt sie allemal, weil sie die Armutsgesetze abfeiert, die durch Dumpinglöhne und prekäre Beschäftigung Millionen Menschen mehr Armut gebracht haben. (sb)


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