Sonntag, 8. Juli 2018

Ich kann nicht so schnell sprechen, muß immer nachdenken

.
Weihnachtsgans 
und hospitalisiertes Nilpferd

In der Generaldebatte des Bundestages zum Haushalt 2018 hatte die AfD-Fraktionsvorsitzende Alice Weidel in ihrer Rede am 16. Mai 2018 Folgendes erklärt:

„Burkas, Kopftuchmädchen und alimentierte Messermänner und sonstige Taugenichtse werden unseren Wohlstand, das Wirtschaftswachstum und vor allem den Sozialstaat nicht sichern.“ 

Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) rief Weidel daraufhin zur Ordnung und erklärte, mit der Formulierung „Kopftuchmädchen und sonstige Taugenichtse“ diskriminiere sie alle Frauen mit Kopftuch.

Ein Leser von RP Online fragte daraufhin: „Ob wohl Schäuble aus demselben Grund auch die Grünen zur Ordnung rufen würde, wenn wieder einmal die Rede von den Glatzen oder Springerstiefeln ist? Schließlich werden hier alle Glatzenträger und Springerstiefelfreunde in einen Topf geworfen. ...“

Der Einspruch Weidels gegen die Maßnahme blieb übrigens erfolglos. Dieser Vorgang veranlasst den Verfasser, sich einmal näher mit dem Thema Ordnungsrufe im Deutschen Bundestag zu befassen. Weitere parlamentarische Maßnahmen, die dem Sitzungsleiter (Präsidenten, Vizepräsidenten) außerhalb der Geschäftsordnung nach parlamentarischem Brauch zur Verfügung stehen wie „Rüge“ oder Qualifizierung einer Äußerung als „unparlamentarisch“, werden hier ebenso wenig behandelt wie Ordnungsgeld und Ausschluss.

Als Fazit lässt sich vorweg sagen: Wenn auch zuweilen bezweifelt wird, dass der Bundestag ein Spiegel der Gesellschaft sei (Stichworte: Zu viele Lehrer, zu wenige Frauen), bei der Verwendung von Schimpfwörtern wird die ganze Breite der Gesellschaft repräsentiert: „Auf das Tierleben – Ratte, Schlange, Stinktier, feiger Hund, Karnickel – griffen die Volksvertreter ebenso zurück wie auf eine deftige Fäkalsprache. Festgehalten sind auch Begriffe wie Berufsrandalierer, Gangster, Galgenkandidat, Harzer Roller, Lackschuh-Panther, Möchtegern-Schimanski, Nadelstreifen-Rocker, Petersilien-Guru, Putzlumpen, Massenmörder, Pistolero, Pogromhetzer oder Giftspritze.“
An Phantasie fehlt es unseren Volksvertretern nicht

Zu den ausgefallenen Tiervergleichen (bitte ziemlich weit nach unten scrollen), mit denen sich Politrowdies früher überzogen, gehörten: Kläffender Goldhamster, scheinheilige Schlange, Weihnachtsgans, Beamtenkuh, Schnarchhahn, Lackschuh-Panther oder hospitalisiertes Nilpferd. Also an Phantasie fehlt es unseren Volksvertretern wahrlich nicht.

Eine gewisse Berühmtheit erlangte Peter Ramsauer mit seiner Bezeichnung der Grünen-Abgeordneten Kristin Heyne als „freches Luder“. Auch die Bezeichnung des Grünen-Politikers Rezzo Schlauch als „Brüllaffe“ ging auf sein Konto. Er wurde allerdings zuvor von dem späteren Außenminister Josef (Joschka) Fischer getoppt, der am 18. Oktober 1984 dem damaligen Bundestagsvizepräsidenten Richard Stücklen zurief: „Mit Verlaub, Herr Präsident, Sie sind ein Arschloch“, nachdem dieser das Gründungsmitglied der Grünen Jürgen Reents ausgeschlossen hatte, weil er Helmut Kohl als „von Flick freigekauft“ bezeichnet hatte.
.

Keine Kommentare: