Es gibt Ausdrücke, die nicht in eine
politische Kolumne einer honorigen Zeitung gehören. Doch was sich in den
letzten Tagen an Heuchelei, politischem Opportunismus und
Orientierungslosigkeit in Berlin rund um das Erneuerbare-Energien-Gesetz
abspielt, ist mehr als unanständig – es ist, verzeihen sie mir: eine
Verar…
Seit Beginn der Zwangseinspeisung von Fotovoltaik-, Wind-
und Biogasstrom, also der totalen Planwirtschaft in der Stromerzeugung,
warnen Marktwirtschaftler vor Milliardenkosten für die Verbraucher und
vor einer nachhaltigen Beschädigung der Wettbewerbsfähigkeit des
Industriestandortes Deutschland. Sie wurden verleumdet und mit den
Weltuntergangsszenarien der Klimakatastrophe mundtot gemacht. Die jetzt
ins Gespräch gebrachte Quotenregelung haben wir in dieser Kolumne schon
vor Jahren gefordert. Sie könnte wenigsten einen Wettbewerb um die
billigste erneuerbare Energie bringen und nicht die am höchsten
subventionierte fördern.
Seit Monaten ist bekannt, dass im nächsten Jahr die Umlage pro
Kilowattstunde für Otto Normalverbraucher auf 5,3 Cent plus
Mehrwertsteuer steigen wird. Und jetzt, da diese Abzocke offiziell
umgesetzt werden muss, verkündet Umweltminister Peter Altmaier, er wolle
bis 2020 jedem Bürger eine kostenlose Energieberatung anbieten. Bei so
viel Chuzpe bleibt mir die Spucke weg. Er will auch die staatlichen
Eingriffe neu regeln. Der Plan soll
neu geplant werden. Schade, dass
DDR-Planungschef Günter Mittag schon verstorben ist. Der hat gewusst,
wie unerfüllbare Vorgaben immer wieder neu aufgestellt werden können.
Altmaier hat auch gesagt, dass die Energie dem Markt nicht überlassen
werden kann. Der Markt habe auch nicht verhindert, dass in seiner
Jugend die Saar dreckig war. Auf der Suche nach den Lehrmeistern dieses
CDU-Ministers bin ich vielleicht fündig geworden. „Die Wirtschaft kann
sich nicht selbst überlassen bleiben. Der Traum vom ausgleichenden,
segensreichen Spiel der freien Kräfte ist ausgeträumt. Der Staat muss?…
durch eine Planung in großen Umrissen weisen.“ Beschluss der SPD während
ihres Parteitages in Düsseldorf im September 1948.
Die FDP hat sich auch zu Wort gemeldet. Das EEG müsse weg, sagt sie.
Aber: Sie will jetzt die Stromsteuer senken. Wen will sie denn damit
überzeugen? Im Endeffekt läuft auch der FDP-Plan nur auf andere
Staatseingriffe hinaus, der das besserverdienende Publikum der FDP zu
Lasten der Allgemeinheit schont. Solange die FDP am Planziel 80 Prozent
erneuere Energie bis 2050 festhält, macht sie sich an dem Debakel
mitschuldig.
Nur der grüne Machiavelli Jürgen Trittin bleibt sich und den Seinen
treu, wenn er die Ausnahmegenehmigungen für die großen Stromverbraucher
für den schnellen Anstieg der Strompreise verantwortlich macht. Das sind
etwa neun Milliarden Euro. Dazu eine zynische Anmerkung: Jawohl, weg
mit diesen Begünstigungen. Damit werden hunderttausende Arbeitsplätze in
Deutschland gleich mit verschwinden und unsere europäischen Nachbarn
müssen nicht mehr vor dem starken Deutschland Angst haben. In der
Dialektik ist der gelernte Kommunist Trittin seinen widersprüchlichen
CDU-Kontrahenten halt weit überlegen.
Die Akteure dieses Verwirrspiels hat Ludwig Erhard 1977 in einer Rede
treffend beschrieben: „Es gibt drei Kategorien von Menschen, die ich,
im Grunde genommen und zurückhaltend ausgedrückt, einfach nicht leiden
kann. Das sind die Nur-Pragmatiker: Zwar weiß ich auch, dass man nicht
immer durch die Wand gehen kann; aber Pragmatiker aus geistiger und
charakterlicher Haltung zu sein, ist der Verachtung wert. Den
Pragmatikern, die sich sogar weise dünken, folgen die Opportunisten,
denen nur mit Abscheu zu begegnen ist. Und schließlich sind da noch die
Konformisten als das wahrscheinlich ärgste Übel zu nennen. So viel an
Widerwärtigkeit kann kein anständiger Mensch vertragen.“
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