Nie werde ich Ostern 1946 vergessen. Ich
war damals vierzehn Jahre alt, meine Schwestern elf und sechzehn. Mein Vater war
fünf Jahre zuvor gestorben und hinterließ sieben schulpflichtige Kinder. Auf
vieles mussten wir verzichten. Einen Monat vor Ostern rief der Pastor unserer
Gemeinde zu einer besonderen Spendenaktion auf für eine bedürftige Familie der
Gemeinde. Er forderte alle auf zu sparen und großzügig zu spenden.
Wir wollten da auch mitmachen und überlegten
was wir tun konnten um möglichst viel Geld zusammen zu bekommen. Es fiel uns
einiges ein und wir setzten uns mit Freude ein. Einen Monat aßen wir fast nur
Kartoffeln um damit 20 Dollar Essensgeld zu sparen und dieses dann zu spenden.
Wir machten möglichst wenig Licht an, hörten kein Radio um damit Strom zu
sparen. Wir jobbten so häufig wie möglich als Putz- und Gartenhilfe, dann
arbeiteten wir noch als Babysitter und jeden Cent legten wir zurück. Wir
kauften Baumwolle, häkelten Topflappen und verkauften sie. Das ergab noch
einmal zwanzig Dollar.
Dieser
Monat war der beste unseres Lebens.
Jeden Tag zählten wir das Geld und wir unterhielten uns darüber wie sehr
sich
diese bedürftige Familie über das Geld von der Gemeinde freuen würde. Zu
unserer Gemeinde gehörten ungefähr 80 Mitglieder und wir rechneten uns
aus,
dass dann ungefähr zwanzig Mal zuviel zusammenkommen würde. Endlich
war es soweit. Einen Tag vor Ostern ging ich mit meiner Schwester in den
Laden um das viele Kleingeld einzutauschen. Soviel Geld hatten wir noch
nie
besessen. Es machte uns nichts aus, dass wir für Ostern keine neuen
Kleider
oder Schuhe hatten, schließlich hatten wir 70 Dollar für die
Osterspende. Wir
konnten die Zeit bis zu dem Gottesdienst kaum abwarten. Als die Kollekte
eingesammelt wurde saßen
wir in der zweiten Reihe und legten voller Freude unser Geld ein. Wir
fühlten
uns so reich. Auf dem Nachhauseweg waren wir nur am singen. Zum
Mittagessen
hatte Mama eine Überraschung für uns. Es gab gekochte Ostereier und
Bratkartoffeln.
Spät am Nachmittag kam der Pastor mit
seinem Auto vorgefahren. Er gab Mutter einen Briefumschlag. Sie öffnete den
Umschlag und heraus fielen 87 Dollar, unsere großen Scheine und noch siebzehn
einzelne Dollarnoten. Wir starrten das Geld an, keiner sprach von uns. Wir waren
uns wie Millionäre vorgekommen und jetzt fühlten wir uns wie die ärmsten
Schlucker. Es hatte uns nichts ausgemacht, dass wir weniger hatten als die
anderen, wir hatten ein glückliches Leben geführt. Jetzt wussten wir, dass wir
arm waren. Alle anderen wussten das auch und hatten wohl schon über uns
geredet.
Lange saßen wir schweigend da. Die nächste
Woche war für uns alle sehr bedrückend. Was sollten wir nur mit dem Geld
machen? Wir wussten es nicht. Was machen arme Leute mit Geld?
Am nächsten Sonntag wollten wir erst nicht in
die Kirche gehen. Dann gingen wir doch, weil Mutter das so wollte. Ein Missionar
war zu Gast. Er sprach darüber, dass Menschen in Afrika eine Kirche aus Lehm
bauen, aber kein Geld für ein Dach haben. Er sagte, man bräuchte dazu hundert
Dollar. Dann fragte er, ob man dafür nicht etwas zusammen legen könne, um
diesen armen Menschen zu helfen.
Wir schauten einander an und zum ersten Mal
in dieser Woche lächelten wir. Mutter holte aus ihrer Handtasche den Umschlag.
Sie verteilte das Geld an uns und jeder legte etwas in den Korb. Als die
Kollekte gezählt wurde, gab der Pastor bekannt, dass etwas mehr als 100 Dollar
zusammen gekommen waren. Der Missionar freute sich. Eine so hohe Spende hatte er
in einer so kleinen Gemeinde nicht erwartet. Er sagte: „Ihr müsst einige
reiche Leute in der Gemeinde haben.“ Und plötzlich wurde uns etwas klar! Von
den hundert Dollar stammten 87 von uns. Wir waren die reichste Familie in der
Gemeinde! Der Missionar hatte es schließlich selbst gesagt.
Quelle
Matthäus 6
Vom Schätzesammeln und Sorgen
19 Ihr sollt euch nicht Schätze sammeln auf Erden, wo sie die Motten und der Rost fressen und wo die Diebe einbrechen und stehlen.20 Sammelt euch aber Schätze im Himmel, wo sie weder Motten noch Rost fressen und wo die Diebe nicht einbrechen und stehlen.21 Denn wo dein Schatz ist, da ist auch dein Herz.
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