4. Woche: Selber handeln (Markus
2,23–28)
Und es begab sich, dass er am Sabbat durch ein Kornfeld ging, und
seine Jünger fingen an, während sie gingen, Ähren auszuraufen.
Und die Pharisäer sprachen zu ihm: Sieh doch! Warum tun deine
Jünger am Sabbat, was nicht erlaubt ist?
Und er sprach zu ihnen: Habt ihr nie gelesen, was David tat, als er in Not war und ihn hungerte, ihn und die bei ihm waren: wie er ging in das Haus Gottes zur Zeit Abjatars, des Hohenpriesters, und aß die Schaubrote, die niemand essen darf als die Priester, und gab sie auch denen, die bei ihm waren?
Und er sprach zu ihnen: Der Sabbat ist um des Menschen willen gemacht und nicht der Mensch um des Sabbats willen. So ist der Menschensohn ein Herr auch über den Sabbat.
Und er sprach zu ihnen: Habt ihr nie gelesen, was David tat, als er in Not war und ihn hungerte, ihn und die bei ihm waren: wie er ging in das Haus Gottes zur Zeit Abjatars, des Hohenpriesters, und aß die Schaubrote, die niemand essen darf als die Priester, und gab sie auch denen, die bei ihm waren?
Und er sprach zu ihnen: Der Sabbat ist um des Menschen willen gemacht und nicht der Mensch um des Sabbats willen. So ist der Menschensohn ein Herr auch über den Sabbat.
Werte Selberdenkerinnen, Selbersucher und Selberrednerinnen!
Guten Tag und herzlich willkommen zur vierten Fastenwoche! Diesmal also
geht es ans Selberhandeln, und zum ersten Mal in dieser Saison begleitet uns
Jesus persönlich durch die Gedanken. Aber zunächst begleiten wir
ihn mit den Seinen an einem wahrscheinlich sonnendurchfluteten Sabbattag. Sie
ziehen über die Felder, und auf einmal beginnen die Jünger, sich
von den Halmen um sie herum Ähren abzureißen. Sie pulen oder
reiben sich die Körner heraus und beginnen vermutlich, die Körner
zu essen. Was wie eine hübsche und harmlose Urlaubsszene wirkt,
stößt allerdings auf harsche Kritik seitens derer, die hier einen
Verstoß sehen gegen das dritte beziehungsweise vierte Gebot (je nach
Zählweise), das da sagt, man solle den Sabbat heiligen und also nicht an
ihm arbeiten (Exodus 20,8 und Deuteronomium 5,12). Woher mit einem Mal die
Pharisäer kommen, um die Idylle zu stören, erzählt Markus uns
nicht. Dafür aber, dass Jesus eine schlagfertige Antwort parat hat:
Schon König David habe Regeln gebrochen, als er Hunger hatte und Not
litt. Und Jesus setzt noch zwei Merksätze hinzu: „Der Sabbat ist
um des Menschen willen geschaffen, nicht der Mensch um des Sabbats
willen.“ Und: „Der Menschensohn ist Herr auch über den
Sabbat.“ Ende der Diskussion. Merke: Regeln sind so lange gut, bis es
Wichtigeres gibt, nach dem man sich richten muss. Das klingt vernünftig
und menschenfreundlich. Soll man denn verhungern, nur weil Sabbat ist?
Natürlich nicht.
Und dennoch: Irgendwie stimmt der Vergleich, den Jesus da zieht, nicht
vollständig. Als David die Schaubrote aus dem Tempel für sich und
seine Begleiter bekam, war wirklich Not am Mann. Sie brauchten unbedingt
etwas zu essen. Von den Jüngern in unserem Markustext wissen wir nicht,
ob sie tatsächlich Hunger hatten. Sie gingen doch eben noch mit ihrem
Meister durch das Kornfeld. Vielleicht hörten sie ihm zu und hatten mit
einem Mal einfach Appetit. Vielleicht wollten sie lediglich ein bisschen was
zu knabbern haben. Nun gut, in Jesu Reaktion klingt es so, als hätten
sie es wirklich nötig gehabt, die Ähren abzureißen, aber das
könnte er auch lediglich gesagt haben, um seine Leute zu verteidigen,
oder auch damit er etwas Grundsätzliches über das Sabbatgebot sagen
kann.
Wenn aber die Jünger lediglich – vielleicht gedankenverloren
– angefangen haben zu naschen, dann dürfte man schon mal
nachfragen, ob Jesus findet, dass auch in einem solchen Fall das Sabbatgebot
nicht unbedingt gelte. Meint Jesus vielleicht, es gehe lediglich darum, es
sich am Sabbat möglichst unbeschwert gutgehen zu lassen? Das kann ich
mir wiederum auch nicht vorstellen. Ich denke, er geht davon aus, dass es
eben gute Gründe für seine Jünger geben könnte, sich an
die Arbeit mit den Ähren zu machen. Ob es Hunger oder Naschhaftigkeit
ist, das wissen nur die Jünger selbst. Und durch die freundliche
Verteidigung, die Jesus für sie vorträgt, haben sie die Chance,
sich zu fragen, ob sie denn nun das Richtige getan haben oder nicht. Sie sind
erst einmal auf der sicheren Seite.
„Selber handeln“ heißt es diese Woche. Das haben die
Jünger getan. Sie haben einfach selber zugegriffen. Jesus gibt ihnen nun
die Chance, nicht nur selber zu handeln, sondern auch selber nachzudenken
über ihre Handlung. Die Schelte, die die Pharisäer gern gehabt
hätten, bleibt aus – aber nicht unbedingt die Einsicht. Das soll
der Ausgangspunkt für unsere Übung in dieser Woche sein.
Ich schlage vor, dass Sie sich eine Liste von fünf bis sechs Dingen
machen, die Sie in der letzten Zeit getan haben und von denen Sie wissen,
dass sie nicht unbedingt den Regeln entsprachen. Hier ist der Platz
dafür:
Nun haben Sie die Chance, ohne dass Ihnen jemand Vorwürfe macht,
nachzuprüfen, ob Ihre Gründe für diese
Regelverstöße eher in die Kategorie Hunger oder in die Kategorie
Naschhaftigkeit fallen. Mit anderen Worten: Schauen Sie bei jedem
Regelverstoß genau hin, ob Sie finden, dass Sie einen Grund hatten, den
Sie nun immer noch für ausreichend halten. Denken Sie daran: Sie sind
allein, niemand schaut Ihnen über die Schulter. Sie können also
ganz ehrlich mit sich selbst sein. Machen Sie hinter jeden Regelverstoß
ein kleines "h" oder ein "a". "h" für
Hunger oder "a" für Appetit.
Nun können Sie – wie vielleicht auch die Jünger bei der
nächsten ähnlichen Gelegenheit – noch besser
einschätzen, ob Sie selber handeln sollten oder lieber nicht.
Ich wünsche Ihnen eine sehr schöne vierte
Fastenwoche!
Ihr Frank Muchlinsky
Ihr Frank Muchlinsky
Frank
Muchlinsky ist Pastor der Nordkirche. Er hat viele Jahre in der
Erwachsenenbildung und in der Diakonie gearbeitet. Sein Schwerpunkt liegt
darauf, Glaube und Theologie erfahrbar und verständlich zu machen. Das
tut er in seinen Seminaren mit Erziehungsfachkräften an evangelischen
Kitas ebenso wie mit der Methode des "Bibliologs", die er seit 1999
anwendet und lehrt. Seit 2012 arbeitet er bei evangelisch.de und betreut dort
die Bereiche Glauben und Fragen.
....
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen