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Der Staat
ist ein fauler Despot
und der öffentliche Raum
ein gefährlicher Ort
von Stefan Frank
Auf der Flucht vor Angehörigen der Fickificki-Szene wandten sich die schutzsuchenden Frauen in Köln und Hamburg in etlichen Fällen an Türsteher von Hotels und Nachtclubs – also privater Einrichtungen. Instinktiv wussten sie: „Öffentlicher“ Raum ist grundsätzlich unsicher, heute mehr denn je. „Das ist Silvester besonders gewesen, dass Frauen ängstlich zu uns gekommen sind und die direkte Fragestellung gebracht haben, ob unser Laden denn sicher ist“, sagte der Hamburger Türsteher Hauke Will der Tageszeitung „Die Welt“ (1).
Ebenso erlebte es Ivan Jurcevic, der an Silvester in Köln ein Hotel bewachte (2): „Im Laufe des Abends kamen immer wieder Frauen zu mir, die gefragt haben, ob sie bei mir stehen bleiben können. Damit ich auf sie aufpasse. Ich wusste gar nicht, um was es geht. Ja, die wurden verfolgt, von den und den Personen. Die wollten dann auf mich los, da habe ich sie weggeklatscht.“
Auch das Offensichtliche muss man manchmal aussprechen, damit es nicht vergessen wird: Angriffe auf Leib, Leben und Eigentum der Bürger finden in den allermeisten Fällen nicht auf privatem Gelände statt; nicht in Supermärkten, Bars, Hotels, Restaurants, Spielhallen, Kinos oder in Vergnügungsparks, nicht einmal in Tiefgaragen – sondern auf der Straße, in U-Bahnen, an Bahnhöfen, kurz: im sogenannten „öffentlichen“ Raum, dort, wo der Staat die Verantwortung trägt, also niemand.
Warum sind private Orte so viel sicherer als „öffentliche“ – selbst dann, wenn sich Millionen Menschen dort aufhalten? Weil es einen Unternehmer gibt, der ein Interesse daran hat, dass alle seine Kunden zufrieden sind. Anderenfalls kämen sie nicht wieder, und er würde bankrott machen. Neben der Angst vor Umsatzeinbußen gibt es eine weitere disziplinierende Kraft: Ein privates Unternehmen kann man auf Schadensersatz verklagen, wenn es seinen Vertragspflichten nicht nachkommt oder gesetzliche Auflagen nicht erfüllt. Versuchen Sie mal, den Staat zu verklagen, viel Glück! Klar geht das, theoretisch; doch da die Richter vom Staat bezahlt und befördert werden, sind die Erfolgsaussichten solcher Klagen so gering, dass es kaum je versucht wird.
Dem Staat ist es egal, was die Bürger von ihm halten – und kann ihm egal sein: Er hat keine Kunden, um die er werben muss, sondern nur steuerpflichtige Untertanen, denen er Befehle erteilt. Und weil er keine Konsequenzen zu fürchten braucht, betreibt der Staat alles, was ihm obliegt, schlecht: Das staatliche Notenbankensystem erzeugt Finanzblasen und Krisen; Schulen verfallen; Straßen und Gehwege sind marode und werden im Winter oft nicht geräumt; in deutschen Krankenhäusern sterben jedes Jahr 40.000 Menschen aufgrund fehlender Hygiene, und die staatlichen Altenheime scheinen nur dazu da zu sein, um den Insassen einen Geschmack auf die Vorhölle zu geben. Der Leser kann diese Liste sicherlich fortsetzen.
Und jeder weiß, wie mies der Staat ist. Wenn jemand im Familien- oder Freundeskreis erzählt, welches Unrecht der Staat und seine Büttel ihm zugefügt haben, kommt oft die Reaktion: „Das muss man doch mal an die Presse bringen.“ Doch – Überraschung! – es steht alles schon dort. Es gibt wohl keine staatliche Verfehlung, und sei sie noch so groß, die nicht schon Tausenden anderen ebenfalls widerfahren und längst bekannt wäre.
Doch der Staat ist ein fauler Despot, ein tyrannischer Monopolist. Welche Meinung wir über ihn haben, kümmert ihn nicht. Er muss keine Reklame für sich machen. Walter Lübcke (CDU), der Regierungspräsident von Kassel, hat ja ausgesprochen, was alle Politiker denken: Bürger, denen es hier nicht gefällt, können gehen. (3) So, wie Frauen ja auch zu Hause bleiben können, statt sich auf die Domplatte zu wagen.
Der „öffentliche Raum“, wollen uns die Lobbyisten des Etatismus weismachen, sei ein Raum, der „allen“ gehöre. Die Wahrheit ist, dass er niemandem gehört, und so sieht er oft auch aus: dreckig und verwahrlost. Wenn man Glück hat, ist es bloß ein ästhetisches Übel: Man muss die Augen verschließen und sich manchmal die Nase zuhalten, wenn man an „öffentlichen“ Orten ist. Die vom Staat früher an Autobahnen und Bahnhöfen betriebenen Toiletten waren eine Tragödie der Allmende in Reinform - ich weiß nicht, ob es sie überhaupt noch gibt, vielleicht quoll irgendwann die Scheiße so über, dass die Eingänge auf ewig verschlossen wurden, wie die des Führerbunkers.
Die Bürger haben resigniert. Sie haben sich mit dem permanenten Versagen des Staates und seinem Despotismus so abgefunden, wie man einen Vulkan hinnimmt. Wohl kaum eines der Opfer von Köln wird daran denken, den Staat auf Schmerzensgeld zu verklagen. Denn sie wissen, wie Richter in solchen Fällen urteilen: Das Gebot der Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit ist eine Wunschvorstellung, der sich die Realität mal mehr, mal weniger annähert, keinesfalls aber eine Verpflichtung, aus deren Nichterfüllung Ansprüche gegen den Staat abzuleiten wären. Diese hätten übrigens auch keine strafende oder disziplinierende Wirkung, da der Staat, wenn er seine Opfer ausnahmsweise mal entschädigen muss (was sehr selten vorkommt), dies ja aus der Kasse der Steuerzahler tut.
Wie anders wäre die Situation an Silvester gewesen, wenn der Hauptbahnhof und der Bahnhofsplatz privat wären. Nicht nur, dass die Opfer hohe Schmerzensgelder fordern könnten, wenn es zu Übergriffen gekommen wäre – nein, solche Vorfälle hätten sich überhaupt nicht ereignen können. Die Täter wären sofort festgesetzt bzw. entfernt worden, oder hätten gar nicht erst Zutritt erhalten, wenn es Grund zu der Annahme gegeben hätte, dass sie auf andere Besucher losgehen könnten.
Jedes Wochenende sind Deutschlands Bars, Diskotheken und Rockkonzerthallen gefüllt mit Millionen von Menschen, von denen viele Alkohol trinken und manche allerlei andere Drogen nehmen. Müsste man sich da nicht wundern, wie selten – in Relation zur Zahl der Besucher – es zu Problemen kommt?
Nie lassen die (privaten) Verantwortlichen es zu, dass es körperliche oder verbale Angriffe gibt, die zu einem Gefühl der Angst unter den Besuchern führen könnten. Wer sich nicht benimmt, wird rausgeworfen und erhält Hausverbot.
Genug Ressourcen bereitzustellen, um die Sicherheit seiner Kunden zu gewährleisten, hat der private Unternehmer selbst in der Hand. Und nur, wenn er das tut, bleibt er im Geschäft. Darum fliehen verängstigte Menschen an private Orte, wenn der Fickificki-Mob wieder tobt. Das staatliche Niemandsland hingegen ist ein vorzivilisatorischer Zustand; der Begriff „Asphaltdschungel“ kommt nicht von ungefähr. Dass es ausgerechnet Türsteher sind, die die Bürger noch schützen, hat Symbolkraft: Die Aufgabe des Türstehers ist es, eine Grenze vor unbefugtem Übertreten zu schützen – genau das also, was zu tun der Staat sich derzeit weigert.
Achse des Guten
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