Sanktionsziel ist in Wahrheit Europa
Deutscher Handel mit Russland um 40 Prozent eingebrochen, jener der USA um elf Prozent gestiegen
Die Sanktionen gegen Russland sind von den Europäern verhängt und sie
sind wichtig, weil das Abkommen von Minsk nicht eingehalten wird. Sie
sollen wirtschaftlichen Druck ausüben, damit Moskau in dem Konflikt
einlenkt. Dies ist die offizielle Begründung für einen Wirtschaftskrieg,
so sagt es die Bundesregierung, dies glauben Zeitungsleser und das
Fernsehpublikum, aber doch ist an dieser Darstellung so gut wie alles
falsch.
Es beginnt mit dem inzwischen völlig verschwiegenen
Umstand, dass die beiden Abkommen von Minsk, die den Frieden in der
Ukraine zum Ziel haben, auf russische Initiative zustande kamen. Es
wird, zweitens, nicht davon geredet, wer derjenige ist, der jeweils
gegen das Abkommen verstößt. Das hat zur Folge, dass Russland als Objekt
der Sanktionen für jeden Schuss, den die ukrainische Armee abfeuert,
bestraft wird. Im Übrigen waren es die USA, die Brüssel dazu gezwungen
haben, Sanktionen gegen Russland zu verhängen, die Europäer hatten von
sich aus nie diese Absicht. Im Oktober 2014 verkündete US-Vizepräsident
Joe Biden mit Blick auf die europäischen Länder, die USA seien in der
Lage gewesen, diese zu zwingen, „finanziellen Druck auf Russland
auszuüben. Es ist wahr, dass sie das nicht tun wollten. Aber wiederum
war es die Führungsrolle Amerikas und der Präsident der Vereinigten
Staaten, der darauf bestand und der EU sagen musste, dass ihre Haltung
nicht angemessen ist.“
Das einzige, was an der offiziellen Darstellung zur Hälfte stimmt, ist die Tatsache, dass es sich bei den Sanktionen um einen Wirtschaftskrieg handelt. Der allerdings richtet sich nicht gegen Russland, sondern tatsächlich gegen die EU, in erster Linie gegen Deutschland. Ein Beispiel aus der Montanindustrie macht das deutlich. Für den Abbau eines Steinkohlevorkommens in Sibirien wollten die Russen deutsche Bagger kaufen, aber wegen der Sanktionen kam das Geschäft nicht zustande. Am nächsten Tag stand der Vertreter des US-Konzerns Caterpillar vor der russischen Tür und erklärte, man werde selbstverständlich die benötigten Maschinen liefern.
Die Wirkung der Sanktionen trifft also Russland weitaus weniger als Deutschland und nutzt den USA. Diese übernehmen in Russland in großem Umfang Geschäftsfelder, die bislang von deutschen Firmen gehalten wurden.
Das
Abkommen von Minsk, der Krieg in der Ukraine und die Bestrafung
Russlands – alles Nebensache. Es geht nur um eines: dass die US-Konzerne
Geschäfte machen. Ein Friede in der Ukraine wäre zu ihrem Nachteil,
weil dann die Sanktionen fallen müssten. Also wird er nicht kommen. Noch
im Juni dieses Jahres erklärte die deutsche Kanzlerin bei einem Treffen
mit dem französischen Präsidenten François Hollande willfährig: „Wir
haben heute mit Blick auf die Beziehungen der EU zu Russland noch einmal
über den Stand der Umsetzung des Minsker Abkommens berichtet und damit
deutlich gemacht, dass die Verlängerung der Sanktionen leider angesichts
des Stands der Umsetzung notwendig ist.“ Das war das Präludium zu deren
Verlängerung, die allerdings nicht in der Hand der Europäer liegt.
Schon als sie verhängt wurden, hatte nämlich der US-Senator John McCain
erklärt: „Die USA werden entscheiden, wann die EU-Sanktionen gegen
Russland aufgehoben werden.“
Ungefähr 6000 deutsche Firmen treiben mit Russland Handel. Sie sind es in erster Linie, die für das üble Spiel der USA zahlen müssen. Der deutsche Handel mit Russland ist seit 2014 um 40 Prozent eingebrochen. Bei den deutschen mittelständischen Unternehmen belaufen sich die Verluste auf Milliarden. Die Bauern leiden unter der russischen Reaktion, die ihre Exporte beschneidet. Dagegen ist der Handel zwischen Russland und den USA allein im Jahr 2014, als die EU die Sanktionen auf amerikanischen Druck verhängen musste, um volle elf Prozent gestiegen. Diese Entwicklung setzt sich seither fort, was im vergangenen Jahr den US-Botschafter John B. Emerson zu einer öffentlichen, aber nichtsdestoweniger wahrheitswidrigen Darstellung bewegte, wonach die Umsätze der USA aus dem Russland-Handel ebenfalls zurückgegangen seien.
Das Projekt, das nach finanziellem Umfang und strategischer Bedeutung das wichtigste in der wirtschaftlichen Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Russland sein dürfte, ist North Stream II. Dabei geht es um eine weitere Gasleitung durch die Ostsee, welche die Partner beschlossen, nachdem die USA die Gasleitung South-Stream durch das Schwarze Meer und über den Balkan sabotiert hatten, obwohl alle Verträge unter Dach und Fach waren.
Die USA
schickten dazu sogar McCain ins Feld, eigentlich ein
Verteidigungs-Politiker, der hier aber an die wirtschaftliche Front
ausrückte. Nicht anders jetzt. Wieder legt sich McCain ins Zeug, um die
Pipeline von North Stream II durch die Ostsee zu verhindern. Niemand
begründet zwar, woher die USA das Recht beanspruchen, einen
Handelsvertrag zwischen souveränen Staaten außer Kraft zu setzen.
Dafür
ist das Motiv umso klarer: Die USA wollen, dass die Europäer ihr Gas
kaufen, nicht das russische. Ende März hat der erste US-Frachter
Fracking-Gas aus den USA nach Norwegen gebracht. Das ist zwar dreimal so
teuer wie das russische, aber dafür politisch korrekt.
Gleichzeitig erhöht Washington erheblich den Druck auf die deutsche Regierung, das Projekt North Stream II zu begraben. Wer die Kanzlerin und ihre Regierung kennt und dazu den Einfluss der USA in Berlin, der wird sich bald nach US-Fracking Gas umsehen.
Florian Stumfall
Preussische Allgemeine
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