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Johannes 14,6 ... Jesus spricht zu ihm: Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater denn durch mich. /// Römer 1,17 ... Denn darin wird offenbart die Gerechtigkeit, die vor Gott gilt, welche kommt aus Glauben in Glauben; wie denn geschrieben steht: "Der Gerechte wird aus dem Glauben leben."
∞ Sola Scriptura … allein die Schrift
∞ Solus Christus … allein Christus
∞ Sola Gratia … allein die Gnade
∞ Soli Deo Gloria … Gott allein gehört die Ehre
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Wenn die Wehrpflicht stirbt, dann hat sich auch der Zivildienst überlebt! Diesen per se unlogischen und merkwürdigen Wenn-Dann-Zusammenhang sollte man sich auf der Zunge zergehen lassen, bevor man den »Bundesfreiwilligendienst« unter die sozialpolitische Lupe nimmt, den es ab Mitte 2011 geben wird.
Also: Wenn unser politisches Gemeinwesen zur vollkommen richtigen Überzeugung gelangt ist, dass für internationale Militärmissionen die Wehrpflicht nicht mehr das geeignete Instrument ist (konkret: dass man die Menschenrechte in Afganistan am ehesten mit einer Truppe von freiwilligen Berufssoldaten herstellt) - wenn also die Wehrpflicht aus diesen Gründen fällt, dann hat das die Nebenbei-Wirkung, dass ein Pflegedürftiger im Sozialstaat Deutschland künftig zwischen Frühstück und Mittagessen nicht mehr so viel Ansprache haben könnte wie bisher. Denn die erhält er nicht von den Pflegeprofis, die dafür gar keine Zeit haben und zu teuer wären, sondern von den »Zivis«, wie man die einst gedemütigten Kriegsdienstverweigerer mittlerweile liebevoll und anerkennend nennt.
Nun will Bundesfamilienministerin Kristina Schröder mit einem »Bundesfreiwilligendienst« den Wegfall des Zivildienstes kompensieren. Es ist dies, mit den Maßstäben der Moral und der Logik betrachtet, die richtige Lösung eines sozialpolitischen Problems, ja eines sozialen Umstandes, den wir bisher unkorrekt, ja schizophren gelöst haben. Unsere Gesellschaft ist in der Tat auf gelebten Gemeinsinn und aktiv erbrachter sozialer Verantwortung dringend angewiesen. Aber die sollte bitteschön nicht in einer sozialen Zwangsveranstaltung vollzogen werden (wie das nun einmal der Zivildienst ist), sondern aus freien Stücken entstehen.
Und so schlagen wir den Bogen zurück zum ursächlichen Zusammenhang: So wie das soziale Jahr ein freiwilliges ist, ist auch der Wehrdienst freiwillig. Beides definieren wir als Dienst für das Gemeinwohl. Und darin spiegelt sich auch ein Stück Nachkriegs- und Zeitgeschichte: Die »Fronten« in diesem Einsatz haben sich verschoben, nicht mehr nur vor einem äußeren Feind, sondern im Umgang mit Alten, Kranken, Behinderten muss sich unser Staat bewähren - nicht als Nationalstaat, sondern als freiwillig funktionierendes Gemeinwesen.
Und zum Schluss die gute Nachricht: Die Bereitschaft zum sozialen Engagement ist da. Die Verbände rechnen damit, dass die 35000 neuen Plätze im Bundesfreiwilligendienst schnell aufgefüllt sind. Nimmt man die bereits existierenden und gut angenommenen Dienste dazu (Freiwilliges Soziales und Ökologisches Jahr), steuert unser Land auf ein 100000 junge Leute zählendes »Heer des sozialen Engagements« zu. Der Wehrersatzdienst ist ersetzbar; die Pflicht wird vom freien Willen abgelöst.
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Zeit habenEKD
Alles hat seine Zeit
und jegliches Vornehmen
unter dem Himmel seine Stunde.
Geborenwerden hat seine Zeit,
und Sterben hat seine Zeit;
Pflanzen hat seine Zeit,
und Gepflanztes ausreißen hat seine Zeit.
Töten hat seine Zeit,
und Heilen hat seine Zeit;
Zerstören hat seine Zeit,
und Bauen hat seine Zeit.
Weinen hat seine Zeit,
und Lachen hat seine Zeit;
Klagen hat seine Zeit,
und Tanzen hat seine Zeit.
Prediger Salomo 3, 1 - 4
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"Ich brauche keine Bequemlichkeit. Ich will Gott, ich will Poesie, ich will wirkliche Gefahren und Freiheit und Tugend. Ich will Sünde!" ALDOUS HUXLEY, "SCHÖNE NEUE WELT
Ein Tod ist zu beklagen. Die Verblichene starb nach langem Siechtum, unbemerkt, in einem vergessenen Winkel der Gesellschaft.
Sie hatte ihre großen Tage. Sie hat glühende Reden beflügelt, sie hat Menschen in den Staub gezwungen und um Vergebung murmeln lassen, sie hat Königreiche und immense Besitztümer ermöglicht, hat Leichenberge verschuldet und war Anlass für spektakuläre Lebensumschwünge und Neuansätze.
Sie hat Maler wie Hieronymus Bosch angeregt und wurde von Dichtern wie dem göttlichen Dante unvergleichlich in Worte gesetzt, die barocken Mysterienspiele, ja die gesamte abendländische Dramenliteratur wären blass ohne sie.
Die Rede ist, natürlich, von der Sünde.
Die Sünde ist aus der öffentlichen Rede verschwunden.
Sie hat sich neue Papiere, neue Identitäten besorgt.
Von "Sünde" spricht keiner mehr. Niemand droht mehr denjenigen, die ihr verfallen sind, mit ewiger Verdammnis, auch denjenigen nicht, die sich ihre schwarzen Verursacher, die "Todsünden", aufgeladen haben.
Die Sünde hat kein metaphysisches Gewicht mehr. Sie wird nicht mehr ernst genommen. Man könnte sagen: Die Sünde hat ein Imageproblem.
Mit der Sünde ist ein existentielles Abenteuer verlorengegangen. Ein unheimlicher Unschuldswahn hat sich über unsere überraschungsfreie Computergesellschaft gelegt. Huxleys Held beharrt auf Gott und der Sünde, gerade weil er auf seiner Freiheit beharrt in der "Schönen neuen Welt". Sündenbewusstsein ist das, was uns von anpassungsschlauen Tieren unterscheidet.
Nach jüdischer, christlicher und islamischer Definition ist sündig derjenige, der sich von Gott entfernt hat. Sünde ist Vertrauensbruch. Gott versteht in diesem Punkt keinen Spaß. Der Sünder schaut in einen metaphysischen Abgrund. Allerdings, wo es keinen Gott mehr gibt, gibt es keine Sünde. Oder doch?
Heute ist Sünde allenfalls eine Art Verstoß gegen die soziale Straßenverkehrsordnung und, soweit Schuld und Seelenqual und Gewissensbisse mit ihr verknüpft sind, eine Sache für Therapeuten und in jedem Fall verhandelbar.
Tatsächlich wird die Verabschiedung der Sünde bei uns nicht groß beklagt. Das sündige Treiben, das uns der Karneval als fünfte Jahreszeit in Köln und Mainz und anderen Hochburgen beamteten Ordensschwachsinns turnusmäßig beschert, unterscheidet sich in seiner Sündigkeit kaum von den übrigen vier.
Partnertausch und Ehebruch kommen in jeder besseren Soap-Opera vor, Fluchen oder aufmüpfige Kinder sind Banalitäten, um die sich die Supernanny kümmert, und Geiz ist keine Todsünde mehr, sondern einfach nur geil. Was, könnte man sagen, will man im Karneval noch ausleben, wenn er ganzjährig geworden ist? Der Karneval feierte den Ausnahmezustand. Jetzt ist er die Regel.
In ihrem jüngsten Erzählband hat sich die österreichische Schriftstellerin Eva Menasse mit dem Verfall der Sünde beschäftigt. Ihr Buch heißt "Lässliche Todsünden", theologisch unsauber, denn die Kirche unterscheidet streng zwischen lässlicher Sünde und Todsünde. Und dennoch ist Menasses Titel präzise, denn in unserer Gesellschaft sind die Schwellen verschlurft, all die Lehrerinnen und Regisseure und Kneipiers des gehobenen Mittelstands, die Menasses Menagerie bevölkern, trotten bewusstlos durch ihren sündigen Alltag, und machen sich eher nebenbei schuldig durch Gefräßigkeit und Neid, Trägheit und Wollust oder Hochmut.
Nicht zuletzt die unterschiedliche Evaluierung der Sünde ist schuld an der lähmenden Kommunikationslosigkeit zwischen dem strengen Islam und dem eher lockeren Westen. Die Sünde ist somit bei weitem nicht nur ein theologisches Problem, sie ist ein Politikum. Es ist der "gottlose" und "sündige" Westen, gegen den sich 20-jährige Selbstmordattentäter mit ihren Sprengstoffgürteln agitieren lassen, ob es uns passt oder nicht.
Für den Fundamentalisten ist das irdische Leben nur ein "Transitraum" (Rüdiger Safranski) in Vorbereitung auf das ewige Leben. Auch das Christentum kennt derartige "heiße" Phasen von endzeitlicher Erwartung, am prominentesten in den religiösen Wahnjahren der reformatorischen Täuferbewegung in Münster, die in bizarren Übersprungshandlungen sündigte auf Teufel komm raus, mit Orgien aus Mord und Totschlag, mit Prahlerei, Hochmut und Vielweiberei.
Um zu begreifen, wie sehr die Sünde auch bei uns einst mehr gewesen ist als der Nasch-Verstoß gegen eine Diätvorschrift, müssen wir zurück zu den Fundamentbrocken unserer Zivilisation, zum Buch der Bücher, zurück in den ehrwürdigen Frühdämmer der Schöpfungsgeschichte, in eine Zeit, als Gott noch direkt mit dem Menschen sprach.
Himmel und Erde wurden in Bewegung gesetzt, um, in der Genesis, die Sünde in die Welt zu bringen. Adam und Eva lehnten sich auf im Garten Eden gegen Gottes Verbot, von der verbotenen Frucht der Erkenntnis zu essen. Sie waren ungehorsam und wurden mit dem Makel der Erbsünde behaftet aus dem Paradies vertrieben.
Seither ist die Sünde in der Welt und mit ihr die Schlange, die ständige Versucherin, die bereits beim Ur-Sündenfall Pate stand. Man muss sich den Garten Eden als Zustand voller Unschuld und Harmonie vorstellen. Es gibt keine zartere und schönere Nackte in der Geschichte der Malerei als Dürers Eva.
Der Sündenfall, der als erstes Augenaufschlagen des menschlichen Bewusstseins, als erste große Entfremdung von der Natur begriffen werden kann, hat uns das alles verdorben. Seither ist Nacktheit mit Scham verbunden, Mord und Totschlag folgten, rasend vor Eifersucht erschlägt Kain den Abel.
Die biblische Geschichte Israels ist eine des permanenten Sündenfalls und der permanenten Vergebung, der Enthemmungen des Volkes und der Domestizierungen durch Gott. Städte der Sittenlosigkeit werden von ihm niedergebrannt, die ganze Schöpfung wird überschwemmt, zu wenig Gerechte sind in dem sündigen Geschlecht, das der Herr geschaffen hat.
Doch eines darf nicht übersehen werden in diesem Gemetzel: Der Herr selbst rast vor Zorn und ist eifersüchtig, er ist maßlos in seinem Alleinvertretungsanspruch, und er wird in den alttestamentlichen Rachepsalmen für die extremsten Eifereffekte seines Volkes nutzbar gemacht.
Schließlich der Vertrag, die große Codifizierung, der Dekalog, der in allen großen Religionen und Gesetzesbüchern bis heute leuchtet, nicht zuletzt wegen seiner theologischen Letzt-Begründung. Du sollst nicht stehlen, nicht morden, nicht begehren des Nächsten Weib, Vieh und Gut. All das sind nicht nur Verstöße gegen den Nächsten, sondern Verstöße gegen Gott.
Das heißt: Wer mordet und damit durchkommt, muss davon ausgehen, dass er im Jenseits gerichtet wird. Raskolnikow aus Dostojewskis "Schuld und Sühne" kann mit seiner Schuld nicht leben. Er wird bereuen, gestehen und büßen und erst dadurch innerlich befreit.
Das Sittengesetz funktioniert vor allem über das Sündenbewusstsein, das die Entscheidung zwischen Gut und Böse trifft. Ohne den Gedanken an Gott ist dauerhaftes moralisches Handeln nicht möglich, das wusste schon der Aufklärer Immanuel Kant, dessen tröstender Lieblingspsalm war: "Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts fehlen."
Im Verlauf der Kirchengeschichte, besonders unter Papst Gregor I. (um 540 bis 604), sind als Warnung für Klosterbrüder sieben besonders schwere Laster ausformuliert worden, die zur Wurzel von Sünden werden können. Den Lastern wurden bestimmte Dämonen zugeordnet: des Teufels Armee. So war der Satan für den Zorn verantwortlich, der Mammon für die Habgier, der Leviathan für den Neid, Beelzebub für die Völlerei.
Dass gerade die Kirche im Verlauf ihrer Geschichte eine besondere Anlage zur Sünde an den Tag gelegt hat, dass sie eifernd und prassend und tötend in die Irre gelaufen ist, gehört zu ihrer ganz besonderen Tragik.
Die als Todsünden bekannten Verfehlungen haben eine merkwürdige Eigenschaft. Die ihnen verfallen, müssen nicht bestraft werden wie diejenigen, die in David Finchers Hollywood-Krimi "Sieben" von einem psychopathischen Serienmörder bestialisch gerichtet werden - wer sich ihrer
schuldig macht, straft über kurz oder lang sich selbst und macht das eigene Leben zur Hölle.
Bei genauerem Hinschauen erweist sich die Kirche in ihrer Todsündenlehre als kluge Psychologin. Der Aufruf zur Vermeidung der Todsünden kann auch als Anleitung zu guter Lebensführung verstanden werden, zu aristotelischer Mäßigung, die auch Buddhisten - lächelnd! - unterschreiben würden.
Im Takt der Sünde tanzt das Menschengeschlecht bis heute: Der Hochmut führt die Reihe an, gefolgt von Geiz oder Habgier, Genusssucht oder Wollust, Zorn oder Rachsucht, Völlerei oder Selbstsucht, Neid oder Eifersucht, Trägheit des Herzens oder Trübsinn.
Lauter gute Bekannte, so vertraut, dass sie nicht mehr groß auffallen im Maskenball unserer Zeit. Sie fallen nicht auf, weil sie universell geworden sind.
Superbia: Hochmut und Eitelkeit
Eines kann die Todsünde Eitelkeit mit Sicherheit garantieren: hohe Einschaltquoten. Wenn sie da nun wieder in der Reihe stehen wie jede Saison, die Mädchen für Heidi Klums Show "Germany's Next Topmodel", alle hübsch, alle ähnlich, wird deutlich, dass Eitelkeit einen Kampf bis aufs Messer bietet, spektakulär, denn hier geht es für viele auf Leben und Tod. Knapp vier Millionen verfolgten in der vergangenen Saison die Schlacht. Wöchentlich.
Hier kann man den Text weiterlesen ....
* ... natürlich hat nicht die Bibel die Sünde erfunden. Brauchte sie auch nicht -
das kann der Mensch unter Beeinflussung Diabolus ganz gut allein... Gruß Jani
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Das kleine Mädchen mit den Schwefelhölzchen
Es war entsetzlich kalt; es schneite und war beinahe schon ganz dunkel und Abend, der letzte Abend des Jahres.
In dieser Kälte und Finsternis ging auf der Straße ein kleines, armes Mädchen, mit bloßem Kopfe und nackten Füßen. Als sie das Haus verließ, hatte sie freilich Pantoffeln angehabt. Aber was half das? Es waren sehr große Pantoffeln gewesen, die ihre Mutter bisher benutzt hatte, so groß waren sie. Die Kleine aber verlor dieselben, als sie über die Straße weghuschte, weil zwei Wagen schrecklich schnell vorüberrollten. Der eine Pantoffel war nicht wiederzufinden, den anderen hatte ein Junge erwischt und lief damit fort.
Er meinte, er könne ihn recht gut als Wiege benutzen, wenn er selbst erst Kinder hätte.
Da ging nun das kleine Mädchen mit den kleinen, nackten Füßen, die ganz rot und blau vor Kälte waren. In einer alten Schürze trug sie eine Menge Schwefelhölzer und ein Bund davon in der Hand. Niemand hatte den ganzen langen Tag ihr etwas abgekauft. Niemand ihr einen Pfennig geschenkt.
Zitternd vor Kälte und Hunger schlich sie einher, ein Bild des Jammers, die arme Kleine!
Die Schneeflocken bedeckten ihr langes, blondes Haar, welches in schönen Locken um den Hals fiel; aber daran dachte sie nun freilich nicht.
Aus allen Fenstern glänzten die Lichter, und es roch ganz herrlich nach Gänsebraten: Es war ja Silvesterabend. Ja, daran dachte sie!
In einem Winkel, von zwei Häusern gebildet, von denen das eine etwas mehr vorsprang als das andere, setzte sie sich hin und kauerte sich zusammen. Die kleinen Füße hatte sie an sich gezogen; aber es fror sie noch mehr, und nach Hause zu gehen wagte sie nicht: Sie hatte ja keine Schwefelhölzchen verkauft und brachte keinen Pfennig Geld.
Von ihrem Vater würde sie gewiss Schläge bekommen, und zu Hause war es auch kalt; über sich hatten sie nur das Dach, durch welches der Wind pfiff, wenn auch die größten Spalten mit Stroh und Lumpen zugestopft waren.
Ihre kleinen Hände waren beinahe vor Kälte erstarrt.
Ach! Ein Schwefelhölzchen konnte ihr gar wohltun, wenn sie nur ein einziges aus dem Bunde herausziehen, es an die Wand streichen und sich die Finger erwärmen dürfte.
Sie zog eines heraus. Rrscht! wie sprühte, wie brannte es! Es war eine warme, helle Flamme, wie ein Lichtchen, als sie die Hände darüber hielt; es war ein wunderbares Lichtchen! Es schien wirklich dem kleinen Mädchen, als säße sie vor einem großen, eisernen Ofen mit polierten Messingfüßen und einem messingenen Aufsatz. Das Feuer brannte so gesegnet, es wärmte so schön. Die Kleine streckte schon die Füße aus, um auch diese zu wärmen; – doch — da erlosch das Flämmchen, der Ofen verschwand, sie hatte nur die kleinen Überreste des abgebrannten Schwefelhölzchens in der Hand.
Ein zweites wurde an der Wand abgestrichen; es leuchtete, und wo der Schein auf die Mauer fiel, wurde diese durchsichtig wie ein Schleier. Sie konnte in das Zimmer hineinsehen.
Auf dem Tische war ein schneeweißes Tischtuch ausgebreitet, darauf stand glänzendes Porzellangeschirr, und herrlich dampfte die gebratene Gans, mit Äpfeln und getrockneten Pflaumen gefüllt. Und was noch prächtiger anzusehen war: Die Gans hüpfte von der Schüssel herunter und wackelte auf dem Fußboden, Messer und Gabel in der Brust, bis zu dem armen Mädchen hin.
Da erlosch das Schwefelhölzchen, und es blieb nur die dicke, feuchtkalte Mauer zurück.
Sie zündete noch ein Hölzchen an. Da saß sie nun unter dem herrlichen Christbaume; er war noch größer und geputzter als der, den sie durch die Glastür bei dem reichen Kaufmanne gesehen hatte.
Tausende von Lichterchen brannten auf den grünen Zweigen, und bunte Bilder, wie sie an Schaufenstern zu sehen waren, blickten auf sie herab. Die Kleine drehte ihre Hände danach aus. Da erlosch das Schwefelhölzchen.
Die Weihnachtslichter stiegen höher und höher; sie sah sie jetzt als Sterne am Himmel; einer davon fiel herunter und bildete einen langen Feuerstreifen.
»Jetzt stirbt jemand!« dachte das kleine Mädchen, denn ihre alte Großmutter, die einzige, die sie lieb gehabt hatte, und die jetzt gestorben war, hatte ihr erzählt, dass, wenn ein Stern herunterfällt, eine Seele zu Gott emporsteigt.
Sie strich wieder ein Hölzchen an der Mauer ab, es wurde wieder hell, und in dem Glänze stand die alte Großmutter so klar und schimmernd, so mild und liebevoll.
»Großmutter!« rief die Kleine. »O! Nimm mich mit! Ich weiß, du entfernst dich, wenn das Schwefelhölzchen erlischt. Du verschwindest, wie der warme Ofen, wie der herrliche Gänsebraten und der große, prächtige Weihnachtsbaum!«
Und sie strich schnell das ganze Bund Schwefelhölzchen, denn sie wollte die Großmutter recht festhalten.
Und die Schwefelhölzchen leuchteten mit einem solchen Glänze, dass es heller wurde, als mitten am Tage. Die Großmutter war nie früher so schön, so groß gewesen. Sie nahm das kleine Mädchen auf ihre Arme, und beide flogen in Glanz und Freude so hoch, so hoch; und dort oben war weder Kälte, noch Hunger, noch Angst – sie waren bei Gott.
Aber im Winkel an die Mauer gelehnt, saß in der kalten Morgenstunde das arme Mädchen mit roten Backen und mit lächelndem Munde – erfroren an des alten Jahres letztem Abend.
Die Neujahrssonne ging auf über der kleinen Leiche.
Starr saß das Kind dort mit den Schwefelhölzchen, von denen ein Bund abgebrannt war.
»Sie hat sich erwärmen wollen!« sagte man.
Niemand ahnte, was sie Schönes gesehen hatte, in welchem Glänze sie mit der Großmutter zur Neujahrsfreude eingegangen war.
Hans Christian Andersen
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von Udo Ulfkotte
Nicht nur in Deutschland gibt es Pläne, vor dem Hintergrund der sich ausweitenden EU-Schuldenkrise und dem möglichen Ausscheiden eines Landes aus der Eurozone vorübergehend Bankschalter zu schließen und alle Geldautomaten abzustellen.
Die Europäische Union hat die großen Medien gerade erst darum gebeten, derzeit möglichst nicht darüber zu berichten, dass Einlagen bei irischen Banken in Milliardenhöhe abgehoben werden. In dem kleinen Irland, das nur 4,5 Millionen Einwohner zählt, hat ein Run auf die Geldeinlagen längst eingesetzt. Und kaum jemand berichtet darüber, weil sonst über Irland hinaus ein Flächenbrand entstehen könnte. Bei der irischen AngloIrish Bank haben die Kunden schon 13 Milliarden Euro abgehoben. Und bei der Bank of Ireland haben allein die Firmenkunden in den vergangenen Tagen mehr als zehn Milliarden Euro ihrer Einlagen abgehoben.
Wenn auch die deutschen Sparer in Zusammenhang mit der Rückkehr der Finanz- und Euro-Krise das Vertrauen in deutsche Banken verlieren, immer mehr Menschen ihr Geld abheben und daheim aufheben würden, dann hätte das kaum noch zu beschreibende Folgen nicht nur für die Bundesrepublik. Denn das von deutschen Sparern eingezahlte Geld liegt ja in Wahrheit nicht in einem Tresor, sondern schwirrt virtuell in den verschiedensten Anlageformen um die Welt. Für den Fall des Auseinanderbrechens der Eurozone muss die Bundesregierung also dafür Sorge tragen, dass die Bürger keinesfalls in Massen ihre Einlagen von den Banken abziehen – denn die Folge wäre eine nicht mehr beherrschbare Katastrophe.
Auch die Bundeswehr ist in diese Planungen längst einbezogen. Die militärische Unterstützung im Falle von Bankenschließungen ist Teil der Zivil-Militärischen Zusammenarbeit der Bundeswehr (ZMZBw). Im Krisenfall soll die Bundeswehr Banken vor dem Bankensturm schützen …
Den Volltext dieses Artikels lesen Sie in der aktuellen Ausgabe des Hintergrundinformationsdienstes KOPP Exklusiv.
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Die arabischen Staaten drangen früh auf ein militärisches Vorgehen gegen Atombombe des Iran. Sorgen macht der zunehmend islamistische Kurs der Türkei
Israel sieht seine Sicht der iranischen Gefahr durch Enthüllungen bestätigt
EU-Beitritt Ankaras ist für AKP ein Mittel, um den Islam in Europa zu verbreiten
Die Welt denkt wie wir" - so kommentierte der Kolumnist Sever Plocker in der israelischen Tageszeitung "Yedioth Aharonoth" die Wikileaks-Enthüllungen. Plocker machte aus seiner Genugtuung kein Hehl: "Wenn es Wikileaks nicht gäbe - Israel müsste es erfinden", schreibt er. Denn die Depeschen machten zweifelsfrei deutlich: Nicht nur Israel, sondern die ganze Welt fürchte sich vor einer nuklearen Bewaffnung des Iran.
Tatsächlich belegen zahllose der nun veröffentlichten Dokumente, dass die US-Regierung seit Jahren nichts so umtreibt, wie die Sorge über das iranische Hegemonialstreben in der Region und ein mögliches nukleares Wettrüsten. Es war zu vermuten, dass in vertraulichen Gesprächen zwischen der US-Regierung und den Israelis immer wieder auch das mögliche Zeitfenster für einen Militärschlag gegen den Iran erörtert wurde. Für viele überraschend kommen dürfte aber die Erkenntnis, dass die arabischen Regierungen die Sorge nicht nur teilten, sondern - hinter verschlossenen Türen - oft sogar ein besonders scharfes Vorgehen gegen den Iran forderten.
Schon am 13. Juli 2007 sagte Mossad-Chef Meir Dagan in einem Gespräch mit dem Sicherheitsberater des Weißen Hauses, Fragos Townsend, Jordanien, Saudi-Arabien und einige Golfstaaten machten sich große Sorgen über das Machtstreben des Iran und warteten nur darauf, dass "jemand anderes die Arbeit für sie erledigt". An der Einschätzung kann nun kein Zweifel mehr bestehen: So wird der Außenminister der Vereinigten Arabischen Emirate von der dortigen US-Botschaft mit den Worten zitiert, der Iran unterstütze nicht nur die Terrorgruppen Hamas und Hisbollah, sein Einfluss reiche bis nach "Afghanistan, in den Jemen, nach Kuwait, Bahrain, die östlichen Provinzen Saudi-Arabiens und Afrika".
Da ist es vielleicht kein Wunder, dass König Abdullah von Saudi-Arabien die Amerikaner wiederholt ersucht haben soll, den Iran anzugreifen und das Atomwaffenprogramm zu zerstören. "Er hat euch gebeten, den Kopf der Schlange abzuschlagen", sagte der saudi-arabische Botschafter in Washington, Adel al-Dschubair, in einem Gespräch mit General David Petraeus im April 2008. Eine Depesche aus dem Jahr 2006 belegt, wie der Kronprinz von Abu Dhabi, Mohammad Bin Said, die USA vor dem iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad warnte und einen Angriff spätestens in einem Jahr forderte. Ein konventioneller Krieg sei immer noch besser als die Folgen eines nuklear bewaffneten Iran, sagte der Prinz. Der Iran sei eine "existenzielle Bedrohung", die Amerikaner sollten doch einfach Bodentruppen schicken, falls eine Bombardierung der Atomanlagen nicht ausreiche. Seine Schlussfolgerung: "Ahmadinedschad ist Hitler."
Das versöhnende Verhandlungsangebot von US-Präsident Barack Obama an die Führung in Teheran sah man in der arabischen Welt dann auch sehr skeptisch. Einem amerikanischen Beamten sagte der König von Saudi-Arabien, das Ziel des Iran sei es, Probleme zu machen. Und der Ministerpräsident von Katar, Scheich Hamad Bin Jassim al-Thani, beschrieb das Verhältnis seines Landes zum Iran mit den Worten: "Sie belügen uns, und wir belügen sie." Er warnte auch schon früh vor der Verhandlungstaktik der Iraner. "Der Iran ist clever und macht seine Gegner schwindelig mit den Bemühungen nach einer Verhandlungslösung", sagte er und kam zu dem Schluss: "Der Iran wird keine Verhandlungslösung akzeptieren. Der Iran will Atomwaffen." Laut einer Depesche vom 24. Februar 2010 hat er aus Nordkorea zumindest schon 19 mit Atomsprengköpfen bestückbare BM-25-Raketen bekommen, die nicht nur Moskau sondern auch westeuropäische Städte zu Zielen machen könnten.
Das ist umso beunruhigender, da selbst Ägyptens Präsident Husni Mubarak den iranischen Präsidenten Ahmadinedschad für einen Menschen hält, der "nicht rational denkt". Der Iran unterstütze den "Heiligen Krieg" und störe die Friedensbemühungen in der Region, sagt Mubaraks Geheimdienstchef Omar Suleiman den Dokumenten zufolge. Das Land sei deshalb "eine signifikante Gefahr für Ägypten".
Auch wenn man den diplomatischen Depeschen mit gebührender Vorsicht begegnen muss, so deutet einiges darauf hin, dass die Regierungen von Jordanien, Saudi-Arabien, Bahrain, einigen Emiraten und Ägypten sich mehr oder weniger deutlich für einen Militärschlag gegen den Iran ausgesprochen haben.
Doch in Jerusalem weiß man nur zu gut, dass auf solch eine Koalition kein Verlass ist. Die Enthüllungen hätten zwar gezeigt, dass viele arabische Staaten verstanden hätten, dass der Iran eine wichtige Bedrohung auch für sie darstelle, sagte Ministerpräsident Benjamin Netanjahu vor Journalisten am Montag. Die Frage sei allerdings, wohin das führe: Sollten die arabischen Machthaber ihre wahren Gedanken und Sorgen weiterhin geheim halten, hätte Wikileaks langfristig niemandem geholfen: "Aber wenn sie es nun öffentlich sagen, könnte es den Weg zum Frieden weisen."
Danach sieht es nicht aus: In den ägyptischen Medien wird nur über den Ausgang der Parlamentswahl spekuliert, obwohl es da - angesichts der offensichtlichen Einschüchterung und Wahlfälschung - wirklich nicht viel zu spekulieren gibt. Eine wichtige Zeitung in Saudi-Arabien meldet den Beginn einer Physiotherapie für seine königliche Hoheit auf der Titelseite, und in Syrien - wie auch im Iran selbst - zweifeln halbstaatliche Medien gleich die Authentizität der Dokumente an. Es scheint, als könnten die Regierungen der arabischen Welt aus Angst vor ihren Bürgern - die sie seit Jahrzehnten selbst in die Irre führen - nicht zu ihren wahren politischen Sorgen und Prioritäten stehen.
Nur ein Land der Region scheint sich den Wikileaks-Dokumenten zufolge wenig Sorgen zu machen über ein iranisches Atomwaffenprogramm: die Türkei. Nur Verteidigungsminister Mehmet Vecdi Gönül sah bei einem Treffen mit US-Verteidigungsminister Robert Gates die Gefahr eines iranischen Raketenangriffs auf Europa gegeben. In einer als"geheim" markierten Depesche aus der US-Botschaft in Ankara vom 6. Februar 2010 heißt es über die Gespräche mit Gönül zum iranischen Atomprogramm (und zum geplanten amerikanischen Raketenschutzschirm): Obwohl die Türkei keinen iranischen Angriff gegen sich selbst erwarte, "würde die Bedrohung ihrer europäischen Verbündeten durch den Iran eine Luftabwehrfähigkeit wichtig machen". Diese scheinbar selbstverständliche Äußerung ist dem amerikanischen Schreiber der Depesche eine Randnotiz wert: "Seine Anerkennung einer iranischen Bedrohung Europas weicht von früheren Äußerungen der türkischen Regierung ab."
Die türkische Haltung wirkt auf die Amerikaner offenbar so enervierend, dass ein US-Diplomat den türkischen Außenminister Ahmet Davutoglu im November 2009 mit der Frage konfrontiert, warum denn die Türkei immer nur sage, Sanktionen oder ein Militärschlag seien nicht hilfreich, aber nie sage, was die Folgen einer iranischen Atombombe wären. Davutoglu beeilt sich zu beteuern, dass wir "dieses Risiko sehen", weicht aber inhaltlich der Frage aus.
Die amerikanischen Sorgen über die türkischen Absichten sind nur ein Ausdruck wiederkehrender Zweifel in den Dokumenten, die Türkei könne in Richtung islamische Welt abdriften. Gerade Verteidigungsminister Gönül, der den Iran - abweichend von seiner Regierung - als Bedrohung Europas zu sehen scheint, wird im Dezember 2004 mit den Worten zitiert, Davutoglu (inzwischen Außenminister, damals Drahtzieher hinter den Kulissen) sei in dieser Hinsicht "außergewöhnlich gefährlich".
Darüber hinaus enthalten die Depeschen sowohl vernichtende Einschätzungen von Regierungschef Erdogan und tiefe Skepsis gegenüber seinem politischen Kurs als auch nuanciertere Analysen. Da heißt es, er umgebe sich mit Jasagern, informiere sich nur aus der islamischen Presse und sei daher unfähig, politische Zusammenhänge außerhalb der Türkei zu verstehen. Erdogan, so heißt es weiter, sei "anfällig für islamistische Theorien". Trotz seiner Selbstdarstellung als Demokrat habe er einen "Hunger nach absoluter Macht", und eines seiner größten Probleme sei Korruption in seiner Partei - aber auch er selbst besitze nach "Angaben von zwei Kontakten acht Bankkonten in der Schweiz".
Grundsätzlich scheinen die kritischeren Töne in den Depeschen allerdings oft auf Aussagen von Regierungskritikern beruhen. In einem kürzlich erschienenen Buch über US-Depeschen aus Ankara in den 30er-Jahren heißt es im Vorwort des Historikers Andrew Mango, die Depeschen seien voller faktischer Fehler und verrieten mehr über ihre Verfasser als über den Gegenstand - das trifft wohl auch für viele Wikileaks-Dokumente zu.
Interessant für die Debatte über den türkischen EU-Beitritt ist die amerikanische Einschätzung aus dem Jahr 2004, dass die Gründe für die EU-Kandidatur, "die wir von jenen AKPlern hören, die für den Beitritt sind oder zumindest für den Beitrittsprozess", durchweg "undurchsichtig" seien. Es gebe einen "weitverbreiteten Glauben, es sei die Rolle der Türkei, den Islam nach Europa auszubreiten". Diese Einschätzungen dürften in Europa die Debatte über die wahren Beweggründe für das türkische Beitrittsbegehren neu entfachen.
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Pforzheim (idea) - Die Bedeutung der Präimplantationsdiagnostik (PID) könnte nach Ansicht von Lebensschützern durch eine Studie der Max-Planck-Gesellschaft in München relativiert werden.
Der Leiter der Pforzheimer Beratungsstelle „Hilfe zum Leben“, Reinhard Klein.
Bei der PID werden im Reagenzglas künstlich befruchtete Eizellen vor dem Einpflanzen in den Mutterleib auf mögliche genetische Defekte untersucht und bei einem positiven Befund vernichtet. Das wird von Lebensrechtlern wie dem Leiter der Pforzheimer Beratungsstelle „Hilfe zum Leben“, Reinhard Klein, als Tötung von Menschen kritisiert.
In einem Brief an die Bundestagsabgeordneten verweist er auf eine Pressemitteilung der Max-Planck-Gesellschaft über das „internationale 1000 Genome-Projekt“. Danach hätten die Münchner Wissenschaftler festgestellt, dass jeder Mensch genetische Verwerfungen in sich trage. Üblich seien zwischen 250 und 300 genetische Abweichungen. Außerdem besitze jeder Mensch zwischen 50 und 100 genetische Variationen, die mit verschiedenen Erbkrankheiten verbunden seien.
Daraus schließt Klein, dass es verkehrt sei, aus einer ungewöhnlichen genetischen Konstellation Schlüsse über die Gesundheit zu ziehen. Laut Klein hätte eine frühere Kenntnis von PID die Geburt vieler berühmter Persönlichkeiten verhindert. So habe der Vater des Komponisten Ludwig van Beethoven (1770-1827) Syphilis und seine Mutter Tuberkulose gehabt. Außerdem seien drei seiner älteren Geschwister schwer krank gewesen. Bei der Anwendung von PID hätte der Musiker keine Lebensberechtigung gehabt.
Auch zahlreiche kirchliche Organisationen, darunter die württembergische Landessynode, lehnen die Zulassung von PID ab.
Jani's Anmerkung:
Denn unser Leben liegt in Gottes Händen und was dabei herauskommt, wenn Mensch Gott spielt, dürfte doch nun wirklich allen aufgegangen sein. Oder doch noch nicht ... nachdenk ...nee, nicht jedem.
Denn solange der schnöde Mammon höher gewertet wird als menschliches Leben - solange will der Mensch Gott spielen.... Machen wir uns nichts vor, diese Welt ist verloren. Doch die Hände in den Schoß legen, damit das Böse triumphieren kann?
Wahrscheinlich auch keine Lösung. Weiterhin den Finger in die Wunde legen? Gibt wohl keinen anderen Weg, denn des Menschen Ohren sind taub für göttliche Anweisungen.
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Wenig später sickerten dann schon genaue Einreiserouten und Ankunftsdaten durch, die Nationalität der Bedroher, ihre Anzahl und "sehr konkrete" Zielorte machten Schlagzeilen. Die Polizeipräsenz wurde bundesweit erhöht. Selbst Beamte, die seit Jahren nur Innendienst geschoben hatten, standen plötzlich mit kugelsicherer Weste und Maschinenpistole auf Bahnhöfen, um, so höhnte ein Nutzer im Internet-Kurznachrichtendienst Twitter, "Zündschnüre für Terrorbomben sofort ausschießen zu können".
Ausgerechnet im Netz, das sonst stets bereit ist, jede Mücke als Elefanten zu feiern, rief die regierungsamtliche Beschwörung der höchsten Bedrohungslage seit 2001 nicht Furcht und Sorge hervor. Sondern Hohn und Spott. Dass die Regierung warne, erscheine ihm logisch, erläutert ein Schreiber im angesehenen Wirtschaftsforum Das Gelbe. "Noch nicht verstanden habe ich nur, wovon das diesmal ablenken soll."
Ein Gefühl, das weiter verbreitet zu sein scheint als die mediale Wirklichkeit glauben lässt. Die ließ auf die Warnung vor dem Terror Warnungen vor der Angst und Warnungen vor allzuviel Warnungen folgen - das war dann schon, als die ersten Anschlagtermine ereignislos verstrichen waren.
Der Blogger und Journalist Mario Sixtus hingegen machte sich einfach daran, den Stimmen derer eine Plattform zu geben, die nicht im virtuellen Terror, sondern in seiner Bekämpfung eine durchaus reale Gefahr sehen. Auf der Internetseite wirhabenkeineangst.de versammelt der 45-jährige Grimmepreisträger seit Mitte der Woche Wortmeldungen von jedermann und vielen Frauen. Schnappschüsse von Familien sind darunter, die angeben, keine Angst zu haben, hämische Grüße an Terroristen und selbstgemachte Karikaturen etwa zur "Bielefelder Lösung", die am Bahnhof der westfälischen Stadt erprobt werde: Ein Schild mit einer durchgestrichenen Bombe und der Aufschrift "Terror verboten".
Mario Sixtus, einst als "Elektrischer Reporter" ein Pionier des Online-Journalismus, sagt, er wolle die Gefahrenlage keineswegs verharmlosen. "Die Aktion richtet sich nicht gegen die innere Sicherheit, sondern gegen den überzogenen Aktionismus." Im Windschatten der laut beschworenen Terrorgefahr werde versucht, Bürgerrechte zu beschneiden. "Gefährlicher als es ein Terroranschlag je sein könnte, sind überaktive Politiker."
Ein Gefühl, das der Zugführer aus Bayern teilt, der schreibt: "Wenn ich Angst hätte, müsste ich das Sprengkommando jeden Tag ein paar Mal für die vielen von unseren Schülern im Zug vergessenen Turnbeutel anfordern." Ein Gefühl, das Magdalena Böttger zu ihrem "Angst-Quiz" inspiriert hat: Nach Jahren geordnet heißt es "Finde die Gefahr". Nur die Älteren erinnern sich noch: "Jahrtausendwechsel, BSE, Sars, Vogelgrippe, Finanzkrise, Schweinegrippe."
"Wer Panik sät, wird Häme ernten", dichtet ein anderer, und wenn er Recht behält, muss die Terrorangst bald um ihre Existenz zittern. Der wahre Terror sei ja die Angst, sagt Sixtus. "Mit jeder hysterischen Schlagzeile, mit jedem Bedrohungszenario, das die Regierung an die Wand malt, kommen die Terroristen ihrem Ziel, Furcht und Schrecken zu verbreiten, einen Schritt näher." Nach nur drei Tagen haben mehrere hundert Menschen "Keine-Angst"-Beiträge geliefert und mehrere hunderttausend sie gelesen.
Initiator Sixtus glaubt trotzdem nicht, dass seine Aktion die Politik umdenken lässt. "Politiker nehmen meist nur wahr, was in den Pressespiegeln steht. Daher habe ich nur geringe Hoffnung, dass die Botschaft diejenigen erreicht, an die sie gerichtet ist."
ZitatGefährlicher als es ein Terroranschlag für unseren Staat jemals sein könnte, sind überaktive Politiker. Sie wollen im Windschatten einer vermeintlichen oder realen Terrorbedrohung unsere Freiheitsrechte beschneiden, Überwachungsstrukturen schaffen und ganze Bevölkerungsgruppen unter Pauschalverdacht stellen. Geben wir der Angst nach, haben die Terroristen gesiegt. Das gönnen wir ihnen nicht.
Daher rufen wir allen politischen Entscheidungsträgern zu: Wir haben keine Angst!
Manchmal denkt man,
Gott müsste einem in all den Widerständen des Lebens
ein sichtbares Zeichen geben, das einem hilft.
Aber dies ist eben sein Zeichen:
daß er einen durchhalten und es wagen und dulden lässt.
Jochen Klepper (1903-1942),
evangelischer Theologe, Schriftsteller und Kirchenliederdichter
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