Montag, 27. Juni 2016

Und mit diesem wiederkommen!

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Es gibt keine Alternative zum Wähler

Das Erstarken der Populisten ist das Versagen der Politik. Die Brexit-Entscheidung der Briten ist dabei nur der letzte von zahlreichen Warnschüssen, die im etablierten Poltitikbetrieb offenbar niemand hören wollte oder konnte. Wo Populisten stark werden, ist die Politik nicht populär (genug). 

Demokratie hat keinen Numerus Clausus. Vor allem aber ist Demokratie kein Spiel, bei dem immer der Gute gewinnt. Die EU, gegen die die Brexit-Kampagneros nun erfolgreich zu Felde zogen, ist dabei eine Art Paradebeispiel, bei dem sich die politischen und vor allem auch die Wirtschaftseliten einig waren, dass es eine gute Sache sei. Wer das nicht begriff, wurde belächelt. Wer darauf hinwies, dass die Menschen in anderen Bezugsrahmen denken, sich nicht mit Binnenmärkten identifizieren, die Gängelung aus Brüssel aber sehr wohl registrierten, die Segnungen von dort aber nicht, der wurde rasch beiseite geschoben. Neue Beitrittskandidaten, Euro, Euro-Rettung - lieber nicht die Wähler mitreden lassen, könnte ja schiefgehen. 

Jetzt ist es schiefgegangen

Brexit, AfD, FPÖ-Gewinne, Trump-Aufstieg: All das ist mehr als eine politische Mückenplage. Hinter diesen Effekten verbirgt sich ein typischer Unten-Oben-Konflikt, allerdings ohne traditionelles Klassenkampf-Modell. In anderen Zeiten hätte das zu Revolutionen oder Aufständen geführt. All jene Bewegungen, bei denen wir in den Nachrichten die Einordnung „rechtspopulistisch“ dem dummen Konsumenten gleich mitliefern, mobilisieren aus dem Nichtwähler-Potenzial. Menschen, die das Mitwirken am politischen Prozess längst aufgegeben und resigniert haben, kehren zurück, weil jemand ihre Sprache spricht und vor allem, weil er das etablierte System frontal angreift.

Mit anderen Worten: Es sind Menschen, die mit dem alltäglichen Ringen um politische Sachkompromisse schon nicht mehr erreichbar sind, denen es egal ist, ob am EEG rechts oder links gefeilt wird oder wer sich bei der Erbschaftssteuerreform durchsetzt. Die Abwesenheit dieser Menschen im demokratischen System ist so lange nicht aufgefallen, wie sie sich im Nichtwählerlager aufhielten, denn die Prozentsätze der etablierten Parteien werden von den abgegebenen Stimmen berechnet, nicht von den theoretisch möglichen. Sobald sich jedoch eine Projektionsfläche in Gestalt einer neuen Partei, einer Volksabstimmung oder eines irgendwie neuen Kandidaten bietet, sind sie wieder da. Und schlagen zurück, bekämpfen ein System, dass glaubte, sich um sie nicht scheren zu müssen. Die Strategie der asymmetrischen Demobilisierung, die gerade darauf abzielt, mit politischen Ideen so zu jonglieren, dass immer die Gleichen regieren, ist ein Katalysator dieser Entwicklung.

Genau deshalb gilt es, die Alarmsignale endlich zu sehen und ernstzunehmen. Es gibt keine Alternative zum Wähler. Wird er von den großen Parteien nicht abgeholt, richtet er sich in eigenen Milieus (Pegida, AfD etc) ein, züchtet im Netz seine eigenen Wahrheiten, wartet auf eine Chance zum Eingreifen. 

Irgendwann kocht die Suppe über

Eine Europäische Union, die keiner versteht, lebensfremder Gender-Quark, Quotenregelungen für Aufsichtsräte oder Vorstände, bei denen die Eliten ihre Kontonummern austauschen, aber bei der Discounter-Kassiererin nichts besser wird, eine Flüchtlingspolitik, die Einheimische zu willenlosen Erduldern eines von oben geregelten Weltgeschicks degradiert, Metropolen-Eliten, die bei Buntheit und Lebensstil den Ton angeben, Denken in nationalen Bezügen als überwunden verachten, ein Bundestag ohne wirkliche Opposition, Medien, die sich im wesentlichen einig sind und mehr oder weniger als Einheitsfront mit der Politik gesehen werden... All das reichert sich untergründig an und bricht irgendwann aus. 

Wenn die Parteien verlorene Wähler zurückgewinnen wollen - und das müssen sie, wenn das demokratische System weiter funktionieren soll - muss auch der dumpfe, vermeintlich falsche oder gestrige Wähler erfahren, dass man ihm zuhört. Wenn es weiter darum geht, dass der Wähler sich hinter der Funktionärsdoktrin aufstellen oder sich zum Teufel scheren kann, wird er sich zum Teufel scheren. Und mit diesem wiederkommen. 

Der Vergleich des Historikers Paul Nolte mit dem Anfang der 30er Jahre klingt dramatisch, stimmt aber insofern, als es eine Art demokratisches Lotto-Spiel ist, welche Bewegung das Glück hat, aktiv zum Zuge zu kommen. Jetzt war es Brexit, demnächst vielleicht Le Pen? Wenn die Präsidentenwahl in Österreich tatsächlich wiederholt wird, könnte die FPÖ demnächst erstmals in die erste Reihe der aktiven Politik eintreten.


Ralf Schuler


Achse des Guten
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Ein deutscher Bundespräsident über die Bürger Europas

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Unsere Volksvertreter überbieten sich derzeit in der Kunst, ihre Wähler zu beleidigen.
Mal werden wir als »Pack«, »Ratten« oder »Mischpoke« beschimpft.
Und jetzt generell zum »Problem« erklärt.

Es gab einmal eine Zeit, da waren unsere Politiker Volksvertreter. Es waren Menschen aus dem Volk. Der 2015 verstorbene Helmut Schmidt hat über seinen Tod hinaus Beliebtheitswerte, von denen selbst internationale Popstars nur träumen können. Nie wäre Helmut Schmidt auf die Idee gekommen, die Menschen da draußen verächtlich zu beschimpfen. 


Heute nennen Politiker deutsche Wähler wahlweise »Pack« (SPD-Chef Sigmar Gabriel), bezeichnen sie implizit als »Ratten« (Sachsens CDU-Innenminister Markus Ulbig) oder »Mischpoke« (Grünen-Chef Cem Özdemir). Letzteres ist eine Wortwahl, für die sich auch Josef Goebbels entschied, der nach dem Aufruf zum Boykott jüdischer Geschäfte begeistert in sein Tagebuch schrieb: »Ich diktiere einen scharfen Aufsatz gegen die Greuelhetze der Juden. Schon seine Ankündigung lässt die ganze Mischpoke zusammenknicken.«




In den Reihen deutschsprachiger Politiker scheint es heute einen Wettbewerb in der Kunst zu geben, wer das Volk am übelsten beleidigen kann. Vielleicht gewinnen ja nicht Gabriel, Ulbig oder Özdemir, sondern Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD). Er nennt jene, die sich öffentlich gegen die Regierungspolitik aussprechen, ungeniert eine »Schande für Deutschland«. Nordrhein-Westfalens Innenminister Ralf Jäger (SPD) setzt noch einen drauf und verunglimpft unzufriedene Bürger, die es wagen, gegen die Zustände in der Politik zu demonstrieren, als »Nazis in Nadelstreifen«.



LSD? Crack? Stechapfeltee? Kokain? Crystal Meth? 


Angesichts der tiefen Verachtung unserer Politiker für die Wähler da draußen fragt man sich immer öfter, welche Drogen in der Politik konsumiert werden. Ganz dicht scheinen die dort nicht mehr zu sein. Was rühren die morgens nur in ihr Müsli? Den Bezug zur Realität haben sie offenkundig verloren. Während Millionen Menschen da draußen vor lauter Sorgen nicht wissen, wie sie steigende Mieten und Lebensmittelpreise verkraften sollen, fordern sie uns dazu auf, den Gürtel enger zu schnallen, suchen bestimmte Journalisten die Nähe zu genau jenen Eliten. 

Und während die EU Staatsbankrotte nur noch durch pausenloses Gelddrucken hinauszögern kann, erwartet sie eine Willkommenskultur für Millionen Armutsflüchtlinge. 

Zu viel Crack? Zu viel LSD? Oder liegt es am Kokain?

Während die Bürger die Nase voll haben von den Toten der Auslandseinsätze, setzen sich Politiker und ihnen ergebene Medienvertreter den Stahlhelm auf und sekundieren Amerikaner munter bei der Planung neuer Kriegseinsätze. Sind das die Folgen von Crystal Meth? Vielleicht sollte man einmal den Grünen-Politiker Volker Beck dazu befragen.

Und nun hat sich auch Bundespräsident Gauck zu Wort gemeldet.
Gauck sagt in einem Gespräch mit der ARD ab Minute 11:03:
»Die Eliten sind gar nicht das Problem, die Bevölkerungen sind im Moment das Problem.«


Protest gegen Gauck

 
In Artikel 20 des Grundgesetzes wird festgelegt, dass alle Staatsgewalt vom Volke ausgeht. Die Aussage, dass das Volk nicht so springt, wie es Eliten und Politik von ihm fordern, ist vor diesem Hintergrund eine Anwandlung, die mit dem Grundgesetz nicht mehr viel gemein hat. 

Die Aussage des Herrn Gauck zeigt wieder einmal, dass Bürger aus der Sicht von Politikern wie kleine unmündige Kinder sind, die man ständig erziehen muss, damit sie endlich erkennen, was für die Zukunft im Mekka Deutschland wichtig ist. Von Volkserziehern in den Reihen von Politik und Medien haben allerdings immer mehr Bürger die Nase voll. 


http://info.kopp-verlag.de/drucken.html?id=24572 – Udo Ulfkotte




Kopten ohne Grenzen

.Ko...

Samstag, 25. Juni 2016

Armenienresolution führt zu Partei-Neugründung

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Neue Partei mit Migrationshintergrund:
Da kommt Schwung auf


von Susanne Baumstark


Der Unternehmer Remzi Aru und der Rechtsanwalt Ramazan Akbaş werden Nägel mit Köpfen machen und ihre angekündigte Partei auf die Beine stellen. Den letzten Ausschlag dafür gab laut Aru die Armenienresolution im Bundestag. 

Die Begründung für die Parteigründung könnte indessen auch Deutsche ansprechen: Das Land entwickle sich „in eine fatale Richtung“ und „Altparteien flüchten sich immer mehr in Ideologie, weil ihre Distanz zum Normalbürger immer größer wird“, sagte Aru gegenüber der Onlinezeitung Nex. In einem Aufruf schrieb der Unternehmer, es würden hierzulande „stalinistische Massenmörder und Verbrecher von Abgeordneten, Journalisten und anderen Meinungsführern verteidigt und verherrlicht“. Und außerdem: Etablierte Parteien benutzten Migranten nur als Stimmvieh und brächten ansonsten keinerlei Empathie für sie auf.

Neben etlichen in Deutschland lebenden Türken zeigen sich bereits Albaner, Bosnier, Marokkaner, Sinti und Roma, Aussiedler sowie andere Zugewanderte an der Partei interessiert. Auch primär antisemitisch motivierte Aktivisten scharren bereits mit den Hufen. Nex titelt: „Palästinensische Gemeinde: ‚Wir werden Remzi Arus Partei unterstützen‘". 

In einem Leserkommentar dazu ist zu lesen, die palästinensischen Gruppen in Deutschland müssten sich „an einen Tisch setzen,  nur so können wir gemeinsam der Welt zeigen, dass wir gegen den Feind Israel als Macht sind“.


Interessante Neukonstellationen respektive Spaltungen im Parteiengefüge

Unter diesem Aspekt wäre die neue Partei optimale Anlaufstelle für die ewigen Israelmobber aus dem linken Spektrum; allerdings richte sie sich „gegen Extremismus von links und rechts“ sowie gegen türkischstämmige Abgeordnete, die der Armenienresolution ihre Stimme gaben; die sind auch in den dortigen Reihen anzutreffen. Außerdem dürfte den Linken der Passus über die Verherrlichung „stalinistischer Massenmörder“ einige Verdauungsprobleme bereiten. 

Es könnten sich dennoch interessante Neukonstellationen respektive Spaltungen ergeben, aus denen sich ablesen lässt, wer tatsächlich wie vorrangig aufgestellt ist. Man darf auch gespannt sein, ob nach dem zu erwartenden Senkrechtstart dieser Partei die Einwanderungspolitik von links und grün immer noch so offenherzig daher kommt. Schließlich könnten jene, die sie bisher verteidigten, zu Konkurrenten beim Kampf um die Tröge im Bundestag werden.

Man hätte dann also mit der AfD gleich zwei Parteien, die es zu bekämpfen gilt. Sollten allerdings die etablierten Parteien den neuen, wohl mehrheitlich aus Einwanderern bestehenden Konkurrenten tatsächlich bekämpfen, agierten sie dann in ihrer eigenen Logik rassistisch? In mancher Hinsicht könnte die Angelegenheit noch heiter werden und nebenbei hohle Argumentationsmuster entlarven. Mindestens aber wird sie die Gemütlichkeit der bundestäglichen Großfamilie empfindlich stören.


Gestörte Gemütlichkeit der Bundestags-Großfamilie  

Das Parteiprogramm in Kurzform steht bereits im Netz. Es beginnt mit den Worten: „Wir stehen für ein selbstbewusstes, traditionsbewusstes, aber auch weltoffenes, multireligiöses und multinationales Deutschland, das einen gesunden Patriotismus und Nationalstolz pflegt, statt von einem Extrem ins andere zu fallen. Wir stehen für ein Deutschland, das eine konstruktive und ausgleichende Rolle in der Welt spielt, statt anderen Ländern gegenüber den Schulmeister herauszukehren.“ Man stehe außerdem „für ein Europa, das sich auf seine elementarsten Kernaufgaben beschränkt“ und für die Stärkung des „elterlichen Erziehungsrechts gegenüber politischen Ideologen“; Frühsexualisierung in Kindergärten und Schulen habe zu unterbleiben. Man wolle „ein Deutschland freier Menschen, freier Märkte und freier Entfaltung der Potenziale“.

Soweit durchaus ansprechbar. Wären da bloß nicht die unselige Scharia und der gepflegte Antisemitismus sowie ein gewisser, gar nicht in Deutschland lebender Platzhirsch im Hintergrund. Schade eigentlich. Gefährlich? Sollte die Neuaufstellung zu bedachterer Einwanderungspolitik seitens der Altparteien führen – wenn auch nur um lieb gewonnene Pfründe zu verteidigen – nicht unbedingt mehr als ein Weiter so wie bisher. Morgen, am 26. Juni, soll es eine Pressekonferenz zur Parteigründung geben.




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Si tacuisses, philosophus mansisses

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Im  ersten Buch seiner dreibändigen ‚Geschichte der Philosophie’ behandelt der Philosoph Richard David Precht Erkenntnisse der Antike. Zum Thema Judentum und Christentum hat er sich heillos verirrt.

Ein Gastbeitrag von Hubert Hecker.

Im Interview mit der Münchener Abendzeitung wird Precht nach seinen Motiven gefragt. Seine Antwort: Ich hatte das unbändige Bedürfnis, ein Buch zu schreiben, das ich als Student selber gerne gelesen hätte, um den Überblick zu bekommen.

Eine weitere Frage lautete: Wozu braucht man Religion? Er persönlich brauche keine, meint der Schriftsteller.
Aber ich zeige in meinem Buch ja auch, wie das Christentum entstanden ist. Erstaunlich eigentlich, denn es hatte zuvor schon so viel Klügeres gegeben. Die Philosophie war schon auf einem viel höheren Niveau als das, was dann kam. Das Christentum war ein enormer kultureller Rückschritt.
Mit dem vielen Klugen in der Zeit vor dem Christentum meint Precht insbesondere die großen griechischen Philosophen wie Sokrates, Platon und Aristoteles, auch wohl die römische Stoa. Durch die Ausbreitung des Christentums sei dann ein kultureller Rückschritt eingetreten. Mit dieser These zeigt der Philosoph, wie wenig er vom frühen Christentum und seiner Beziehung zur Philosophie verstanden hat.


Das griechische Erbe gehört wesentlich zum Christentum

Es war das besondere Forschungsgebiet vom Theologen Joseph Ratzinger, der Hellenisierung des Christentums nachzuspüren und sie zu rechtfertigen. In seiner Regensburger Rede kommt er darauf zurück, dass das griechische Erbe wesentlich zum Christlichen Glauben gehört. Das innere Aufeinanderzugehen zwischen biblischem Glauben und griechischem philosophischem Fragen sei schon in der jüdisch-biblischen Zeit der Weisheitsliteratur ausgeprägt gewesen. Als Beispiel nennt er die in Alexandria entstandene griechische Übersetzung des Alten Testaments, die Septuaginta. In ihr habe das Beste des griechischen Denkens den entmythologisierten Glaubenshorizont  der jüdischen Spätzeit inspiriert. Es sei dabei zutiefst  um die Begegnung zwischen Glaube und Vernunft, zwischen rechter Aufklärung und Religion gegangen.


Samenkörner der Wahrheit in der griechischen Philosophie

Wenn Johannes in seiner Evangeliumseinleitung Gott den logos nennt, was sowohl  Wort wie auch Vernunft bedeutet, dann ist schon bald nach Jesu Tod eine erste Synthese von biblischem Glauben und griechischem Denken auf den Weg gebracht, so Papst Benedikt 2006 in Regensburg. 

Ein weiterer Zeuge dafür ist der Märtyrer Justin (+165). Der heidnische Philosoph war mit den Hauptströmungen der damaligen Denkschulen vertraut wie Platoniker, Peripatetiker, Pythagoräer und Stoa. Er bekehrte sich schließlich zum Christentum, das er die allein zuverlässige und brauchbare Philosophie nannte.  In Justin manifestiere sich die klare Option der frühen Kirche für eine Philosophie, die von den heidnischen Mythen und Götterkulten sowie von den kulturellen Gewohnheiten der Zeit gereinigt ist, um der Wahrheit des Seins den Vorrang zu geben – so fasste es Papst Benedikt in seiner öffentlichen Katechese am 21. März 2007 zusammen. 

In der griechischen Philosophie zeigten sich die Samenkörner der Wahrheit, die sich dann in der geschichtlichem und personalen Offenbarung des Logos im Christentum entfalten konnten.


Europa ist auf drei antiken Hügeln gebaut: Akropolis, Kapitol und Golgata

Jerusalem
Jerusalem
Auf dieser Linie konnten spätere Theologen weiterarbeiten – etwa mit der Sentenz, nach dem Logos – also vernunftmäßig – zu handeln dem Wesen Gottes gemäß sei. 

Benedikt  charakterisiert in seiner Regensburger Rede die entsprechende Formulierung des oströmischen Kaiser Manuel II. von 1395  als wirklich aus dem inneren Wesen des christlichen Glaubens heraus (entstanden) und zugleich aus dem Wesen des Griechischen, das sich mit dem Glauben verschmolzen habe. 

Das Christentum hat zwar seinen Ursprung und wichtige Entfaltungen im Orient gehabt, so der Papst, aber seine geschichtlich entscheidende Prägung hat es in Europa gefunden. Die Begegnung des Christentums mit der griechischen Philosophie, zu der dann noch das Erbe Roms trat, habe die Wertegrundlagen Europas geschaffen. 

Das ist auch mit dem bekannten Diktum gemeint, nach dem Europa auf drei Hügeln aufgebaut ist: Die Akropolis steht für griechische Philosophie, das Kapitol für das römische Verwaltungs- und Rechtswesen und schließlich Golgatha bei Jerusalem als der Ort, von dem aus die christliche Erlösungsbotschaft der Nächstenliebe den Völkern der damaligen Welt eine befreiende Perspektive gegeben hat.


Die Maxime der Frühchristen: Prüft alles, das Gute behaltet!

Natürlich haben die frühchristlichen Kirchenväter von den griechischen Philosophen nicht alle und alles übernommen, sondern einen kritischen Sichtungsprozess vorgenommen nach dem Pauluswort:
Prüft alles, das Gute behaltet (1 Tess 5,21).
So etwa haben sie die von Platon geförderte Pädophilie verworfen oder die von Aristoteles legitimierte Abtreibung sowie Aussetzung von behinderten Kindern abgelehnt.

Insbesondere die Transzendenz-Lehren von Platon nahmen die Kirchenväter als Samenkörner der Wahrheit auf. Augustinus und weitere bedeutende Autoren der Kirchenväterzeit brachten den Neu-Platonismus in die Theologie ein. Im Mittelalter wurde schließlich von den christlichen Universitäten das Lehrwerk des Aristoteles’ zur Grundlage der scholastischen Lehr- und Lernmethode gemacht.

Die These Prechts vom Abstieg oder Abbruch der griechischen Philosophie durch das Christentum ist nicht zutreffend.


Verhackstückung von Judentum und Christentum

Der Zeitungsinterviewer fragt nach Prechts Abwertung des Christentum dann mit Recht: Warum wurde es dann ein Erfolg?

Der erste Satz seiner Antwort ist noch einigermaßen zustimmungsfähig: Das Christentum entwickelte den personellen Gottesbezug, das hat die Menschen extrem angesprochen. Doch im Weiteren zeigt der Schriftsteller, dass er an Bibel und Theologie wie mit einem Buschmesser herangeht, um sich Judentum und Christentum auf dem Hauklotz nach seinem  Gusto zurechtzuhacken. Hier das Ergebnis seiner lächerlichen Verhackstückung:

Im Frühchristentum  durfte man alle töten, die nicht an Gott glaubten. Bei den Juden war das anders. Es gab ja andere Götter neben Jahwe, die waren aber schwächer. Im Christentum gibt es nur den einen Gott, und wer nicht an den glaubt, der hat sein Leben verwirkt. Die Radikalität der Frühchristen findet man heute wieder bei denen, die sich für den IS rekrutieren lassen. Glücklicherweise hat sich das Christentum dann weiterentwickelt.


Sind Polytheisten friedlicher?

Die Ausführungen Prechts gehen erkennbar auf eine alte These von Jan Assmann aus dem Jahr 1997 zurück. Danach sei erst mit der mosaisch-jüdischen Herausstellung eines einzigartigen, wahren Gottes Intoleranz und religiös motivierte Gewalt in die bis dahin polytheistisch-friedliche Völkergeschichte eingezogen. Diese grobschlächtige These hat sich im bisherigen Diskurs als unzutreffend erwiesen, so dass Assmann sie in seinem neuen Buch Exodus teilweise revidieren musste. 

Tatsächlich glaubten die Hebräer, dass viele (Volks-) Götter existierten, aber Jahwe der stärkste wäre. Doch gerade der von Precht gelobte polytheistische Kontext des alt-israelischen Glaubens führte zu tödlichen Gewaltaktionen innerhalb des jüdischen Volkes: Nachdem ein Teil der Hebräer einen goldenen Stiergott angebetet hatten, töteten die Leviten auf Anweisung Moses etwa 3000 ihrer Volksgenossen (vgl. Ex 32,26). Damit ist Prechts These hinfällig, dass die Existenz anderer Götter neben Jahwe die Juden vor Tötungsaufrufen bewahrt hätte, während das monotheistische Christentum die Tötung von Nicht-Christen legitimiert hätte.


Unter dem monotheistischen Schöpfergott sind alle Menschen Geschwister

Erst in nachexilischer Zeit erkannte man in Israel den alleinigen Schöpfergott als Vater aller Menschen, die damit als Geschwister anzusehen sind. 

So zeigte sich erst in diesem spätjüdischen Glauben der Horizont eines völkerumfassenden Monotheismus, der im Messias Christus und seiner Lehre zur Vollendung kommt. Der ernsthafte Glaube an Herrschaft und Erbarmen Gottes für alle Menschen sowie die entsprechende Entgrenzung der Nächstenliebe führt aber – so die naheliegende Folgerung – bei den (monotheistischen) Gläubigen eher zur Minderung der Gewaltbereitschaft. 

In der Friedens- und Friedlichkeitslehre Christi sowie seinem Beispiel in Leben und Tod erweist sich Assmanns These (und seiner Epigonen) endgültig als falsch. Nebenbei ist durch die Ausführungen klar geworden, dass Prechts Behauptung von dem durchgehenden Polytheismus des  vorchristlichen Judentums augenscheinlich falsch ist.


Philosophische Halluzinationen

Bezüglich des Christentums stellt Precht drei aufeinander bezogene Thesen auf:
▪ Die Lehre des christlichen Eingottglaubens beinhalte, dass alle Nicht-Gläubigen ihr Leben verwirkt hätten.

Diese Behauptung ist eine philosophische Halluzination, bestenfalls ein Ausfluss von Assmanns falscher Grundthese. Jedenfalls findet sie in der christlichen Bibel keinerlei Anhaltspunkte oder Basis.

▪ Im Frühchristentum sei es die Lehre des Christentums gewesen, dass Nicht-Glaubende getötet werden dürften.

Bei den frühchristlichen Theologen, also den anerkannten Kirchenvätern, kann Precht keine Zeugen für seine These finden, dass Heiden wegen ihres Nicht-Glaubens an den einen Gott getötet werden dürften oder sollten. Und selbst wenn er eine marginale Quelle für diese These gäbe – Lehre der Kirche war das nicht. Warum behauptet ein Philosoph, der für sich und sein Werk Rationalität beansprucht, so einen unbelegbaren Unsinn? Da bleibt als Erklärung nur der seit Voltaires Zeiten verbreitete Kirchenhass übrig.


▪ Schließlich unterstellt Precht in diesem Zusammenhang mit der Formulierung Radikalität der Frühchristen, dass die Tötung von Nicht-Glaubenden von Christen praktiziert worden sei.

Anscheinend verwechselt Precht die im Römischen Reich verfolgten Christen mit den heidnischen Römern. Die haben während zweieinhalb Jahrhunderten periodisch Christen gefoltert und getötet, wenn die auf ihrem Nicht-Glauben an den Gott-Kaiser beharrten.

In späteren Zeitaltern nach dem Frühchristentum hat es tatsächlich Gewaltexzesse gegen Nicht-Gläubige von Seiten (un)christlicher Herrscher gegeben. Man denke etwa an die Aktionen von Karl dem Großen gegen die widerspenstigen Sachsen. Auch wenn solche Strafaktionen im Namen der Kirche durchgeführt wurden, so waren sie doch in keiner Weise aus und auf der Basis der biblisch-christlichen Lehre begründet.

Im 11. Jahrhundert hat es von Kirchenleuten begründete Gewaltanwendung gegen Ketzer gegeben. Aber die entsprechenden Legitimierungen der Theologen – etwa im Umfeld von Papst Gregor VII. – konnten ebenfalls nicht aus der christlichen Bibel hergeleitet werden, sondern bezogen sich ausschließlich auf altjüdische Gewaltaktionen, also gerade aus dem (polytheistischen) Kontext, der nach Precht glaubenstolerant und gewaltablehnend gewesen sein sollte. Auch diese historischen Beispiele zeigen somit, dass der Philosoph mit seiner frühchristlichen Radikalitätsthese völlig falsch liegt.

Unsinn zu Absurdität gesteigert

Als wenn der Unsinn nicht schon ein Übermaß erreicht hätte, steigert der Philosoph die Absurdität seiner Behauptung noch einmal mit dem Hinweis, dass sich die angebliche Radikalität der Frühchristen mit dem islamisch motivierten Terror der ISlamisten vergleichen ließe. Will Precht etwa die selbstmörderischen Kampf-“Märtyrer“ des Islamischen Staates mit den frühchristlichen Passions-Märtyrern gleichsetzen, die selbst unter Folter und Todesschlägen ihren Glauben bezeugten?

Precht will mit seinem Buch einen Überblick über die Philosophie-Geschichte geben. Dabei hat er sich beim Thema Judentum und Christentum selbst heillos verirrt und völlig den Überblick verloren.

Zumindest für die zitierten Passagen sollte man Precht das bekannte Diktum zurufen: Si tacuisses, philosophus mansisses – Wenn du (zu diesen Themen) geschwiegen hättest, wärest du (vielleicht) ein Philosoph geblieben.


Text: Hubert Hecker



Katholisches
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Wenn der Fürst dieser Welt regiert

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Kardinal Cañizares, der Erzbischof von Valencia, Spanien, hat sich in den vergangenen Wochen klar und eindeutig für die Familie und gegen die Gender-Ideologie ausgesprochen. Nun ist er im Kreuzfeuer „linker“ Medien und Politiker und soll sogar wegen „Anstiftung zu Diskriminierung und zum Hass“ geklagt werden. Homosexuellen-Organisationen wie „Lambda“, das „LGBT Kollektiv von Valencia“ und andere haben ebenfalls angekündigt, den Kardinal beim „Sonderstaatsanwalt für Hassverbrechen“ anzuklagen.

Der Kardinal sagte unter anderem am 13. Mai 2016 während einer Predigt: „Wir haben hier eine Gesetzgebung, die sich immer mehr gegen die Familie wendet […]. Die Situation ist ernst und hat große Auswirkungen auf die Zukunft unserer Gesellschaft. Wir müssen uns jetzt gemeinsam um die Stabilität von Ehe und Familie kümmern. Unterstützen wir die Anerkennung der Familie in der Öffentlichkeit als unser vordringliches Ziel.“

Am 29. Mai 2016 bezeichnete der Kardinal die Gender-Ideologie in ihrer radikalen Ausprägung als „die heimtückischste Ideologie, was den Abbau von Menschlichkeit im Laufe der Geschichte betrifft“. Dies manifestiere sich auch in den hohen Abtreibungszahlen und an der hohen Scheidungsrate.

Außerdem äußerte sich der Kardinal kritisch über radikalfeministischen Gruppen und teilte massive Bedenken gegenüber unkontrollierter Massenzuwanderung nach Europa.

Aufgrund der klaren Worte des Kardinals orchestrierten Teile der spanischen Massenmedien und die radikale Linke eine Medienhetze gegen Kardinal Cañizares. Der Kardinal ist in ernster öffentlicher Bedrängnis, was sich angeblich auch negativ auf seinen Gesundheitszustand niederschlägt. Wir müssen Kardinal Cañizares jetzt gemeinsam den Rücken stärken, damit Meinungsfreiheit verteidigt und koordinierter Medienhetze eine Absage erteilt wird.

Unterzeichnen wir deshalb diese Petition an den Bürgermeister von Valencia und an jene Gruppierungen, die Kardinal Cañizares so massiv attackieren. 

Jeder hat das Recht auf Religionsfreiheit und auf freie Meinungsäußerung, auch ein Kardinal.

Erst kürzlich haben nun auch Vertreter der LGBT-Lobby bei einem Gericht in Valencia Klage gegen Kardinal Cañizares eingereicht. Der sozialistische Präsident der Regionalregierung in Valencia, Ximo Puig, verurteilte den Kardinal, indem er meinte: „Seine Worte geziemen sich seiner hohen Verantwortung nicht […]. Jeder kann jeden lieben und ich mache mir Sorgen über jene, die nicht jeden lieben […]. Ich fühle mich eher von Papst Franziskus vertreten, als vom Kardinal.“

Auch die Vizepräsidentin des Regionalparlaments von Valencia, Monica Oltra, griff den Kardinal unsachlich an: „[Kardinal Cañizares] Worte schüren ein Klima von Hass und deshalb auch von Hassverbrechen […]. Seine Botschaft ist frauenhassend und erniedrigend für Frauen.“

Kardinal Cañizares ist jedoch bei weitem nicht allein mit seiner Unterstützung für die Familie. Sehr viele Menschen auf der ganzen Welt teilen die Meinungen des Kardinals, dass Gender-Ideologie der Menschheit insgesamt Schaden zufügt und gegen die Natur des Menschen gerichtet ist.


Auch Papst Franziskus äußerte sich kritisch über den Genderismus: „Eine weitere Herausforderung ergibt sich aus verschiedenen Formen einer Ideologie, die gemeinhin Gender genannt wird und die den Unterschied und die natürliche Aufeinander-Verwiesenheit von Mann und Frau leugnet. Sie stellt eine Gesellschaft ohne Geschlechterdifferenz in Aussicht und höhlt die anthropologische Grundlage der Familie aus. Diese Ideologie fördert Erziehungspläne und eine Ausrichtung der Gesetzgebung, welche eine persönliche Identität und affektive Intimität fördern, die von der biologischen Verschiedenheit zwischen Mann und Frau radikal abgekoppelt sind. […] Es ist beunruhigend, dass einige Ideologien dieser Art, die behaupten, gewissen und manchmal verständlichen Wünschen zu entsprechen, versuchen, sich als einzige Denkweise durchzusetzen und sogar die Erziehung der Kinder zu bestimmen.“ Wir sind „berufen, unser Menschsein zu behüten, und das bedeutet vor allem, es so zu akzeptieren und zu respektieren, wie es erschaffen worden ist.“ (Amoris Laetitia, Punkt 56, Seite 53)

Obwohl Kardinal Cañizares lediglich allgemein bekannte christliche Standpunkte vertritt, sah er sich aufgrund der Hetze veranlasst, einen Brief an die Gemeinden seiner Diözese zu veröffentlichen. Darin schreibt er: „Bin ich jemand, der Hass nährt? Oder wird Hass vielmehr von anderen gegenüber mir geschürt, wie beispielsweise in der Parlamentssitzung vom vergangenen Donnerstag? Ihre verurteilenden Worte [gegen meinen Glauben] schwören unvorhersehbare und unerwünschte Konsequenzen herauf.“ Ist es homophob, die Familie zu verteidigen?

Doch bis jetzt beharren links-orientierte Politiker und Teile der Medien auf ihrem Ansinnen, den Kardinal nicht nur politisch, sondern auch vor Gericht zu kriminalisieren.

Teilen wir den Verantwortlichen unseren Protest mit und zeigen wir ihnen unsere Solidarität mit Kardinal Cañizares, der einer politischen und medialen Hetzkampagne ausgesetzt ist, nur weil er christliche Standpunkte vertritt.

Sollte Kardinal Cañizares vom Gericht verurteilt werden, drohen ihm bis zu drei Jahre Haft.

Mit der Unterzeichnung dieser Petition wird eine E-Mail an den Bürgermeister von Valencia, Joan Ribó, gesandt. Auch die Sprecher weiterer politischer Gruppierungen, die den Kardinal attackieren, werden über diese Petition informiert.




Petition
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Gottesdienst

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Die „Entstaltung“ der 

Gottesdienstkultur

Gottesdienste sind heute vielerorts eine Spielfläche für Experimente geworden. Wir sorgen dafür, dass wir in den Gottesdiensten immer häufiger dem begegnen, was wir sowieso gut kennen, nämlich unserer Alltagskultur. Sind Gottesdienste dafür da?

Mehr im Aufsatz „Gottesdienst als Spielwiese – Geistlicher Aufbruch durch neue Gottesdienstkulturen?“ (Bekennende Kirche, Nr. 52, 3/2013, S. 19–27): www.bekennende-kirche.de/heft/52.





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Freitag, 24. Juni 2016

Wenns mit der Liebe nicht klappt, mache ich Dir ein Kind

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Vorwärts immer, rückwärts nimmer: Jetzt kann nur noch Peking helfen!

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Ja, die Morgenmeldungen muss man erst mal verdauen. Wem wie mir beim Verfolgen der Abstimmung in Großbritannien so gegen ein Uhr die Augen zugefallen sind, hatte heute Morgen beim Blick auf den Nachrichtenticker des Smartphones ein übles Erwachen. Die Briten werden also die EU verlassen. Wirklich.

Eigentlich hatte ich vor dem Einschlafen schon befürchtet, heute die Siegesmeldungen der EU-Funktionäre lesen zu müssen. Etwa von Herrn Juncker, der von einem „Sieg der Vernunft“ spricht oder Herr Schulz, der sicher etwas in der Art „jetzt müssen wir noch schneller und umfassender zusammenwachsen“ sagen würde. Stattdessen ein Videokommentar von Florian Harms auf SPON, der von einem „Schwarzen Tag für Europa“ und „jetzt erst recht“ spricht. Für Europa, nicht die EU. Ganz so, als hätten die Briten samt ihren Inseln längst Segel gesetzt und wären in den Weiten des Atlantik verschwunden.

Aber keine Sorge, Britannien ist noch da. Und die EU-Granden sagen genau das, was ich erwartet habe – obwohl das Referendum anders ausging, als sie erwartet hatten. Seltsam, oder? SPON weiter: „Ja, die EU ist nicht perfekt, sie ist oft bürokratisch. Sie scheitert zu oft an den großen Herausforderungen unserer Zeit.“ Ach, tatsächlich! Mir scheint, das ist einer kleinen Mehrheit der Briten auch aufgefallen und was noch entscheidender sein könnte, einer noch größeren Mehrheit der „Rest-EU“ auch. Für Harms jedoch kein Grund, die EU zu verlassen.

„Die EU wurde zwar als Wirtschaftsgemeinschaft gegründet, aber heute ist sie viel viel mehr“, so Harms. Wenn ich mir die Meldungen des heutigen Tages so ansehe, habe ich leider den Verdacht, dass dies nichts als ein frommer Selbstbetrug ist. 

Der DAX bricht um 1000 Punkte ein, die deutsche Börse will ihre Fusion mit der Londoner Börse „jetzt erst recht“ durchziehen, die deutsche Autoindustrie fordert schon heute konkrete Verhandlungen für ein Freihandelsabkommen mit den Briten. Es ist also die Wirtschaftsgemeinschaft, die betroffen ist, reagiert und mit der neuen Situation klarkommen muss. Was ich dagegen noch nicht gehört habe ist, dass Deutschland den Briten den Krieg erklärt hat oder dass es Reisewarnungen für die britischen Inseln gäbe. Alles funktioniert überraschend normal, der Verlust freiheitlicher Werte ist nicht in Sicht.

Eine Art heilender Schock? Oder einfach mehr vom selben?

Ich gebe zu, auch ich habe gehofft. Gehofft, dass die Briten die Franzosen nicht mit uns alleine in der EU lassen wollen. Gehofft, dass dieses Referendum eine Art heilender Schock für den undemokratischen, unkontrollierbaren, unnützen Brüsseler Beamtenbienenstaat und seine Bienenkönige Juncker, Tusk und Schulz sein würde. Stattdessen lese ich das Statement von EU-Ratspräsident Donald Tusk, der sagt „Was dich nicht umbringt, macht dich stärker“ und man fragt sich, ob nach dem Verlust eines Arms durch Amputation auch das Bewusstsein Schaden genommen hat. Wenn nicht, sollten schnellstens noch ein Paar Staaten aus der EU austreten, um diese zu stärken.

Harms dazu: „Wenn die EU-Staats- und Regierungschefs in Brüssel zusammensitzen, dann geht es längst um viel mehr als nur um kleinliche Fragen der Wirtschaft. Dann wird Weltpolitik gemacht.“ 

Weltpolitik machen, das ist also das Ziel der EU? Und die Wirtschaft befasst sich also nur mit kleinlichen Fragen? Wirtschaft ist die einzige Weltpolitik, die am Ende zählt. Denn ohne das Stoffwechselprodukt der Wirtschaft, Geld, lassen sich keine Räder drehen, keine Arbeitsplätze erhalten, kein Sozialsystem finanzieren, keine Entwicklungshilfe leisten und keine Flüchtlinge versorgen. Nirgends, auch nicht in der EU, geht es ohne die Wirtschaft. Erstaunlich, dass alle Vorkehrungen, alle Brandmauern, alle Hiobs-Meldungen des heutigen Morgens sich ausschließlich mit Wirtschaftsthemen befassen. All die anderen Aspekte der EU scheinen heute selbst für die EU-Bürokraten keine große Rolle zu spielen, obwohl man seit Jahren immer wieder das Gegenteil behauptet.

Wie wäre das Referendum ausgegangen, wenn nicht die Drohung aus Brüssel im Raum gestanden hätte, die „Einheit Europas“ müsse noch viel tiefer, weitgehender und unumkehrbarer sein? Was, wenn man sich auf die Aspekte konzentriert hätte, die funktionieren und gesagt hätte, vergesst den Rest? Was, wenn man den Briten nicht mit „draußen ist draußen“ gedroht hätte? Was, wenn aus Brüssel nicht voller Häme angekündigt worden wäre, Großbritannien für einen Status, wie Norwegen und die Schweiz ihn haben, kräftig zur Kasse bitten zu müssen?

Wenns mit der Liebe nicht klappt, mache ich Dir ein Kind

Haben die Briten einen Fehler gemacht? Nur die Briten? So richtig zufrieden ist man zum Beispiel mit dem Euro auch nirgends. Die einen Länder ächzen unter ihrer Schuldenlast, die anderen werden durch Negativzinsen kalt enteignet. Gut, sagt man sich in Brüssel, das liegt daran, dass wir keine gemeinsame Finanzpolitik haben, am besten eine, die aus Brüssel kommt. Nun macht die EZB genau das – wenn auch aus Frankfurt – und versenkt Milliarden in Staatsanleihen klammer Eurostaaten. 

Da auch das nicht wirklich gut funktioniert, sagt man in Brüssel, das liege daran, dass wir keine gemeinsame Wirtschaftspolitik haben. Für mich klingt das etwa so: „Schatz, wenn’s mit der Liebe nicht mehr klappt, lass uns heiraten – und wenn das auch nicht hilft, mach ich dir ein Kind!" Wenn „eng“ nicht funktioniert, muss es eben „enger“ werden. Eine Logik, die nur in Brüssel gelehrt wird. Die unverhohlene Drohung „Draußen ist draußen“ in Richtung London hat ihre Wirkung verfehlt. Es mag der EU nicht passen, aber offensichtlich gibt es auch andere Wege, die die Nationen Europas beschreiten können, ohne das Krieg ausbricht oder den Kühen die Milch im Euter sauer wird.

Erinnern Sie sich noch daran, dass es früher mal sowas wie „bilaterale Verträge“ gab, Verträge zwischen zwei Ländern? Solange ich denken kann berichteten die Fernsehnachrichten von Ereignissen, deren Szenenbild immer so aussah: Hinter einem wuchtigen Tisch saßen zwei hochwichtige Männer in dunklen Anzügen mit bedeutungsvoller Mine vor zwei Stapeln Papier, deren Seiten zwei dienstbeflissene Sekretäre links und rechts neben den hochwichtigen Männern blitzschnell umblätterten. Am Ende standen die wichtigen Herren auf, steckten die Füllfederhalter weg – wichtige Verträge brauchen immer Füllfederhalter, umarmten sich und die im Halbkreis hinter der Szene stehenden Zeugen nickten zufrieden und brachen in anerkennenden Applaus aus. Geschafft! Fünfzig Mähdrescher können sich auf den Weg machen, ein Staudamm wird errichtet, ein Kredit ist vergeben, Gefangene werden freigelassen oder Atomwaffen zu Espressomaschinen verarbeitet. Länder machen sowas laufend. Zumindest früher machten sie das.

Es geht um Kompetenzen, Expertise und Ängste

Erinnern Sie sich auch noch an TTIP? Die Brexit-Debatte hat die TTIP-Verhandlungen leider etwas in den Hintergrund rücken lassen. Dabei hängt das eine sehr eng mit dem anderen zusammen. Es geht bei beiden Diskussionen um Kompetenzen, Expertise, Ängste, die von Scheindebatten überdeckt werden. In diesem Freihandelsabkommen versucht die EU doch tatsächlich, ein Abkommen mit einem Staat außerhalb der EU zu treffen. Das Entgegenkommen soll angeblich sogar so groß sein, dass die EU auf Beitragszahlungen der USA an die EU verzichten will! Sollte sowas nicht auch mit den Briten machbar sein? Mit dem künftigen britischen Premierminister säße sogar jemand am Verhandlungstisch, der Entscheidungen treffen kann – im Gegensatz zu TTIP, wo die Vertreter ausgerechnet der Körperschaften eben nicht mit am Tisch sitzen, die am Ende in vielen Fällen die Entscheidungsgewalt zum Beispiel in Sachen Umweltstandards haben…die US-Counties.

Vielleicht sucht die EU-Kommission nun aber auch nach größeren Aufgaben. Mit den demokratischen aber sehr speziellen Strukturen der USA hat man ja so seine Probleme und die Briten haben unangenehmerweise auch beschlossen, dem tumben Volk die demokratische Entscheidung über ihr Schicksal zu überlassen. In Brüssel hat man längst gelernt, dass Demokratien unzuverlässige Partner für die EU sind. Die EU braucht Partner, die ihr auf Augenhöhe begegnen und ähnlich ticken. Wer bietet sich da an? Ganz klar, Peking!

China schwächelt und in Berlin drückt man auf die Paniktaste

Es ist noch nicht so lange her, da interessierte sich niemand für China. Von dort kamen sowieso nur Reis (sofern die Säcke nicht schon dort umfielen), rote Mao-Bibeln und Drachenlegenden. Heute ist das anders, heute fragt sich die Wirtschaft schon beim Morgenkaffee, wie es China geht und wenn die Auguren im Elb-Orakel „Der Spiegel“ aus dem Smog Pekings unter 7 Prozent Wirtschaftswachstum herauslesen, schweben im Kanzlerinnenamt bereits erste Hände über den Panik-Tasten. China schwächelt, was ist zu tun?

Dreht man den TTIP-Spieß einmal um, müsste die Antwort lauten: Handelshemmnisse abbauen! Die panischen Meldungen in ARD und ZDF, die von wieder eingeführten Grenzkontrollen zu Österreich berichteten und die Marktwirtschaft in Gefahr sahen, zaubern einem chinesischen Firmenchef nur ein müdes Lächeln ins Gesicht. Er kennt das nicht anders, nirgends! China ist nicht mal eine anerkannte Marktwirtschaft, von „Freier Fahrt für freie Waren“ ganz zu schweigen! Dennoch exportiert China, und wie!
Im Gegensatz zum Handel mit den Vereinigten Staaten hat die EU im Handel mit China einen deutlichen Import-Überschuss. Das Export-Volumen macht nicht einmal 50 Prozent dessen aus, was die EU-Mitglieder in die USA exportieren. Wäre hier ein Freihandelsabkommen nicht viel sinnvoller? Man stelle sich vor, welche ungeahnten Möglichkeiten sich daraus ergeben würden. Die EU als Wachstumsgarant des chinesischen Drachens, der Bedeutungsgewinn Brüssels wäre mit Händen zu greifen. Endlich echte Weltpolitik machen, wichtig sein, keine Extra-Saucages für die unwichtigen britischen Inseln mehr – Europa tickt süß/sauer! Es bestünde im Gegensatz zu TTIP auch keine Gefahr, dass sich eine Region irgendwo hinter Shanghai den Verhandlungsergebnissen widersetzt oder die Pekinger Regierung plötzlich das eigene Volk fragt, was es von einem Abkommen hält. Zum Glück gibt es in China keine Demokratie! Endlich Planungssicherheit für die Brüsseler Planwirtschaft! Vorwärts immer, rückwärts nimmer. Heute mag die EU am Abgrund stehen, morgen ist sie vielleicht schon einen Schritt weiter. Ex oriente lux!


Zuerst erschienen auf Roger Letschs Blog Unbesorgt hier






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Scharia-Zone in Kopenhagen

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Dänemark: muslimische Jugendliche rufen in Kopenhagen „Scharia Zone“ aus

Freiwillige patrouillieren in ihrer Nachbarschaft und fordern zum Verzicht auf Alkohol auf


(Institut für Islamfragen, dk, 24.06.2016) Laut eines Berichts in „Russia Today“ am 12. Mai 2016, der von der Assyrian International News Agency am 16. Mai zitiert wurde, habe eine Gruppe von Barbesitzern in einer Kopenhagener Vorstadt, die mehrfach von muslimischen Jugendlichen belästigt worden seien, die in dieser Vorstadt eine „Scharia Zone“ errichten wollten, eine Beschwerde über das Geschehen bei einem der Minister der dänischen Regierung eingereicht. 

Das Konzept einer „Scharia Zone“ dieser Gruppe, die sich „Call to Islam“ [Ruf zum Islam] nenne, sei von ihr schon vor fünf Jahren eingeführt worden.

 Sie würden Freiwillige dazu nutzen, täglich in der Nachbarschaft zu patrouillieren und die, die Alkohol tränken, auffordern dies zu lassen, da Alkohol, Spielkasinos und andere Dinge nicht mit dem islamischen Glauben vereinbar wären. 

Vor kurzem hätten einige junge muslimische Männer eine Bar betreten und hätten geschrien, alle Gäste sollten nach Hause gehen, denn dieser Bezirk gehöre ihnen und er sei eine „Scharia Zone“, so dass Alkohol trinken nicht erlaubt sei. 

Daraufhin habe die dänische Ministerin für Immigration und Integration, Inger Stajberg, zusammen mit einigen Lokalpolitikern und Journalisten den Bezirk besucht und die muslimischen Aktionen als nicht akzeptabel abgelehnt. Die Ministerin sei von zwei Frauen verbal angegriffen und als „Nazi“ und „Faschistin“ bezeichnet worden. 

Daraufhin wurden die beiden Frauen festgenommen und auf Grundlage von Paragraph 121 des dänischen Strafgesetzbuches angeklagt, das die Beleidigung von dänischen Offiziellen verbietet. Die Ministerin habe klar gestellt, dass das Konzept von „Scharia Zonen“ nie in Dänemark Wurzeln schlagen könne. 


Quelle: Bericht der Assyrian International News Agency (AINA) am 16.05.2016 (www.aina.org/news/20160512125149.htm), der sich auf einen Artikel in „Russia Today“ vom 12.05.2016 stützt: „Copenhagen Bars Tired of ‚Sharia Patrols‘ Raise Issue With Integration Minister






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Christen willkommen und nur Christen!

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Rom/Frankfurt am Main (idea) – Eine pakistanische Menschenrechtsanwältin hat Papst Franziskus am 23. Juni einen bemalten Ziegelstein als Symbol für zahlreiche in Ziegeleien versklavte Christen in dem südasiatischen Land überbracht. Das teilte die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) mit. 

Zwei Repräsentanten der Organisation nahmen an der Übergabe während einer Generalaudienz teil. Den „Stein des Anstoßes“ hatten drei christliche Kinder gestaltet, deren Eltern – Shama Bibi (26) und Shahzad Masih (28) – Anfang November 2014 von einem Mob in einem Ziegelofen lebendig verbrannt worden waren. Die beiden Christen wurden beschuldigt, Seiten aus einer Koranausgabe in Brand gesteckt zu haben. Sie arbeiteten laut IGFM als Sklaven in einer Ziegelei. Der Eigentümer habe laut Polizeierkenntnissen einen islamischen Prediger angestiftet, das Ehepaar öffentlich der Blasphemie zu bezichtigen. Ein fanatisierter Mob schlug die Christen daraufhin zusammen und stieß sie in den Ziegelofen. Kurienkardinal Jean-Louis Tauran hatte die Tat als „barbarischen Akt“ verurteilt und islamische Autoritäten aufgefordert, die Tat zu brandmarken. Der Hauptverdächtige für den Lynchmord war Mitte April gegen Kaution freigelassen worden. 

Die Menschenrechtsanwältin Aneeqa Anthony bat den Papst bei der Audienz, sich dafür einzusetzen, dass verfolgte Christen aus Pakistan Asyl in Europa erhalten. Für diese Minderheit sei das Land kein sicherer Herkunftsstaat. Anthony – gegen sie kursiert ein Mordaufruf – appellierte an den Papst: „Helfen Sie uns, die europäischen Regierungen zu überzeugen!“ Pakistan zählt laut dem „World Slavery Index“ zu den fünf Staaten mit den meisten versklavten Bürgern – nach Schätzungen rund zwei Millionen, darunter viele Christen. 

Die IGFM hofft nun, dass Papst Franziskus bei einem möglichen Besuch in Pakistan die Aufmerksamkeit auf dieses Problem lenken wird. Laut Medienberichten hatte er im März eine Einladung von Ministerpräsident Nawaz Sharif angenommen. Von den 174 Millionen Einwohnern Pakistans sind etwa 95 Prozent Muslime, 2,7 Prozent Christen sowie zwei Prozent Hindus.



idea.de
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Anfang vom Ende ?

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Merkel ruft Europas Staatschefs zu Krisen-Gipfel nach Berlin

Angela Merkel hat die wichtigsten europäischen Staats- und Regierungschefs für Montag nach Berlin eingeladen. Bei dem Krisen-Gipfel soll es um die Zukunft der EU gehen. Einen echten Plan B gibt es allerdings noch nicht.


Die Kanzlerin lässt sich Zeit. Fünfeinhalb Stunden ist die Entscheidung der Briten, die EU zu verlassen, schon in der Welt. Erst kurz vor 12.45 Uhr tritt Angela Merkel in Berlin vor die Kameras. Ein freundliches «Guten Tag», trotz allem, dann liest sie eine genau ausformulierte Erklärung vom Blatt, die erkennbar der allgemeinen Beruhigung dienen soll – getreu dem alten britischen Motto «Keep calm and carry on» («Ruhig bleiben und weitermachen»).

Zumindest soweit das an einem so schwarzen Freitag überhaupt möglich ist. Merkel macht aus dem Ernst der Lage auch keinen Hehl. «Es gibt nichts darum herumzureden: Der heutige Tag ist ein Einschnitt für Europa.» Alles Weitere hänge nun entscheidend davon ab, ob sich die künftig nur noch 27 EU-Mitglieder als «willens und fähig» erweisen, «keine schnellen und einfachen Beschlüsse zu ziehen, die Europa nur weiter spalten würden».

Da klingen Zweifel durch. Die Kanzlerin weiß, dass ohne die Briten – die für die Deutschen nicht nur wichtiger Partner, sondern auch Gegengewicht waren – die innere Balance der EU ins Rutschen kommt. Eine Union minus Großbritannien wird die ohnehin schon gestiegene Sorge vor einer deutschen Übermacht nochmals verstärken. Deshalb ihre Empfehlung: «Mit Ruhe und Besonnenheit zu analysieren, zu bewerten und gemeinsam die richtigen Entscheidungen zu treffen.»

Aber einfach wird das nicht, auch nicht in der eigenen Koalition. Auf einen gemeinsamen Auftritt – was der Situation vielleicht angemessen gewesen wäre – verzichten Merkel und ihre SPD-Minister. Die CDU-Vorsitzende äußert sich solo im Kanzleramt, Vizekanzler Sigmar Gabriel im Bundestag, Außenminister Frank-Walter Steinmeier in Luxemburg. Dessen Rat: «Wir dürfen weder in Hysterie noch in Schockstarre verfallen.»

Für diesen Samstag hat der Außenminister die Kollegen aus den anderen «Gründerstaaten» der EU in die Villa Borsig eingeladen, das Gästehaus des Auswärtigen Amts: Frankreich, Italien und die Benelux-Staaten. Von dem Sechser-Kreis soll es dann eine Erklärung mit Vorschlägen geben, wie es nun weitergehen könnte. Mehr Integrationsschritte, jetzt erst recht? Oder nun erst einmal versuchen, den Status Quo zu wahren? Die Deutschen neigen zu Letzterem.

Das Treffen in kleinem Zirkel wird in anderen Hauptstädten misstrauisch beäugt – so sind die Zeiten in der EU. «Wir brauchen jetzt nicht noch mehr Spaltung», sagt ein Diplomat aus einem der neueren EU-Mitgliedsländer im Osten. Aber auch Merkel warnte – am Tag der Volksabstimmung – schon vor der Bildung neuer «Untergruppen». Das war ziemlich deutlich auf den eigenen Außenminister gemünzt.

Wie es um das Klima in der großen Koalition steht, zeigt auch Gabriels Reaktion auf den Brexit-Beschluss. Die SPD-Chef verlangt als Folge einen Kurswechsel in der Europapolitik, weniger «erhobene Zeigefinger» aus Berlin, mehr Investitionen statt reiner Sparpolitik. Die eigenen Leute meinte er damit nicht. Gabriel war übrigens der erste, der sich am Morgen zu Wort meldete. Schon um 06.19 Uhr twitterte er: «Damn (Verdammt)! Ein schlechter Tag für Europa.»

Merkel hatte die entscheidende Phase der Auszählung in ihrer Wohnung verfolgt. Dort noch begann sie mit der Krisendiplomatie am Telefon. Auch als sie kurz vor 08.00 Uhr im Kanzleramt eintraf, hatte sie das Handy am Ohr. Kurz darauf tagte ihr Küchenkabinett. Bevor sie vor die Presse ging, holte sie dann die Partei- und Fraktionschefs zu sich. So etwas macht Merkel nur, wenn die Lage tatsächlich schwierig ist.

Die nächsten Tage wird sie nun wieder im Krisenmodus sein. Am Montag kommen Frankreichs Präsident François Hollande, Italiens Regierungschef Matteo Renzi sowie EU-Ratspräsident Donald Tusk zu Gesprächen in unterschiedlichen Runden nach Berlin. Am Dienstag beginnt in Brüssel der erste EU-Gipfel der neuen Zeit. Am Ende ist Briten-Premier David Cameron möglicherweise schon nicht mehr dabei.

Die Trennungsverhandlungen mit London werden auch für Berlin Neuland sein – Beitrittsgespräche rückwärts sozusagen. Ein Vorbild dafür gibt es nicht. Vom Brexit-Beschluss wurde die Bundesregierung aber natürlich nicht komplett überrascht. Es gibt sogar manche in Berlin, die sagen: «Wir waren auf den Brexit besser vorbereitet als für den Fall, dass die Briten drinbleiben.»

Wie allerdings der Plan B nun genau aussieht, darüber verrät Merkel noch nichts – und auch die anderen nicht. Die Erwartungen jedenfalls sind groß, auch außerhalb Europas. Der frühere US-Spitzendiplomat Nicholas Burns, heute Professor, sieht die Kanzlerin vor einer «historischen Aufgabe»: «Wird sie, wird Deutschland es schaffen, die EU neu zu formen?» Sein amerikanischer Kollege Steven Hill erhob Merkel soeben zur «De-Facto-Premierministerin Europas».

Mit Blick auf solche Stimmen sagte Merkel lediglich: «Deutschland hat ein besonderes Interesse und eine besondere Verantwortung, dass die europäische Einigung gelingt.» Die Kanzlerin weiß, dass sie anderswo in Europa inzwischen auch als Hassfigur gilt. Zuhause versucht die AfD, sie zu einer der Hauptschuldigen für den Brexit zu machen. Parteivize Alexander Gauland: «Frau Merkel hat mit ihren offenen Grenzen die Briten aus der Europäischen Union vertrieben.»

Am Freitagnachmittag, kurz nach 17.00 Uhr, ist die Kanzlerin zunächst aber mal bei einem anderen Thema, an einem anderen Ort gefragt: Klausurtagung der Spitzen von CDU und CSU in Potsdam, am Templiner See. Bis Samstagmittag wollen die Unionsparteien einen Weg finden, wie sie ihr Zerwürfnis in der Flüchtlingspolitik überwinden können. Im Vergleich zu dem, was in der nächsten Zeit auf Europa zukommen könnte, wirkt das schon wieder ziemlich friedlich.




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