Stunde der Wahrheit:
Steuerzahler müssen Euro-Rettung zahlen
Die Wahrheit in der Euro-Rettung ist gekommen: Im Mai dürfte der erste
Schuldenschnitt beschlossen werden. Damit werden die Milliarden, die in
die Rettung der Banken, des IWF und der EZB gegangen sicher, von den
europäischen Steuerzahlern geschluckt.
Wolfgang Schäuble bereitet die Deutschen mit meisterhafter Dialektik
auf diese schlechte Nachricht vor. Am Montag hatte der Eurogruppen-Chef
Dijsselbloem gesagt, es werde „eine erste Diskussion“ darüber geben, „ob
und wie Schuldenerleichterungen stattfinden können“. Die Diskussion
hatten die europäischen Gläubiger Athen im vergangenen Sommer
versprochen.
Schäuble sagte am Montag, dass zunächst eine
Schuldentragfähgikeitsanalyse der Gläubiger-Institutionen vorliegen
müsse. Nur so könne gesehen werden, ob Schuldenerleichterungen wirklich
gebraucht würden.
Schäuble weiß natürlich genau, dass diese Analyse längst vorliegt: Sie wurde vom IWF im Sommer 2015 erstellt und hatte damals die Euro-Rettung in Griechenland fast zum Scheitern gebracht.
Tatsächlich sind die Verluste für die europäischen Steuerzahler
unausweichlich: Eine Studie hat kürzlich ergeben, dass 90 Prozent der
Kredite an die Banken, den IWF und die EZB gegangen sind. Alle Kredite
wurden auf den ESM verschoben. Ob dieser nun tatsächlich Verluste machen
wird oder nur eine Umbuchung erfolgt, ist zweitrangig.
Das Wesen der Euro-Rettung bestand darin, dass die Regierungen ihren
Wählern nicht die Wahrheit gesagt haben. Die Rettungsorgie hat den
Griechen nichts gebracht und wird nun von allen europäischen
Steuerzahlern geschultert werden müssen.
Schäuble erwartet in diesem Monat eine Einigung im Tauziehen um die
Auszahlung weiterer Hilfskredite an Griechenland. „Nach wie vor bin ich
zuversichtlich, dass wir im Mai eine Lösung erreichen“, sagte Schäuble
am Montag bei einem Sondertreffen der Euro-Finanzminister in Brüssel.
Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem sagte, er wolle eine Vereinbarung
beim nächsten Treffen der Euro-Finanzminister am 24. Mai.
Nach der Verabschiedung vereinbarter Reformen und Sparmaßnahmen durch
des griechische Parlament erwartetet Schäuble, „dass wir heute im
Verfahren ein ganzes Stück vorankommen werden“. Nun gehe es um
sogenannte Notfall-Maßnahmen, die automatisch greifen sollen, wenn Athen
im Jahr 2018 seine Haushaltsziele verfehlt. Schäuble sagte, derzeit
werde noch darüber diskutiert, ob dazu ein „Reformpaket auf Vorrat oder
ein anderes Instrument“ nötig sei.
Die griechische Regierung lehnt gesetzlich festgelegte Reformen auf
Vorrat mit der Begründung ab, dass die Verfassung des Landes solche
Beschlüsse verbiete. Sie will bei dem Eurogruppen-Treffen Fortschritte
in der Frage von Schuldenerleichterungen. Diese könnten „ein vollkommen
neues Klima für die griechische Wirtschaft schaffen“, schrieb
Regierungschef Alexis Tsipras am Montag im Kurznachrichtendienst
Twitter. „Das verschafft den Finanzen des Landes Luft.“
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