Berlin/München (idea) – Die Kritik am Familienpapier der EKD weitet
sich aus. Immer mehr Stimmen aus Kirchen und Politik äußern ihren Unmut.
In der „Orientierungshilfe“ rückt die EKD von der Ehe als der
alleinigen Norm ab und vertritt ein erweitertes Familienbild, das
vielfältige Lebensformen – zum Beispiel gleichgeschlechtliche
Lebensgemeinschaften mit Kindern – einschließt. Der Fernsehmoderator
Peter Hahne (Berlin), der von 1991 bis 2009 der Leitung der EKD, dem
Rat, angehörte, nannte das Papier gegenüber der Evangelischen
Nachrichtenagentur idea „ein Beispiel für geistliche Substanzlosigkeit“
und für „geistige Schwäche“. Er fragt: „Auf welch unterstes Niveau
begibt sich der Rat als oberste EKD-Leitung, solch ein trendiges
Mode-Allerlei durchzuwinken?“ Die „sogenannte Orientierungshilfe“ sei
ein „Zettelkasten des Flachsinns voller banaler Beliebigkeiten aus dem
Betroffenheits-Stuhlkreis – was für ein Start ins Lutherjubiläum“. Die
Kirche surfe sich auf den „Wanderdünen des Zeitgeistes endgültig ins
Abseits und hat es final geschafft, von niemandem mehr ernst genommen zu
werden“. Die „vernichtenden Kommentare“ der „weltlichen“ Presse
sprächen eine deutliche Sprache: „Aus dem Vatikan ist Verachtung zu
hören.“
EAK der CSU: Hat sich Luther so geirrt?
„Enttäuscht“ reagierte der Landesvorsitzende des Evangelischen
Arbeitskreises der CSU, der Parlamentarische Staatssekretär Christian
Schmidt. Aus dem Text scheine eine grundsätzliche Neutralität der
Autoren zur klassischen Ehe und Familie durch: „Das kann einer
christlichen Konfession und deren Vertretern nicht genügen.
Streckenweise liest sich diese Handreichung wie ein ungewürztes und
kalorienarmes Berliner Allerlei.“ Angesichts der Aussagen Martin Luthers
zur Ehe, der sie als eine Ordnung Gottes sah, fragt der Politiker: „Hat
sich Luther so kräftig geirrt, dass die kräftigen Exegetinnen und
Exegeten von heute die Flucht aus seiner Theologie und Menschlichkeit
suchen?“
Bibelbund: Abenteuerliche theologische Konstruktionen
Scharfe Kritik übt auch der theologisch konservative Bibelbund
(Berlin). Dessen Vorsitzender, der Theologe Michael Kotsch (Horn-Bad
Meinberg), schrieb an den EKD-Ratsvorsitzenden, Nikolaus Schneider
(Berlin): „Es ist erstaunlich, wie Sie eine Legitimation von Homo-Ehen
durch abenteuerliche theologische Konstruktionen in die Bibel
hineinlesen, deutliche biblische Aussagen zum Leitbild einer dauerhaften
heterosexuellen Ehe aber weitgehend unter den Tisch fallen lassen.“
Schwer verständlich sei auch, dass die EKD jungen Paaren empfehle, sich
aus ökonomischen Gründen in ihrer Berufstätigkeit auf ein potenzielles
Scheitern ihrer Ehe einzustellen, und dass sie das Modell der häuslichen
Kindererziehung durch die Mutter überwiegend kritisch beurteile.
Mancher evangelische Christ frage sich vermutlich, welche Orientierung
die „Orientierungsschrift“ gebe: „Offensichtlich steht sie in der
Gefahr, jeden im Regen postmoderner Beliebigkeit stehen zu lassen, der
nach einem christlichen Modell der Ehe sucht.“
Ökumene mit Evangelikalen und Orthodoxen leichter möglich als mit der EKD
Auch aus der römisch-katholischen Kirche mehren sich die mahnenden
Stimmen. Für den Präsidenten des Zentralkomitees der deutschen
Katholiken, Alois Glück, erweckt das EKD-Papier den Eindruck: „Alles ist
möglich und alles ist irgendwie gleichwertig.“ Scharfe Kritik äußerte
ebenfalls der Professor für Christliche Sozialwissenschaft, der
Dominikanerpater Wolfgang Ockenfels (Trier). In einem Gastkommentar für
kath.net schrieb er: „Ein authentisch christliches Verständnis von Ehe
und Familie biblisch zu begründen, liegt den Autoren der Studie fern.
Sie scheinen nicht an einem Konsens mit katholischen Interpreten der
Heiligen Schrift interessiert zu sein.“ Laut Ockenfels ist „heute die
Ökumene zwischen Katholiken, Orthodoxen und Evangelikalen leichter
möglich als mit deutschnationalen Protestanten vom Schlage der EKD“. Er
hält es außerdem nur noch für eine Frage der Zeit, dass staatlicherseits
die islamische Polygamie anerkannt wird.
Katholiken-Forum: Keine Gemeinsamkeiten mehr
Das Forum Deutscher Katholiken bezeichnete das EKD-Papier als einen
erneuten Tiefschlag für die Ökumene: „Wir stellen fest, dass es in
Fragen des ungeborenen Lebens, des Lebensschutzes bis zum Tode und bei
Ehe und Familie keine Gemeinsamkeiten (mehr) zwischen der katholischen
Kirche und der EKD gibt.“ Deshalb widerspreche man auch entschieden dem
EKD-Ratsvorsitzenden Schneider, dass die ökumenische Gemeinschaft eine
solche Diskussion aushalten müsse. „Biblische Normen und ethische
Grundsätze sind für uns nicht verhandelbar, und wir entscheiden auch
künftig selbst, was wir ‚aushalten müssen‘, so der Vorsitzende des
Forums, Prof. Hubert Gindert (Kaufering/Oberbayern).
idea.de
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