Der
Herr antwortete: »Wenn euer Vertrauen auch nur so groß wäre wie ein
Senfkorn, dann könntet ihr zu dem Maulbeerbaum dort sagen: ›Zieh deine
Wurzeln aus der Erde und verpflanze dich ins Meer!‹, und er würde euch
gehorchen.« (Lk 17, 5-6)
Mit
dem Vertrauen ist das ja so eine Sache. Wem können wir wirklich
vertrauen? Wer hat es voll und ganz verdient? Und gibt es das: ein
bischen Vertrauen? Ist es nicht immer voll und ganz oder gar nicht? Aber
was macht Jesus hier? “Vertrauen so groß wie ein Senfkorn”? Was ist das
für ein Vertrauen? Ein Senfkorn war zur Zeiten von Jesus so groß wie
ein Staubkorn. Also fast gar nicht da, nahezu unsichtbar. Redet Jesus
hier von so kleinem Glauben? Und sagt er, dieser Glaube reiche aus? Ist
das nicht zu wenig?
Oder ist es eine Rechtfertigung von Faulheit oder Bequemlichkeit? Ein Lob der Mittelmäßigkeit? Direkt von Jesus?
Nein,
wer mehr hat und möchte, kann gerne mehr geben. Aber es ist ein
Bekenntnis Gottes zu allen, die den hohen Erwartungen der Gesellschaft
nicht standhalten können oder wollen. Es ist ein „Ja“ Gottes zu allen,
die auf das neue Jahr mit Angst und Sorge blicken, die manches nicht
erreichen werden. Es ist Gottes Bekenntnis zum Kleinen, Unscheinbaren,
Zerbrechlichen, Zarten.
In der Jahreslosung für 2012 sagt Jesus zum Apostel Paulus:
„Meine Kraft ist in den Schwachen mächtig.“ (2. Kor 12, 9)
Was
wäre, wenn wir immer vor Kraft strotzen würden? Und stellen Sie sich
vor, wir hätten immer die Hände voll mit dem, was wir zu tun haben?
Wie soll Gott sie dann noch füllen können, mit dem, was er zu geben hat?
Haben
wir Mut, zu unseren Schwächen zu stehen. Wer schwach ist, den kann Gott
stark machen. Ja, unsere Schwäche ist unsere Stärke als Christen. Sie
macht uns liebevoll und demütig, ohne zu erniedrigen. Sie entlastet,
ohne ohnmächtig zu machen. Sie lässt uns den Nächsten sehen, ohne selbst
übersehen zu werden. Sie gibt Gott Raum und Gelegenheit in unserem
Leben, ohne den Menschen zu verdrängen. Ja, sie macht gerade so uns
Menschen groß, ermutigt und schenkt Hoffnung.
Für mich ist die Jahreslosung tatsächlich ein Schlüsselvers in der Nachfolge als Christ.
Nicht
nur, weil es die Schwachen in den Blick nimmt, sondern weil es genau
deswegen für Nächstenliebe und Demokratie sorgt. Für eine Begegnung
zwischen Menschen auf gleicher Augenhöhe. Es gilt nicht das Recht des
Stärkeren, sondern das Recht der Liebe und des Respekts gegenüber allen.
Und es ist ein Schlüsselvers, weil es uns selbst fröhlich und heiter in das Vertrauen auf Gott ruft.
Es nimmt alles „Du musst“ und „Du sollst“ aus dem Glauben raus und macht selbst kleinste Regungen unserer Seele groß.
Jesus spricht seinen Jünger das Vertrauen zu, von dem sie nicht wussten, dass sie es längst hatten.
Wenn du denkst, du kannst nicht beten, ist genau dieser Gedanke schon Gebet genug.
Wenn du denkst, du kannst nicht glauben, ist genau diese Sehnsucht schon Glaube genug.
Wenn
du denkst, du kannst nicht so fest nachfolgen, ist genau dieser
zitternde Gang und dieser zaghafter Schritt genug in Gottes Augen.
Unsere Schwäche ist unsere Stärke. Und unser Auftrag für eine friedlichere, fröhlichere, menschlichere, gesündere Welt.
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