Frankfurt am Main (idea) – Für
eine Versachlichung der Integrationsdebatte hat sich der Bischof der
Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, Markus
Dröge (Berlin), ausgesprochen. Doch dürfe der interreligiöse und
interkulturelle Dialog nicht „naiv“ geführt werden, sagte er am 21.
September in Frankfurt am Main beim Jahresempfang des Arbeitskreises
Evangelischer Unternehmer (AEU).
Es gelte vielmehr, „wehrhaft“ für Demokratie und Toleranz
einzutreten. So sei das Mobbing deutscher Schüler durch Muslime an
Berliner Schulen nicht hinzunehmen. Auch könne er das Tragen einer
Burka, die das ganze Gesicht muslimischer Frauen verhüllt, nicht
akzeptieren, weil dadurch die Kommunikation behindert werde. Von
Zuwanderern müsse man ferner verlangen, dass sie die deutsche Sprache
erlernen, sagte Dröge vor rund 120 Gästen des AEU-Empfangs.
Mehr Katholiken als Muslime unter Zuwanderern
Der Bischof plädierte dafür, in der Integrationsdebatte die Fakten zu
beachten. So seien von den rund 15 Millionen Personen „mit
Migrationshintergrund“ in Deutschland etwa fünf Millionen
Spätaussiedler. 1,8 Millionen Zuwanderer seien türkische
Staatsangehörige. Die Zahl der Menschen aus muslimisch geprägten
Herkunftsländern werde auf 3,8 bis 4,3 Millionen geschätzt. Ein Fünftel
von ihnen – also etwa 800.000 – gehöre einer religiösen Vereinigung an.
Dröge: „Die Zahl der Katholiken unter den Zugewanderten ist immer noch
größer als die Zahl der Muslime.“
Große Integrationsdefizite bei Türken
Problematisch sei die Minderheit von 14 Prozent unter den Muslimen,
die sich distanziert gegenüber der rechtsstaatlichen Demokratie
verhielten oder religiös motivierte Gewalt bejahten. Dies sei, wie die
Shell-Jugendstudie gezeigt habe, besonders unter jungen Muslimen mit
einer starken Religiosität der Fall, während bei jungen Christen starke
religiöse Überzeugungen eher mit Toleranz und Gewaltverzicht
einhergingen. An manchen Berliner Schulen würden Schüler deutscher
Sprache herabwürdigend behandelt und etwa als „Schweinefleischfresser“
bezeichnet. Große Integrationsdefizite gebe es vor allem bei Türken,
Bürgerkriegsflüchtlingen aus dem ehemaligen Jugoslawien und Afrikanern.
Es sei daher problematisch, Probleme nur einer bestimmten
Religionszugehörigkeit zuzuordnen. Integration könne auch nicht
bedeuten, eine Leitkultur vorzugeben. Ebenso wenig könne freilich die
Lösung in einem „unkritischen Multikulturalismus“ bestehen. Vielmehr
sollten auf einem „dritten Weg“ formale Bedingungen des Zusammenlebens
festgelegt werden, innerhalb derer sich das Leben in unterschiedlichen
religiösen und kulturellen Formen entwickeln könne.
Kein „Gottesstaat“ in Deutschland
Zu den Bedingungen gehört nach Dröges Überzeugung die Anerkennung der
universellen Gültigkeit der Menschenrechte. Dazu zählten beispielsweise
das Recht, die Religion zu wechseln, aber auch die Gleichberechtigung
der Geschlechter oder das Nein zur Todesstrafe. Ferner gelte es, an der
Unterscheidung von Staat und Religion festzuhalten. Dröge: „Wer in
Deutschland eine Heimat sucht, der muss wissen, dass hier kein
‚Gottesstaat’ zu bauen ist.“ Im Blick auf das islamische
Religionsgesetz, die Scharia, sei zu beachten: „So wenig die Kirche
fordert, die biblische Tradition als Rechtsquelle festzuschreiben, so
wenig kann die Scharia bei uns als Rechtsquelle etabliert werden.“ Damit
erteilte der Bischof auch sogenannten „Scharia-Gerichten“ für Muslime
in Deutschland eine Absage.
Christen sollen „apologetisch“ vom Glauben sprechen
Die zunehmende Präsenz des Islam habe auch für Christen hierzulande
Konsequenzen. Sie seien herausgefordert, verständlich über ihren Glauben
zu sprechen und sich „offensiv“ in die Gesellschaft einzubringen. Der
Bischof rief die Christen auf, „apologetisch“ aufzutreten: „Wir müssen
sagen können, warum wir Christen sind.“ Der seit 1966 bestehende AEU
versteht sich als Bindeglied zwischen Kirche und Wirtschaft.
Vorsitzender ist Michael Freiherr Truchseß (Niederflorstadt bei
Frankfurt am Main). Als theologischer Berater fungiert Propst Sigurd
Rink (Wiesbaden). Geschäftsführer ist Stephan Klinghardt (Karlsruhe).
Quelle
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