Merkel gerät nach Wahl-Schlappe unter Druck in den eigenen Reihen
Bundeskanzlerin Merkel gerät nach der schweren Niederlage der CDU in
Mecklenburg-Vorpommern in die Kritik der eigenen Leute: In CDU und CSU
fürchtet man um die bisher unumstrittene Führungsposition der Union im
Bund. Die CSU hält sich in der Frage, ob sie Merkel noch einmal
unterstützt, sehr bedeckt.
Die dpa berichtet aus der CDU-Parteizentrale: „Auch wenn die
CDU-Anhänger in der Parteizentrale leise leiden: Eine Runde älterer
Parteimitglieder, alle seit Jahrzehnten in der CDU, lässt den Frust
raus. Von einem ,Schlag ins Kontor‘ ist die Rede. Und davon, dass Merkel
nicht mehr ihre Kanzlerkandidatin sei. Sie habe sich nicht überlegt,
welche Nachwirkungen ihre Flüchtlingsentscheidung von vor einem Jahr
haben könnte, klagt eine ältere Dame. Es sei schlicht ,traurig, dass
kein Parteivorsitzender mal an einen
Nachfolgekandidaten denkt‘.
Auch
wenn der komplette Dammbruch ausgeblieben ist – dass die AfD mit ihren
Anti-Flüchtlingsparolen vor der Kanzlerinnenpartei liegt, ist ein
erneutes Warnzeichen für Merkel, sozusagen ein Menetekel. Und das
ausgerechnet an einem solch symbolhaften Datum: Genau vor einem Jahr, in
der Nacht vom 4. auf den 5. September 2015, hatte Merkel Tausende in
Ungarn festsitzende Flüchtlinge unbürokratisch und ohne große Kontrollen
nach Deutschland einreisen lassen. Seither wächst die Kritik an Merkel,
ihre Beliebtheitswerte brechen ein.“
CDU-Generalsekretär Peter Tauber versucht erst gar nicht, die Lage
schön zu reden. Die Menschen hätten Angst und das Gefühl, abgehängt zu
sein. „Es ist uns nicht gelungen, diese Angst zu zerstreuen.“ Zwar habe
man Asylpakete und Integrationsgesetze verabschiedet, und weniger
Flüchtlinge kämen außerdem. Wahr sei aber auch, dass es Zeit brauche,
verlorenes Vertrauen zurückzugewinnen. Die Partei müsse nun stärker ihre
Politik erklären und deutlich machen, dass man bei der Problemlösung
vorankomme.
Die dpa spricht von einer „Schlappe“ für Merkel und spekuliert, ob
die Kanzlerin wirklich noch einmal zur Bundestagswahl antreten werde:
„Es gibt nur wenige, die darauf wetten, dass sie aufhören will. Denn sie
wolle sich nicht nachsagen lassen, dass sie das Land ungeordnet
zurückgelassen hat, heißt es intern. Doch manche, die Merkel sehr gut
kennen, sagen, dass man sich nicht täuschen solle. Wenn sie das Gefühl
habe, für das Land und die Partei nicht mehr die Richtige zu sein, werde
sie verzichten.“
Auch der CDU-Chef in Mecklenburg-Vorpommern, Lorenz Caffier, sparte
nicht mit Kritik an der Bundespolitik, für die Merkel die Verantwortung
trägt. Er sagte in der ARD, dass die Niederlage ein Ergebnis der
Flüchtlingspolitik gewesen sei. Auch sei es nicht hilfreich gewesen,
wenige Tage vor der Wahl mit einem Katastrophenschutzplan an die
Öffentlichkeit zu gehen.
Nach deutlicher wird die CSU: CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer
sagte dem Tagesspiegel: „Nach dem dramatischen Wahlergebnis in
Mecklenburg-Vorpommern muss die Berliner Republik endlich die
notwendigen Entscheidungen treffen.“ Die CSU gebe hier einen klaren Kurs
vor. „Wir brauchen eine Obergrenze für Flüchtlinge, schnellere Rückführungen, eine Ausweitung der sicheren Herkunftsländer und eine bessere Integration.“
Nach dem schlechten Abschneiden der CDU bei der Landtagswahl in
Mecklenburg-Vorpommern kommt aus der CSU massive Kritik an
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Bayerns Finanzminister Markus Söder
(CSU) forderte einen härteren Kurs der Kanzlerin in der
Flüchtlingspolitik. Das Ergebnis müsse „ein Weckruf für die Union sein“,
sagte er der „Bild“ und den „Nürnberger Nachrichten“ (Montagsausgaben).
„Die Stimmung der Bürger lässt sich nicht mehr ignorieren“, sagte Söder. „Es braucht einen Kurswechsel in Berlin.“
Der innenpolitische Sprecher der Unions-Fraktion im Bundestag,
Stephan Mayer, sagte der „Huffington Post“: „Das Ergebnis für die CDU
ist katastrophal.“ Hauptursache für die Niederlage der CDU sei die
Unzufriedenheit vieler Wähler mit der Flüchtlingspolitik der Kanzlerin.
„Zwar hat die Bundesregierung in der Flüchtlingspolitik seit 2015 viel
verändert, doch bei vielen Wählern ist das offenbar nicht angekommen“,
sagte Mayer.
Der CSU-Ehrenvorsitzende Edmund Stoiber forderte Kanzlerin Merkel zu
einer ehrlichen Analyse der Landtagswahl auf. „Es ist sicherlich keine
Stärkung, wenn im eigenen Land am Volksparteicharakter der CDU gekratzt
wird“, sagte Stoiber dem „Münchner Merkur“. Die Kanzlerin hat ihren
Bundestagswahlkreis in Mecklenburg-Vorpommern.
Er hoffe, „dass nun in der CDU endlich eine ernsthaftere Wahlanalyse
für die gravierenden Wahlverluste vorgenommen“ werde als bei
vorangegangenen Landtagswahlen, sagte Stoiber. Erneut forderte er eine
Obergrenze für Flüchtlinge.
Das Endergebnis:
Die SPD ist mit 30,6 Prozent der Stimmen als stärkste politische
Kraft aus der Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern hervorgegangen.
Laut dem von der Landeswahlleiterin am Montag veröffentlichten
vorläufigen Endergebnis nach Auszählung aller 1896 Wahlbezirke erhielt
die erstmals in dem Bundesland angetretene AfD 20,8 Prozent. Die CDU kam
demnach auf 19,0 und die Linkspartei auf 13,2 Prozent.
Nicht mehr im Landtag vertreten sind die Grünen mit 4,8 Prozent und
die NPD mit 3,0 Prozent. Die FDP verfehlte nach fünf Jahren Abwesenheit
mit 3,0 Prozent die Rückkehr in den Landtag. Im neuen Landtag erhält die
SPD 26 Sitze, die AfD 18, die CDU 16 und die Linkspartei elf Sitze.
Im Vergleich zur letzten Wahl vor fünf Jahren haben alle bislang im
Landtag vertretenen Parteien Stimmenanteile verloren. Bei der SPD waren
es 5,0 Prozentpunkte, bei der CDU 4,0 und bei der Linkspartei 5,2
Prozentpunkte. Die Grünen verzeichneten ein Minus von 3,9 und die NPD
von 3,0 Prozentpunkten. Die Wahlbeteiligung lag bei 61,6 Prozent. Das
waren 10,1 Prozentpunkte mehr als 2011.
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