Armenien-Resolution:
Distanzierung
oder nicht?
aktualisiert am 02. September 2016, 15:23 Uhr
Ein Medienbericht, demzufolge die
Bundesregierung sich von der Armenien-Resolution des Bundestags distanzieren
wollte, sorgt für gewaltige Aufregung. Regierungssprecher Steffen Seibert
dementiert das, betont aber gleichzeitig, dass die Resolution nicht
"rechtlich verbindlich" sei. Was hat es mit dem Chaos auf sich?
Im Juni verabschiedete der
Bundestag eine Resolution, in der die Tötung von Millionen Armeniern durch das
Osmanische Reich während des Ersten Weltkrieges als Völkermord bezeichnete.
Darin heißt es außerdem: "Der Deutsche Bundestag fordert die
Bundesregierung auf (...) die türkische Seite zu ermutigen, sich mit den
damaligen Vertreibungen und Massakern offen auseinanderzusetzen, um damit den
notwendigen Grundstein zu einer Versöhnung mit dem armenischen Volk zu
legen".
Das Massaker an den Armeniern
mit bis zu 1,5 Millionen Toten liegt mehr als 100 Jahre zurück, sorgt aber bis
heute für Streit. Die Türkei - Rechtsnachfolgerin des Osmanischen Reichs -
wehrt sich vehement dagegen, die Ereignisse von damals "Völkermord"
zu nennen. Deshalb sorgte auch die Armenien-Resolution des Bundestags von
Anfang Juni für Verwerfungen zwischen Deutschland und der Türkei.
Seit der Verabschiedung der
Resolution verweigert die Türkei deutschen Abgeordneten den Besuch bei den in
Incirlik stationierten Bundeswehrsoldaten.
Ein
Medienbericht sorgt für Aufregung
Ein Bericht von "Spiegel Online", demzufolge die
Bundesregierung nun auf Ankara zugehen und sich von der Resolution distanzieren
wollte, hat heftige Reaktionen ausgelöst.
"Spiegel Online"
hatte berichtet, dass Auswärtiges Amt und Kanzleramt sich darauf geeinigt
hätten, dass Regierungssprecher Steffen Seibert vor die Presse treten und sich
im Namen der Regierung von der Resolution distanzieren solle.
In dem Bericht heißt es
wörtlich: "Regierungssprecher Seibert wird demnach verkünden, dass die Resolution
des Bundestags keinerlei bindende Wirkung für die deutsche Regierung habe. Es
handele sich, so der Tenor, um eine politische Erklärung des Bundestags ohne
jede juristische Bedeutung."
Dem Bericht zufolge hätten
Außenstaatssekretär Martin Ederer und der Leiter der Politischen Abteilung im
Auswärtigen Amt, Andreas Michaelis, sich um eine Annäherung an die türkische
Regierung bemüht. Ankara habe eine solche öffentliche Distanzierung der
deutschen Regierung von der Resolution des Bundestags verlangt.
Auch Außenminister
Frank-Walter Steinmeier (SPD) hatte am Freitag nach einem Treffen mit
Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg in Berlin gesagt: "Der Deutsche
Bundestag hat jedes Recht und die Freiheit, sich zu politischen Fragen zu
äußern." Der Bundestag sage aber auch selbst, dass "nicht jede
Resolution eine rechtliche Bindung" habe.
Eine
Distanzierung, die nicht so heißen darf
Ein Außenamtssprecher sagte
später: "Herr Steinmeier stand, er steht und er wird zu der
Armenien-Resolution des Deutschen Bundestages stehen." Der Außenminister
sei selbst Abgeordneter, das gelte "auch persönlich". Dann sagte er:
"Von Distanzierung kann überhaupt keine Rede sein."
Regierungssprecher
Steffen Seibert trat am Freitag tatsächlich vor die Presse und betonte:
"Da wird fälschlich behauptet, die Bundesregierung wolle sich von der
Armenien-Resolution des Deutschen Bundestages distanzieren. Davon kann überhaupt
keine Rede sein."
Doch dann folgte trotzdem noch
die von "Spiegel Online" angekündigte Erklärung. Seibert sagte
weiter, die Bundestagsresolution ziele darauf ab, "Auffassungen zu
politischen Fragen zum Ausdruck zu bringen, ohne dass diese rechtsverbindlich
sind."
(ada/cai mit Material der dpa)
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