Dienstag, 21. September 2010

Eine Branche sahnt ab

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Berlin/dapd. Mit dem Magenmittel Omep wurde in Deutschland 2009 ein Umsatz von 182 Millionen Euro erzielt. Der Hersteller Sandoz hat dabei einen schönen Gewinn gemacht. Immerhin lag der Preis pro 100-Kapsel-Packung mit 60,46 Euro hierzulande 545,9 Prozent über dem in Schweden, wo Omep 9,36 Euro kostete. Omep ist kein Einzelfall, wie Ulrich Schwabe, Herausgeber des Arzneimittelreports 2010, am Dienstag in Berlin anhand weiterer Beispiele belegte. So kosteten die 50 umsatzstärksten Nachahmer-Präparate (Generika) in Deutschland 2009 durchschnittlich doppelt so viel wie in Schweden. Für die 50 führenden patentgeschützten Medikamente lagen die deutschen Preise um 48 Prozent über den
schwedischen.


Dabei, und dies betonte Pharmakologe Schwabe, sei der skandinavische Nachbar nicht wegen eines besonders geringen Preisniveaus zum Vergleich herangezogen worden, "sondern weil dort die Daten öffentlich zugänglich sind". Die Preise in anderen Ländern könnten mithin noch niedriger liegen.


Deutsche Besonderheit

Es scheint also nicht so kompliziert, Gründe für die extrem hohen Arzneimittelausgaben in Deutschland zu finden. Dass an Pillen und Kapseln hierzulande gut verdient wird, liegt laut Schwabe an einer deutschen Besonderheit, die die gesetzlich Krankenversicherten und deren Arbeitgeber 2009 rund 9,4 Milliarden Euro kostete: "Deutschland ist neben Malta und Dänemark das einzige Land, in dem pharmazeutischen Unternehmen Preise für patentgeschützte Arzneimittel frei festlegen können. In allen anderen EU-Ländern werden die Preise reguliert."

Die Regulierung orientiere sich an internationalen Preisvergleichen, wobei Deutschland oftmals als Referenzland diene. Daher hätten die Pharmahersteller großes Interesse daran, die Preise auf dem hiesigen Markt besonders hoch anzusetzen - was wegen fehlender Regulierung problemlos möglich sei. Der Arzneimittelreport verdeutliche, dass nicht zuvörderst Ärzte, Patienten oder Apotheker für den starken Ausgabenanstieg für Arzneimittel verantwortlich seien, sondern die Pharmahersteller.

"Unter vier Augen bezeichnen Branchenvertreter die Verhältnisse bei uns als paradiesisch", berichtet der ehemalige Vorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein und Mitglied des gemeinsamen Bundesausschusses, Leonhard Hansen. Hauptkostentreiber sind von jeher wenige Arzneimittelgruppen mit patentgeschützten Präparaten. So stieg der Umsatz der patentgeschützten Produkte laut Report von 1,6 Milliarden Euro 1993 auf 13,2 Milliarden Euro im vorigen Jahr. "Sie erklären damit fast den gesamten Anstieg der Arzneimittelkosten in diesem Zeitraum", so Schwabe.

Dabei ziehen die Patent-Medikamente aber auch die Preise für nicht geschützte Präparate nach oben. "Für Generika werden 70 bis 80 Prozent des Preises für die Original-Arzneien verlangt, deshalb sind auch Generika in Deutschland extrem teuer", sagt SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach. Sogar in der Schweiz sind Generika nach Schwabes Angaben billiger.

"Einfache Maßnahme"

Gesundheitsexperte Lauterbach schlägt derweil eine "einfache Maßnahme" vor: " Die Bundesregierung müsste die Preise nur auf dem durchschnittlichen europäischen Niveau festlegen, dann könnte die GKV jedes Jahr fast zehn Milliarden Euro sparen."

Bis es soweit ist, steigen die Arzneimittelausgaben weiter. Nach einem Plus um 4,8 Prozent 2009 betrug die Steigerungsrate nach Angaben des Vorstandsvorsitzenden der AOK Schleswig-Holstein und Mitherausgeber des Arzneimittelreports, Dieter Paffrath, in den ersten sechs Monaten dieses Jahres 4,6 Prozent. Erneut ein Milliardengeschäft.

Quelle:


Jani's Anmerkung:

Was schließen wir nun daraus? Vielleicht, dass die Lobby der Pharmakonzerne in Deutschland besonders stark ist? Da haben wir mit Philipp Rösler dann den richtigen Gesundheitsminister am Hebel der Macht. Denn bekanntlicherweise ist die FDP besonders unternehmerfreundlich. Die ersten Auswirkungen hatten wir ja bereits mit der Hotellerie.

Und dass Rösler das Gesundheitswesen auf Kosten der Allgemeinheit refomieren will, anstatt die Pharmazeuten sowie deren Großhändler endlich einmal in die Schranken zu weisen und deren Preise auf europäisches Niveau zu drücken, zeigt uns genau, wofür die FDP steht. Jedenfalls nicht für das eigene Volk - denn das geht denen - mit Verlaub gesagt - am Allerwertesten vorbei...

Was soll's - das Volk wählt sich seinen Henker schließlich selbst. Und das das Volk in den vielen Jahren der Demokratie nicht wirklich etwas kapiert hat - läßt auch tief blicken. Solange es satt ist, muckt es nicht auf. Aber die Zeit des Wohlseins ist vorbei - das zeigt sich in diesem Land auf allen Ebenen.

Die Politiker bedienen sich, wie sie gerade lustig sind (Geheimaktion Diätenerhöhung) ... so mancher Oberbürgermeister setzt sich dann auch schon mal ein eigenes Denkmal - sei es mit einer vermeintlich tollen Kreisfreiheit (die letztendlich in die absolute Unfreiheit führen wird) - sei es mit einem Bahnhof, den kein Stuttgarter Bürger haben will.

Manchmal glaube ich tatsächlich, in einem Land zu leben, in dem Tollheit anstelle von Vernunft und Weitsicht regiert.

grübel ... grübel ... grübel ...




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