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Montag, 4. November 2013

Ägypten - Junge Christen beschützen Marienkirche







Titelbild


Muslimbrüder wollten an Allerheiligen die Kirche stürmen


Kairo: In Kairo kam es erneut zu einem Angriff von Muslimbrüdern gegen eine Kirche. Ein Demonstrationszug moslemischer Studenten, die der Muslimbruderschaft nahestehen, führte am Allerheiligentag direkt von einer nahegelegenen Moschee zur Marienkirche von Zaytoun. Dort versuchten die Islamisten in die Kirche einzudringen, konnten jedoch von jungen Christen abgewehrt werden. Die Kirche liegt im Ostteil von Kairo und ist in ganz Ägypten bekannt, da sich dort vor 45 Jahren eine Marienerscheinung zugetragen habe. Die Moslems wollten die Kirche stürmen. Junge Christen stellten sich ihnen in den Weg und verhinderten das Eindringen. Schlichtungsversuche konnten die Lage nach einiger Zeit entspannen. Bei einem vergleichbaren Sturm von Muslimbrüdern am 20. Oktober gegen die Marienkirche von al-Waaraq wurden fünf Christen getötet. Der Demonstrationszug der Islamisten wurde auf Video festgehalten und im Internet veröffentlicht. Sie zogen von der Moschee zur Kirche und riefen Parolen gegen den koptisch-orthodoxen Patriarchen Tawadros II. Von der Kirche rissen sie ein christliches Transparent und beschmierten die Außenmauern mit antichristlichen Parolen gegen den Patriarchen, die Kopten und das Militär.


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Mittwoch, 13. Februar 2013

Tunesiens Christen

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Evangelische, katholische und orthodoxe Christen schliessen sich zusammen

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Tunesien als Mutter des Arabischen Frühlings darf nicht zu einer schlimmeren Diktatur verkommen, als es die Herrschaft des gestürzten und verjagten Machthabers Ben Ali gewesen war. Das fordern Menschen in Tunesien unüberhörbar. Auch die christlichen Kirchen melden sich zu Wort.

 Auf Tunesiens Straßen spielen sich Szenen ab, die an Ägypten in den letzten zwei Wochen erinnern: Demonstrationszüge die «Weg mit dem Islamistenregime» fordern, Angriffe auf Lokale der tunesischen Muslimbrüder- und Regierungspartei «Islamische Wiedergeburt» (An-Nahda), Schlachten der Randalierer mit der Polizei, ein erster Protest von Richtern, Anwälten und Universitätsprofessoren, denen am Wochenende ein Generalstreik im ganzen Land von Tunis bis zur südlichen Insel Djerba gefolgt ist.
Auslöser für das Aufflammen dieses bisher fast nur schweigenden Widerstands gegen die Ummünzung der tunesischen «Jasmin-Revolution» von 2011 in totale Islamisierung war die Ermordung des Oppositionspolitikers Schukri Belaid. Dieser hatte am lautesten von allen demokratisch Gesinnten den Kurs von Nahda-Ministerpräsident Hamadi Jebali zurück ins islamische Mittelalter angeprangert. Tunesien als Mutter des Arabischen Frühlings, der dort schon Ende 2010 mit der Selbstverbrennung eines jungen Arbeitslosen begonnen hatte, dürfe nicht zu einer noch schlimmeren Diktatur verkommen, als es die Herrschaft des gestürzten und verjagten Machthabers Ben Ali gewesen war. Der 48-jährige Familienvater Belaid hatte vor dem Beispiel der Entwicklung in Ägypten gewarnt, ehe ihn die tödlichen Kugeln trafen.
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Viel mehr Frauen auf der Strasse

Noch sieht die Lage in Tunesien aber nicht so ausweglos aus wie am Nil. Wie sich jetzt bei den Kundgebungen und Protesten zeigt, gehen in Tunis, Hammamet, Sussa und Sfax viel mehr Frauen als in Ägypten auf die Strasse. Zu dieser stark feministischen Komponente aus dem Gross- und Kleinbürgertum kommt eine gut organisierte Arbeiterschaft mit ihren politischen Interessenvertretungen.
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«Jesus lebt» – das Motto der Kirchen

Angesichts der immerhin kritischen Situation bemühen sich Tunesiens Christen um mehr Zusammenhalt. Unter dem Motto «Jesus lebt!» schliessen sich Evangelische, Katholiken und Orthodoxe zusammen. Auf Initiative des griechisch-orthodoxen Metropoliten von «Karthagene» (Tunesien und Libyen), Alexios Leontaritis, trafen sich in Tunis am Wochenende Vertreter der «Eglise Reformée de Tunisie», der römischen Katholiken, orthodoxen Russen und der koptischen Diaspora. Sie beschlossen, dem verstärkten islamistischen Druck durch christliche Geschwisterlichkeit untereinander und ein gemeinsames Zeugnis für Jesus Christus nach aussen zu begegnen. Gleichzeitig richteten sie einen Aufruf um Beistand an die Botschaften der EU-Länder und des orthodoxen Osteuropas in Tunesien. Als erster Staat hat Russland sofort seine Hilfe zugesichert – die EU schweigt sich aus…


Zum Thema:
Sorge über geplantes Blasphemie-Gesetz in Tunesien
Kirche in Tunesien und Algerien wächst




Datum: 11.02.2013
Autor: Heinz Gstrein
Quelle: Livenet


jesus.ch
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Mittwoch, 16. Februar 2011

Die Muslimbruderschaft: Wiege des Islamismus

Die derzeit größte Sorge vieler Christen in Ägypten hat einen Namen: Die Muslimbruderschaft. Was aber ist das für eine Bewegung, die sich derzeit als stärkste Kraft der Opposition etabliert, als radikal-islamisch gilt, aber von sich selbst behauptet, keinen Gottesstaat aufbauen zu wollen? 


 Eines zumindest haben Christen und Muslimbrüder in Ägypten gemeinsam: Sie werden verfolgt. Ebenso wie Muslime, die zum Christentum konvertieren, landeten Mitglieder der Muslimbrüder unter dem am Freitag zurückgetretenen ägyptischen Präsidenten Mubarak im Gefängnis. Doch die Organisation hat Rückhalt in der Bevölkerung. Innerhalb der Oppositionsbewegung haben sie Schätzungen zufolge 20 bis 30 Prozent der Bevölkerung hinter sich. Bei einer ersten Pressekonferenz erklärte die Bewegung in dieser Woche, keinen islamistischen Staat anzustreben. Das verwundert, gelten die Muslimbrüder doch als eine der einflussreichsten islamistischen Bewegungen des 20. Jahrhunderts.
Die Gruppe wurde 1928 von dem Volksschullehrer Hassan al-Banna in Ägypten gegründet. Al-Banna gilt unter anderem als Befürworter eines bewaffneten Dschihad. Ziel seiner Muslimbrüder war es laut dem Islamexperten Peter Heinen, "allgemeine Gerechtigkeit" auf Basis ihrer Religion zu schaffen. Staat und Gesellschaft sollten unter die Kontrolle ihres Gottes gestellt werden. Den Sozialismus lehnten die Fundamentalisten ebenso ab, wie den Materialismus und den Imperialismus Europas. "Weder Osten noch Westen" wurde deshalb zu ihrem Motto. Grundsätzlich waren die Muslimbrüder der Auffassung, Europa korrumpiere die islamische Welt von innen heraus. Eine neue Ordnung auf Basis des Islam sei daher notwendig.

Die grundlegenden Regeln dieser Ordnung fasste die Bewegung in vier Punkten zusammen. 
  • Erstens: Basis der neuen Ordnung ist der Glaube an Allah und die Offenbarung seines Willens
  • Zweitens: Jeder Gläubige hat rituelle Pflichten zu erfüllen, etwa die Pflicht des Almosengebens, des Gemeinschaftsgebets am Freitag und des Fastens im Ramadan
  • Drittens: Das Zusammenleben der Muslime muss auf Basis des Glaubens geschehen, religiöse Pflichten werden somit zur allgemeingültigen gesellschaftlichen Praxis. 
  • Viertens: Die Gesetzgebung erfolgt im Rahmen des islamischen Rechts. 
Gerade der letzte Punkt umfasst theoretisch auch drakonische Strafen wie Steinigung bei Ehebruch oder die Amputation der Hand bei Diebstahl.

Zwischen Scharia und sozialem Engagement

Doch die Ideen der Muslimbrüder beinhalteten auch soziales Engagement. Nach ihrer Gründung wuchs die Bewegung rasch an. Bis 1935 hatten die Muslimbrüder Schulen in über 50 Dörfern und Kleinstädten in Ägypten eröffnet. Nach dem Zweiten Weltkrieg verstärkte sich ihr Engagement noch. Soziale Institutionen für Bedürftige, Krankenhäuser und Bildungseinrichtungen wurden gegründet und verschafften den Islamisten weiterhin enormen Zulauf, sodass ihre aktiven Mitglieder Mitte des 20. Jahrhunderts auf eine halbe Million geschätzt wurden.

Diese Masse fundamentalistischer Muslime beunruhigte die ägyptische Führung zunehmend. Die Modernisierung hielt mehr und mehr Einzug im Land, was die Muslimbrüder dazu veranlasste, verstärkt politisch aktiv zu werden. So unterstützte die Gruppe in den späten vierziger Jahren etwa die Palästinenser in ihrem Kampf gegen Israel. Eine zunehmende politische Ächtung im eigenen Land war die Folge. Schließlich wurden führende Köpfe der Muslimbrüder gar inhaftiert. Die Islamisten antworteten militant. Ihr Vorgehen gipfelte im erfolglosen Mordanschlag auf den ägyptischen Präsidenten Nasser im Jahr 1954. Die Regierung ordnete folglich die konsequente Unterdrückung der Bruderschaft an und ließ zahlreiche ihrer Anführer inhaftieren.

Mutter der Hamas

Gerade die Muslimbrüder förderten auch die Entwicklung anderer religiös-politischer und militanter Gruppen. Ayman al-Zawahiri etwa, einer der führenden Köpfe Al-Qaidas, ist im Ägypten der 50er Jahre aufgewachsen, hat die Radikalisierung der Muslimbruderschaft also miterlebt und ist von dieser beeinflusst. Auch innerhalb der ägyptischen Landesgrenzen entstanden zahlreiche Ableger der Muslimbrüder, etwa die "Al-Takfir wa-Hidjra" oder die "Al-Qutbiyyn". Die Hamas ist eine weitere Tochterorganisation. Die Muslimbrüder selbst heißen Gewalt zur Durchsetzung ihrer Ziele aktuell offiziell nicht für gut. Zu Israel erklärten sie im Jahr 2005: "Wir erkennen Israel nicht an, aber werden nicht gegen es kämpfen. Wir werden alle Verträge respektieren."

Die Meinungen zur aktuellen Ausrichtung sind geteilt. So erklärte etwa der Nordafrika-Experte der Bertelsmann-Stiftung, Hauke Hartmann, jüngst in einem Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur (dpa), die Muslimbruderschaft sei in erster Linie eine religiöse Organisation mit sozialen Zielen und habe der Gewalt längst abgeschworen. "Die Muslimbruderschaft wird die politische Ebene dazu nutzen wollen, Korruption zu bekämpfen und Bildungsmöglichkeiten auszubauen", sagte Hartmann weiter.

Juden und Christen in Sorge

Nach Ansicht des Vizepräsidenten des Zentralrats der Juden in Deutschland könnte die Gruppierung die Nahost-Friedensgespräche gefährden. "Wenn ich Stimmen der Muslimbruderschaft höre, dann habe ich die Sorge, dass das passiert, was im Iran passiert ist, dass ein Diktator gewichen und eine erheblich problematischere Diktatur gefolgt ist", sagte Josef Schuster in der vergangenen Woche in einem Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur.

Der koptische Menschenrechtler Naguib Gobraiel erklärte am Donnerstag im Gespräch mit dem "Tagesspiegel": "Wir Christen haben Angst vor den Brüdern. Sie haben eine lange Geschichte. Und sie treiben in unseren Augen Spielchen. Ihr eigentliches Ziel ist es, an die Macht zu kommen. Sie geben sich zunächst ganz harmlos, dann aber werden sie sich auf die Macht stürzen wie die Wölfe."

Etwas abgeschwächt bestätigte das der Leiter der Organisation "Evangeliumsgemeinschaft Mittlerer Osten", Dr. Reinhold Strähler, gegenüber pro: "Natürlich will die Muslimbruderschaft sich in positiver Weise einsetzen. Das hat sie schon in den vergangenen Jahren getan. Aber wir dürfen die wahre Intention dieser Bewegung nicht verharmlosen. Vergessen wir nicht: Ihr vorrangiges Ziel ist es nicht, armen und unterdrückten Menschen zu helfen, sondern den Staat stärker islamisch zu prägen." In der momentanen Oppositionsbewegung in Ägypten sei sie die wahrscheinlich stärkste Kraft. (pro)

VON: aw | 11.02.2011 

Samstag, 12. Februar 2011

Wir werden dem Diktator Mubarak noch nachweinen


Die Chancen des ägyptischen Präsidenten, politisch noch irgendwie zu überleben oder zumindest ehrenvoll abzutreten, sind geringer als die auf einen Lotteriegewinn. Noch kleiner sind aber die der Ägypter, ihrer Nachbarn und der Europäer, dass sie sich nach dem Ende der Umbruchsperiode zumindest mehrheitlich als Gewinner fühlen werden.

 

Das bevorstehende Ende Mubaraks merkte ich vor 14 Tagen – also noch vor den ersten Demonstrationen – bei einem längeren Gespräch mit einem höherrangigen ägyptischen Diplomaten. Dieser sprach zu meiner Überraschung schon damals von der Ära Mubarak nur noch in der Vergangenheit und schloss schon damals aus, dass Hosni Mubarak von seinem Sohn beerbt werden könnte.

So wie in einer Demokratie eine noch so erfolgreiche Partei irgendwann abgewählt wird, ist es auch bei Diktatoren: Jede politische Uhr läuft einmal ab. Auch wenn Mubarak „nur“ ein autoritärer Diktator war, der lediglich das Machtmonopol verteidigt hat, nicht jedoch wie ein totalitäres Regime auch das Denken, das Privatleben, das Wirtschaftsleben seiner Untertanen komplett zu kontrollieren versuchte.

Die drei Jahrzehnte Mubaraks sind Geschichte. Sie sind aber keineswegs nur negative Geschichte. Denn sie haben für die Ägypter auch eine lange Periode des Friedens bedeutet. Das war nach den davorliegenden ständigen Nahostkriegen ein gewaltiger Wechsel – ein Wechsel freilich, dessen sich der Großteil der heutigen Ägypter auf Grund ihres Alters heute gar nicht mehr bewusst ist. Diese Generation fühlt sich daher dem Diktator gegenüber logischerweise zu keinerlei Dank verpflichtet. Ganz im Gegenteil: Sie macht ihm – neben vielem anderem – das gute Verhältnis zu Israel und den USA zum Vorwurf.

Dennoch war es eine große Leistung Mubaraks, sich weder vom arabischen Nationalismus noch vom islamischen Fanatismus in einen weiteren Krieg gegen Israel schicken zu lassen. Obwohl es für bedrängte Herrscher immer eine bewährte Strategie ist, sich bei inneren Schwierigkeiten gegen einen äußeren Feind zu wenden.

Vieles andere steht aber auf der Negativliste Mubaraks. Letztlich stürzt er über eine Revolte gegen Armut und Arbeitslosigkeit. Wirtschaftlich hat das Land überhaupt nur dank der immensen Geldflüsse aus den USA überleben können. Kairo war nach Israel der zweitgrößte Empfänger amerikanischer Hilfe. Dennoch machten sich immer stärker die negativen sozialen Faktoren bemerkbar:
  • Ein explosives Bevölkerungswachstum, das alle fünf Jahre die Zahl der Ägypter um rund zehn Prozent vermehrt, also um die Größe der österreichischen Bevölkerung;
  • die endemische Korruption;
  • der Rohstoffmangel (der Ägypten zum Unterschied von einigen anderen islamischen Ländern nicht einmal eine mit Petrodollars gekaufte Prosperität ermöglicht);
  • und eine Religion, die ganz offensichtlich der schlimmste Entwicklungs- und Wachstumshemmer in allen Ländern ist, wo sie die Mehrheit hat (selbst bei den im Öl schwimmenden Golfstaaten ist es ja zweifelhaft, ob diese bei Versiegen des Ölstroms auch nur ein Jahr lang ohne Krise überleben können).

Alle vier Faktoren wird es aber auch nach Mubarak geben. So wie es sie in ganz ähnlicher Weise auch in Tunesien nach dem Abgang des dortigen Diktators gibt. Wer glaubt, dass der Sturz eines Potentaten daran etwas ändert, der täuscht sich.

Denn am Ende einer Revolution werden zusätzlich die Kosten des Umsturzes als weitere Last dazukommen: die Zerstörungen der Revolutionszeit; das Ausbleiben der Touristen; das Zögern der Investoren; die offene Frage, ob die USA weiterhin alljährlich so tief in die Geldtasche greifen werden (auf republikanischer Seite gibt es ja viel Kritik an der Auslandshilfe); und die vermutliche Vertreibung eines Großteils auch der mittleren Führungsschicht, welche erst nach einer längeren Übergangsfrist durch eine neue ersetzt werden wird.

Natürlich gibt es in Ägyptens Städten eine Mittelschicht. Diese träumt nun von einer rechtsstaatlichen Demokratie nach europäischem Muster. Eine solche würden wir den Ägyptern auch heftig wünschen. Doch fehlen dem Land und insbesondere den islamischen Zivilisationen ein von den armen und überwiegend ländlichen Massen mitgetragener kultureller Wurzelgrund und eine ökonomische Basis. Nur darauf aber kann sich in aller Regel eine stabile Demokratie entwickeln. Demokratie kann man einer Kultur nur schwer aufpfropfen, wenn sie noch nicht reif dafür ist.

Daher sind drei andere Szenarien für die Zukunft Ägyptens viel wahrscheinlicher.
  1. Die erste Variante: Nach Wochen und Monaten der Turbulenzen, nach ein oder zwei schwachen Übergangsregierungen, wohl auch nach einem chaotischen Wahlgang wird sich ein neuer Diktator an die Spitze setzen, etwa ein starker Mann aus der Armee. Und zumindest anfangs wird er sogar Zustimmung finden, weil sich die Ägypter dann schon längst wieder nach Ruhe und Ordnung sehnen werden, weil sie gemerkt haben werden, dass eine Revolution die Töpfe des Landes nicht gefüllt, sondern noch leerer gemacht hat. Sollte sich der neue starke Mann auch weiterhin an den Friedensvertrag mit Israel halten, sollte er etwas von Wirtschaft verstehen und weniger korrupt sein als die Vorgänger, würde das der Region wieder auf etliche Zeit Stabilität schenken.
     
  2. Die zweite Variante ist wahrscheinlicher: nämlich, dass sich bei Wahlen unter den ungebildeten Massen islamistische Parteien durchsetzen werden. Dabei sollte man weniger an den Iran als Modell denken, sondern an die Schreckensherrschaft der Hamas im Gaza-Streifen, die ja zunehmend totalitäre Züge annimmt. Man sollte nicht vergessen: Die Hamas ist ursprünglich durchaus demokratisch an die Macht gekommen, weil sie weniger korrupt schien als alle anderen Alternativen. Eine solche islamistische Herrschaft würde zweifellos gegenüber Israel und dem Westen viel aggressiver werden; sie würde die vom bisherigen Regime noch tolerierte koptische Minderheit zu Menschen zweiter Klasse degradieren; sie würde die Wirtschaft des Landes noch mehr lähmen; und sie würde auch wohl keine weiteren Wahlen zulassen, bei denen sie wieder abgewählt werden könnte – zumindest keine freien.
     
  3. Es gibt aber eine noch schlimmere dritte Variante: Dass keine politische, religiöse oder militärische Kraft die Kontrolle über Ägypten in die Hände bekommt, dass vielmehr jahrzehntelang bürgerkriegsähnliche Zustände herrschen, dass jede Ordnung zusammenbricht, dass immer wieder ausländische Armeen intervenieren, wenn auch erfolglos. Beispiele für diesen Weg sind etwa Afghanistan oder Somalia.

Europa sollte sich jedenfalls gut anschnallen angesichts dessen, was da auf den Kontinent zuzukommen droht. Dabei haben wir noch gar nicht davon gesprochen, dass Symptome der tunesisch-ägyptischen Krankheit noch in einem Dutzend weiterer arabischer Staaten zu beobachten sind.

PS: Nichts ist so dramatisch, dass es nicht auch Grund zum Lachen gäbe. Den gibt das Verhalten der europäischen Sozialdemokraten: Sie sind seit einigen Tagen die lautesten, wenn es darum geht, die USA als Hauptschuldige an den ägyptischen Zuständen zu beschimpfen, und darum, einen rascheren Umsturz in Ägypten zu verlangen. Dabei verdrängen sie voller Chuzpe die peinliche Tatsache, dass die Staatspartei des Diktators Mubarak bis heute Vollmitglied in der Sozialistischen Internationale ist. Auch jene aus Tunesien war das – bis man sie nach dem Umsturz blitzschnell hinausgeworfen hat. Diese sozialistische Komplizenschaft gegenüber der Mubarak-Diktatur kontrastiert mit der lautstarken Denunziation Ungarns als „auf dem Weg zur Diktatur“ befindlich. Aber sich für irgendetwas noch zu schämen ist ja schon lange keine politische Kategorie mehr.

PPS: Die Sozialistische Internationale hat übrigens auch keinerlei Probleme damit, dass ihr Präsident Giorgos Papandreou heißt, der im Nebenberuf griechischer Ministerpräsident ist. Und uns allen als solcher sehr teuer ist.

Von Herrn Andreas Unterberger

Freitag, 11. Februar 2011

Israels banger Blick zu den Nachbarn

von Ingo Way

Gebannt schaut man in Israel auf Ägypten. In der vergangenen Zeit verlief die Nachbarschaft recht friedlich, Staatschef Mubarak hat sogar zeitweise als Vermittler zwischen Israelis und Palästinensern agiert. Sollte nun die Muslimbruderschaft an die Macht kommen, steht für Israel einiges auf dem Spiel.

Der Premierminister lässt sich entschuldigen. Auf der alljährlichen Herzliya-Konferenz, Israels wichtigstem Forum zum Thema Außenpolitik, wird Benjamin Netanyahu diesmal nicht sprechen. Das ist durchaus unüblich. Denn die Konferenz wird traditionell vom jeweiligen Regierungschef dazu genutzt, eine große Rede zur Lage der Nation zu halten, 2003 etwa kündigte Ariel Sharon in Herzliya den Abzug aus dem Gazastreifen an. Netanyahus Rückzieher könnte mit dem heiklen Thema Ägypten zu tun haben. Hatte sich der Premierminister mit Äußerungen zu den Aufständen im südwestlichen Nachbarland bemerkenswert lange zurückgehalten und seine Minister angewiesen, diesbezüglich auf öffentliche Meinungsäußerungen zu verzichten, kam er Anfang vergangener Woche in der Knesset endlich auf das Thema zu sprechen.

In seiner Rede sprach sich Netanyahu für demokratische Reformen in Ägypten aus. „Ein Ägypten, das in demokratischen Werten verankert ist, kann niemals eine Gefahr für den Frieden sein“, sagte er. „Im Gegenteil, wenn wir aus der jüngeren Geschichte irgendetwas gelernt haben, dann dies: Je stärker die Fundamente der Demokratie, umso stärker sind die Fundamente des Friedens.“ Er fügte hinzu: „Wir unterstützen jene Kräfte, die sich für Freiheit, Fortschritt und Frieden einsetzen. Aber wir stellen uns denen entgegen, die Despotie, Terrorismus und Krieg befördern wollen.“

Und genau dies ist der Punkt. In Israel wächst die Sorge, dass der Friedensvertrag mit Ägypten gefährdet ist, sollte Staatspräsident Husni Mubarak gestürzt werden oder zurücktreten. Die radikalislamistische Muslimbruderschaft giert nach der Macht, und auch der Iran versucht, Einfluss auf das Geschehen am Nil zu nehmen. So wenig man sich in Israel über den autoritären Herrscher Mubarak auch Illusionen hingibt – freundschaftliche Beziehungen zwischen beiden Ländern gab es nie, Mubarak ließ bewusst antiisraelische Propaganda in den ägyptischen Medien zu –, so sehr weiß man doch seine Zuverlässigkeit zu schätzen, was das 1979 unterzeichnete Friedensabkommen betrifft. Immerhin hat es seither keinen Krieg mehr zwischen den beiden Ländern gegeben – wenn es auch nur ein „kalter Frieden“ war. Doch immerhin: Ägypten betätigte sich immer wieder als Vermittler zwischen Israel und den Palästinensern, es gelang ägyptischen Politikern im Jahr 2007 sogar, die Hamas im Gazastreifen zu einer Waffenruhe zu bewegen.

Das alles könnte zur Disposition stehen, wenn – etwa noch durch freie Wahlen – die Muslimbruderschaft an die Macht kommt oder zumindest stark an Einfluss gewinnt. Schätzungen, wie viele Wähler die Muslimbrüder erreichen können, schwanken zwischen 15 und 60 Prozent. Muhammad Ghannem, ein Führer der Bruderschaft, verkündete bereits, das ägyptische Volk solle sich auf einen Krieg mit Israel vorbereiten. Das ist nicht gerade dazu angetan, die Israelis euphorisch zu stimmen. In einer Umfrage der Tageszeitung Israel Hayom gaben nur 13 Prozent der Befragten an, dass die jüngsten Entwicklungen in Ägypten sie optimistisch machen würden, was das Verhältnis Israels zur arabischen Welt betrifft. 59 Prozent waren pessimistisch und 28 Prozent hatten noch keine endgültige Meinung gefasst.

Die Schuld sehen die Israelis dabei nicht so sehr bei den ägyptischen Demonstranten, deren Recht, sich gegen ein korruptes Regime aufzulehnen, kaum jemand in Frage stellt. Ins Fadenkreuz der Kritik gerät vielmehr US-Präsident Barack Obama. Der habe seinen Verbündeten Hosni Mubarak schmählich im Stich gelassen, heißt es unter Politikern und Analysten. Der frühere Botschafter Israels bei den Vereinten Nationen, Dore Gold, vergleicht die Situation etwa mit dem Umsturz im Iran im Jahr 1979, als US-Präsident Jimmy Carter den bisherigen Verbündeten der Vereinigten Staaten, Schah Rezah Pahlavi, fallen ließ und somit der blutigen Revolution des Ayatollah Khomeini den Weg frei machte.

Obamas Ankündigung, die Muslimbruderschaft solle in einer neugeordneten politischen Landschaft eine Rolle spielen, befremdet dabei auch Beobachter, die einer Demokratisierung Ägyptens durchaus positiv gegenüberstehen. Aluf Benn etwa, Kommentator der linksliberalen Tageszeitung Haaretz, kritisiert Obama dafür, sich allzu abrupt von Mubarak abgewendet zu haben, anstatt den Verbündeten erst einmal zu demokratischen Reformen zu drängen.

Derweil geht die militärische Zusammenarbeit zwischen Israel und Ägypten einstweilen weiter. Zum ersten Mal seit Abschluss des Friedensvertrages hat Israel den ägyptischen Streitkräften erlaubt, Soldaten auf die Sinai-Halbinsel zu lassen, die dem Vertrag gemäß demilitarisiertes Gebiet ist. Der Grund: Die ägyptische Armee will dort Aufständische bekämpfen, um sie vor weiteren Anschlägen wie dem auf eine Gaspipeline vor wenigen Tagen abzuhalten. Die Anfrage der Ägypter, noch weitere als die bisherigen 800 Soldaten auf dem Sinai zu stationieren, wurde vom israelischen Verteidigungsministerium allerdings zurückgewiesen, aus Sorge, der Friedensvertrag könnte sonst zur Farce werden. Israels Verteidigungsminister Ehud Barak ist gleichwohl voll des Lobes für die ägyptische Armee: Sie trage dazu bei, die Situation im Nachbarland zu stabilisieren, sagte Barak Anfang dieser Woche dem Kabinett.

Positive Worte für die ägyptischen Demonstranten fand dieser Tage Staatspräsident Shimon Peres – auf ebenjener Herzliya-Konferenz, der Premierminister Netanyahu fernblieb. Die „Revolution in Ägypten“ sei ein Aufschrei der jungen Generation, die Gerechtigkeit und Demokratie wolle, sagte der 87jährige. Gleichzeitig würdigte Peres Präsident Mubarak, der viel für den Frieden getan habe. Aufhalten lasse sich der Umsturz in der Ära von Internet und iPhone allerdings nicht, sagte Peres.

Die Frage, ob Mubarak im Amt bleiben wird, stellt sich also gar nicht mehr, auch in Israel nicht. Offen ist lediglich, wie sich das Verhältnis zwischen Kairo und Jerusalem in Zukunft entwickelt. Oppositionsführerin Tzipi Livni forderte die internationale Gemeinschaft auf der Herzliya-Konferenz dazu auf, dafür zu sorgen, dass die Muslimbruderschaft von den ersten wirklich demokratischen Wahlen in Ägypten ausgeschlossen wird. „Das Recht, an demokratischen Wahlen teilzunehmen, haben, wie überall in der freien Welt, nur solche Parteien, die Gewalt ablehnen, demokratische Regeln akzeptieren und Verträge einhalten, die von Vorgängerregierungen geschlossen wurden“, sagte Livni und spielte damit auf die Ankündigung der Muslimbruderschaft an, den Friedensvertrag mit Israel aufzukündigen. Diese Forderung sei nicht unbillig, sagte Livni, schließlich seien extremistische Parteien auch in vielen anderen demokratischen Ländern verboten. Sie machte darauf aufmerksam, dass die israelische Regierung 1988 der rechtsradikalen Kach-Partei verboten hatte, an den Wahlen teilzunehmen.


Quelle cicero
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Dienstag, 1. Februar 2011

Merkel bringt weitere Sanktionen gegen Iran ins Spiel

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Staatsbesuch - Erst forderte die Kanzlerin Fortschritte beim Friedensprozess, jetzt sandte sie beruhigende Signale an die Israelis. Die Unruhen in der arabischen Welt machen die Lage für Israel indes brandgefährlich.
 
Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hat angesichts der Bedrohung Israels durch den Iran weitere Sanktionen gegen das Regime in Teheran nicht ausgeschlossen. "Die Bedrohung durch den Iran ist vorhanden", sagte sie am Dienstag vor einem Treffen mit dem israelischen Präsidenten Schimon Peres in Jerusalem.

Merkel sagte, "dass der Iran Frieden und Sicherheit in Israel und im gesamten Nahen Osten durch seine aggressive Politik gefährdet". Wenn sich der Iran Verhandlungen über sein Nuklearprogramm weiter verschließe, seien schärfere Sanktionen unumgänglich, ergänzte sie in einer Rede zur Verleihung der Ehrendoktorwürde der Universität Tel Aviv. Diese seien aber nur unter Einbeziehung von Russland und China sinnvoll.

 

Folgen schwer kalkulierbar

Israel sieht neben den Unruhen in Ägypten auch die Entwicklung im Nachbarland Libanon mit großer Sorge. Merkel sagte, es müsse alles daran gesetzt werden, dass der Libanon nicht wieder in eine unwägbare Phase der innenpolitischen Krise zurückfalle. Die Folgen seien nur schwer kalkulierbar.

Zu den Entwicklungen in Ägypten betonte die Kanzlerin, sie hoffe sehr, dass bei den Demonstrationen in Kairo auf jegliche Gewalt verzichtet werde. Demonstrations- und Informationsfreiheit müssten gewährt werden, "um einen friedlichen Reformprozess statt Chaos und Gewalt" zu ermöglichen.
 
Nach einem Essen mit Peres versicherte Merkel, Deutschland werde weiterhin für die Sicherheit Israels einstehen. Unter Hinweis auf die Unruhen im Nachbarland Ägypten mahnte sie aber erneut, diese Entwicklungen dürften keine Entschuldigung dafür sein, den Friedensprozess mit den Palästinensern nicht fortzusetzen. Die Kanzlerin sprach von einem entscheidenden Moment in der Geschichte. "Die Zeit drängt, die Sicherheit Israels in sicheren Grenzen wirklich voranzutreiben." Für die Fortsetzung der Friedensgespräche seien Kompromisse auf beiden Seiten notwendig.

Freundin Israels

Peres sagte, die Vorgänge in den Nachbarstaaten Israels seien Folge der Armut. Weil die Bevölkerung in der arabischen Welt während der vergangenen 30 Jahre von 150 Millionen auf 400 Millionen angewachsen sei, hätten sich Probleme bei Arbeitsplätzen und der Versorgung mit Nahrungsmitteln ergeben. "Wir können nicht eine Insel des Wohlstands bleiben, wenn wir von einem Ozean der Armut umgeben sind", sagte Peres zu den Auswirkungen auf Israel.

Der israelische Präsident bezeichnete Merkel als eine "echte, wahre und ernste Freundin Israels" und dankte ihr für die klaren Worte in Richtung Iran. Die Kanzlerin lud das israelische Kabinett zu den vierten deutsch-israelischen Regierungskonsultationen 2012 nach Berlin ein.

Ehrendoktorwürde

Oppositionsführerin Zipi Livni warnte bei einer Unterredung mit Merkel davor, der Iran könne möglicher Nutznießer der Instabilität in Ägypten werden oder die Entwicklungen sogar antreibe. Livni habe mehr Druck auf die Führung in Teheran und schärfere internationale Sanktionen gefordert, hieß es aus deutschen Teilnehmerkreisen.
 
Merkel traf zudem deutsche und israelische Freiwillige der Aktion Sühnezeichen (ASF) sowie Überlebende des Holocaust. Anlass für die Begegnung war das 50-jährige ASF-Jubiläum in Israel. Am Nachmittag erhielt die Kanzlerin für ihren Einsatz für Israel, die Verständigung zwischen Juden und Nicht-Juden sowie ihren Kampf gegen Rassismus und Antisemitismus die Ehrendoktorwürde der Tel Aviv-Universität. Es ist die neunte derartige Auszeichnung für Merkel. Anschließend nahm sie an der Konferenz eines Instituts für sicherheitspolitische Studien in Tel Aviv teil.


 dpa - evangelisch.de
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Montag, 31. Januar 2011

Israel schweigt besorgt zu Ägypten

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Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat seinen Ministern und Sprechern einen Maulkorb verhängt. Das offizielle Israel will sich zu den dramatischen Vorgängen in seiner Nachbarschaft nicht äußern. Gleichwohl ist die Sorge groß vor der ungewissen Zukunft. Stündlich berichtet Botschafter Jitzhak Levanon aus Kairo, um die Verantwortlichen in Jerusalem auf dem Laufenden zu halten…

Von Ulrich W. Sahm, Jerusalem, 31. Januar 2011



Während Amerikaner und Europäer den ägyptischen Präsidenten Hosni Mubarak aufrufen, die Menschenrechte einzuhalten, Gewalt gegen die Demonstranten zu unterlassen und letztlich, das Land durch seinen Rücktritt zu „retten“, stehen für Israel andere Interessen im Vordergrund.

Präsident Mubarak hatte vor 30 Jahren die Nachfolge des von Moslem-Brüdern wegen des Friedensschlusses mit Israel ermordeten Anwar el Sadat angetreten und Wort gehalten. Der Friedensvertrag wurde eingehalten, auch wenn gelegentlich die Beziehungen so angespannt waren, dass es zeitweilig keinen ägyptischen Botschafter in Tel Aviv gab. Gleichwohl bestanden die Beziehungen schwerste Belastungsproben wie Kriege im Libanon und im Gazastreifen oder während der blutigen Intifada. Gegen Israelis gerichtete Terroranschläge auf der ägyptischen Sinaihalbinsel führten eher zu einer Vertiefung der Kontakte auf Regierungsebene. Gleichwohl ist dieser Frieden zwischen dem mächtigsten arabischen Land und dem jüdischen Staat niemals in den Herzen der Ägypter angekommen.

Wer heute Mubarak vorwirft, gegen den Willen seines Volkes als Diktator geherrscht zu haben, könnte zurecht die Friedenskontakte mit Israel als seine größte Sünde bezeichnen.

In den letzten Jahren, ausgerechnet unter rechtsgerichteten israelischen Ministerpräsidenten wie Ariel Scharon und Benjamin Netanjahu, wurden die Kontakte intimer denn je. Ägypten, wegen seines Friedensschlusses mit Israel zunächst aus der arabischen Liga ausgeschlossen, übernahm erneut eine führende Rolle im arabisch-israelischen Konflikt. Mubarak wurde zum wichtigsten Mediator zwischen Israel und den Palästinensern. Der vollständige Rückzug aus dem Gazastreifen 2005 wäre ohne ägyptische Hilfe nicht zustande gekommen. Da Israel im Rahmen der Osloer Verträge verpflichtet ist, die Außengrenzen der besetzten Gebiete zu kontrollieren, konnte Israel den Grenzübergang in Rafah erst räumen, als Ägypten einem ausgeklügelten Kontrollsystem mit  EU Überwachung zugestimmt hatte. Nach dem Putsch der Hamas 2007 hielt Ägypten jene Grenze in Absprache mit Israel weiterhin geschlossen. Als die Hamas ihre Raketenangriffe auf Israel verstärkte, vermittelten die Ägypter in Kairo eine Waffenruhe.
 
Präsident Mubarak verweigerte einen Staatsbesuch in Israel und kam nur kurz zum Begräbnis von Jitzhak Rabin nach Jerusalem. Er empfing aber regelmäßig israelische Ministerpräsidenten in Scharm A Scheich und Kairo. Mubaraks Vertrauter, Geheimdienstchef Omar Süleiman, war zugleich ein oft gesehener Gast in Jerusalem.

Obgleich auch Israel das hohe Alter Mubaraks kennt und über den bevorstehenden Wechsel am Nil diskutierte, wird Mubarak als Garant einer jahrzehntelangen Ruhe zwischen beiden Ländern gesehen.
Größte Sorge macht die fast unausdenkbare Möglichkeit einer Machtübernahme der Moslem-Brüder in Ägypten. Das würde sofort Auswirkungen auf die Hamas im Gazastreifen haben. Denn die palästinensischen Islamisten sind aus den ägyptischen Moslem-Brüdern hervorgegangen.

Das hat jetzt schon Auswirkungen auf den Friedensprozess. Die Hamas ist nie Mitglied des palästinensischen Dachverbandes PLO geworden und spricht infolge von neu veröffentlichten Dokumenten dem Präsidenten Mahmoud Abbas pauschal das Mandat ab, überhaupt noch im Namen der Palästinenser mit Israel verhandeln zu dürfen. Der in Kairo verbotene arabische TV-Sender Al Dschesira hatte vermeintliche Protokolle der Gespräche von Abbas und Premier Ehud Olmert veröffentlicht, aus denen hervorgeht, dass Abbas zu schweren Tabubrüchen bereit wäre. So soll er auf ein Rückkehrrecht der Flüchtlinge verzichtet und die Bereitschaft gezeigt haben, jüdischen Stadtviertel in Ost-Jerusalem („Siedlungen“) Israel zu überlassen. Für Hamas und die Arabische Liga ist das Hochverrat. Abbas verlor auch in Ramallah seine Glaubwürdigkeit.
Die Unruhe in der arabischen Welt, von Tunesien nach Ägypten geschwappt, könnte auch die Autonomiegebiete im Westjordanland erfassen, wo Abbas schon Solidaritätsdemonstrationen mit den Ägyptern gewaltsam unterbinden ließ.

Barack Obama wird als jener amerikanischen Präsident in die Geschichte eingehen, der aus Hass auf seinen Vorgänger George W. Bush und wegen einer kurzsichtigen Ideologie die gemäßigten arabischen Staaten Tunesien, Ägypten, Jordanien, Jemen, die Palästinenser und andere als zuverlässige Partner Amerikas verloren hat. 
Das prophezeite der politische Korrespondent des linksgerichteten Haaretz, Aluf Ben. Die USA und auch die EU verlieren gemäß dieser Analyse jegliche Glaubwürdigkeit in der arabischen Welt, wenn sie alte getreue Verbündete plötzlich fallen lassen. Obgleich sie Diktatoren waren, dienten sie jahrzehntelang den Interessen des Westen als stabilisierende Faktoren. Gleichgültig wer Präsident Mubarak an den Hebeln der Macht im Land der Pharaonen folgt, dürfte schlecht beraten sei, sich erneut amerikanischen Interessen zu unterwerfen und am Frieden mit Israel festhalten. Mubarak symbolisiert nicht nur Diktatur und Unterdrückung in Ägypten, sondern auch dieses Friedenswerk, das die Amerikaner mit fast drei Milliarden Dollars im Jahr und Waffenlieferungen vergoldet haben.


Jani's Anmerkung 
......... die Schlußfolgerung aus den Ereignissen in Ägypten dürfte uns allen nicht schwer fallen. Der Frieden - soweit vorhanden - im Nahen Osten hängt am seidenen Faden. Ist abhängig von der politischen Entwicklung Ägyptens. - Die Gefahr der Islamisierung Ägyptens scheint durchaus gegeben. 

Möge der Herr seinen Segen über dieses Land legen. Letztendlich ist es für uns alle wichtig - nicht nur für die Kopten dort und Israel auf der angrenzenden Seite. - Nein, es geht uns alle an. Darum  >>> beten wir ein ... zwei ... viele Vaterunser mehr!      
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Die Angst vor der Islamisierung

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Mit einem Konvoi werden Deutsche aus Kairo zum Flughafen gebracht. RWE fürchtet um seine Mitarbeiter im Land. Politiker warnen vor einer Islamisierung Ägyptens und ziehen Parallelen zum Iran.

Wegen der Unruhen in Ägypten haben am Morgen 140 Deutsche Kairo in Richtung Flughafen verlassen. Der Transport sei aus Sicherheitsgründen von der Botschaft organisiert worden, berichtete eine dpa-Korrespondentin. 

Ausreisen sollen vor allem Angehörige von Diplomaten und anderen Deutschen, die in der ägyptischen Hauptstadt arbeiten. Auf dem Flughafen Kairo herrschte in den vergangenen Tagen ein dichtes Gedränge, weil viele Ausländer die Stadt verlassen wollen, es aber keine ausreichende Zahl von Flügen gibt.
 
Unterdessen startete von Frankfurt aus eine Sondermaschine der Lufthansa, um Menschen aus Ägypten auszufliegen. Der Jumbo-Jet startete kurz vor 8 Uhr nach Kairo, wie der Flughafenbetreiber Fraport und die Lufthansa mitteilten. Nach der Landung in Ägypten soll das Flugzeug am Nachmittag dort wieder abheben und zurückkehren.

Die Flugzeit zwischen der Mainmetropole und der ägyptischen Hauptstadt beträgt rund vier Stunden. Das Auswärtige Amt hatte um einen zusätzlichen Linienflug gebeten. Unklar ist noch, wann die Maschine im Tagesverlauf wieder in Frankfurt ankommen wird.

Angst vor Islamisten
Angesichts der dramatischen Zustände in Ägypten warnen deutsche Politiker zunehmend vor einer Machtübernahme durch islamische Fundamentalisten. Der Bild-Zeitung sagte der außenpolitische Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion, Philipp Mißfelder (CDU): «Wofür die Opposition in Ägypten eigentlich steht, ist derzeit völlig unklar. Es ist fraglich, ob nicht die Moslem-Bruderschaft oder andere Islamisten von den Protesten profitieren - und das Land in eine andere Richtung steuern, als wir es wünschen.» 
  
Der FDP-Bundestagsabgeordnete und Außenpolitiker Bijan Djir-Sarai sagte der Zeitung: «Ich befürchte, dass fundamentalistische Kräfte die Situation ausnutzen. Sie könnten Ägypten in die falsche Richtung lenken. Djir-Sarai zog einen Vergleich mit der Situation im Iran. Die Bilder aus Kairo erinnerten an den Sturz des persischen Schahs 1978, sagte der FDP-Politiker. Danach hätten islamistische Fanatiker die Macht im Iran übernommen.

Auch die Grünen zeigen sich angesichts der Entwicklung in Ägypten tief besorgt. Der Vorsitzende der Bundestagsfraktion, Jürgen Trittin, sagte dem Blatt: «Je schneller Ägypten zu Demokratie, wirtschaftlicher Entwicklung und sauberer Regierung zurückfindet, umso schlechter sind die Chancen für Islamisten. Deshalb ist eine zügige Machtübergabe Mubaraks an eine neue, demokratisch gewählte Regierung dringend notwendig.»

Schwere Vorwürfe gegen USA und EU
Der SPD-Außenexperte Niels Annen erhebt vor dem Hintergrund der anhaltenden Demonstrationen gegen das Regime von Ägyptens Präsident Husni Mubarak schwere Vorwürfe gegen die internationale Gemeinschaft. «Das Glaubwürdigkeitsproblem des Westens besteht nicht darin, mit Mubarak zusammengearbeitet zu haben, sondern in der Tatsache, dass die USA und die EU es zugelassen haben, dass Mubarak alle politischen Alternativen zu seiner Herrschaft brutal unterdrückt hat», sagte das SPD-Bundesvorstandsmitglied dem Handelsblatt Online.

Deutschland müsse sich daher «eindeutig» für die Demokratie am Nil einsetzen, sagte Annen und fügte hinzu: «Denn eine ambivalente Haltung des Westens schadet nicht nur dem Demokratisierungsprozess in Ägypten, sondern auch unserem eigenen Ansehen in der Region.»

RWE fürchtet um seine Mitarbeiter
Der Energiekonzern RWE hat angesichts der Unruhen in Ägypten Mitarbeiter aus dem Land ausgeflogen. Rund 90 Personen - Kollegen mit ihren Familien - seien mit einer Chartermaschine am frühen Morgen in Hamburg gelandet.

Das sagte eine Sprecherin der Öl- und Gasfördertochter Dea. Die Produktion gehe aber weiter. RWE-Dea beschäftigt rund 140 Mitarbeiter in seiner ägyptischen Landesgesellschaft. Hinzu kommen 1100 Beschäftigte im Gemeinschaftsunternehmen Suez Oil. Nach Angaben der Sprecherin sind es vor allem Ägypter.

Den Mitarbeitern sei am Wochenende angeboten worden, nach Europa zu fliegen. «Wir haben eng mit dem Auswärtigen Amt zusammengearbeitet», sagte die Sprecherin. Zudem musste eine Sonderflugerlaubnis für Hamburg beantragt werden, wo die Maschine am Montagmorgen gegen 1.30 Uhr landete.

Die Beschäftigten, die im Land geblieben sind, befänden sich an sicheren Orten. «Wir beobachten die Situation sehr genau», sagte die Sprecherin. Die Anlagen seien geschützt und befänden sich außerhalb der großen Städte.

RWE-Chef Jürgen Großmann hatte sich zuvor in der Süddeutschen Zeitung besorgt über die Situation in Ägypten geäußert. «Das hat uns alle überrascht», sagte der Vorstandschef. Einen Rückzug aus dem Land schloss Großmann aus, es handele sich um ein langfristiges Engagement: «Wir sind da und wir bleiben da.» 

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