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Mittwoch, 18. Februar 2015

7 Wochen ohne - 2015

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Du bist schön! Sieben Wochen ohne Runtermachen




1. Woche: Du bist wunderbar gemacht! (Psalm 139,14–18) 




Ich danke dir dafür, dass ich wunderbar gemacht bin; wunderbar sind deine Werke; das erkennt meine Seele. Es war dir mein Gebein nicht verborgen, als ich im Verborgenen gemacht wurde, als ich gebildet wurde unten in der Erde. Deine Augen sahen mich, als ich noch nicht bereitet war, und alle Tage waren in dein Buch geschrieben, die noch werden sollten und von denen keiner da war. Aber wie schwer sind für mich, Gott, deine Gedanken! Wie ist ihre Summe so groß! Wollte ich sie zählen, so wären sie mehr als der Sand: Am Ende bin ich noch immer bei dir.


Willkommen, liebe Fastengemeinde!


Ich freue mich, dass Sie in diesem Jahr lesen möchten, was ich Ihnen zu den ausgesuchten Wochentexten schreibe. Sieben Wochen lang dürfen und sollen wir darauf verzichten "runterzumachen". Ich nutze dieses Wort eigentlich nicht, aber es leuchtet mir ein, worum es geht: Sieben Wochen lang, dürfen wir stehen lassen, was steht, und müssen es nicht gleich wieder einreißen. Bis Ostern sollen wir schön nennen, was schön ist, und nicht sofort nach Makeln suchen. Darauf zu verzichten, ist in der Tat nicht so leicht, wie es sich zunächst anhört, vor allem, wenn es uns selbst betrifft. Die schöne Tugend der Bescheidenheit ist längst zu einem Zwang zur Kritik geworden. Nutzen wir also die Passionszeit, um uns vom Kritikzwang fernzuhalten.


Wie im letzten Jahr werde ich Ihnen jede Woche eine kleine Übung anbieten, die mit dem jeweiligen Motto und dem dazugehörigen Bibeltext zu tun hat. Darum heute: "Du ist wunderbar gemacht!" Dazu gehört ein Ausschnitt aus Psalm 139. Der Text dort lautet allerdings gleich zu Beginn entscheidend anders als das Motto. Nicht "du bist wunderbar gemacht" heißt es, sondern "ich bin wunderbar gemacht". Ich wage die These, dass es den meisten Menschen weniger schwer fällt, jemand anderem ein Kompliment zu machen, als sich selbst zu loben. "Ich bin wunderbar gemacht!" klingt leicht selbstgefällig und eitel. Eigenlob stinkt schließlich, und man soll sich nicht selbst auf die Schulter klopfen. So sind wir erzogen, so leben wir. Aber Achtung, in Psalm 139 geht es ja nicht um Eigenlob, sonders es geht vielmehr um das Lob Gottes. Gott ist es, der mich gemacht hat, und wenn ich sage, Gott habe das wunderbar hingekriegt, dann gilt ihm das Lob, nicht mir. Andererseits braucht es wiederum ein gewisses Maß an Selbstbewusstsein, in sich selbst etwas Wunderbares zu erkennen, für das man Gott loben möchte.


Die Übung für diese Woche soll darum das Selbstbewusstsein stärken, und um sich seiner selbst bewusst zu werden, ist ein Spiegel sehr hilfreich. Natürlich gilt, dass Sie keine der Übungen unbedingt "durchhalten" müssen. Wenn es Ihnen unbehaglich wird, machen Sie in Gedanken weiter. Am besten allerdings funktioniert das, was ich Ihnen vorschlage, wenn Sie es tatsächlich tun.


Schritt 1: Lernen Sie den ersten Vers des Bibeltextes für diese Woche auswendig. "Ich danke dir dafür, dass ich wunderbar gemacht bin; wunderbar sind deine Werke; das erkennt meine Seele." Sagen Sie diesen Satz in Gedanken vor sich hin, während Sie im Geiste den größten Spiegel in ihrer Wohnung suchen.


Schritt 2: Gehen Sie zu dem Spiegel und schauen Sie sich eine Weile an. Achten Sie darauf, dass Sie ungestört sind. Stellen Sie sich so hin, dass Sie möglichst viel von sich sehen können. Holen Sie einmal tief Luft und sagen Sie dann mit deutlich vernehmbarer Stimme diesen Satz: "Ich danke dir dafür, dass ich wunderbar gemacht bin; wunderbar sind deine Werke; das erkennt meine Seele." Beobachten Sie sich dabei möglichst freundlich. Es schaut ihnen niemand zu. Lächeln Sie, wenn es Ihnen ein wenig peinlich wird, machen Sie Ihrem Spiegelbild Mut, den Vers noch einmal zu sagen. Lassen Sie sich Zeit und probieren Sie, sooft Sie mögen.


Schritt 3: Lassen Sie den Spiegel zurück und lesen Sie den ganzen Ausschnitt aus Psalm 139, der für diese Woche dran ist. Beantworten Sie dann diese beiden Fragen:


Wie schaue ich mich an? ____________________________


Wie schaut Gott mich an? ___________________________


Schreiben Sie Ihre Gedanken auf – entweder hier oder irgendwo, wo Sie mehr Platz haben.


Schritt 4: Wiederholen Sie die Übung vor dem Spiegel täglich einmal und steigern Sie den Schwierigkeitsgrad dabei, indem Sie sich im Spiegel ganz genau betrachten. Denken Sie daran, Sie sind allein mit Ihrem Gott, dem Sie dafür danken wollen, dass er Sie wunderbar gemacht hat. Sie müssen nichts verheimlichen, nichts beschönigen. Gehen Sie ruhig einmal ganz nah heran und schauen Sie auf all die Stellen, die Sie eigentlich nicht so mögen an sich. Wenn Sie sich trauen, ziehen Sie sich aus. Sich selbst länger nackt im Spiegel anzuschauen, ist anstrengend, denn unsere Augen sind Kritikeraugen. Sie finden mit absoluter Zielgenauigkeit die Stellen an unserem Körper, die nicht dem entsprechen, was wir gern anderen zeigen möchten. Aber es guckt Ihnen niemand zu außer Sie selbst. Und dann sagen Sie ihrem nackten Gegenüber wieder den Vers aus dem Psalm: "Ich danke dir dafür, dass ich wunderbar gemacht bin; wunderbar sind deine Werke; das erkennt meine Seele."


Schritt 5: Wiederholen Sie die Übung weiter täglich. Nach fünf Tagen lesen Sie noch einmal die Psalmverse für diese Woche durch und beantworten Sie sich selbst eine letzte Frage:


Wie will ich mich anschauen? ______________________


Ich wünsche Ihnen eine gute Begegnung mit Ihrem Spiegelbild. Haben Sie eine schöne Woche mit einem freundlichen Blick "ohne Runtermachen".



Ihr Frank Muchlinsky

Frank Muchlinsky ist Pastor der Nordkirche. Er hat viele Jahre in der Erwachsenenbildung und in der Diakonie gearbeitet. Sein Schwerpunkt liegt darauf, Glaube und Theologie erfahrbar und verständlich zu machen. Das tut er in seinen Seminaren mit Erziehungsfachkräften an evangelischen Kitas ebenso wie mit der Methode des "Bibliologs", die er seit 1999 anwendet und lehrt. Seit 2012 arbeitet er bei evangelisch.de.

7 Wochenohne.de


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Mittwoch, 16. April 2014

7. Woche Fastenzeit - Selber leuchten

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Selber denken! Sieben Wochen ohne falsche Gewissheiten
7. Woche: Selber leuchten (Matthäus 5,13–16)
Ihr seid das Salz der Erde. Wenn nun das Salz nicht mehr salzt, womit soll man salzen? Es ist zu nichts mehr nütze, als dass man es wegschüttet und lässt es von den Leuten zertreten.
Ihr seid das Licht der Welt. Es kann die Stadt, die auf einem Berge liegt, nicht verborgen sein. Man zündet auch nicht ein Licht an und setzt es unter einen Scheffel, sondern auf einen Leuchter; so leuchtet es allen, die im Hause sind. So lasst euer Licht leuchten vor den Leuten, damit sie eure guten Werke sehen und euren Vater im Himmel preisen.
Liebe Weggefährtinnen, liebe Begleiter durch die Fastenzeit,
nun ist sie beinahe rum, die Zeit, in der wir gemeinsam und alle selber gedacht haben. Wir haben selber gehandelt, bekannt, geprüft, gesucht und geredet. Wenn ich die letzten Wochen so überblicke, wurden unsere gemeinsamen Übungen durchaus immer wieder etwas schwieriger. Da kann man erwarten, dass uns nun – sozusagen zum großen Finale – der dickste Brocken erwartet.
Um dieser Erwartung ein wenig zu entsprechen – und auch, weil ich später inhaltlich darauf zurückkommen möchte, soll unsere heutige Übung gleich damit beginnen, dass ich Sie bitte, den Rest dieser E-Mail – wenn Ihnen das möglich ist – im Stehen zu lesen. Bitte stehen Sie auf, bevor Sie weiterlesen. Wenn Ihr Monitor das nicht gut zulässt, drucken Sie sich die Mail ausnahmsweise aus. Danke.
Ich war ein wenig überrascht, dass für uns ausgerechnet in der Karwoche ein Text ausgesucht wurde, der so ermutigend daherkommt. Jesus spricht diese Worte in seiner berühmten Bergpredigt. In Matthäus 5,1–2 heißt es, dass Jesus eine große Menge sieht und auf einen Berg geht. Er will seine Jünger und alle um ihn herum „lehren“. Interessant finde ich, dass Jesus sich hinsetzt. Wenn er zur Verbesserung der Akustik extra auf einen Berg steigt, ist das doch eine ungewöhnliche Körperhaltung. Im Stehen wäre es viel besser zu verstehen. Aber diese Körperhaltung drückt anscheinend auch aus: Hier hat man keine Propaganda zu erwarten, keinen Menschen, der die Massen durch Posen in seinen Bann ziehen will.
Dann beginnt Jesus zu reden und setzt fort, was mit seinem bemerkenswerten Hinsetzen beginnt: Er macht, was man gerade nicht erwartet: „Selig sind die, die vor Gott arm sind … die trauern … die verfolgt werden“, sagt er und beginnt die bekannten Seligpreisungen. Da sitzt er also, anstatt zu stehen, und nennt die glücklich, die sich selbst so nicht empfinden. Und dann kommt unser Text für die Woche: „Ihr seid Salz! Ihr seid Licht! Salzt! Leuchtet!“ Ich muss schmunzeln, wenn ich mir das Bild vorstelle von einem sitzenden Jesus, der den Leuten sagt, sie sollen doch bitte ihr Licht nicht unter den Schaffel stellen, sondern auf einen Leuchter. Aber wahrscheinlich will Jesus ja auch nicht, dass die Leute grell leuchten, sondern dass sie einfach hell machen, was dunkel ist. Und damit ist die Frage auf unserem Fastentisch: Selber leuchten sollen wir – aber wie?
Starten wir unsere Selber-Denken-und-Leuchten-Übung mit einer Aufwärmphase. Bevor wir uns nämlich fragen, wie wir leuchten, sollten wir uns zunächst fragen, ob wir denn leuchten. Fragen Sie sich also bitte zunächst einmal: „Leuchte ich?“ Jesus behauptet das. Er sagt, dass wir Licht sind. Das Licht der Welt sogar. Sehen Sie Ihr eigenes Leuchten? Oder empfinden Sie sich vielmehr als Schatten? Wenn das so ist, brauchen Sie für das Selber-Leuchten vielleicht zuerst einen Funken. Fällt Ihnen vielleicht ein schöner Satz aus der Bibel ein, der Ihnen deutlich machen kann, dass Sie Licht sind? Ich mache Ihnen mal ein paar Vorschläge:
  • Psalm 139,14: „Ich danke dir, dass ich wunderbar gemacht bin.“
  • Genesis 1,27: „Und Gott schuf den Menschen zu seinem Bilde, zum Bilde Gottes schuf er ihn, und er schuf ihn männlich und weiblich.“
  • Genesis 12,2: „Ich will dich segnen, und du sollst ein Segen sein.“
Haben Sie andere Verse im Kopf, oder wollen Sie einmal nachblättern? Tun Sie das gern. Tragen Sie hier Verse ein, die Sie leuchten lassen:
  • ___________________________________
     
  • ___________________________________
    (Nicht genug Platz? Das wäre ja schön, dann haben Sie viele gute Leuchtsätze gefunden.)
Hat unsere Vorübung Sie Ihr eigenes Licht entdecken lassen? Noch nicht? Dann rufen Sie jemanden an oder noch besser, treffen Sie jemanden, von dem Sie ahnen, dass er oder sie große Stücke auf Sie hält, sie mag oder vielleicht gar liebt. Und nun bitten Sie diese Person, Ihnen mal zu sagen, was an Ihnen leuchtet. Sie finden, dass das eine merkwürdige Übung ist, dass man doch nicht nach Komplimenten fischen soll? Doch, sollen Sie. Wer (für andere) leuchten soll, muss sein eigenes Licht erst einmal entfachen. Loben Sie sich selbst! Lassen Sie sich von anderen loben! Sonnen Sie sich einmal in ihrem eigenen Licht! Sie dürfen anschließend auch wieder bescheiden werden, aber damit Sie wirklich leuchten können, sollten Sie sich zuerst unbedingt an sich selber freuen können. Klopfen Sie sich für etwas Gutes, was Sie in letzter Zeit getan haben, mal selbst auf die Schulter. Nicht zaghaft, sondern ausgiebig. Stellen Sie sich vor den Spiegel und lächeln Sie ein Lächeln, mit dem Sie sich selbst verführen können, sich zu mögen. Sie sind ein wunderbares Werk Gottes. Es spielt keine Rolle, ob Sie eine große Leuchte sind, sondern dass Sie das Licht der Welt sind.
So, ich hoffe, das hat genügt, dass Sie Ihr Licht sehen können. Nun können wir weitermachen mit der Frage: Selber leuchten – aber wie?
Wenn wir uns den Zusammenhang dieser Worte Jesu anschauen, dann können wir gute Hinweise finden darauf, wie sich Jesus das vorstellt, dass wir leuchten sollen. Wir sollen „auf den Berg gehen“, also sichtbar sein. So macht er das auch, als er zu den Leuten spricht. Öffentlich und gut erkennbar. Dann aber setzt er sich hin, und ich sehe darin auch einen guten Ratschlag für unser Selber-Leuchten. Setz dich, werde nicht zum Agitator, sondern begib dich in eine ruhigere, niedrigere Position.
Setzen Sie sich bitte wieder hin, und lesen Sie dann weiter.
Merken Sie, was das für einen Unterschied macht? Wenn wir leuchten und dabei im „Stehmodus“ sind, kann das dazu führen, dass aus unserem Leuchten ein Strahlen wird. Im schlimmsten Fall wird daraus ein grelles Licht, das andere blendet. Es ist gut zu wissen, dass man leuchtet, es ist gut zu wissen, was man Gutes kann und getan hat. Jesus sagt selbst: Die Leute sollen „eure guten Werke sehen“. Nur müssen wir ihnen mit unserem Licht nicht die Augen verblitzen. Wir sollen zum Leuchten auf den Berg gehen, dürfen uns dort aber auch hinsetzen. Das entspannt und lässt unser eigenes Licht nicht so schnell verbrennen.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen eine ruhige Karwoche und dann natürlich gesegnete Ostern, wenn es da ist. Dann wird hoffentlich alles um die Wette leuchten – und Sie hoffentlich mittendrin.
Damit sage ich auf Wiedersehen für dieses Jahr. Ich hoffe, Sie hatten Freude an unseren gemeinsamen Übungen im Selber-Denken. Wenn Sie mögen, schreiben Sie mir doch mal, wie Sie meine Anregungen empfunden haben. Ich würde mich über eine E-Mail von Ihnen freuen. Meine Adresse lautet: frank.muchlinsky@evangelisch.de.
Herzliche Grüße
Ihr Frank Muchlinsky


Frank Muchlinsky ist Pastor der Nordkirche. Er hat viele Jahre in der Erwachsenenbildung und in der Diakonie gearbeitet. Sein Schwerpunkt liegt darauf, Glaube und Theologie erfahrbar und verständlich zu machen. Das tut er in seinen Seminaren mit Erziehungsfachkräften an evangelischen Kitas ebenso wie mit der Methode des "Bibliologs", die er seit 1999 anwendet und lehrt. Seit 2012 arbeitet er bei evangelisch.de und betreut dort die Bereiche Glauben und Fragen.

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Donnerstag, 10. April 2014

6. Woche: Selber bekennen

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Selber denken! Sieben Wochen ohne falsche Gewissheiten
 
6. Woche: Selber bekennen (Lukas 12,8–12)
Ich sage euch aber: Wer mich bekennt vor den Menschen, den wird auch der Menschensohn bekennen vor den Engeln Gottes. Wer mich aber verleugnet vor den Menschen, der wird verleugnet werden vor den Engeln Gottes. Und wer ein Wort gegen den Menschensohn sagt, dem soll es vergeben werden; wer aber den Heiligen Geist lästert, dem soll es nicht vergeben werden.

Wenn sie euch aber führen werden in die Synagogen und vor die Machthaber und die Obrigkeit, so sorgt nicht, wie oder womit ihr euch verantworten oder was ihr sagen sollt; denn der Heilige Geist wird euch in dieser Stunde lehren, was ihr sagen sollt.

Liebe Mit- und Selbst-Denkerinnen und -Denker,

die vorletzte Woche der Passionszeit läuft bereits. Die Karwoche beginnt am kommenden Sonntag. Da passt es, dass uns in dieser Woche ein Text zum Selberdenken präsentiert wird, in dem Jesus das in den Blick nimmt, was nach ihm kommen wird. Wie wird es sein, wenn die Christen sich in der Welt zurechtfinden müssen? Es wird vor allem – daran lässt Jesus keinen Zweifel – darum gehen, ihn zu bekennen. Jesus schaut also deutlich über seinen eigenen Tod und seine Auferstehung hinaus in eine Zeit, in der sich bereits so etwas wie eine Kirche gebildet hat. „Wer sich zu mir bekennt, zu dem bekenne ich mich auch vor den Engeln Gottes“, sprich: am Jüngsten Tag. Es folgen weitere Ermahnungen und Anweisungen. Jesus gibt seinen Anhängern hier – erschrecken Sie bitte nur ein wenig – eine Anleitung zum Martyrium.
Das griechische Wort Martyria bedeutet nichts anderes als „Zeugnis“. Märtyrer sind „Zeugen“ ihres Glaubens. Und als solche Zeugen sollen die Christen nicht etwa andere Menschen zwingen, bekämpfen oder gar töten. Sie sollen vielmehr bereit sein, für ihre Sache einzustehen, sie sollen bekennen. Für die ersten Christinnen und Christen war das Bekennen eine ausgesprochen riskante Sache, darum ist es kein Wunder, dass wir im Lukasevangelium so klare Worte Jesu finden, die dazu auffordern, auf gar keinen Fall den Heiligen Geist zu lästern. Was Jesus damit meint, wird seit Jahrhunderten leidenschaftlich diskutiert. Ich kann mir vorstellen, dass er in diesem Zusammenhang meint: Der Geist wird den „Zeugen“ gegeben, damit sie – in welcher Situation auch immer – reden können, bekennen können. Nicht zu bekennen, nicht Zeugnis abzulegen für den eigenen Glauben, kommt darum einer Lästerung des Heiligen Geistes gleich. Jesu Anleitung zum Zeugesein zum „Martyrium“ lautet also: Vertraue darauf, dass du schon das Richtige sagen wirst, wenn du anderen – vielleicht sogar öffentlich – von mir erzählen sollst. Vertraue darauf und tu es!
Nehmen wir also einmal an, dass Jesus will, dass wir in jedem Fall den Mund aufmachen, wenn unser Glaube gefragt ist. Dann ergibt sich für diese Woche unsere Aufgabe fast von selbst. Fragen wir uns, wann unser Glaube gefragt ist. Wir werden ja wahrscheinlich nicht „in die Synagogen und vor die Machthaber und die Obrigkeit“ geführt werden, weil wir einen Glauben haben, der den Mächtigen nicht passt. In unserem Land bedeutet „Martyrium“ keineswegs, sich in Lebensgefahr zu begeben.
Stellen Sie sich also vielmehr eine Situation vor, in der Sie unter Menschen sind, die Ihren Glauben nicht teilen. Vielleicht sind sogar einige darunter, von denen Sie wissen, dass sie es eher lächerlich finden, wenn vom christlichen Glauben die Rede ist. Sind sogar solche darunter, die Ihren Glauben verachten und verletzende Bemerkungen machen könnten? Haben Sie solch eine Situation vor Augen? Sie müssen so etwas nicht direkt erlebt haben, stellen Sie es sich einfach vor, bevölkern Sie die Szene mit den entsprechenden Leuten.
Wenn Sie die Szene vor sich haben, können Sie sich nun die folgenden Fragen stellen:
Was ist es, das Sie an Ihrem Glauben so gut finden, dass es eigentlich andere hören sollten? Was ist zu gut an Ihrem Glauben, als dass Sie es für sich behalten könnten? Versuchen Sie wenigstens drei Dinge zu finden.

__________________________________  (Platz für Ihre Gedanken)

Was könnte geschehen, wenn Sie anderen davon erzählen, die Ihren Glauben nicht teilen? Ordnen Sie die Reaktionen danach, was Ihnen besonders arg vorkommt.

__________________________________  (Platz für Ihre Gedanken)
 

Und nun versuchen Sie abzuwägen: Welches Risiko sind Sie bereit einzugehen, damit Sie von dem Guten, das Sie durch Ihren Glauben haben, etwas abgeben können? Schreiben Sie das nicht auf. Es wäre zu sehr wie ein Vertrag, und solch einen möchte ich Sie nicht schließen lassen. Denken Sie nur einfach mal darüber nach. Es ist ja die Zeit zum Selberdenken: Was bin ich bereit zu tun, um zu bekennen? Was bin ich bereit einzustecken?
Wie immer gilt bei unseren Übungen. Gehen Sie vorsichtig mit sich selbst um. Sie dürfen Gott für jede Schwäche um Vergebung bitten, auch hier. Und Sie dürfen ihn für jede kleine Stärke darum bitten, dass sie größer werde.
Viele gute Gedanken wünscht Ihnen für diese Woche und darüber hinaus
Ihr Frank Muchlinsky


Frank Muchlinsky ist Pastor der Nordkirche. Er hat viele Jahre in der Erwachsenenbildung und in der Diakonie gearbeitet. Sein Schwerpunkt liegt darauf, Glaube und Theologie erfahrbar und verständlich zu machen. Das tut er in seinen Seminaren mit Erziehungsfachkräften an evangelischen Kitas ebenso wie mit der Methode des "Bibliologs", die er seit 1999 anwendet und lehrt. Seit 2012 arbeitet er bei evangelisch.de und betreut dort die Bereiche Glauben und Fragen.


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Freitag, 4. April 2014

5. Woche 2014: Sich selber prüfen (Johannes 8,1–9)

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Selber denken! Sieben Wochen ohne falsche Gewissheiten
5. Woche:  „Sich selber prüfen“ (Johannes 8,1–9)
Jesus aber ging zum Ölberg. Und frühmorgens kam er wieder in den Tempel, und alles Volk kam zu ihm, und er setzte sich und lehrte sie. Aber die Schriftgelehrten und Pharisäer brachten eine Frau, beim Ehebruch ergriffen, und stellten sie in die Mitte und sprachen zu ihm: Meister, diese Frau ist auf frischer Tat beim Ehebruch ergriffen worden. Mose aber hat uns im Gesetz geboten, solche Frauen zu steinigen. Was sagst du? Das sagten sie aber, ihn zu versuchen, damit sie ihn verklagen könnten.

Aber Jesus bückte sich und schrieb mit dem Finger auf die Erde. Als sie nun fortfuhren, ihn zu fragen, richtete er sich auf und sprach zu ihnen: Wer unter euch ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein auf sie. Und er bückte sich wieder und schrieb auf die Erde. Als sie aber das hörten, gingen sie weg, einer nach dem anderen, die Ältesten zuerst; und Jesus blieb allein mit der Frau, die in der Mitte stand.

Liebe Fastende und Selberdenkende!

Die fünfte Fastenwoche bricht an, und mit der voranrückenden Passionszeit werden auch unsere Gedankenübungen immer herausfordernder. „Sich selber prüfen“ ist die Aufgabe für diese Woche, und das ist eine Herausforderung, der sich die meisten Menschen nicht gern freiwillig stellen. Es klingt nach Therapie, Analyse oder „sich selber kleinmachen“. Wir bekommen für diese Wochenaufgabe natürlich wieder einen Bibeltext an die Hand, der uns beim „Selberprüfen“ helfen kann. Er ist vielen Menschen gut bekannt, vor allem dieser Spitzensatz von Jesus ist sprichwörtlich geworden: „Wer unter euch ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein.“ Bevor Jesus diesen Satz aber sagt, geschieht eine Menge. Beginnen wir also von vorn.
Die Szene spielt im Tempel in Jerusalem. Jesus ist schon früh am Tage dort und lehrt anscheinend eine sehr große Menge von Leuten. Dann wird er von einigen dieser Leute vor eine unmögliche Situation gestellt. Man schleppt eine Frau heran, die beim Ehebruch ertappt wurde. Man stellt die arme Person in die Mitte der Menge und verlangt von Jesus eine Bestätigung des Todesurteils, das bereits über sie gesprochen ist. Ja, die meisten der Umstehenden werden es wissen: Auf Ehebruch steht die Todesstrafe. Es steht so in Levitikus 20,10: Wenn jemand die Ehe bricht mit der Frau seines Nächsten, so sollen beide des Todes sterben, Ehebrecher und Ehebrecherin. Merkwürdigerweise scheint es in der Szene im Tempel niemanden zu stören, dass hier nicht beide Delinquenten angeschleppt werden, sondern lediglich die Frau. Die Situation ist für diese Frau mit Sicherheit unerträglich. Man möchte sich wünschen, dass Jesus sich sofort um sie kümmert und sie in Sicherheit bringt. Stattdessen reagiert er ausgesprochen merkwürdig. Er bückt sich und verweigert sich auf diese Weise vollständig irgendeiner Konfrontation. Erst als die anderen nicht lockerlassen, steht er auf und sagt diesen berühmten Satz: „Wer unter euch ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein.“
Das ist natürlich genau das, was das Motto dieser Woche beschreibt: eine Aufforderung, sich selbst zu prüfen. Aber Jesus ist selbst bei dieser Aufforderung ausgesprochen zurückhaltend und wenig konfrontativ. Er macht keine Vorwürfe. Er fragt die Leute nicht nach ihren Sünden. Vielmehr überlässt er es jedem Umstehenden, selbst etwas zu finden und daraus die Konsequenzen zu ziehen. Jesus verlangt keine öffentliche Beichte, sondern lediglich, dass alle mit sich selbst ehrlich umgehen. Und das, was sie an sich selbst entdecken sollen, ist zunächst nichts weiter, als dass sie gerade selbstgerecht handeln. Es geht nicht um die Sünden der einzelnen Leute in diesem Moment. Es geht nur darum zuzugeben, dass man sich hier über jemanden erhebt. Das ist die Selbsterkenntnis, die Jesus in diesem Moment von ihnen verlangt.
Nehmen wir also diese Chance wahr. Schauen wir nicht gleich auf all unsere Sünden, sondern auf diese eine: unsere Selbstgerechtigkeit. Für die Übung in dieser Woche bitte ich Sie also um Folgendes:
Machen Sie eine Liste von fünf Menschen, von denen Sie überzeugt sind, dass sie Schlimmes getan haben. Die fünf Personen sollten alle noch am Leben sein. Suchen Sie sich Menschen aus, die Sie möglichst persönlich kennen und von deren „Vergehen“ Sie wirklich überzeugt sind. Was diese Menschen getan haben, muss Sie nicht unbedingt selbst betreffen. Hier ist der Platz für Ihre fünf Kandidatinnen bzw. Kandidaten:

Nun ordnen Sie diese Personen mal nach der Schwere ihres Vergehens. Seien Sie ruhig subjektiv. Es ist ja Ihre Liste. Wessen Sünde am größten ist, der kommt ganz nach oben auf die Liste, die anderen folgen in der entsprechenden Reihenfolge.

Und nun folgt natürlich die Selbstprüfungsaufgabe. Fangen Sie mit dem 5. Namen an, und streichen Sie die Namen nacheinander durch, indem Sie bei jedem Namen laut diesen Satz sagen: „Wer von euch ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein.“
Dann fragen Sie sich: Wie schwer ist mir das gefallen? Wie gerecht bin ich diesen Menschen gegenüber? Wie selbstgerecht bin ich? Und schließlich: Bei welchem von diesen muss ich tatsächlich etwa tun, um ihn oder sie von meiner inneren Übeltäter-Liste zu streichen?
Ich wünsche Ihnen eine gute Selbsterkenntnis, und machen Sie es dabei, wie Jesus es vorschlägt: Verurteilen Sie sich auch nicht selbst für das, was Sie entdecken. Lassen Sie Ihren Stein fallen.
Eine gute Woche!
Ihr Frank Muchlinsky


Frank Muchlinsky ist Pastor der Nordkirche. Er hat viele Jahre in der Erwachsenenbildung und in der Diakonie gearbeitet. Sein Schwerpunkt liegt darauf, Glaube und Theologie erfahrbar und verständlich zu machen. Das tut er in seinen Seminaren mit Erziehungsfachkräften an evangelischen Kitas ebenso wie mit der Methode des "Bibliologs", die er seit 1999 anwendet und lehrt. Seit 2012 arbeitet er bei evangelisch.de und betreut dort die Bereiche Glauben und Fragen.

E-Mail: info@7-wochen-ohne.de
Internet: http://www.7wochenohne.de/
Geschäftsführer „7 Wochen Ohne“: Arnd Brummer
Projektkoordination: Frauke Grothe
Technische Realisation:  2007 - 2014: Agentur i-public

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Mittwoch, 26. März 2014

4. Selber denken! Sieben Wochen ohne falsche Gewissheiten

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4. Woche:  Selber handeln (Markus 2,23–28)
 
Und es begab sich, dass er am Sabbat durch ein Kornfeld ging, und seine Jünger fingen an, während sie gingen, Ähren auszuraufen. Und die Pharisäer sprachen zu ihm: Sieh doch! Warum tun deine Jünger am Sabbat, was nicht erlaubt ist?
Und er sprach zu ihnen: Habt ihr nie gelesen, was David tat, als er in Not war und ihn hungerte, ihn und die bei ihm waren: wie er ging in das Haus Gottes zur Zeit Abjatars, des Hohenpriesters, und aß die Schaubrote, die niemand essen darf als die Priester, und gab sie auch denen, die bei ihm waren?
Und er sprach zu ihnen: Der Sabbat ist um des Menschen willen gemacht und nicht der Mensch um des Sabbats willen. So ist der Menschensohn ein Herr auch über den Sabbat.

Werte Selberdenkerinnen, Selbersucher und Selberrednerinnen!
Guten Tag und herzlich willkommen zur vierten Fastenwoche! Diesmal also geht es ans Selberhandeln, und zum ersten Mal in dieser Saison begleitet uns Jesus persönlich durch die Gedanken. Aber zunächst begleiten wir ihn mit den Seinen an einem wahrscheinlich sonnendurchfluteten Sabbattag. Sie ziehen über die Felder, und auf einmal beginnen die Jünger, sich von den Halmen um sie herum Ähren abzureißen. Sie pulen oder reiben sich die Körner heraus und beginnen vermutlich, die Körner zu essen. Was wie eine hübsche und harmlose Urlaubsszene wirkt, stößt allerdings auf harsche Kritik seitens derer, die hier einen Verstoß sehen gegen das dritte beziehungsweise vierte Gebot (je nach Zählweise), das da sagt, man solle den Sabbat heiligen und also nicht an ihm arbeiten (Exodus 20,8 und Deuteronomium 5,12). Woher mit einem Mal die Pharisäer kommen, um die Idylle zu stören, erzählt Markus uns nicht. Dafür aber, dass Jesus eine schlagfertige Antwort parat hat: Schon König David habe Regeln gebrochen, als er Hunger hatte und Not litt. Und Jesus setzt noch zwei Merksätze hinzu: „Der Sabbat ist um des Menschen willen geschaffen, nicht der Mensch um des Sabbats willen.“ Und: „Der Menschensohn ist Herr auch über den Sabbat.“ Ende der Diskussion. Merke: Regeln sind so lange gut, bis es Wichtigeres gibt, nach dem man sich richten muss. Das klingt vernünftig und menschenfreundlich. Soll man denn verhungern, nur weil Sabbat ist? Natürlich nicht.
Und dennoch: Irgendwie stimmt der Vergleich, den Jesus da zieht, nicht vollständig. Als David die Schaubrote aus dem Tempel für sich und seine Begleiter bekam, war wirklich Not am Mann. Sie brauchten unbedingt etwas zu essen. Von den Jüngern in unserem Markustext wissen wir nicht, ob sie tatsächlich Hunger hatten. Sie gingen doch eben noch mit ihrem Meister durch das Kornfeld. Vielleicht hörten sie ihm zu und hatten mit einem Mal einfach Appetit. Vielleicht wollten sie lediglich ein bisschen was zu knabbern haben. Nun gut, in Jesu Reaktion klingt es so, als hätten sie es wirklich nötig gehabt, die Ähren abzureißen, aber das könnte er auch lediglich gesagt haben, um seine Leute zu verteidigen, oder auch damit er etwas Grundsätzliches über das Sabbatgebot sagen kann.
Wenn aber die Jünger lediglich – vielleicht gedankenverloren – angefangen haben zu naschen, dann dürfte man schon mal nachfragen, ob Jesus findet, dass auch in einem solchen Fall das Sabbatgebot nicht unbedingt gelte. Meint Jesus vielleicht, es gehe lediglich darum, es sich am Sabbat möglichst unbeschwert gutgehen zu lassen? Das kann ich mir wiederum auch nicht vorstellen. Ich denke, er geht davon aus, dass es eben gute Gründe für seine Jünger geben könnte, sich an die Arbeit mit den Ähren zu machen. Ob es Hunger oder Naschhaftigkeit ist, das wissen nur die Jünger selbst. Und durch die freundliche Verteidigung, die Jesus für sie vorträgt, haben sie die Chance, sich zu fragen, ob sie denn nun das Richtige getan haben oder nicht. Sie sind erst einmal auf der sicheren Seite.
„Selber handeln“ heißt es diese Woche. Das haben die Jünger getan. Sie haben einfach selber zugegriffen. Jesus gibt ihnen nun die Chance, nicht nur selber zu handeln, sondern auch selber nachzudenken über ihre Handlung. Die Schelte, die die Pharisäer gern gehabt hätten, bleibt aus – aber nicht unbedingt die Einsicht. Das soll der Ausgangspunkt für unsere Übung in dieser Woche sein.
Ich schlage vor, dass Sie sich eine Liste von fünf bis sechs Dingen machen, die Sie in der letzten Zeit getan haben und von denen Sie wissen, dass sie nicht unbedingt den Regeln entsprachen. Hier ist der Platz dafür:

Nun haben Sie die Chance, ohne dass Ihnen jemand Vorwürfe macht, nachzuprüfen, ob Ihre Gründe für diese Regelverstöße eher in die Kategorie Hunger oder in die Kategorie Naschhaftigkeit fallen. Mit anderen Worten: Schauen Sie bei jedem Regelverstoß genau hin, ob Sie finden, dass Sie einen Grund hatten, den Sie nun immer noch für ausreichend halten. Denken Sie daran: Sie sind allein, niemand schaut Ihnen über die Schulter. Sie können also ganz ehrlich mit sich selbst sein. Machen Sie hinter jeden Regelverstoß ein kleines "h" oder ein "a". "h" für Hunger oder "a" für Appetit.
Nun können Sie – wie vielleicht auch die Jünger bei der nächsten ähnlichen Gelegenheit – noch besser einschätzen, ob Sie selber handeln sollten oder lieber nicht.
Ich wünsche Ihnen eine sehr schöne vierte Fastenwoche!
Ihr Frank Muchlinsky
 

Frank Muchlinsky ist Pastor der Nordkirche. Er hat viele Jahre in der Erwachsenenbildung und in der Diakonie gearbeitet. Sein Schwerpunkt liegt darauf, Glaube und Theologie erfahrbar und verständlich zu machen. Das tut er in seinen Seminaren mit Erziehungsfachkräften an evangelischen Kitas ebenso wie mit der Methode des "Bibliologs", die er seit 1999 anwendet und lehrt. Seit 2012 arbeitet er bei evangelisch.de und betreut dort die Bereiche Glauben und Fragen.


Internet: http://www.7wochenohne.de/


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Donnerstag, 20. März 2014

Selber reden

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Selber denken! Sieben Wochen ohne falsche Gewissheiten
 
3. Woche:  „Selber reden“ (Hiob 13,1–13)

Siehe, das hat alles mein Auge gesehen und mein Ohr gehört, und ich hab's verstanden. Was ihr wisst, das weiß ich auch, und ich bin nicht geringer als ihr. Doch ich wollte gern zu dem Allmächtigen reden und wollte rechten mit Gott. Aber ihr seid Lügentüncher und seid alle unnütze Ärzte. Wollte Gott, dass ihr geschwiegen hättet, so wäret ihr weise geblieben. Hört doch, wie ich mich verantworte, und merkt auf die Streitsache, von der ich rede! Wollt ihr Gott verteidigen mit Unrecht und Trug für ihn reden? Wollt ihr für ihn Partei nehmen? Wollt ihr Gottes Sache vertreten? Wird's euch auch wohlgehen, wenn er euch verhören wird? Meint ihr, dass ihr ihn täuschen werdet, wie man einen Menschen täuscht? Er wird euch hart zurechtweisen, wenn ihr heimlich Partei ergreift. Werdet ihr euch nicht entsetzen, wenn er sich erhebt, und wird sein Schrecken nicht über euch fallen? Was ihr zu bedenken gebt, sind Sprüche aus Asche; eure Bollwerke werden zu Lehmhaufen. Schweigt still und lasst mich reden; es komme über mich, was da will.


Liebe Fastengemeinschaft!

Ich hoffe, dass Sie auch die zweite Woche über Freude beim Selbsttun hatten. Wir haben bereits selbst gedacht und selbst gesucht, ab nun sollen wir auch noch selbst reden. Wieder bekommen wir ein biblisches Vorbild dafür, und diesmal ist es Hiob. Eine gute Wahl, wenn ich so sagen darf, denn Hiob macht wie kaum jemand sonst den Mund auf. Er hat allen Grund dazu, schließlich tun Gott und Satan in einem ungewöhnlichen Bündnis ihm die schlimmsten Dinge an. In einem „Menschenexperiment“ wollen sie schauen, wie weit man es treiben muss, bis ein frommer Mensch seinem Gott abschwört. Hiob wird sein Hab und Gut genommen, seine Familie und schließlich seine Gesundheit. Doch Hiob wendet sich nicht von Gott ab, sondern er wendet sich gegen ihn. Er will mit seinem Peiniger ins Gericht gehen.

Als seine Freunde von Hiobs entsetzlichem Unglück erfahren, kommen sie ihn besuchen. Als sie das Häuflein Elend sehen, das einmal ihr Freund war, setzen sie sich zu ihm auf die Erde, und zunächst reden sie kein Wort. Sieben Tage und Nächte lang sitzen sie einfach da. Dann beginnt Hiob zu reden. Er verflucht sein ganzes Leben, das ihm nur Qual ist. Und dann beginnt das lange Gespräch. Die Freunde können anscheinend nicht ertragen, dass Hiob einerseits so leidet und andererseits so redet. Nacheinander sprechen sie Hiob an und er antwortet ihnen jeweils. Spannend für unser Motto „Selber reden“ ist dabei, dass sie beginnen, sich über das Reden des anderen zu ereifern. Ich habe für Sie mal Sätze aus den Reden zusammengestellt, in denen es um das Schweigen und das Reden geht und die bis zu dem Punkt führen, an dem unser Wochentext steht.

Zuerst spricht Elifas, und seine ersten Worte sind eine glatte Unterstellung: „Du hast's vielleicht nicht gern, wenn man versucht, mit dir zu reden; aber Worte zurückhalten, wer kann's?“ (Hiob 4,2) Als Hiob antwortet, geht er noch nicht direkt darauf ein. Er klagt weiter sein Schicksal, doch sagt er: „Belehrt mich, so will ich schweigen.“ (6,24) Sein Freund Bildad will ihm dann tatsächlich den Mund verbieten. Er fährt ihn an: „Wie lange willst du so reden und sollen die Reden deines Mundes so ungestüm daherfahren?“ (8,2) Hiob nimmt das noch hin, doch er will reden, unbedingt reden will er. Er ruft aus: „Dass es doch zwischen uns einen Schiedsmann gäbe, der seine Hand auf uns beide legte! Dass er seine Rute von mir nehme und mich nicht mehr ängstige! So wollte ich reden und mich nicht vor ihm fürchten, denn ich bin mir keiner Schuld bewusst.“ (9,33–35) Das ist nun zu viel für Zofar. Es entfährt ihm: „Muss langes Gerede ohne Antwort bleiben? Muss denn ein Schwätzer immer recht haben? Müssen Männer zu deinem leeren Gerede schweigen?“ (11,2–3) Nun wird Hiob ironisch: „Ja, ihr seid die Leute, mit euch wird die Weisheit sterben!“ (12,2)

So ist die Stimmung, als Hiob die Sätze sagt, die uns für diese Woche Mut machen sollen, „selbst zu reden“. Wäre es nicht besser gewesen, die vier Männer hätten einfach weiter geschwiegen, wie sie es sieben Tage lang getan haben? Hätten nicht wenigstens die Freunde den Mund halten können, anstatt zu versuchen, Hiob zu erklären, warum er leiden muss? Hätten sie nicht einfach mit aushalten können? Und wenn sie schon reden, warum nur wollen Sie einander zum Schweigen bringen? Hiob hat zunächst durchaus meine Sympathie, denn schließlich will er sich nicht anhören, er sei selbst schuld an seinem Leid. Es ist, als würde man einem Krebskranken ständig etwas von Psychosomatik erzählen. Aber er mutet mit seinen unbarmherzigen Worten seinen Freunden eine Menge zu. Wie soll ich es aushalten, wenn ein geliebter Mensch den Tag seiner Geburt immer wieder verflucht? Hätten Sie nun reden oder schweigen sollen? Ich schlage Ihnen wieder zwei kleine Gedankenübungen vor.

Die erste Übung „Wenn du geredet hättest“
Erinnern Sie sich an eine Situation, in der Sie geschwiegen haben, obwohl Sie etwas hätten sagen können. Was war der Anlass? Wer war mit dabei? Was war es, das Sie hätten sagen können? Wie groß war der Drang in Ihnen, etwas zu sagen? Warum haben Sie geschwiegen? Wenn Sie sich an die Situation wieder gut erinnern können, kommt nun die Frage zum Selberdenken:
Was wäre wohl geschehen, wenn Sie geredet hätten?


Die zweite Übung "Wenn du geschwiegen hättest"
Suchen Sie in Ihrer Erinnerung nach einer Situation, in der Sie sehr wohl selbst geredet haben. Sie haben Ihren Mund aufgemacht und gesagt, was Sie denken. Was war der Anlass? Wem gegenüber haben Sie geredet? Was war es, das Sie sagten? Wie haben Sie es gesagt? Wie ging es Ihnen dabei?
Haben Sie die Situation? Dann denken Sie selber weiter und fragen Sie sich:
Was wäre wohl passiert, wenn ich geschwiegen hätte?


Vielleicht verstehen wir Hiob und seine Freunde nun ein wenig besser. Ich empfehle Ihnen für die kommende Woche, dass Sie sich dieses Buch einmal vorknöpfen und ganz lesen. Hiob selbst schweigt übrigens am Ende gegenüber Gott. Warum? Nun, darüber haben sich schon so viele Generationen die Köpfe heiß geredet, dass wir es für diese Woche lieber mit den Reden der Freunde belassen sollten. Aber glauben Sie nicht, dass ich Ihnen den Mund verbieten möchte.

Ich wünsche Ihnen, dass Sie in dieser Woche Reden und Schweigen gut mischen können und vor allem, dass Sie selbst sehr bewusst entscheiden können, wann Sie was davon tun.
Alles Gute!

Ihr Frank Muchlinsky
 

Frank Muchlinsky ist Pastor der Nordkirche. Er hat viele Jahre in der Erwachsenenbildung und in der Diakonie gearbeitet. Sein Schwerpunkt liegt darauf, Glaube und Theologie erfahrbar und verständlich zu machen. Das tut er in seinen Seminaren mit Erziehungsfachkräften an evangelischen Kitas ebenso wie mit der Methode des "Bibliologs", die er seit 1999 anwendet und lehrt. Seit 2012 arbeitet er bei evangelisch.de und betreut dort die Bereiche Glauben und Fragen.

  



Internet: http://www.7wochenohne.de/

 

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Mittwoch, 12. März 2014

2. Fastenmail - Ohne falsche Gewissheiten

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Selber denken! Sieben Wochen ohne falsche Gewissheiten
2. Woche:  Selber suchen (Philipper 3,12-14)
„Nicht, dass ich`s schon ergriffen habe oder schon vollkommen sei; ich jage ihm aber nach, ob ich's wohl ergreifen könnte, weil ich von Christus Jesus ergriffen bin. Meine Brüder, ich schätze mich selbst noch nicht so ein, dass ich's ergriffen habe. Eins aber sage ich: Ich vergesse, was dahinten ist, und strecke mich aus nach dem, was da vorne ist, und jage nach dem vorgesteckten Ziel, dem Siegespreis der himmlischen Berufung Gottes in Christus Jesus.“
Werte Fastengemeinde!
Ich hoffe, dass Sie eine gute erste Fastenwoche hinter sich haben und dass Sie Lust haben, in der kommenden Woche ähnliche kleine Übungen zu machen wie beim Selberdenken. Dieses Mal sollen wir selber suchen und begleiten wird uns wieder Paulus. Paulus ist nicht Vordenker gewesen, sondern sicherlich auch Pfadfinder, darum will ich ihn wieder mit Vorsicht genießen. Schließlich soll ich selber suchen.
Paulus jagt. Ja, das kann man sich gut vorstellen. Ich habe häufig das Bild eines Paulus vor Augen, der mit wehendem Gewand von Antiochia nach Tarsus jagt, kurz die Gemeinde auf den rechten Stand bringt, um dann weiterzurasen nach Ankyra. Vermutlich stimmt das so gar nicht, man kann nur den Eindruck bekommen, weil er so eine enorme Reisetätigkeit und Korrespondenz hinlegte. Aber in diesem Abschnitt aus dem Brief an die Philipper geht es nicht um Reisen zum nächsten Ort, sondern es geht um die Jagd nach dem „vorgesteckten Ziel, dem Siegespreis“. Er hat ihn nicht, kriegt ihn einfach nicht zu fassen, hat ihn aber anscheinend vor Augen. Und dann geht er darauf los: „Eins sag ich euch, ich gucke nur noch nach vorne.“ Man möchte „Vorsicht vor dem Tunnelblick!“ rufen. Aber Paulus ist sich anscheinend immerhin sicher, wo er hinwill.
Wenn wir also mit Paulus und dennoch selbst suchen sollen, dann geht es weniger darum, das Ziel zu finden, sondern vielleicht mehr darum, dass man eben nicht aufhört, dem Ziel nachzujagen. Es geht auch darum zu schauen, wie man dorthin gelangt.
Also möchte ich Ihnen und mir erlauben, an dieser Stelle eine kleine Übung zu Zielen und Wegen zu machen. Ich hoffe, dass Sie, wenn Sie dies hier lesen, entweder einen Blick nach draußen haben oder sogar selbst gerade draußen sind.
Schritt 1 – Das Ziel finden
Strecken Sie Ihren stärkeren Arm gerade vor sich aus und machen Sie aus Ihrer Hand eine Faust, wobei der Daumen nach oben zeigt.
Peilen Sie nun ein beliebiges Ziel über Ihren Daumen an. Bewegen Sie den Arm ruhig ein wenig länger und schauen Sie einmal, was alles über Ihrer Daumenspitze erscheint. Dann entscheiden Sie sich für das Ziel, nehmen den Daumen herunter und schauen weiter zu diesem Ort hin.

Schritt 2 – Die Entfernung schätzen
Wie groß ist der Abstand von Ihrem Auge bis zu dem Ziel, das Sie gerade gewählt haben? Sie brauchen es nicht genau zu wissen, schätzen Sie einfach.

Schritt 3 – Den Weg dorthin vermuten
Stellen Sie sich vor, dass Sie tatsächlich zu dem Ort gelangen wollen, den Sie da angepeilt haben. Was müssten Sie alles dafür tun? Vermutlich zunächst aufstehen. Müssen Sie sich etwas anziehen, weil es draußen kalt ist? Was müssen Sie alles mitnehmen? Ihren Wohnungsschlüssel? Wie kommen Sie von dem Zimmer, in dem Sie gerade sind, zur Wohnungstür? Wie geht es danach weiter? Gehen Sie in Gedanken den Weg bis zu Ihrem Ziel. Vermutlich werden Sie Umwege machen müssen, um dorthin zu gelangen. Müssen Sie Straßen überqueren? Treppen steigen? Welche Türen müssen Sie öffnen?

Schritt 4 – Tatsächlich hingehen
Stehen Sie auf und gehen Sie tatsächlich zu dem Ziel, das Sie sich ausgesucht haben. Zögern Sie? Geht Ihnen diese Übung nun zu weit? Wird Ihnen plötzlich bewusst, dass Sie da gar nicht hinkommen können, weil es sicherlich Türen gibt, die Ihnen den Weg versperren? Oder hatten Sie sich auf eine Lektüre und nicht auf einen Ausflug eingestellt? Jeder Grund zählt und wird sofort akzeptiert. Oder gehen Sie einfach?

Damit ist die kleine Übung zu Ende.

Da das große Motto der Fastenaktion in diesem Jahr lautet: Selber denken – 7 Wochen ohne falsche Gewissheiten, überlasse ich Ihnen die Schlüsse, die Sie aus diesem Experiment ziehen wollen, gebe Ihnen aber gern noch einen weiteren Gedankenanstoß:
Wenn ich den Text für diese Woche auch über seine vorgeschlagenen Ränder hinaus lese, scheint mir recht klar, wohin Paulus will, was sein Ziel ist, dem er nachjagt: Paulus will schlichtweg in den Himmel, er will zu Gott.
Und nun kommen Sie.

Alles Gute für diese Woche und Gottes Segen!
Ihr Frank Muchlinsky

Frank Muchlinsky ist Pastor der Nordkirche. Er hat viele Jahre in der Erwachsenenbildung und in der Diakonie gearbeitet. Sein Schwerpunkt liegt darauf, Glaube und Theologie erfahrbar und verständlich zu machen. Das tut er in seinen Seminaren mit Erziehungsfachkräften an evangelischen Kitas ebenso wie mit der Methode des "Bibliologs", die er seit 1999 anwendet und lehrt. Seit 2012 arbeitet er bei evangelisch.de und betreut dort die Bereiche Glauben und Fragen.

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1. Fastenmail - Selber denken



Selber denken! Sieben Wochen ohne falsche Gewissheiten
1. Woche:  Selber denken (Epheser 5,6–11)
„Lasst euch von niemandem verführen mit leeren Worten; denn um dieser Dinge willen kommt der Zorn Gottes über die, die Gott nicht gehorchen. Darum habt nichts mit ihnen gemein. Denn ihr wart früher Finsternis; nun aber seid ihr Licht im Herrn. Lebt als Kinder des Lichts; die Frucht des Lichts ist allerlei Gütigkeit und Gerechtigkeit und Wahrheit. Prüft, was dem Herrn wohlgefällig ist, und habt keine Gemeinschaft mit den unfruchtbaren Werken der Finsternis; deckt sie vielmehr auf.“

Verehrte Freunde des geistreichen Fastens,
willkommen in der Zeit nach der Zeit der fröhlichen Besinnungslosigkeit. Willkommen in der Phase des freiwilligen Nachdenkens. In diesem Jahr wird uns vorgeschlagen, dass wir in der Passionszeit vermeintlich Sicheres über Bord werfen. "Sieben Wochen ohne falsche Gewissheiten" lautet das Motto. Und gleich in der ersten Woche werden wir aufgefordert: Selber denken! Dazu gibt es einen Text von Paulus. Es ist nicht ganz leicht, wenn man angesichts eines Textes von einer solchen Autoritätsperson wie Paulus zum Selberdenken aufgefordert wird. Paulus gibt mir häufig das Gefühl, dass ich ihm das Denken überlassen kann. Das ist auch bei dem Text für diese Woche zunächst nicht anders. Fünf Imperative in solch einem kleinen Text machen deutlich, dass Paulus weiß, wo es langgeht. Mein Denken ist weniger gefragt als mein Handeln nach seinen Anweisungen. Also, Paulus, was hast Du uns zum Selberdenken zu sagen? Du warnst uns davor, dass uns Menschen mit leeren Worten verführen wollen. Danke für die Warnung. Leider bleibt Paulus unkonkret. Wer sind die, die uns verführen wollen mit leeren Worten? Wer sind die, deren "Mitgenossen" wir nicht werden sollen?

Aha! Ich beginne zu verstehen. Wir sollen ja selber denken. Nun gut. Fragen wir uns das also tatsächlich selbst, fragen Sie sich mal ganz konkret:

Wem möchten Sie nicht auf den Leim gehen?
Wessen Worte sind leer, aber trotzdem so verführerisch, dass Sie tatsächlich Gefahr laufen, deren Mitgenosse zu werden? Fällt Ihnen jemand ein? Eine bestimmte Partei oder Gruppierung? Ein vermeintlicher Freund? Eine Werbung? Eine Pastorin oder ein Pfarrer? Wer verspricht Ihnen etwas, was Sie wirklich reizt, und kann es nicht halten?

Was kommt dann als Anregung des Apostels zum Selberdenken? Puh, ein Abschnitt mit lauter ganz großen Begriffen: Finsternis, Licht, Güte, Gerechtigkeit, Wahrheit. Schwierig, aber wir wollen ja selber denken. Also alles schön der Reihe nach: "Ihr wart früher Finsternis; nun aber seid ihr Licht in dem Herrn."

Wann waren Sie Finsternis und sind nun Licht in dem Herrn?
In welchen Situationen würden Sie sich rückblickend als finster beschreiben? Was hat dazu geführt, dass Sie licht wurden? Fühlen Sie sich heute als Licht? Und welche Rolle spielt Gott dabei, wie Sie sich selbst einschätzen? Sind Sie einfach so Licht? Oder Licht "im Herrn"?

"Die Frucht des Lichts ist lauter Güte und Gerechtigkeit und Wahrheit." Das sind schöne Worte. Wenn wir Licht sind, bringen wir also Güte, Gerechtigkeit und Wahrheit hervor. Das sind drei begriffe, über die sich vortrefflich (und länger als eine Woche lang) selbst nachdenken lässt. Machen wir mal einen Anfang:
Wie stellen Sie sich das vor, wenn aus Ihnen Güte hervorgeht?
Wie sieht es aus, wenn Sie Gerechtigkeit hervorbringen?
Was geschieht, wenn Ihre Frucht Wahrheit ist?

"Prüft, was dem Herrn wohlgefällig ist, und habt nicht Gemeinschaft mit den unfruchtbaren Werken der Finsternis; deckt sie vielmehr auf." O, das klingt mal spannend. Paulus fordert uns auf aufzudecken, wenn uns etwas als "Werk der Finsternis" erscheint.

Was haben Sie als Werk der Finsternis erkannt, aber bislang noch nicht aufgedeckt?
An welchen Stellen ist Ihnen unbehaglich, aber Sie beißen die Zähne zusammen, weil Sie die Reaktionen fürchten? Welche Skandale haben Sie erkannt, aber bislang immer nur mit Ihren Freunden oder am Stammtisch besprochen? Wo wird Ihnen schlecht, aber Sie schlucken weiter runter? Wo hätten Sie gern mal den Mut zu schreien? Wo eben keine Güte ist? Wo eben keine Gerechtigkeit herrscht? Wo eben nicht die Wahrheit herrscht?

Ich wünsche Ihnen einen guten Start in die Fastenzeit! Und danke, Paulus, für die Anregungen!
Ihr Frank Muchlinsky

Frank Muchlinsky ist Pastor der Nordkirche. Er hat viele Jahre in der Erwachsenenbildung und in der Diakonie gearbeitet. Sein Schwerpunkt liegt darauf, Glaube und Theologie erfahrbar und verständlich zu machen. Das tut er in seinen Seminaren mit Erziehungsfachkräften an evangelischen Kitas ebenso wie mit der Methode des "Bibliologs", die er seit 1999 anwendet und lehrt. Seit 2012 arbeitet er bei evangelisch.de und betreut dort die Bereiche Glauben und Fragen.
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evangelisch.de

Mittwoch, 27. März 2013

7 Woche ohne - Fastenmail

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27.03.2013 - 09:58 - 7 Wochen Ohne Fastenmail
Riskier was, Mensch! Sieben Wochen ohne Vorsicht
7. Woche: Verletzungen riskieren – und dem anderen als Kind Gottes begegnen
Die Bergpredigt – Vom Vergelten (Matthäus 5,38–45)
Liebe Fastengemeinde,
haben Sie etwas riskieren können in den vergangenen Wochen? Das Angebot war vielfältig: Mitgefühl, Begegnung, Neues, Widerspruch, Niederlagen und selbst das Unmögliche standen auf dem Speiseplan von 7 Wochen Ohne. Heute nun, zwei Tage vor Karfreitag, dem Höhepunkt der Fastenzeit, erreicht auch die Mut-mach-Aktion ihren Höhepunkt. Wenn man recht bedenkt, tauchen im Text für diese Woche sämtliche Aufforderungen zur Risikobereitschaft wieder auf. Man könnte meinen, diese Woche sollen wir alle sechs vorherigen Wagnisse auf einmal eingehen – quasi zum krönenden Abschluss. Schauen Sie einmal, wie sich die Überschriften der letzten Wochen wiederfinden lassen im heutigen Text:
Erste Woche: Mitgefühl riskieren – ohne Angst vor Umwegen
Jesus verlangt in der Bergpredigt eine Menge Mitgefühl. In diesem Fall: Fühle, was derjenige fühlt, der etwas von dir will, der dich vielleicht sogar bedrängt, um es zu bekommen. Riskiere Mitgefühl!
Zweite Woche: Begegnung riskieren – ohne Vorbehalte
Halt auch die andere Wange hin! Sieh dem Menschen in die Augen, der dich auf die Wange schlägt. Begegne ihm mit deinem Blick, selbst wenn dir die Tränen kommen. Zeig ihm, dass du da bist, und schau nicht weg. Riskiere sogar diese Begegnung!
Dritte Woche: Neues riskieren – ohne Blick zurück
Du kennst einen Menschen vielleicht als deinen Feind. So hast du ihn erfahren. Er hat dir Leid zugefügt. Nun schau ihn anders an. Sieh, dass er genauso ist wie du: ein Kind Gottes. Riskiere Neues – einen neuen Blick auf deinen Feind!
Vierte Woche: Widerspruch riskieren – ohne Blatt vor dem Mund
Glaube nicht, dass du stumm bist, wenn du deinem Peiniger in die Augen siehst, während er dich schlägt. Du zeigst, dass du ein Mensch bist, dass du ihn anders anzusehen bereit bist. Du widersprichst der Logik der Gewalt.
Fünfte Woche: Niederlagen riskieren – ohne schützende Rüstung
Der andere darf sich als Sieger fühlen. Gib ihm gleich doppelt so viel, wie er von dir verlangt. Mach ihn zum Gewinner. Er braucht das. Riskiere du die Niederlage!
Sechste Woche: Das Unmögliche riskieren – ohne dem Zweifel zu erliegen
Liebe deinen Feind! Das scheint die wohl unmöglichste aller Forderungen zu sein, die Jesus hier aufstellt. Aber auch das sollen wir riskieren.
So unmöglich sich diese Aufforderung Jesu auch anhört, sie ist doch gleichzeitig der Hinweis darauf, wie wir all diese Wagnisse eingehen können, denn Jesus sagt noch mehr: „Ihr seid Kinder eures Vaters im Himmel“, und der „lässt seine Sonne aufgehen über Böse und Gute und lässt regnen über Gerechte und Ungerechte.“ Was Gott den Menschen schenkt, schenkt er allen. Von denen, die an ihn glauben, verlangt Gott, dass sie sich dadurch als seine Kinder erweisen, dass sie das erkennen und entsprechend handeln. Sieh, dass dein Gegenüber von Gott ganz genauso gewollt ist wie du. Sieh selbst in dem, der dir Unrecht antut, denjenigen, den Gott ganz genauso liebt wie dich.
Sie müssen Ihre Feinde nicht mögen, Sie müssen Ihre Gegner weder nett finden noch ihre Taten gutheißen. Was Jesus verlangt, ist, dass wir mit demselben Blick auf sie schauen wie Gott selbst: Sie sind allesamt – wie wir selbst – geliebte Kinder Gottes. Das kann eine gute Aufgabe für die letzten Tage der Passionszeit sein: Üben wir diesen Blick. Versuchen wir zu lieben, wen wir nicht mögen. Der Anspruch ist hoch, aber der Gewinn ist es auch. Es könnte Frieden werden.
 
Ich wünsche Ihnen gute restliche Fastentage und dann ein gesegnetes Osterfest!

 Ihr Frank Muchlinsky
 
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