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Freitag, 15. Juli 2011

Lebensfragen

In meiner Umgebung treffe ich immer mehr Leute, die aggressiv auf die Frage nach Gott reagieren. Sie beziehen sich auf die Bücher von Richard Dawkins, der Religion ablehnt, weil sie die Ursache aller menschlichen Konflikte und Kriege sei. Ich fühle mich oft hilflos in der Diskussion mit diesen Menschen, obwohl ich sonst ganz gut mit ihnen auskomme. Wie soll ich darauf reagieren?

Wenn jemand so aggressiv reagiert, dann zeigt er, dass Gott noch eine Bedeutung für ihn hat. Seine Aggression ist vielleicht ein Zeichen dafür, dass er wütend auf Gott ist, weil sein Leben nicht so ist, wie er es erwartet hat. Er gibt ihm die Schuld dafür, dass sein Leben nicht gelingt. Dann ist die Aggression gegen Gott eigentlich eine Aggression auf sich selber. Ich würde dann nicht gleich über Gott mit ihm sprechen, sondern fragen, was er sich denn vom Leben erwartet habe und wer denn wirklich schuld sei, dass es nicht so gelaufen ist. Und ich würde ihn fragen, was er selber ändern könne. Vielleicht ist er auch wütend, weil er in seiner Kindheit mit Bildern eines strafenden und alles beobachtenden und kontrollierenden Gottes verletzt worden ist. Dann würde ich ihm sagen, er solle sich von den Gottesbildern seiner Eltern und seiner Kindheit lösen. Er soll sich fragen: Woran glaube ich eigentlich? Worauf setze ich meine Hoffnung? Was gibt mir Halt? Wonach sehne ich mich? Wenn er überhaupt nicht offen ist, würde ich mich selber schützen. Denn dann wird er immer nur nach neuen Argumenten gegen Gott suchen und versuchen, Sie zu verletzen. Das ist dann gleichsam die Rache gegen Gott, der ihm nicht das gegeben hat, was er sich erwartet hat. Im übrigen können Sie auch mit Humor reagieren: Es gäbe keine Atheisten, wenn es Gott nicht gäbe. Dann bräuchte ihn auch niemand zu leugnen.





Der Engel des Lächelns

Von Anselm Grün

Er kommt, wenn wir es am wenigsten erwarten. Er verwandelt Ungeduld, Ärger, Unmut. Der Engel des Lächelns ist ein Engel, der uns in Berührung bringt mit uns selbst.

Lächeln verwandelt

Ich unterbreche meine nächtliche Fahrt und gehe in eine Raststätte an der Autobahn, um einen Cappuccino zu trinken. Ich bin müde und muss noch zwei Stunden nach Hause fahren, bis ich dann weit nach Mitternacht in meinem Kloster ankomme. Ich möchte möglichst schnell meinen Cappuccino kaufen und ihn mit ins Auto nehmen. Doch vor mir sind ein paar Leute an der Kasse, die umständlich sind und erst in allerlei Taschen kramen. Ich spüre die Ungeduld in mir. Doch als ich dann schließlich an die Reihe komme, lächelt mich die Frau an der Kasse an. Das Lächeln verwandelt alle Ungeduld. Jetzt geschieht Begegnung. Ich begegne einer Frau, die mitten im Trubel des Geschäftes und am Ende eines sicher auch für sie langen Tages ihre Kunden anlächelt. Sie erscheint mir wie ein Engel.

Wie von selbst

Solche Engel des Lächelns bräuchten wir öfter, gerade dann, wenn wir ungeduldig sind und nervös werden, wenn innerlich in uns etwas zu brodeln anfängt und wenn unsere Mienen sich verfinstern. Der Engel des Lächelns verzichtet auf einen erhobenen Zeigefinger, er mahnt uns nicht, unsere finstere Miene aufzuhellen. Indem er uns einfach anlächelt, verwandelt sich unser Blick wie von selbst. Da können wir nicht mehr so grimmig drein schauen. Da gehen die Mundwinkel nach oben. Und auch in unserer Seele löst sich etwas und das lässt unser Gesicht anders erscheinen. Ich wünsche Ihnen immer dann, wenn Sie mit sich selbst unzufrieden, ungeduldig, hart sind, einen Engel des Lächelns, der gar nichts von Ihnen will, sondern Sie einfach nur anlächelt. Das verwandelt diesen Augenblick. Sie kommen wieder mit sich selbst in Berührung und Sie werden aus dem Ärger herausgeführt. Und deshalb werden Sie auch fähig, nun selber zu lächeln und für andere zum Engel des Lächelns zu werden.

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Dieser Text ist entnommen aus "einfach leben - Juni/Juli, Nr. 6/2011".

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