Zwangsabgabe auf Sparguthaben
kommt auch für kleine Sparer
Deutsche Sparer werden sich schon bald überlegen müssen, ob sie ihr Geld
weiter auf der Bank liegen lassen. Die Anzeichen mehren sich, dass auch
die Guthaben der kleinen Sparer in Kürze mit einer Zwangsabgabe belegt
werden.
Die deutschen Sparer müssen sich auf eine Zwangsabgabe auf ihre Sparguthaben
einstellen. Ein Kenner der Banken-Szene, Martin Hellmich von der
Frankfurt School of Finance and Management, sagte der FT, dass negative
Zinsen für private Kunden in Deutschland „definitiv kommen werden“.
Hellmich: „Einige Banken analysieren bereits ihre Beziehungen zu
unprofitablen Kunden, um ihre Sparguthaben loszuwerden. Banken, die das
nicht tun können, werden andere Maßnahmen ergreifen müssen, werden dazu
übergehen, die Negativ-Zinsen auf ihre Kunden abzuwälzen. Dies wird
schrittweise auch die kleineren Kunden erfassen.“
Welche Banken das betreffen wird ist unklar. Es ist zu erwarten, dass es nicht bei Einzelfällen bleiben wird.
Die Sparkassen kämpfen seit jeher gegen die EZB-Geldpolitik und
wollen um jeden Preis verhindern, dass sie zu derart drastischen
Maßnahmen wie einer Zwangsabgabe greifen missen. Der Präsident des
Sparkassen- und Giroverbands, Georg Fahrenschon, sagte der FT
allerdings, dass er „nicht ausschließen könne, dass die
Betriebswirtschaft irgendwann eine andere Entscheidung erfordere“.
Bisher gibt es das Modell der Negativzinsen in Deutschland nur am Tegernsee und bei der Skatbank in Thüringen.
Fahrenschon sagte der FT – wie unabhängig von ihm Hellmich – , dass
die aktuelle EZB-Politik die Sparkassen in ein echtes Dilemma stürze:
„Wir sind in der Situation, dass wir über jeden Kunden glücklich sind.
Aber eigentlich müssten wir sie mit ihren Depots wegen der Negativzinsen
der EZB wegschicken. Das passt jedoch nicht zu unserem
Selbstverständnis.“
In einem Statement bei der IWF-Tagung sagte Fahrenschon, „dass durch
zu billiges Geld der Handlungsdruck von der europäischen Wirtschafts-
und Finanzpolitik genommen werde, die notwendigen Strukturreormen
umzusetzen.
Die europäischen Kredit- und Kapitalmärkte funktionierten
nicht mehr ausreichend, weil Liquiditätsverzicht und Risikoübernahme
nicht mehr honoriert würden. Und gerade Bevölkerungsgruppen mit
geringeren Vermögen würden durch Zinsausfälle besonders getroffen, weil
sie nicht ohne Weiteres auf Kapitalmärkte ausweichen könnten. Von der
Schwemme billigsten Geldes profitierten nur zu hoch verschuldete Staaten
und Investoren, die in hohe Risiken investieren könnten.“
Derzeit gibt es nach Feststellung von Fahrenschon ein Ungleichgewicht
zwischen den globalen Ersparnissen auf der einen und den globalen
Investitionsmöglichkeiten auf der anderen Seite. Das mache einen
Ausstieg aus der falschen Geldpolitik schwer.
Es sei aber falsch, die Sparer für dieses Ungleichgewicht
verantwortlich zu machen. Sie handelten vernünftig, wenn sie angesichts
sprunghaft steigender Lebenserwartungen die eigene Altersvorsorge
ausbauten und fehlende Zinsen durch erhöhte Sparanstrengungen
kompensierten.
Der Ökonom Kenneth Rogoff hatte kürzlich einen Vorgeschmack über die Höhe der Negativ-Zinsen gegeben: Er hält im Fall einer Finanzkrise minus 6 Prozent für denkbar. Damit liegt er noch etwas unter den bekannten Vorschlägen des IWF, der sich für eine Vermögensabgabe von 10 Prozent ausgesprochen hatte. Allerdings wollte der IWF eine einmalige Abgabe, während die Zwangsabgabe zum Dauerzustand wird.
Über den Mindestzeitraum der Maßnahme gab EZB-Chef Mario Draghi
Auskunft: Die Euro-Zone wird nach Einschätzung von EZB-Präsident Mario Draghi bis
spätestens Anfang 2019 ihr Inflationsziel von fast zwei Prozent
erreichen. Bereits Ende dieses Jahres werde sich die Teuerung
beschleunigen, im Laufe des nächsten Jahres dann über ein Prozent
hinausgehen und Ende 2018 oder Anfang 2019 an die Zielmarke von knapp
zwei Prozent herankommen, sagte Draghi zum Abschluss der Jahrestagung des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Weltbank am Samstag in Washington.
Unklar ist, wann und in welchem Ausmaß das von vielen Seiten
geforderte Bargeld-Verbot kommen wird. Es ist im Grund die
Voraussetzung, um die Negativzinsen auch wirklich durchzusetzen. Bis
sich hier eine klare Gefechtslage abzeichnet, dürften es die deutschen
Sparer schon bald den griechischen Sparern gleichtun und auf die
Matratze als bewährtes Aufbewahrungsmittel zurückgreifen.
Deutsche Wirtschafts Nachrichten
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