Plant die EU-Kommission eine neue Online-Stasi?
Die Europäische Kommission, das nicht gewählte Verwaltungsorgan der
EU, hat Ende Mai in Zusammenarbeit mit den großen sozialen Netzwerken
(Twitter, Facebook und Co.) einen Verhaltenskodex („code of conduct“)
vorgestellt, der die Verbreitung von „illegaler Online-Haßrede“
(„illegal hate speech online“) in Europa bekämpfen soll.
Die bislang lediglich auf englisch verfügbaren EU-Online-Verhaltensregeln verlangen unter anderem, daß „offensives“ Material innerhalb von 24 Stunden aus dem Internet entfernt werden muß.
Bei seinem Kampf um Politische Korrektheit, bei dem man sich auch auf die Wünsche der mächtigsten Frau der Europäischen Union stützen kann,
verläßt man sich zuallererst auf die bekannten IT-Unternehmen wie etwa
Facebook oder Microsoft, die bei der „Bekämpfung der Verbreitung von
illegaler Online-Haßrede die Führung übernehmen sollen“.
Eine Art der Paralleljustiz
Allerdings soll die Überwachung solche Dimensionen annehmen, daß man einen erweiterten Überwachungs- und Zensurapparat ins Leben zu rufen beabsichtigt. Dabei setzt man auf das, was die Richtlinien „die Zivilgesellschaft“ nennen: Man wolle sich um den Aufbau eines Netzwerks mit Personen „bemühen, die bei der Meldung von Inhalten helfen werden, mit denen zu Gewalt und Haß aufgerufen wird“.
Die Arbeit dieser Mitarbeiter, die bei Deutschen notgedrungen
Erinnerungen an die Stasi wachwerden lassen wird, soll offensichtlich
von einer Art Paralleljustiz getragen sein, da die eigentliche
Rechtsprechung, die bisher darüber entschied, wo die Grenze zwischen
Meinungsfreiheit und krimineller Äußerung (zum Beispiel Volksverhetzung)
verläuft, zu langsam ist. So heißt es im Verhaltenskodex:
Während die wirksame Anwendung der Bestimmungen, die Volksverhetzung unter Strafe stellen, von einem robusten System für die Durchsetzung des Strafrechts mittels Sanktionen gegen die einzelnen Haßrede-Täter abhängig ist, muß diese Arbeit ergänzt werden mit Aktionen, die gewährleisten, daß nach Erhalt einer gültigen Meldung innerhalb eines angemessenen Zeitrahmens zügig auf illegale Online-Haßrede durch Online-Vermittler und Social-Media-Plattformen reagiert wird.
Das Onlinezeitalter erlaubt offensichtlich ganz neue Formen der
Selbstjustiz, sofern sie möglichst schnell sind und von großen
IT-Unternehmen oder deren neuer, mit Sicherheit bereits im Aufbau
begriffener Online-Stasi ausgeübt werden.
Islamkritiker warnen vor Zensur
Dabei haben sich die Nachwuchsterroristen, die die EU-Kommissarin für
Justiz, Verbraucher und die Gleichstellung der Geschlechter, Věra
Jourová, als Beleg für die Notwendigkeit der Überwachung sozialer Netzwerke anführt,
längst neue Wege gesucht, um sich auszutauschen. Die Vorstellung, daß
IS-Sympathisanten auf ihrem Facebookprofil Bastelanleitungen für
Sprengstoffgürtel und potentielle Ziele ihrer nächsten Terrorakte
posten, überzeugt nicht einmal meine Großmutter, die meinen Laptop für
einen kleinen Fernseher hält.
Nein, es sind ganz andere Gruppen, die die Mächtigen der Welt da
unter Kontrolle bringen wollen. Das Gatestone-Institut, das zum ersten
Mal in deutscher Sprache von den EU-Plänen berichtete, erwähnt in diesem
Zusammenhang die scharfe Kritik der „National Secular Society“ (NSS)
aus Großbritannien. Diese warnte davor, daß die EU-Pläne „auf einer
vagen Definition von ‘Haßrede’ basieren und riskieren,
Online-Diskussionen, die Religion kritisieren, zu bedrohen“. Weiter
heißt es:
Die Vereinbarung kommt unter wiederholten Anschuldigungen von Ex-Muslimen, daß Social-Media-Organisationen sie online zensieren. Der Rat der Ex-Muslime in Großbritannien hat jetzt begonnen, Beispiele von seinen Anhängern zu sammeln, wie Facebook ‘atheistischen, säkularen und ex-muslimischen Inhalt zensiert’ nach falschen ‘Massenhinweisen’ durch ‘Cyber-Dschihadisten’. Sie haben ihre Anhänger aufgefordert, Details und Beweise zu liefern für alle Seiten und Gruppen, die ‘von Facebook verboten [oder] suspendiert worden sind für Kritik an Islam und Islamismus.’
Erst jüngst erschütterte eine Nachricht alle demokratisch gesinnten
Menschen, nach der Facebook vor einigen Tagen die wichtigsten 16
arabischsprachigen Atheistenseiten nach islamistischen Protesten von
seinem Netzwerk entfernt hatte. Und auch private Profile von
Mitarbeitern des Gatestone-Instituts, das den EU-Verhaltenskodex in
verschiedenen Sprachen vorstellte, wurden von Facebook gesperrt.
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