Freitag, 24. Oktober 2014

Das schreckliche Schicksal der Zwillingsbrüder Reimer

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Der Sündenfall der Alice Schwarzer?

Lesen Sie zu Alice Schwarzer auch: Die Sex-Mythen des Feminismus

Aus dem Spiegel, Bericht aus dem Jahr 2000, als David Reimer noch lebte
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Das schreckliche Schicksal der Zwillingsbrüder Reimer
von Bettina Röhl
Für die grundsätzliche Aufhebung der Geschlechter und damit dafür, nicht mehr Mann oder Frau zu sein, plädierte in den siebziger Jahren Alice Schwarzer – dreißig Jahre vor dem „Gender Mainstreaming“.

In ihrem Buch „Der kleine Unterschied und seine großen Folgen“ schrieb sie 1977: „Genau wie am Ende einer sozialistischen Revolution nicht nur die Abschaffung von ökonomischen Klassenprivilegien, sondern die Aufhebung der Klassenunterschiede selbst steht, so darf die feministische Revolution nicht einfach auf die Beseitigung des Geschlechtsunterschiedes selbst zielen(…) Das hieße, dass Menschen in erster Linie Menschen wären und nur in zweiter biologisch weiblich oder männlich."
In diesem Zusammenhang muss man auf einen tragischen und skrupellos verübten Fall gewaltsamer Geschlechtsumwandlung verweisen, dem Alice Schwarzer damals nicht nur aufsaß, sondern den sie als positiven Beweis für ihre These anführte, die Geschlechtsidentität sei keine biologische, sondern nur eine psycho-soziale Größe. Geradezu hymnisch feierte die heute bekannteste Feministin Deutschlands den Fall eines Jungen, aus dem ein Mädchen gemacht werden sollte. Schwarzer schrieb: "Zu den wenigen Ausnahmen, die nicht manipulieren, sondern dem aufklärenden Auftrag der Forschung gerecht werden, gehören Wissenschaftler wie der Psychologe Prof. John Money und die Psychiaterin Anke A. Ehrhardt, die sich in Forschung und klinischer Beobachtung intensiv mit der Frage der Geschlechtsidentität befassen.(…)Im siebten Monat wurde einem Teil eines eineiigen männlichen Zwillingspaares bei der in den USA üblichen Beschneidung der Vorhaut versehentlich der Penis ganz verbrannt. Die Eltern (…) folgen (…) dem Rat eines Chirurgen, den Jungen ohne Penis einfach als Mädchen zu erziehen…“.

Was passierte genau? Der Chirurg schnitt dem Jungen, nachdem er ihm den Penis versehentlich verbrannt hatte, in einer weiteren Operation auch noch die Hoden ab. Man beschloss also, den ersten Medizinpfusch mit einem zweiten Pfusch zu kompensieren und den Jungen einer Zwangskastration zu unterziehen. Der von Schwarzer gerühmte Wissenschaftler John Money bemächtigte sich des Projekts von Anfang an und nahm die Mädchenwerdung des Jungen in die Hand.

Als Alices Schwarzers Buch 1977 erschien, war der 1965 geborene Junge ohne Penis und ohne Hoden - Bruce Reimer alias Brenda Reimer, wie er nach der Kastration genannt wurde - 12 Jahre alt und hatte bereits zehn Jahre konsequenter Mädchenerziehung hinter sich. Nichts schien der finalen Geschlechtsumwandlung mehr im Wege zu stehen. Schwarzer jubelte in ihrem Buch: "Das Mädchen wird einer kontinuierlichen Hormonbehandlung unterzogen, und nach der Pubertät wird man ihm eine künstliche Scheide einsetzen. Sie wird dann eine normale Frau sein – nur gebären kann sie nicht. Und die Gebärfähigkeit ist auch der einzige Unterschied, der zwischen Mann und Frau bleibt. Alles andere ist künstlich aufgesetzt, ist eine Frage der geformten seelischen Identität." Die mit der Gebärfähigkeit der Frau korrespondierende Zeugungsfähigkeit des Mannes als gewichtigem Unterschied zwischen den Geschlechtern war Schwarzer, als sie ihr Buch schrieb, offenbar gerade entfallen.

Bruce alias Brenda, der mit der von außen übergestülpten Identität eines Mädchens aufwuchs, Mädchenkleider trug und gemäß dem Beschluss Moneys nicht darüber aufgeklärt wurde, dass er eigentlich ein Junge war, erhielt auf Veranlassung des Professors zu Beginn der Pubertät so viele Hormoninjektionen, dass ihm ein Busen wuchs. Dann jedoch wehrte sich Bruce / Brenda plötzlich vehement gegen die Kunstscheide, die ihm der Arzt in seinen Schoß einbauen lassen wollte. Die völlige Verzweiflung des jungen Bruce mündete schließlich darin, dass ihm eröffnet wurde, er sei als Junge geboren.

Bruce beschloss auf der Stelle, als Junge zu leben und unterstrich seinen Entschluss unmissverständlich, indem er seinen Kleiderschrank anzündete. Von nun an revoltierte er gegen seine Peiniger und beschloss, sein Leben selbst zu bestimmen. Er nannte sich fortan weder Bruce noch Brenda, sondern David. Die Brüste ließ er sich operativ entfernen und sich stattdessen einen Kunstpenis machen. Die Kastration war irreversibel. David Reimer wurde in einer entsetzlichen und erschütternden Weise zu einem Mann, dem langsam bewusst wurde, welch ein schreckliches Experiment man an ihm vollzogen hatte.

Money dagegen propagierte dieses Zwillingsexperiment noch Jahrzehnte lang weiter. Er nannte es das John / Joan-Experiment, und für ihn blieb es ein Beweis für den durchschlagenden Erfolg seiner Theorie, dass das Geschlecht eines Menschen beliebig veränderbar sei. Seiner Meinung nach hatte er Wissenschaftsgeschichte geschrieben, obwohl ihm sein kotzerbärmliches, experimentelles Scheitern seit 1979 bestens bekannt war. Money verzichtete erst auf diese Eigenpropaganda, als sich David Reimer vor ein paar Jahren entschloss, mit seiner Geschichte an die Öffentlichkeit zu gehen. Zusammen mit dem Autor John Colapinto schilderte Reimer sein Leben in dem Buch:„Der Junge, der als Mädchen aufwuchs“. Es erschien im Jahr 2000 in Deutschland. Doch die Reaktionen auf dieses Buch fielen nach dreißig Jahren fahrlässigen Herumexperimentierens und Psychologisierens im Bereich der Geschlechtermanipulation nicht nur positiv und mitfühlend für David Reimer aus. Auch in Deutschland ließ man sich nicht einfach von einem gescheiterten Fall belehren, sondern hielt in einschlägigen Kreisen an der fixen Ideen fest, man könne einen Jungen zumindest in den ersten zwei Lebensjahren einfach so in ein Mädchen verwandeln. Im Chor der Reaktionen auf das Buch von Colapinto blieb die öffentlich erhobene Stimme des Hamburger Sex- Professors Gunter Schmidt nicht aus, der die Kastration des 22 Monate alten Bruce alias Brenda alias David im Spiegel (40 / 2000) gut hieß: „Was wäre aus Bruce geworden, wäre er als penisloser Junge neben seinem unbeschädigten Bruder groß geworden? Wer vermag auszuschließen, dass ein Mensch mit einem solchen Schicksal in der Pubertät ein Mädchen hätte werden wollen?“ Wer vermag schon auszuschließen, dass ein Kleinkind später als Erwachsener einmal im Handstand leben möchte? Immerhin malt Georg Baselitz für diesen Fall seine Bildsujets bekanntlich schon mal auf dem Kopf stehend. 


Die Indikation für einen medizinischen Eingriff ist üblicherweise dessen Notwendigkeit. Die herbeiphantasierte Idee, dass der Junge Bruce später einmal eventuell nicht als Mann leben wollen würde und dass man ihm daher im Kindesalter schon mal prophylaktisch die Hoden abschneiden sollte, bedeutet, auf eine wahnhafte Art Gott zu spielen. Die zwangsweise und unumkehrbare Kastration mit einer solch absurd scholastischen Argumentation zu rechtfertigen, wie Schmidt es vor knapp fünf Jahren öffentlich tat, und damit die freie Willensentscheidung des erwachsenen Bruce / David in dessen Kleinkindalter eigenmächtig vorwegzunehmen, kann nur als krimineller Akt angesehen werden. Zumal feststeht, dass eine operative Geschlechtsumwandlung nach dem freien Willen des Betroffenen auch noch im Erwachsenenalter möglich gewesen wäre. Apropos: Warum wird eigentlich scheinheilig von Geschlechtsneuzuweisung im Kindesalter gesprochen, wo doch die Verwender dieser Vokabel erkennbar den Sachverhalt der Kastration meinen? Von der Umwandlung eines weiblichen Babys in ein männliches Baby ist doch weit und breit nicht die Rede. Und von einer eigeninitiativen Entscheidung eines Transsexuellen ebenso wenig.

Dem Autor Colapinto, der das ungewöhnliche Schicksal David Reimers an die Öffentlichkeit brachte, attestierte der Hamburger Sexologe Schmidt einen „ideologischen Kreuzzug“. Dann aber ideologisierte der Kreuzritter Schmidt selbst von oben herab, es sei eher ein primitiver „Irrglaube“, dass „Mann Mann und Frau Frau“ sei und dass eine operative „Geschlechtsneuzuweisung“ vor allem in den zwei ersten Lebensjahren eine feine Sache sei.

Schmidt schrieb nach dem Motto, Kinder, nun seht doch nicht alles mit so einem Furor! Es ist doch nur Zufall, dass es im Fall Bruce / Brenda daneben gegangen ist. Das konnte doch keiner voraussehen, dass `Brenda’ sich plötzlich mit 14 Jahren entscheiden würde, aus dem Ruder zu laufen und nun doch wieder ein Junge sein zu wollen. Wäre sie doch vernünftig gewesen, wir hätten so ein schönes Mädchen aus ihr gemacht! Sex- Mann Schmidt sprach im Jahr 2000 in diesem Zusammenhang von „Neopenis“, wie Schwarzer 1977 schon vom Einsetzen einer „Kunstscheide“ gesprochen hatte.

Wenn Alice Schwarzer von einer Kunstscheide sprach, also einem klitorislosen Substitut, muss sie sich die Frage gefallen lassen – angesichts der Tatsache, dass sie ihr Leben lang vom „klitoralen Orgasmus“ spricht - ob sie es für völlig belanglos hält, ob ein Mensch überhaupt einen Orgasmus hat. Übrigens auch in Bezug auf ihre eigene Person. Ebenso muss sich Sexologe Schmidt mit seinem „Neopenis“ diese Fragen stellen lassen. Ist ihm der Orgasmus eines Menschen so unwichtig?

Wohl gemerkt, bisher wurde all das in der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen: dass nämlich Alice Schwarzers hymnisch gepriesener Musterfall aus ihrem berühmten Buch „Der kleine Unterschied und seine großen Folgen“ und Prof. Gunter Schmidts Beurteilungsobjekt aus dem Jahr 2000, über das er sich so abfällig in den Medien äußerte, ein und die selbe Person ist. Bruce/ Brenda / John / Joan / David Reimer ist der Junge, der vom berühmten Professor Money einst zu Beweiszwecken in Sachen Geschlechterbeliebigkeit zum Gegenstand eines Experimentes wurde.

David Reimer beging am 4.Mai 2004 Selbstmord, als Folge der grausamen Experimente, die an ihm vollzogen worden waren.

Die aberwitzigen Thesen von Money, Schwarzer und Schmidt sind durch David Reimer nicht bewiesen worden, sondern endeten in der Katastrophe eines Selbstmordes, Endpunkt eines Lebens, das 38 Jahre lang Folter und Seelenqual bedeutete.

Es ist wahrscheinlich ein Beleg für die Konjunktur der Gender-Mainstreaming-These, auf die Schmidt abhebt, dass der Selbstmord von David Reimer im Jahre 2004 zwar in den Medien kurz erwähnt wurde, aber bis heute nicht zu einem Aufschrei der Gesellschaft geführt hat - weder moralisch noch intellektuell wurde der Fall angemessen aufgearbeitet. Weder die Feministin Alice Schwarzer noch der beliebte und von vielen Mainstream-Medien gern zitierte Hamburger Sexologe Schmidt haben ihren Irrtum öffentlich zugegeben. Damit verweigern sie uneinsichtig einem Opfer ideologischer Verblendung ihre letzte Ehre.

Dieses Einzelschicksal muss als Warnung und Mahnung verstanden werden. David Reimer hat solch ein Eingedenken mehr als verdient. Sein eineiiger Zwillingsbruder übrigens hatte schon kurz zuvor Selbstmord verübt. Er hatte das Schicksal seines um sein Leben betrogenen Bruders nicht ertragen. Die Mutter der Zwillinge, die nur 36 und 38 Jahre alt wurden, hat die Verantwortung klar den Experimentatoren zugewiesen, die sich bislang zu ihrer mengeleähnlichen Tat nicht angemessen geäußert haben.


Bettina Roehl


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