Samstag, 14. Mai 2011

Liebe macht lebendig

"Liebe - viele nennen dieses Wort, wenn man sie nach dem schönsten Wort ihrer Sprache fragt, und ein Menschenleben lang wird das Wort Liebe all das in uns wachrufen, was wir imstande sind zu empfinden - Sehnsucht, Schmerzliches und tiefes Glück." 

Was Gabriele Hartl so treffend formuliert, beschreiben auch die Texte dieses Heftes. Ohne Liebe kann kein Mensch leben, und Friedrich von Bodelschwingh hat vermutlich recht, wenn er sagt: "Ein Tröpfchen Liebe ist mehr wert als ein ganzer Sack voller Gold."


Die Texte dieses Heftes enthalten Lieder, Gedichte, Meditationen und Bibelverse - sie alle erzählen vom Geheimnis der Liebe, die lebendig macht, wenn Menschen sie erfahren haben. Und sie erzählen von der großen Liebe Gottes, die Menschen erfüllt, damit auch andere diese Liebe erfahren.


Format: DIN lang, 16 Seiten mit vielen Abbildungen.
Gewicht: 30 Gramm









Marburger Medien


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Montag, 9. Mai 2011

Aus der Hartz IV Praxis

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Ich lebe in einer Kleinstadt im südlichen NRW, hier kennt man sich, im Ortskern leben ca. 8000 Menschen. Für mich sind Hartz IV und Sozialhilfe jeden Tag zum "Greifen" nahe, bei uns leben ca. 12 Prozent der Bevölkerung von dem ihnen als "Existenzminimum" zugestandenen Leistungen, von denen selbst der Vizepräsident der Bundesanstalt für Arbeit in einem Interview mit der Zeitung "Der Tagesspiegel" am 29. April 2011 sagte: "Nur Lebenskünstler können von Hartz IV leben". Das reale Elend dieser Menschen kann ich am Besten beschreiben, wenn ich aus meiner ehrenamtlichen Tätigkeit als Sozialarbeiter für diese Menschen, von meinen Erlebnissen mit ihnen berichte. Nur so wird meiner Meinung nach Hartz IV und seine Bedeutung für die Betroffenen auch für andere Menschen sichtbar und nachvollziehbar. Statistiken und Zahlen sind anonym, konkrete Schicksale nicht.

Ein paar meiner Begegnungen und Gespräche mit den Betroffenen, in der letzten Woche, welche ich für mich dokumentiert habe, möchte ich daher öffentlich machen, um das Ausmaß des Elends, was sich in unserer Gesellschaft breit gemacht hat, die teilweise Hoffnungslosigkeit, die Verzweiflung, aber auch die Hoffnungen dieser Menschen zu verdeutlichen.

Man kann viel über, im Amtsdeutsch sogenannte, "Sozialtransferempfänger" schreiben, aber mit ihnen zu reden, sie wahrzunehmen und zu verstehen lernen, das steht auf einem ganz anderen Blatt. Und dieses Blatt kenne ich nur zu gut.

Montags gehe ich immer so gegen 11.00h in einen öffentlichen Park bei uns, da treffe ich sie, die Lisa*, 39 J., ehemalige Verkäuferin, alleinerziehend, sieht aber aus wie 50, den Heinz*, 46J., mit seinen Tattoos, der in seinem früheren Leben Dreher in der Metallindustrie war, den Jupp* 25 J., ungelernt, der als Hilfsarbeiter keinen Job mehr findet und all die anderen.

Wenn man als ahnungsloser Passant vorbeigeht denkt man: "Oha, eine Horde von besoffenen Pennern, um die Zeit mit Bier im Park, die sollten doch arbeiten gehen, statt zu saufen". Wenn es denn so einfach wäre ...

Lisa* hat, nach sage und schreibe 251 HANDGESCHRIEBENEN Bewerbungen und derselben Anzahl Ablehnungen, resigniert. Noch eine will sie nicht schreiben. Sie hat hervorragende Zeugnisse, aber keiner will sie, als alleinerziehende Mutter der 7-jährigen Tochter Cornelia* einstellen, zu groß sei die "Gefahr", dass sie wegen des Kindes mal ausfällt.

Lisa* trinkt keinen Alkohol, aber die meisten anderen im Park schon. Ich habe sie Montag gefragt: "Lisa* meinst Du die Gesellschaft hier tut Dir gut?" "Nein", sagte sie, "aber ich habe doch keine andere. Eiskaffee und so ist für mich nicht drin. Die neuen Schuhe für die Kleine letzten Monat haben 58 Euro gekostet, musste sie aber haben, sie muss vom Arzt her Einlegesohlen tragen und da gehen die Billigschuhe von Deichmann nicht.

Was soll ich machen, zuhause fernsehen, wenn die Kleine in der Schule ist, oder putzen? Bei uns ist immer alles blitzsauber, ich koche für Cornelia* und tue was ich kann, aber irgendwann fällt mir die Bude auf den Kopf und dann muss ich mal unter Menschen. Und hier guckt niemand auf mich runter, so wie meine Nachbarn, die alle denken, ich sei zu faul zum arbeiten".

Heinz* der frühere Dreher, steht meist schon morgens um 10.00h "unter Strom", wenn er im Park ist, unter 8 Bier von ALDI oder Norma geht da gar nichts. Heinz* den ich jetzt seit 3 Jahren kenne, ist, sowie das Wetter es zu lässt von morgens 7.00h bis abends 10.00h im Park, genau parallel zu den Öffnungszeiten des Norma Marktes, wo er sein Bier holt.

Heinz* hatte in seinen guten Zeiten ein kleines Häuschen erworben, war verheiratet, Frau, Kind, Auto, Vereine, alles paletti. Und dann kam die Arbeitslosigkeit. Die Hypotheken drückten, er hat über 340 Bewerbungen geschrieben, drei Vorstellungsgespräche gehabt, die Firmen wollten ihn zu so niedrigem Lohn einstellen, dass es nicht mal für die Hypotheken gereicht hätte.

Heinz* machte sich in seinem früheren Leben nicht viel aus Alkohol. "Dann", sagte er mir, "wurde ich immer depressiver. Unser Haus ging an die Bank, ich wurde aggressiv, auch in meiner Familie, aber, nee, ich habe niemand gehauen, aber rumgeschimpft, wohin sollte ich mit all dem Frust? Und dann hat meine Frau unseren Sohn geschnappt und ist zurück zu ihren Eltern. Seitdem ist die Clique hier im Park meine Familie, Prost".

Ich habe Heinz* in eine Alkoholentwöhnungstherapie vermittelt gehabt, war nicht einfach, vier Monate waren bewilligt. Nach drei Wochen saß er wieder im Park. "Bringt doch eh nix Dieter, danach habe ich auch keinen Job und die Schulden habe ich immer noch".
Ich möchte das nicht bewerten, aber ich verstehe es. Was Heinz* für Bier ausgibt, spart er sich bei allem anderen ab. Wenn er so weiter macht, gebe ich ihm keine fünf Jahre mehr, die er überlebt.

Jupp*, der 25 jährige Ungelernte schlägt sich immer irgendwo so durch das Leben. Er trinkt wenig, mal ein zwei Bier, wenn es hoch kommt, aber auch für ihn gibt es nichts anderes als die Gesellschaft im Park. "Die kennen mich hier, das sind meine Freunde". Jupp* hat eine süsse Freundin, die Petra*, 23 Jahre, arbeitslose Bäckereifachverkäuferin.

"Na klar Dieter, der Park kekst uns an", sagte sie zu mir, "aber was anneres gibts für uns in dem Kuhkaff doch nicht. Kein Arbeitslosentreff oder sowatt, wo man mal für kleines Geld hin kann. Im Winter ist Sch... dann haben wir nicht mal den Park und uns fällt die Bude uffn Kopp. Dann jitt ett Zoff zwischen uns, nicht schön, wollen wir auch nich, aber ..."

Die beiden haben eine 1 Zimmerwohnung, 24 qm, einen Uraltfernseher, von der Oma geschenkt bekommen, kein Telefon, keine Zeitung, einfach nichts, was für so viele andere selbstverständlich ist.

Petra* hatte vor 2 Jahren mal einen "Frustkauf" bei einem Versandkaufhaus gemacht, Klamotten für 1500 Euro für sie beide. Nun stottern die beiden das von ihrem wenigen Geld ab, Privatinsolvenz wollen sie nicht anmelden, obwohl sie noch 5000 Euro Altschulden haben, die sie auch monatlich brav abzahlen.

Ein solches Moralverständnis kenne ich von unseren "Bankern" nicht.

Nun ist wieder "Parksaison", ich gönne es den Menschen, mit denen ich ehrenamtlich zu tun habe, sie haben NICHTS anderes. Auf niemanden von ihnen würde ich jemals herunterschauen, dass spüren und wissen sie, nächste Woche begleite ich wieder einige von ihnen zu Behördengängen, was für sie Albträume sind, da sie das Beamtendeutsch und die Formulare einfach nicht verstehen.

Und eine falsch beantwortete Frage, ein Kreuz im Formular an der falschen Stelle, bedeutet für diese Menschen ganz einfach:

Habe ich am Monatsende noch genug Geld für das Nötigste?

Was ich an Ihnen bewundere, ist die Solidarität untereinander.

Obwohl sie alle so gut wie nichts haben, sie teilen zur Not das letzte Hemd untereinander. Und irgendwie haben sie alle Hoffnung auf ein neues, besseres Leben, das höre ich in den Gesprächen immer wieder durch und die Wünsche sind so etwas von bescheiden, dass ich mich häufig schäme, weil sie ja wissen, dass es mir besser geht.

Lisa* sagte die Tage zu mir: "Dieter, weißt Du wovon ich träume? Dass ich einmal mit meiner Kleinen an die Ostsee fahren kann. Und ich Ihr da auch ein Eis am Strand bezahlen kann und dass wir uns einen neuen Kühlschrank leisten können, der alte will nicht mehr."
Was sollte ich dazu sagen?

Ehrlich gesagt, mir fiel nichts, aber auch gar nichts ein, ich habe Lisa* und die kleine gedrückt und meine Partnerin und ich haben danach Volleyball mit den beiden gespielt, wenigstens ein Volleyballplatznetz gibt es in unserem Park der gesellschaftlich Ausgestoßenen und Vergessenen.

Das ist die Realität in Deutschland, dem Staate Absurdistan, im Jahre 2011, im Jahre 6 nach dem Verbrecher Hartz, so wie ich sie täglich erlebe!

Und wer da meint, diese Menschen wären noch für irgendwelche Parolen irgendwelcher Parteien empfänglich, der hat nie mit ihnen gesprochen.

Klar, auch wir haben im Park ein paar Ultrarechte oder Ultralinke dabei, aber die nimmt niemand wirklich ernst, wenn es um's nackte Überleben vom Ersten des Monats bis zum Ersten des nächsten Monats geht, ist das weit weg und nebensächlich. (Dieter Carstensen) 


Quelle

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Entscheidung in Jerusalem

Das zwanzigste Jahrhundert nach der Geburt Jesu Christi war das Zeitalter großer Kriege und politischer Umwälzungen. Es war aber auch eine Zeit großer Naturkatastrophen, deren Zahl in den letzten 50 Jahren ständig anstieg: Erdbeben und Erdrutsche, Überschwemmungen und Wirbelstürme in allen Erdteilen der Welt erschütterten die Menschen. 

Am schlimmsten traf es die Armen; aber nicht nur bei ihnen, sondern bei vielen denkenden Menschen breiteten sich Unruhe und eine beängstigende Weltuntergangsstimmung aus.
In geistiger Hinsicht war diese Zeitspanne dadurch gekennzeichnet, dass sich die europäischen und die östlichen Ideen allseitig vermischten. Dazu gehörten auch die verschiedenen Religionen einschließlich des Schamanismus.
Am Ende diese Jahrhunderts gelang nun endlich die langersehnte Vereinigung des Großteils der europäischen Bevölkerung zu einem Vereinigten Europa. Als natürliche Folge dieser Tatsache verlor die alte, traditionelle Ordnung der einzelnen Nationen ihre Bedeutung und überall verschwand der Einfluss der Königshäuser. Europa ist im einundzwanzigsten Jahrhundert ein Bund von Völkern, die alle mehr oder weniger demokratisch regiert werden - die Vereinigten Staaten von Europa.
Doch die Fragen nach Leben und Tod, nach dem endgültigen Schicksal der Welt und der Menschen, sind durch eine Vielzahl neuer Forschungen und Entdeckungen nur noch undurchschaubarer und komplizierter geworden und harren nach wie vor ihrer Lösung. Nur eine erstaunliche Tatsache wird mit immer größerer Klarheit sichtbar: der endgültige Zusammenbruch des theoretischen Materialismus ebenso wie der Zusammenbruch der allgemeinen Moral.
Daneben wird immer deutlicher, dass die Menschheit auch die Fähigkeit zu einem kindlichen Glauben verloren hat. Die Vorstellungen von einem Gott, der die Welt aus dem Nichts erschaffen habe und dass der Mensch Erlösung von seiner Sünde brauche, werden nicht einmal mehr im Religionsunterricht der Schulen gelehrt. Das Wort "sündigen hat einen neuen Inhalt bekommen, der mit Gott und dem Glauben an die Erlösungsbedürftigkeit des Menschen nichts mehr zu tun hat.
Und wenn die gewaltige Mehrheit der denkenden Menschen ungläubig bleibt, werden die wenigen Gläubigen notwendigerweise zu denkenden Menschen, in Erfüllung der Weisung des Apostels Paulus: "Seid Kinder am Herzen, aber nicht am Verständnis!" (1Kor 14,20).
In dieser Zeit des Umbruchs lebte unter den wenigen Gläubigen ein bemerkenswerter Mensch - viele nannten ihn einen Übermenschen, - der gleich weit entfernt war von der Kindlichkeit des Verständnisses wie von der des Herzens. Er war noch jung, aber dank seiner Genialität war er mit seinen kaum zweiunddreißig Jahren durch seine philosophische, schriftstellerische und soziale Tätigkeit schon weithin bekannt geworden.

Im Bewusstsein, dass ihm eine große Kraft des Geistes gegeben war, wies ihn sein klares Denken immer auf die Wahrheit dessen hin, woran man glauben sollte: an das Gute, an Gott, an den Messias. Daran glaubte er, aber er liebte nur sich allein. Er glaubte an Gott, aber ohne es zu wollen und ohne sich darüber klar zu werden, zog er in der Tiefe seines Herzens sich selbst ihm vor.
Er glaubte an das Gute, doch das alles sehende Auge der Ewigkeit wusste, dass dieser Mensch sich eines Tages vor der Macht des Bösen beugen werde, sobald diese ihn erkaufen würde. Womit? Nicht mit materiellen Gütern oder niedrigen Leidenschaften, ja nicht einmal mit der so überaus verführerischen Lockspeise der Macht, sondern allein durch die Stärkung seiner maßlosen Eigenliebe.
Seine einzigartige Genialität, seine Schönheit und seine soziale Gesinnung schienen wohl Grund genug zu sein für die gewaltige Eigenliebe dieses großen Mannes und für die Verehrung, die ihm von vielen Mitmenschen zuteiI wurde. Und kann man es ihm zum Vorwurf machen, dass er - so reich beschenkt mit Gottes Gaben - sie als Zeichen dafür nahm, dass Gott etwas Besonderes mit ihm vorhabe? 

Das Bewusstsein seiner höheren Bestimmung empfand er als sein Recht und seinen Vorzug vor anderen. Anfangs stand er Jesus, dem Zimmermann aus Nazareth, noch nicht feindlich gegenüber. Er erkannte seine messianische Bedeutung und Würde an, aber im Grunde sah er in ihm nur seinen größten Vorgänger. Die einmalige Tat Jesu Christi und seine absolute Einzigartigkeit waren diesem durch seine Eigenliebe verdunkelten Geist unbegreiflich. Und darum wird der große Mensch des 21. Jahrhunderts all das auf sich anwenden, was im Evangelium über das zweite Kommen Jesu gesagt ist, indem er dies nicht als Wiederkunft desselben Christus erklärt, sondern als die Ersetzung des vorläufigen Christus durch den endgültigen, für den er sich selbst hält. Dass dieser Mensch des 21. Jahrhunderts aus Eigenliebe sich selbst den Vorzug vor Jesus Christus gibt, wird er noch mit folgender Erwägung rechtfertigen: "Christus, der das sittlich Gute predigte und den Menschen vorlebte, war ein Besserer der Menschheit. Ich aber bin berufen, der Wohltäter dieser teils gebesserten, teils aber unverbesserlichen Menschheit zu sein. Ich werde allen Menschen alles geben, wonach sie sich sehnen.
Als Moralist trennte Christus die Menschen durch die Unterscheidung von Gut und Böse. Ich werde sie vereinigen durch die Güter, deren Gute und Böse in gleicher Weise bedürfen. Ich werde der wirkliche Vertreter Gottes sein, der seine Sonne aufgehen lässt über die Guten und über die Bösen und regnen lässt über Gerechte und Ungerechte. - Christus brachte das Schwert, ich bringe den Frieden. Er drohte der Erde mit dem schrecklichen Jüngsten Gericht. Aber der letzte Richter werde ja ich sein, und mein Gericht wird nicht ein Gericht der bloßen Gerechtigkeit, sondern ein Gericht der Gnade sein. Auch Gerechtigkeit wird in meinem Gericht sein, aber nicht vergeltende Gerechtigkeit, sondern verteilende Gerechtigkeit.
Und in dieser wunderbaren Stimmung wartet er nun auf irgendeinen klaren Ruf Gottes zum Werk der Befreiung der Menschheit; er wartet auf irgendeinen deutlichen Hinweis, dass er der Gesandte Gottes sei; auf eine höhere Weihe, um endlich sein Werk mit der Menschheit beginnen zu können. Doch er wartet vergebens.
Er hat die Dreißig schon längst überschritten, da blitzt es in seinem Geiste plötzlich auf und wie ein heiliger Schauder jagt ihm der Gedanke durch Mark und Bein:
"Wenn aber doch… wenn nun nicht ich, sondern dieser Galiläer au Nazareth - wenn Er nun doch nicht mein Vorläufer wäre, sondern der Wirkliche, der Erste und der Letzte? Aber dann müsste er ja leben! Wo ist er aber? Wenn er nun plötzlich zu mir käme, jetzt, hier - was sollte ich Ihm sagen? Beugen müsste ich mich vor Ihm wie der letzte dumme Christ und sinnlos murmeln: Herr Jesus, sei mir Sünder gnädig! Ich, der lichte Genius, der Übermensch! Nein, NIE!"
Und an die Stelle der früheren, vernünftig-kalten Achtung vor Gott und Christus entsteht und wächst jetzt in seinem Herzen zuerst eine Art Schrecken, dann aber ein brennender Neid, der sein ganzes Wesen einengt, und ein greller Hass, der ihm den Atem nimmt.
"Ich, ich und nicht Er! Er ist nicht unter den Lebenden, ist es nicht und wird es nie mehr sein. Er ist nicht auferstanden! Er ist nicht auferstanden! Verfault, verfault ist er im Grabe, verfault wie die letzte…"

Und mit Schaum vor dem Mund, in krampfhaften Sprüngen rennt er aus dem Haus, durch den Garten, läuft hinein in die öde schwarze Nacht auf steinigem Weg.
Seine Wut legt sich und ihn überfällt Verzweiflung, finster wie die Nacht. An einer senkrecht abfallenden Wand bleibt er stehen und hört von dort in der Tiefe einen Wildbach rauchen.
Eine unerträgliche Seelenqual drückt ein Herz. Plötzlich regt sich etwas in ihm und er fragt sich: "Soll ich Ihn rufen und fragen, was ich tun soll?"
Und inmitten der Dunkelheit erscheint vor ihm eine Gestalt voller Sanftmut und Trauer.
"Er bemitleidet mich! Nein, niemals! Nur das nicht! Er ist nicht auferstanden! Er ist tot!"
Und bei diesen Worten stürzt er sich den Abhang hinab.
Aber etwas Elastisches, wie eine Wassersäule, hält ihn in der Luft. Er fühlt eine Erschütterung wie von einem elektrischen Schlag, und eine unsichtbare Kraft wirft ihn zurück. Für einen Augenblick verliert er das Bewusstsein und plötzlich findet er sich kniend, einige Schritte vom Abgrund entfernt.

Vor ihm erscheinen die Umrisse einer phosphorisierenden, in nebelhaftem Glanz leuchtenden Figur, aus der zwei Augen in unerträglich scharfem Blick seine Seele durchbohren.
Er sieht diese zwei durchdringenden Augen und hört eine seltsame Stimme. Er weiß nicht recht, kommt sie von außen oder von innen - sie klingt unheimlich, gleichzeitig deutlich metallisch und völlig seelenlos, wie von einem Apparat. Und diese Stimme sagt zu ihm:
"Du bist mein Sohn, an dem ich Gefallen finde. Warum hast du nicht mich gerufen? Ich bin dein Gott und Vater und jener Mann aus Nazareth in Galiläa ist mir ebenso fremd wie dir.
Ich habe keinen anderen Sohn als dich. Nur du bist mir gleich. Ich fordere nicht von dir. Du bist alles: schön, groß und mächtig. Tu dein Werk in deinem Namen und nicht in meinem. Ich kenne keinen Neid dir gegenüber. Der, den du für Gott hieltest, forderte von seinem Sohn Gehorsam, grenzenlosen Gehorsam bis zum Tode. Um deiner selbst willen, um deines eigenen Wertes und um deiner Vorzüge willen, werde ich dir helfen. Nimm hin meinen Geist! Nimm hin meine Kraft!"
Und bei diesen Worten des Unbekannten öffnete sich der Mund des Übermenschen wie von selbst, die zwei durchdringenden Augen kamen seinem Gesicht ganz nahe und er fühlte, wie ein scharfer, eisiger Strom in ihn eindrang und sein ganzes Wesen erfüllte. Gleichzeitig empfand er eine unerhörte Energie, Munterkeit und Leichtigkeit.
Im gleichen Augenblick verschwand die leuchtende Gestalt, eine geheimnisvolle Kraft erhob den Übermenschen über die Erde und ließ ihn in seinem Garten nieder, an der Tür seines. Hauses.

Am anderen Tage waren die Besucher des Menschen erstaunt über sein besonders durchgeistigtes Aussehen. Ihr Staunen wäre aber noch größer gewesen, wenn sie zugeschaut hätten, mit welcher Geschwindigkeit und Leichtigkeit er, eingeschlossen in sein Arbeitszimmer, sein berühmtes Werk schrieb, dem er den Titel gab: "Der offene Weg zu Frieden und Wohlergehen für die Welt." Bald nach dem Erscheinen des "Offenen Weges", der seinen Verfasser zum bekanntesten aller Menschen machte, sollte in Berlin die Versammlung des Europäischen Staatenbundes stattfinden.

Die mit großer Mühe errungene Europäische Einheit drohte zu dieser Zeit jeden Augenblick wieder zu zerfallen. Da beschlossen die "Eingeweihten", die hinter dem Europarat die eigentliche Macht hatten, ihre Macht in die Hände eines mit allen Vollmachten au gestatteten Mannes zu legen. Ihr Hauptkandidat war einer der ihren, der Verfasser des "Offenen Weges", der "Mensch der Zukunft", er war die Persönlichkeit, die in der ganzen Welt einen einzigartigen Ruf besaß. Er stand in freundschaftlicher Beziehung zu allen Kreisen der Hochfinanz und des Militärs. Und so wurde dieser Mensch fast einstimmig zum Präsidenten der Vereinigten Staaten von Europa gewählt. 
Als er aber im Glanz seiner jugendlichen Schönheit und Kraft auf der Tribüne stand und mit begeisternder Beredsamkeit sein Programm entfaltete, da fasste die entzückte Versammlung in einem Sturm der Begeisterung ohne Abstimmung den Beschluss, ihm die höchste Ehre zuteil werden zu lassen und ihn auf Lebenszeit zum Herrscher über alles zu wählen.

Unter allgemeinem Jubel wurde der Kongress geschlossen und der große Erwählte erließ ein Manifest, das mit den Worten begann: "Völker der Erde, meinen Frieden gebe ich euch!"
Und es endete mit den Worten: "Völker der Erde, die Verheißungen sind erfüllt. Der Weltfriede ist gesichert. Friede sei mit euch allen." 
Nun bildeten sich auch außerhalb Europas starke Parteien, die ihre Staaten dazu drängten, sich an die Vereinigten Staaten von Europa unter der Oberhoheit des Herrschers anzuschließen. So wurden innerhalb eines Jahres die Ursachen des Kriege mit der Wurzel ausgerissen.

Im zweiten Jahr seiner Regierung erlässt der Welt-Herr eher ein neues Manifest:
"Völker der Erde! Ich habe euch den Frieden versprochen und ich habe ihn euch geschenkt. Aber nur durch allgemeinen Wohlstand wird der Friede zur Freude. Darum kommt nun alle, die ihr noch hungern und frieren müsst, ich will euch satt machen und für Wärme sorgen." 
 
Und dann legt er seine Pläne einer einfachen und allumfassenden Sozialreform vor, wie sie schon in einem Buch angedeutet war und womit er damals alle sozial denkenden Geister für sich eigenommen hatte. Dank der Konzentrierung der Weltfinanzen und eine unermesslichen Grundbesitze In seiner Hand konnte er jetzt diese Reformen durchführen. Die sozial-ökonomische Frage wurde in diesem Jahr erfolgreich gelöst. 
Wenn aber Sattsein da erste Interesse der Hungrigen ist, so wollen die Satten auch noch etwas anderes. Der junge Herrscher weiß, was die Menge braucht. Darum wird zu dieser Zeit aus dem fernen Osten ein Wundertäter kommen, eingehüllt in eine Wolke seltsamer Gerüchte und Berichte. Angeblich soll er von göttlicher Herkunft ein. Er trägt den seltenen Namen "Appolonius", ein zweifellos genial begabter Mensch. Er wird in erstaunlicher Weise die Beherrschung der letzten Ergebnisse der Wissenschaft und ihre technische Anwendung verbinden mit der traditionellen Mystik des und der Fähigkeit, diese praktisch nutzbar zu machen.

Die Ergebnisse werden erstaunlich ein. Appolonius wird es u.a. möglich sein, die atmosphärische Elektrizität nach einem Willen herbeizuziehen und zu lenken - und im Volk wird man sagen: Er kann Feuer vom Himmel regnen lassen!

Dieser Mensch also wird zum Herrscher kommen und ihm als dem Gottgesandten huldigen. Er wird erklären, dass er in den geheimen Büchern direkte Weissagungen über diesen Erlöser der Menschheit gefunden habe und wird sich und seine ganze Kunst in dessen Dienst stellen. Der von ihm begeisterte Herrscher wird ihn als ein Geschenk de Himmels aufnehmen, ihn mit prächtigen Titeln schmücken und sich nicht mehr von ihm trennen.

Und so werden die Völker der Erde nicht nur mit Wohltaten überschüttet werden, sondern sich auch am Ende des dritten Jahres seiner Herrschaft beständig an den verschiedenartigsten Wundern und außergewöhnlichen Ereignisse ergötzen.

Nach der glücklichen Lösung der politischen und der sozialen Frage stellte sich nun im vierten Jahr die religiöse Frage. Sie wurde durch den Herrscher selbst angesprochen und zwar galt es vor allem, die Beziehung zum Christentum zu klären, das sich damals in folgender Lage befand:

Bei einer beträchtlichen Verringerung der Zahl einer Anhänger - auf der gesamten Erde gab es nur noch ungefähr 45 Millionen Christen - sammelte und konzentrierte es sich und gewann an Qualität, was es an Quantität verloren hatte. Menschen, die durch keinerlei geistliches Interesse mit dem Christentum verbunden waren, zählten sich nicht länger zu den Christen. Was die Gesinnung der verschiedenen Konfessionen zueinander betraf, wurde die alte Feindschaft zwar nicht durch eine endgültige Aussöhnung überwunden, aber die Gegensätze verloren ihre frühere Schärfe. Der Papst und seine Anhänger waren schon lange aus Rom vertrieben worden und hatten - nach vielen Irrfahrten - in St. Petersburg Zuflucht gefunden, unter der Bedingung, dass sie sich aller Propaganda enthielten. Die evangelische Kirche hatte sich mit der anglikanischen vereinigt. An ihrer Spitze standen Männer, die umfassende Gelehrsamkeit mit tiefer Gläubigkeit verbanden und danach strebten, das lebendige Abbild des Urchristentums wieder erstehen zu lassen.
Die russische Orthodoxie, deren offizielle Stellung sich infolge politischer Ereignisse verändert hatte, verlor zwar viele Millionen ihrer nominellen Mitglieder, aber sie wuchs in der Kraft des Geistes. Sie bewies diese Kraft besonders in dem inneren Kampf gegen solche Sekten, die sich dem Dämonen und Teufelsdienst ergeben hatten.
Während der ersten zwei Jahre der neuen Herrschaft standen die Christen - erschreckt und erschöpft durch eine lange Zeit von Kriegen und Revolutionen dem neuen Machthaber teils mit gespanntem Abwarten, teils mit Sympathie gegenüber.
Doch im dritten Jahr, mit dem Auftauchen des großen Magiers, entstanden bei vielen Christen ernste Befürchtungen. Die neutestamentlichen Texte, in denen vom "Fürst dieser Welt" und vom "Antichrist" die Rede war, wurden aufmerksamer gelesen als je zuvor und lebhaft besprochen.

Aus einigen Anzeichen erahnte der große Herrscher, dass sich hier ein Gewitter zusammenziehen könnte, und entschloss sich, die Sache schnell zu klären.
Zu Beginn seines vierten Regierungsjahres erlässt er deshalb ein Manifest an alle Christen - ohne Unterschied der Konfession, - in welchem er sie auffordert, bevollmächtigte Vertreter für ein ökumenisches Konzil, das unter seinem Vorsitz stattfinden solle, zu wählen oder zu bestimmen. Seine Residenz war zu jener Zeit von Rom nach Jerusalem verlegt worden. Israel war ein autonomes Gebiet, das vorwiegend von Juden bewohnt und regiert wurde, und Jerusalem war nun die Hauptstadt des Weltherrschers geworden.

Die christlichen Heiligtümer blieben vorläufig noch unberührt, aber auf der ganzen weiträumigen Plattform des Haram esch-Sherif auf der einen Seite bis zur El Aksa-Moschee und den Ställen Salomos auf der anderen Seite, wurde ein riesiger Palast errichtet, der einen weiträumigen Tempel enthielt, der der Vereinigung aller Kulte und Religionen dienen sollte. Er enthielt auch den Raum für das ökumenische Konzil. Der Herrscher hatte sich entschlossen, zu diesem Konzil auch eine bestimmte Anzahl von Laien zuzulassen, die als fromme Männer bekannt waren. So überstieg die Zahl der KonziIsteilnehmer dreitausend. Dazu kam eine große Menge christlicher Pilger, die Jerusalem überflutete.
Unter den Delegierten de Konzils ragten drei besondere Persönlichkeiten hervor.
Zunächst Papst Petrus II, der an der Spitze der katholischen Konzilsteilnehmer stand. Er war von einfacher Herkunft und als einer bekannt geworden, der sich große Verdienste im Kampf mit einer dem Teufelsdienst ergebenen Sekte erworben hatte, die in Stadt und Umgebung von St. Petersburg Orthodoxe und Katholiken zum Abfall vom Glauben verführt hatte. Er war etwa 50 Jahre alt, mittelgroß und von kräftigem Körperbau, mit rotem Gesicht, einer Adlernase und starken Augenbrauen. Er war ein temperamentvoller, ungestümer Mann, redete mit Feuer und schwungvollen Gesten und riss seine Zuhörer mit. Dem Weltherrscher stand der Papst mit Misstrauen und Abneigung gegenüber, besonders seit sein kürzlich verstorbener Vorgänger dessen beharrlichem Drängen nachgegeben und den Magier Appolonius, den Petrus für einen zweifelhaften Katholiken und einen unzweifelhaften Betrüger hielt, zum Kardinal ernannt hatte.
Der wirkliche, wenn auch inoffizielle Führer der Orthodoxen war der Starez Johannes, eine im russischen Volk weit bekannte Persönlichkeit. Er wurde offiziell als "Bischof im Ruhestand" geführt, aber er pilgerte noch immer kreuz und quer durch die Lande. Er war ein noch rüstiger Greis. Locken und Bart waren weiß, er war groß und sein Körper mager, doch hatte er volle, leicht rötlich schimmernde Wangen, lebhaft blitzende Augen und der Ausdruck eines Gesichte und einer Rede waren von einer rührenden Güte. Er trug - wie immer - sein weißes Priestergewand.
An der Spitze der evangelischen Delegierten stand ein hochgelehrter deutscher Theologe, Professor Ernst Pauli, ein zierlicher älterer Herr mit riesiger Stirn, scharfer Nase und glattrasiertem Kinn. Seine funkelnden Augen hatten einen grimmig-gutmütigen Blick.
Die Eröffnung des Konzils vollzog sich in einem eindrucksvollen Akt. Zu zwei Dritteln war der riesige, der Einheit aller Religionen geweihte Tempel, mit Bänken und anderen Sitzgelegenheiten für die Konzilsteilnehmer ausgefüllt. Das letzte Drittel wurde von einer hohen Bühne eingenommen, wo außer dem Thron des Herrschers und etwas niedrigeren für den Großmagier, Kanzler und Kardinal Appolonius, Sesselreihen aufgestellt waren, deren Bestimmung zunächst noch unbekannt blieb. Hinter den beiden thronartigen Stühlen saßen Minister, Hofbeamte und Staatssekretäre. Auf den Emporen befanden sich Orchester und in ihrer Nachbarschaft sah man zwei Regimenter in Uniform.
Als der Herrscher mit dem Großmagier und seinem Gefolge einzog und das Orchester den "Marsch der einigen Menschheit" spielte, erhoben sich alle Delegierten und begrüßten den Herrscher mit lauten "Hoch"-Rufen. Dieser trat neben seinen Thron, machte mit der Hand eine majestätisch-huldvolle Geste und hielt mit klangvoller Stimme folgende Begrüßungsansprache:

"Christen aller Richtungen, meine geliebten Untertanen und Brüder. Seit Beginn meiner Herrschaft, die der Höchste so reich gesegnet hat, hatte ich niemals Anlass, mit euch unzufrieden zu sein. Ihr habt eure Pflicht mir gegenüber nach bestem Wissen erfüllt. Doch das genügt mir nicht. Meine aufrichtige Liebe zu euch dürstet nach Erwiderung. Ich möchte, dass ihr mich aus dem Gefühl herzlicher Liebe anerkennt als euren wahren Führer. Darum werde ich über alles das hinaus, was ich bisher für die Menschheit getan habe, euch eine besondere Gunst erweisen. Sagt mir, womit ich euch glücklich machen kann! Was ist euch das Kostbarste am Christentum?"
Er hielt inne und wartete. Im Tempel erhob sich ein vielstimmiges Gemurmel. Nachdem der Herrscher einige Augenblicke gewartet hatte, wandte er sich mit dem gleichen freundlichen Ton wieder an die Konzilsteilnehmer und sagte: "Ich verstehe, wie schwierig für euch eine gemeinsame Antwort ist. Aber ich will euch helfen. Ich weiß, dass für viele von euch das Teuerste am Christentum die geistliche Autorität ist, die es seinen Vertretern verleiht; denn auf diese Autorität gründet sich die rechte Ordnung und Disziplin, deren alle Menschen bedürfen.
Liebe katholische Brüder, o wie verstehe ich euch! Darum erklären wir feierlich: Gemäß unserem unumschränkten Herrscherwillen wird der oberste Bischof aller Katholiken, der Papst von Rom, nun wieder auf seinem Stuhl in Rom mit all seinen früheren Rechten und seiner Kathedra eingesetzt. Und von euch, meine katholischen Brüder will ich dafür nichts weiter, als dass ihr mich aus tiefem Herzen als euren einzigen Fürsprecher und Beschützer anerkennt. Wer von euch das nach Gewissen und Gefühl tun will, der komme her und setze sich an meine Seite." Und er wies auf die leeren Plätze auf der Bühne.
Mit freudigen Ausrufen gingen fast alle katholischen Würdenträger, ein großer Teil der gläubigen Laien und mehr als die Hälfte der Mönche hinauf auf die Bühne und nahmen unter tiefen Verbeugungen vor dem Herrscher - auf den bereitgestellten Sesseln Platz.
Doch unten - inmitten der Konzilsteilnehmer - saß aufrecht und unbeweglich wie eine Statue - Papst Petrus II auf seinem Platz. Seine ganze frühere Umgebung saß auf der Bühne. Aber alle Mönche und Laien, die unten geblieben waren, rückten nun zu ihm heran und schlossen sich zu einem engen Ring zusammen und man hörte von dort verhaltenes Flüstern. Nach einem überraschten Blick auf den unbeweglich dasitzenden Papst erhob der Herrscher noch einmal eine angenehme Stimme:
"Liebe Brüder, ich weiß, dass es unter euch einige gibt, denen die heilige Überlieferung das Wichtigste am Christentum ist, die alten Symbole, Gesänge und Gebete, die Ikonen und der gottesdienstliche Ritus. Und in der Tat, was könnte der religiös empfänglichen Seele kostbarer sein? So wisset denn, ihr Lieben, dass heute von mir ein Statut unterzeichnet worden ist, und reiche Mittel bereitgestellt wurden für ein Weltmuseum der Erforschung christlicher Tradition in unserer ruhmvollen Stadt Konstantinopel. Und ich bitte euch, morgen schon aus eurer Mitte eine Kommission zu wählen, die mit mir darüber beraten soll, welche Maßnahmen zu ergreifen sind, um unser modernes Leben, unsere Sitten und Gebräuche so weit wie möglich der Überlieferung der Heiligen Orthodoxen Kirche anzupassen. Meine Brüder, in wessen Herz dieser mein Wille Widerhall findet, wer mich aus dem Gefühl seines Herzens seinen wahren Führer und Herrn nennen kann, der komme hier herauf."
Und ein großer Teil aus der Hierarchie des Ostens und des Nordens und mehr als die Hälfte der orthodoxen Priester, Mönche und Laien gingen mit freudigen Ausrufen hinauf auf die Bühne, wobei sie einen schiefen Blick auf die dort sitzenden Katholiken warfen.
Doch der Starez Johannes rührte sich nicht und seufzte laut. Und weil der Haufe um ihn sich stark gelichtet hatte, verließ er seine Bank und setzte sich näher zu Papst Petrus und dessen Kreis. Die übrigen Orthodoxen, die mit ihm zurückgeblieben waren, folgten ihm.

Und wieder begann der Herrscher:
"Wohlbekannt sind mir auch solche unter euch, liebe Christen, denen das Wertvollste am Christentum die persönliche Wahrheitsgewissheit und die freie Erforschung der Heiligen Schriften ist. Wie ich darüber denke, das bedarf keiner weiteren Erklärung. Ihr wisst vielleicht, dass ich schon in früher Jugend ein große Werk über Bibelkritik geschrieben habe, um dass es seinerzeit einige Aufregungen gegeben hat und das mich in der christlichen Welt weithin bekannt gemacht hat. Und in Erinnerung daran hat mir in diesen Tagen die Universität Tübingen die Ehrendoktorwürde der Theologie verliehen. Nun habe ich heute ein Dekret über die Gründung eines Weltinstituts für die freie Erforschung der Heiligen Schrift und für das Studium aller Hilfswissenschaften unterschrieben und ihm ein Jahresbudget von 5 Millionen zugewiesen.
In wessen Herzen es Widerhall findet, dass ich Euch soviel Freiraum schaffe, die Schrift zu erforschen und wer von euch mich aus reinem Gefühl als einen einzigen Führer anerkennt, den bitte ich, hierher zu kommen zu dem neuen Ehren-Doktor der Theologie."
Und der Mund des schönen und mächtigen Menschen verzog sich leicht zu einem eigentümlichen Lächeln. Mehr als die Hälfte der gelehrten Theologen bewegte sich zur Bühne hinauf, wenn auch nicht ohne zu zögern und zurückzuschauen. Alle schauten auf Professor Pauli, der an einem Sitz gleichsam festgewachsen zu sein schien. Er senkte sein Haupt tief hinab, krümmte den Rücken und zog sich in sich zusammen.
Die gelehrten Theologen, die auf die Bühne hinaufgegangen waren, gerieten in Verwirrung; einer winkte plötzlich mit der Hand, sprang direkt von der Bühne hinunter, ohne die Treppe zu benutzen und lief, leicht hinkend, zu Professor Pauli und der evangelischen und anglikanischen Minderheit, die bei ihm geblieben war. Professor Pauli hob seinen Kopf, stand mit einer etwas unsicheren Bewegung auf und ging, begleitet von seinen standhaften Glaubensgenossen, an den leer gewordenen Bänken vorüber. Er setzte sich näher zu den Christen, die sich um Papst Petrus und den Starez Johannes gesammelt hatten.
Die beträchtliche Mehrheit der Konzilsteilnehmer aber, darunter fast alle geistlichen Würdenträger des Ostens und Westens, befanden sich auf der Bühne. Unten geblieben waren nur drei kleine Gruppen von Christen, die sich um den Starez Johannes, Papst Petrus und Professor Pauli drängten.
In traurigem Tonfall wandte ich nun der Herrscher an die Zurückgebliebenen:
"Was kann ich noch für euch tun?
Seltsame Leute! Was wollt ihr von mir? Ich weiß es nicht. Sagt es mir, ihr Christen, die ihr verlassen seid von der Mehrheit eurer Führer und eurer Brüder und damit verurteilt vom gesunden Volksempfinden. Was ist denn für euch das Kostbarste am Christentum?"

Da erhob sich der Starez Johannes wie eine weiße Kerze und antwortete sanftmütig:
"Großer Herrscher! Das Teuerste am Christentum ist für uns Jesus Christus selbst - er allein. Denn wir wissen, dass in ihm die ganze Fülle der Gottheit leibhaftig wohnt. Aber auch von dir, o Herrscher, sind wir bereit, jegliches Gute anzunehmen, sobald wir hinter deiner freigebigen Hand die heilige Hand Christi erkennen. Und auf deine Frage, was du für uns tun kannst, ist dies unsere klare Antwort:
Bekenne jetzt und hier vor uns Jesus Christus, den Sohn Gottes, der Mensch geworden, gestorben und auferstanden ist - und der wiederkommen wird. Bekenne ihn und voller Liebe werden wir dich annehmen als den wahren Vorläufer seiner Wiederkunft in Herrlichkeit."
Er verstummte und schaute dem Herrscher unverwandt ins Antlitz.
Dem widerfuhr etwas Widerwärtiges. In ihm erhob sich ein so höllischer Sturm, wie er ihn in jener schicksalhaften Nacht am Abgrund erlebt hatte. Er verlor vollkommen sein inneres Gleichgewicht und musste seine ganze Kraft um nicht äußerlich die Beherrschung zu verlieren und sich vor der Zeit zu verraten. Er machte ungeheure Anstrengungen, um sich nicht mit wildem Geheul wie ein Wolf auf den Starez zu stürzen und mit bloßen Zähnen über ihn herzufallen. 
Plötzlich hörte er die bekannte metallene Stimme sagen: "Schweige und fürchte nichts." Er schwieg, nur sein Gesicht, das totenstarr und finster geworden war, verzerrte sich zu einer Fratze. Inzwischen - schon während der Rede des Starez Johannes - vollführte der Großmagier, der neben dem Herr eher saß, ganz eingehüllt in seinen weiten, den Kardinalspurpur verhüllenden Umhang, gewisse Manipulationen. Seine Augen leuchteten vor innerer Konzentration und seine Lippen bewegten sich. Durch die geöffneten Fenster des Tempel sah man, wie eine ungeheure schwarze Wolke herbeikam, und bald war der ganze Raum davon erfüllt. 
Der Starez Johannes wandte seine erstaunten und erschrockenen Augen nicht ab vom Antlitz des schweigenden Herrschers, und plötzlich prallte er vor Schreck zurück und rief wobei er sich umwandte - mit gedämpfter Stimme der kleinen Gruppe von Christen zu: "Kindlein - es ist der Antichrist!" 
Da erdröhnte ein betäubender Donnerschlag und gleichzeitig flammte im Tempel ein riesiger Kugelblitz auf und traf den Starez. Alle erstarrten für einen Augenblick, und als die betäubten Christen wieder zu sich kamen, lag der Starez Johannes tot da.

Der Herrscher eher, bleich aber ruhig, wandte ich zur Versammlung: "Ihr habt da 
Gottesgericht gesehen. Ich wollte niemandes Tod, aber mein himmlischer Vater rächt seinen geliebten Sohn. Die Sache ist entschieden. Wer kann mit dem Höchsten streiten? Sekretäre, schreibt: Das ökumenische Konzil aller Christen hat, nachdem Feuer vom Himmel den unsinnigen Gegner der göttlichen Majestät zerschmettert hat, den machtvollen Herrscher über den ganzen Erdkreis einstimmig als einen obersten Führer und Herrn anerkannt." 
Plötzlich erscholl im Tempel ein lautes und deutliches Wort: "Contradicitur! - Ich widerspreche!" Papst Petrus II stand auf und mit gerötetem Gesicht, am ganzen Leibe bebend, erhob er seinen Krummstab und sagte: "Unser alleiniger Herr ist Jesus Christus, der Sohn des lebendigen Gottes! Wer du aber bist, du hast es gehört. Hinweg, Gefäß des Teufels! Durch die Macht Christi stoße ich - als Diener Gottes - dich aus der Gemeinde Gottes aus und übergebe dich deinem Vater, dem Satan! Anathema! (Sei verflucht!)". 
Während er noch sprach, machte der Großmagier unter seinem Umhang heimliche Bewegungen, und lauter als das Anathema erdröhnte ein Donnerschlag und der letzte Papst fiel leblos zu Boden. 
"Also werden alle meine Feinde von der Hand meines Vaters umkommen!" sagte der Herrscher.

Er wandte sich um und gestützt auf den Großmagier, verließ er mit seinem ganzen Haufen langsam die Bühne und den Tempel. Zurück blieben die beiden Toten und der eng geschlossene Kreis der Christen, die vor Furcht zitterten. Der einzige, der einen klaren Kopf behalten hatte, war Professor Pauli. Der allgemeine Schrecken hatte in ihm alle Kräfte des Geistes wachgerufen. Auch äußerlich veränderte er sich - er bekam ein begeistertes Aussehen. Mit sicheren Schritten ging er hinauf auf die leere Bühne, setzte sich auf den Platz eines StaatSekretärs, nahm ein Blatt Papier und begann darauf zu schreiben. 

Nachdem er damit zu Ende war, stand er auf und Ias mit lauter Stimme vor:
,.Zum Ruhme unseres alleinigen Erlösers Jesus Christus. Das in Jerusalem versammelte ökumenische Konzil der Kirchen fasst, nachdem unser Bruder Johannes, der Vorsteher der östlichen Christenheit, den großen Feind Gottes überführt hat, dass er der im Wort Gottes vorhergesagte Antichrist ist, und nachdem unser Vater Petrus, der Vorsteher der westlichen Christenheit, ihn ordnungsgemäß auf ewig aus der Kirche der Christenheit verstoßen hat - das Konzil fasst nun vor den Leibern dieser zwei für die Wahrheit getöteten Zeugen Christi den Beschluss: Alle Gemeinschaft mit dem Verstoßenen und seinen Anhängern abzubrechen und in die Wüste zu gehen, um dort die ersehnte Wiederkunft unseres Herrn Jesus Christus zu erwarten."
Die Menschen wurden von neuem Mut und neuer Kraft erfüllt und es ertönte lautes Rufen: Komm, Herr Jesu. Komm bald!
Professor Pauli schrieb hinzu und las vor: "Nach der einstimmigen Annahme dieses einzigen Beschlusses des letzten ökumenischen Konzils unterschreiben wir alle mit unseren Namen."
Und er machte der Versammlung ein Zeichen. Daraufhin gingen alle eilig auf die Bühne und unterschrieben. Als Letzter unter schrieb er selbst in großen Buchstaben: Professor Ernst Pauli.
"Jetzt gehen wir mit dem Zeugnis unseres letzten Bundes," sagte er und wies auf die zwei Toten. Sie wurden auf Bahren gelegt. Und langsam, unter Gesang lateinischer, deutscher und kirchenslavischer Hymnen, schritten die Christen dem Ausgang zu.

Hier wurde der Zug aufgehalten durch einen vom Herrscher selbst gesandten Staatssekretär in Begleitung eines Offiziers und einer Kompanie Soldaten. Der Staatssekretär las folgendes Schreiben vor: "Befehl der göttlichen Majestät: Zur Belehrung des christlichen Volkes und zu seiner Bewahrung vor übelgesinnten und Unruhe stiftenden Menschen haben wir es für heilsam erachtet, die Leichname der zwei durch Feuer vom Himmel getöteten Empörer öffentlich auszustellen und zwar am Eingang des Haupttempels dieser Religion, der seinen Namen nach dem Grabe trägt, nämlich Grabeskirche, damit jeder sich überzeugen kann, dass sie wirklich tot sind.
Ihre widerspenstigen Gesinnungsgenossen, die alle unsere Wohltaten böswillig zurückweisen und in unsinniger Verblendung ihre Augen verschließen vor den klaren Zeichen der Gottheit - sie werden durch unsere Barmherzigkeit von ihrem verdienten Schicksal befreit, nämlich dass auch sie sterben durch Feuer vom Himmel. Es wird ihnen völlige Freiheit gewährt; nur um des Gemeinwohles willen wird es ihnen verboten, sich in Städten und anderen bewohnten Orten aufzuhalten, damit sie mit ihren bösartigen und hinterhältigen Ansichten nicht unschuldige und einfältige Menschen verwirren und verführen. "
Nachdem er das verlesen hatte, übernahmen die Soldaten die Bahren mit den beiden Toten und Professor Pauli sagte: "Hiermit wird erfüllt, was geschrieben steht!"
Und die Christen machten sich eilig auf den Weg aus der Stadt hinaus. Die Straße war vorsorglich durch die Polizei von der Volksmenge geräumt worden.

Auf den Bergen der Wüste um Jericho beschloss man, einige Tage zu rasten. Am nächsten Morgen kamen aus Jerusalem christliche Pilger zu ihnen und berichteten, was sich inzwischen dort ereignet hatte. Nach einem gemeinsamen Mahl wurden alle Konzilsmitglieder in den riesigen Thronsaal des Palastes, der um den Platz gebaut war, an dem der Thron des Königs Salomos gestanden haben soll. Hier wandte sich der Herrscher an die katholischen Würdenträger und erklärte ihnen, dass das Heil der Kirche von ihnen offensichtlich die sofortige Wahl eines Nachfolgers auf dem Stuhl Petri verlange und dass seine Anwesenheit gewisse Formalitäten, die man nicht einhalten könne, reichlich ersetze, da er ja der Führer und Vertreter der gesamten christlichen Welt sei.
Und im Namen aller Christen schlage er vor, seinen Freund und Bruder, den Kardinal Appolonius zu wählen, damit auf Grund ihrer engen Beziehung Kirche und Staat zum Heile beider sich fest und unauflöslich miteinander verbänden.
Das heilige Kollegium begab sich danach zum "Konklave" in ein besonderes Gemach des Palastes und kehrte nach einer reichlichen Stunde mit dem neuen Papst Appolonius zurück.
Während die Wahl vollzogen wurde, hatte der Herr eher in einer schönen Rede voller Sanftmut und Weisheit die orthodoxen und evangelischen Christen dazu überredet, angesichts des neuen Zeitalter in der Geschichte des Christentum die alten Unterschiede zwischen den Konfessionen aufzuheben. Er stehe mit einem Wort dafür ein, dass Appolonius dafür sorgen werde, allen geschichtlichen Missbräuchen der päpstlichen Gewalt für immer ein Ende zu bereiten.
Durch diese Rede überzeugt, hatten die Vertreter der Orthodoxie und der Evangelischen Christen eine Urkunde über die Vereinigung der Kirchen aufgesetzt.
Als der neue Papst Appolonius mit den Kardinälen erschien, überreichten ihm ein Bischof und ein evangelischer Theologe unter freudigem Beifall der ganzen Versammlung im Thronsaal da Schriftstück.
"Ich akzeptiere diese Vereinigung von ganzem Herzen," sagte Appolonius und setzte seinen Namen unter die Urkunde. "Ich bin ein ebenso wahrhaft orthodoxer Christ, wie ich ein evangelischer Christ und ein wahrhafter Katholik bin," fügte er hinzu und wechselte mit dem Deutschen und dem Griechen den Bruderkuss. Danach trat er zum Herrscher, der ihn umarmte und ihn lange umfangen hielt.
Während es dabei im ganzen Saal still war, begannen seltsame leuchtende Punkte im Palast und im Tempel nach allen Richtungen umherzufliegen. Sie wuchsen und verwandelten sich. Es regnete Blumen, wie sie zuvor auf der Erde nie gesehen worden waren und die Luft erfüllte sich mit einem unbekannten, lieblichen Duft. Zugleich erklangen Herz und Seele ergreifende Töne und unsichtbare Sänger priesen die neuen Herrscher über Himmel und Erde.
Unterdessen ertönte ein erschreckendes unterirdisches Lärmen in der nordwestlichen Ecke des Palastes, wo sich nach islamischer Überlieferung der Eingang zur Unterwelt befand. Als sich die Versammlung auf die Aufforderung des Herrschers hin nach dieser Seite begab, hörten alle Anwesenden deutlich zahllose feine, durchdringende Stimmen - halb klangen sie wie von Kindern, halb wie von Teufeln - die schrien: Die Zeit ist gekommen, lasst uns frei ! Erlöst uns!
Als aber Appolonius sich zum Felsen niederbeugte und in einer unbekannten Sprache dreimal etwa hinunterrief, verstummten die Stimmen und der unterirdische Lärm hörte auf.
Inzwischen hatte sich eine unübersehbare Volksmenge vor dem Palast versammelt. Der Herrscher trat, zusammen mit dem neuen Papst, in der Dämmerung auf die östliche Freitreppe hinaus und erregte einen Sturm der Begeisterung. Huldvoll grüßte er nach allen Seiten, während Raketen auftiegen und zerplatzten und dabei wie Feuerfontänen in allen Regenbogenfarben leuchteten.
Der Jubel des Volke kannte keine Grenzen.

Indessen widmeten sich die Christen in der Wüste bei Jericho dem Fasten und dem Gebet.
Am Abend des vierten Tage , als es dunkel geworden war, drang Professor Pauli mit einigen treuen Begleitern auf Eseln und mit einem leeren Wagen heimlich in Jerusalem ein. Auf Nebenstraßen umgingen sie den Palast und kamen schließlich zur Grabeskirche, wo noch immer die Leiber des Starez Johannes und des Papstes Petrus auf dem Pflaster lagen. Zu dieser Stunde war die Straße menschenleer, die ganze Stadt war wieder zum Palast des Herrschers geströmt und die Wächter lagen in tiefem Schlaf.
Professor Pauli und seine Begleiter staunten, dass die beiden Toten trotz der Hitze - von der Verwesung völlig unberührt geblieben waren. Sie legten sie auf den Wagen, deckten sie mit Mänteln zu und traten so den Weg zurück in die Wüste an. Doch kaum waren sie dort angekommen, als der Geist des Lebens in die beiden Toten zurückkehrte. Sie regten sich, warfen die Mäntel ab und bald standen die beiden lebendig und unversehrt mitten in der Menge ihrer treuen Mitchristen.
Der Starez Johannes begann zu sprechen: "Nun, Kindlein, seht: Wir haben uns also nicht voneinander getrennt. Und gebt acht, was ich euch jetzt sage: Es ist Zeit, dass das letzte Gebot Christi über seine Jünger in Erfüllung gehe, dass sie eins seien, gleichwie er selbst mit dem Vater eins ist. Und so geben wir um dieser Einheit willen unserem geliebten Bruder Petrus die Ehre: Er soll zum Ende der Zeiten die Schafe Christi miteinander weiden. So sei es, Bruder." Und er umarmte Petrus. Da trat Professor Pauli heran und wandte sich an den Papst:
"Du bist Petrus", sagte er. "Jetzt ist es ja gründlich erwiesen." Und mit seiner Rechten drückte er dessen Hand und die Linke reichte er dem Starez Johanne mit den Worten: "So, also, Väterchen, nun sind wir ja eins in Christo."
Auf diese Weise vollzog sich die Vereinigung der Christen inmitten dunkler Nacht an einem einsamen Ort in der Wüste.
Doch das Dunkel der Nacht wurde plötzlich durch einen hellen Glanz erleuchtet und am Himmel erschien ein Zeichen: Eine Frau, von Sonnenlicht umflutet und der Mond unter ihren Füßen und auf ihrem Haupt sah man eine Krone aus zwölf Sternen. Die Erscheinung verharrte einige Zeit am Himmel und bewegte sich dann langsam nach Süden.
Papst Petrus aber rief: "Das ist unser Zeichen! Ihm wollen wir folgen!" Und begleitet von den beiden Ältesten und der ganzen Christenschar ging er der Erscheinung nach - zum Sinai, dem Berge Gottes.


Kurze Erzählung vom Antichrist

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Nein zu allen Christenhassern

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In unserem Vorkommentator Schiller haben wir aber einen totalen Christenhasser entdeckt!


Vielleicht könnte mir Herr Schiller einmal sagen, inwiefern Jesus Christus Nutznießer als Religionserneuerer war? Meines Wissens ist er abgeschlachtet worden. Diejenigen, die das Christentum vertraten, haben viel Unheil angerichtet, jedoch gegen den Willen und die Lehre Jesu. Darum ist es sehr schräg, „dem Christentum“ ans Leder zu wollen. Im Übrigen hat sich das Christentum immerhin ca. 150 Jahre lang nach Christus gewaltfrei ausgebreitet. Erst mit der Christianisierung der römischen Armee fielen schwere Schatten auf das Christentum. Aber Differenzierung muss ja nicht unbedingt sein. Es geht auch der kreisende Holzhammer.

Sie können sich dann ja über die toten Kopten freuen. Herzlichen Glückwunsch, Herr Schiller. Sie können dann ja Ihr ganz persönliches Jubellied singen. Selbst wenn alle Religionen ausgerottet werden würden, würde es weiterhin Mord und Totschlag unter den Menschen geben.

 

Religion wird aber nie ausgerottet werden können, weil der Mensch denken kann und sich immer die Grundfragen stellen wird, woher er kommt, wer und warum er ist und wohin er geht. Wenn dann nach dem Christentum noch eine Religion erfunden werden würde, könnten Sie froh sein, wenn Jesus Christus noch einmal auf die Welt kommen würde, um das Christentum erneut zu initiieren. Was haben Sie an seiner Lehre auszusetzen? Wenn Sie pauschal das Christentum verdammen, dann verdammen Sie auch Jesus, dessen Wunsch es war, dass seine Anhänger in Harmonie mit sich und der Welt leben sollten und diese Liebe in die Welt hinaustragen sollten.


Während beim Christentum Jesus und sein Bodenpersonal tatsächlich zu trennen sind, weil das Bodenpersonal eigenmächtig teilweise gegen den Willen Jesu gehandelt hat, können sie beim Islam jedoch auf eine Einheit zwischen dem Gründer und dem Bodenpersonal vertrauen.

Etwas Differenzierung tut not. Wenn Sie das Christentum verdammen, verdammen Sie nicht nur zu Recht Inqusition, feindliche Eroberung Lateinamerkas und Co., sondern auch zu Unrecht sämtliche Sozialeinrichtungen, sämtliche Persönlichkeiten wie Mutter Theresa oder Franziskus, die auch zum Bodenpersonal gehörten. Im Übrigen hatten die mayanischen und indianischen Ideologien genauso ihre Schattenseiten. Es waren auch nicht immer erhaltenswerte Systeme. Also bleiben Sie einmal cool und überlegen einmal, woher Begrifflichkeiten wie „Würde des Menschen“ und „Nächstenliebe“ abzuleiten waren?

Marx hatte selbstverständlich Recht, wenn er sagte, dass Religion Opium fürs Volk sei, jedoch nur dann, wenn Religion ausgrenzend lehrt und hassvoll agiert. Aber aus Marxens Lehre sind ja auch wohl Millionen von Toten entsprungen im Kommunismus und Sozialismus auf Erden. Diese Ideologien waren auch ohne Religion genauso Opium fürs Volk.

Es kommt immer auf die geistige Absicht an, wenn ich eine Ideologie oder Religion in die Welt setze. Wenn Jesus ein falsches Verhaltensmuster als Lehre in die Welt gesetzt und gefordert hat, was haben dann andere Religions- und Sektenführer in die Welt gesetzt? Die vielfach gepriesene Französische Revolution ließ ja auch die Losung herausgeben: Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit – oder den Tod.  Der letzte Absatz „oder den Tod“ wird ja gern einmal vergessen. Ja diese Revolution ist gefeiert worden und wird noch heute ohne den Absatz unwahrheitsgemäß gefeiert. Aber diese Revolution hat auch ihre Kinder gefressen, weil sie ebenso gewaltsam wie ausgrenzend stattfand nach dem Motto: Willst Du nicht mein Bruder sein, schlag ich Dir den Schädel ein“. Möchten Sie lieber eine fortdauernde Französische Revolution erleben?

Im Übrigen machen heutige Pauschalkritiker einen großen Denkfehler. Sie können nicht über Zeiten urteilen, in denen sie nicht gelebt haben. Das klappt schon nicht, wenn Sie Großmutters Zeiten beurteilen wollen. Aus einem bequemen Fernsehsessel heraus kann immer ein noch bequemeres Urteil gefällt werden. Die Menschen hatten damals echte Existenzängste. Sie waren in dem Glauben verhaftet, dass Naturkatastrophen, Blitz und Donner oder Pest bei Vieh und Mensch die Anwort Gottes für menschliches Fehlverhalten waren. Deshalb Menschenopfer und andere Schauerlichkeiten. Sie ließen Aberglauben und mit ihm Hexenwahn erblühen (übrigens: Hexenverbrennungen haben vornehmlich nördlich der Alpen stattgefunden, nicht beim Papst in Rom). Und warum? Es ging wie immer ums Überleben. Sie hatten nicht den wissenschaftlichen Überblick wir wir heute und es wäre vermessen, damalige Religionen zu verurteilen. Selbstverständlich haben Religionsvertreter dieses für ihre Zwecke ausgenutzt. Vielfach haben sie aber auch den Menschen zur Seite gestanden. Die obere Schicht der Bischöfe mag korrupt gewesen sein, was aber auch nicht auf alle zutraf. Die Pfarrer in der Gemeinde waren sehr oft (Ausnahmen gab es selbstverständlich auch unter ihnen wie heute auch) Anlaufstelle und Hilfsinstanz.

Da der Mensch nicht fehlerlos gebaut worden ist und in seiner ganzen irdischen Machart sich immer mit den Unbilden des Lebens im Sinne von Selbsterhaltung herumschlagen musste (im Schweiße seines Angesichtes sein Brot verdienen), gab es immer stärkere Menschen, die andere für ihre Zwecke ausgenutzt und drangsaliert haben bis hin zur Rechtfertigung der Sklaverei. Das haben Religionen und atheistische Ideologien für sich ausgenutzt. Darin lag der immerwährende Widerstreit innerhalb der Menschheit.

Und dann kommt Jesus und will diesen Widerstreit durch seine Lehre von der Nächstenliebe, die auf freiwilliger Basis aufgebaut und von der Liebe zu Gott geprägt sein soll. Das war wohl für die Menschen zuviel. Das haben die Wenigsten bis heute nicht verstanden. Dann aber, Herr Schiller, geben Sie nicht dem Christentum die Schuld, wenn die Menschen Jesu Lehre einfach nicht verstehen oder verstehen, aber nicht nach ihr handeln können. Denn das ist gar nicht so einfach. Können Sie, Herr Schiller, immer Ihre Feinde lieben? Menschen sind nun einmal mit Fehlern und Sünden und Egoismen behaftet, ob wir es wollen oder nicht. Sind Sie ein Mensch ohne Fehler? Dann herzlichen Glückwunsch. Dann können Sie uns ja lehren, wie ein Leben ohne Sünde und Fehler zu gestalten ist. Da steht Religion, auch wenn sie den besten Lehrmeister aller Zeiten hatte (ich meine bei aller Kritik Jesus damit), immer in der Gefahr, ins Straucheln zu geraten.

Der Geist mag willig sein, das Fleisch (sprich der irdische Teil des Menschen) ist halt schwach.  Ich denke, das alles ist nüchtern festzustellen und nicht propagandistisch aufzublähen. Das alles wird einfach ignoriert, es wird nur auf das Schlechte geschaut und immer drauf. Das ist ja auch heute so: Schlechte NAchrichten bringen Sensationen. Das stille Gute fällt nicht auf und es wird als selbstverständlich angenommen. So ist es auch beim Christentum. Sie dürfen Kirche halt nicht immer mit gelebtem Christentum gleichsetzen, dann wird ein Schuh daraus.
Aber wenn es Ihnen dabei gutgeht, ist das durchaus ok.

Ein Kommentar von Herrn Kemmer

 

Quelle

Freitag, 6. Mai 2011

Warum der radikale Säkularismus eine Bedrohung für unsere Gesellschaft darstellt

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Demokratie vs. Relativismus: Warum der radikale Säkularismus eine Bedrohung für unsere Gesellschaft darstellt.

Von Erzbischof Charles J. Chaput, Denver

Zwei der größten Unwahrheiten in der Welt von heute sind die Behauptungen, dass das Christentum von geringer Bedeutung für die Entwicklung des Westens gewesen sei und dass die westlichen Werte und Institutionen ohne eine Verankerung in den christlich moralischen Grundsätzen aufrechterhalten werden könnten.


Die westlich zivilisierte Welt kann nicht losgelöst von ihrem zweitausendjährigen christlichen Kontext verstanden werden, in welchem sie sich entwickelt hat. Ein Volk, das seine Geschichte nicht kennt, kennt sich selbst nicht. Menschen, die vergessen wer sie sind, können leicht manipuliert werden. Unsere Gesellschaften sind von Geburt her christlich, und ihr Überleben hängt vom weiteren Bestand christlicher Werte ab. Unsere Hauptprinzipien und politischen Institutionen basieren in großem Maß auf der Moral des Evangeliums, der christlichen Sicht des Menschen, des Staates und der Würde der menschlichen Person. Entfernt man Christus, so entfernt man die einzig vertrauenswürdige Grundlage unserer Werte, Institutionen und Lebensweise. In der Welt von heute werden die Geschichte der Kirche und das Erbe der “westlichen” Gesellschaft verdrängt. Die Gleichgültigkeit gegenüber unserer christlichen Vergangenheit aber trägt nicht zur Verteidigung unserer Werte und Institutionen in der Gegenwart bei.

Der Relativismus ist zur Zivilreligion und allgemein verbreiteten Philosophie des Westens geworden. Angesichts des Pluralismus der modernen Welt neigt unsere Gesellschaft dazu, zu behaupten, dass niemand als Einzelner oder Gruppe ein Monopol an der Wahrheit besäße und alle Kulturen und Religionen als gleichberechtigt und gleich gültig respektiert werden sollten.   

In der Praxis sehen wir jedoch, dass unsere politischen Institutionen und Sprache ohne das Vertrauen in feste moralische Grundsätze und eine transzendente Wahrheit zu einem Instrument im Dienste einer neuen Barbarei werden. Im Namen der Toleranz tolerieren wir die schlimmste Intoleranz. Der Respekt für andere Kulturen führt oft zur Herabwürdigung unserer eigenen Kultur. Die Vorstellung von “Leben und leben lassen” dient als Rechtfertigung der Starken auf Kosten der Schwachen zu leben. Abtreibung, Kindstötung und Euthanasie, Embryonenforschung und eugenische Versuchungen zielen auf die Beseitigung der Armen ab, der Behinderten und der schwachen älteren Menschen. Ohne ein Fundament in Gott oder eine höhere Wahrheit können unsere demokratischen Institutionen sehr leicht zu Waffen gegen die Schwachen und unsere eigene menschliche Würde werden. Die Menschenrechte kommen von Gott und der Staat sollte existieren, um die Rechte des Menschen zu schützen und sein Gedeihen zu befördern, aber er kann niemals die Quelle solcher Rechte sein. Maßt sich der Staat für sich selbst eine solche Gewalt an, kann sogar selbst eine Demokratie totalitär werden, nämlich dann, wenn der Wille der Mächtigen und Starken sich das Gesetz so zurechtlegt, dass damit die Schwachen zu beseitigt werden.

Die christlichen Überzeugungen, die den säkularen Westen im höchsten Maße irritieren, sind jene, welche die Abtreibung, die Sexualität und die Ehe zwischen Mann und Frau betreffen. Diese Überzeugungen bringen die Wahrheit über den Sinn menschlicher Fruchtbarkeit, seines Daseins und seiner Bestimmung zum Ausdruck. Diese Wahrheiten muten rebellisch an in einer Welt, die uns glauben machen möchte, dass Gott unnötig sei und das menschliche Leben keinen ihm innewohnenden höheren Sinn besäße. Das ist die Kultur des Todes. Von daher versteht sich, warum die Kirche bekämpft und bestraft werden muss, eben weil sie sich für das umfassende Leben einsetzt. Deshalb wird sie aber auch als widerspenstigste und gefährlichste Häretikerin der neuen Weltordnungspolitik angesehen.
Die Kirche ist dazu aufgerufen, eine Glaubensgemeinschaft des Widerstandes zu sein. Wir müssen die Dinge bei ihrem wahren Namen nennen. Wir müssen die Missstände bekämpfen, die wir sehen. Wir müssen das wirklich glauben, von dem wir behaupten, dass wir es glauben. Dann müssen wir dieses mit dem Zeugnis unseres eigenen Lebens bezeugen. Überzeugt von der Wahrheit des Glaubens, sollten wir Feuer und Flamme sein, nach diesen Wahrheiten zu leben, diese Wahrheiten zu verteidigen, auch bis hin zu dem Punkt, wo wir selbst Ausgrenzung erfahren und leiden müssen. Die Lektion des 20.Jahrhunderts besteht darin, dass es keine billig verdiente Gnade gibt. Dieser Gott, an den wir glauben, liebte die Welt so sehr, dass er seinen einzigen Sohn sandte, um für diese zu leiden und zu sterben. So fordert er uns heraus, ebenso mutig und opferbereit zu leben, wie uns das von Jesus Christus gezeigt worden ist.
Freie Menschen, wie es Christen in der Tat sind, können nicht frei bleiben ohne religiösen Glauben und die Tugenden, die diesen stützen. Trennung zwischen Kirche und Staat heißt nicht, das öffentliche Leben auf radikale Weise zu säkularisieren. Der Begriff “freedom of worship” oder Bekenntnisfreiheit ist eine ziemlich restriktive Vorstellung, die heutzutage oft politisch benützt wird. Aber unsere Gründerväter hatten nicht die Absicht, die Religion aus dem öffentlichen Raum und den öffentlichen Angelegenheiten zu verbannen.
Sie wollten den Bürgern die Freiheit garantieren, ihren Glauben öffentlich und entschieden leben zu können, und auch, ihre religiösen Überzeugungen bei der Schaffung einer gerechten Gesellschaft einzubringen. Religionsfreiheit beinhaltet das Recht, zu predigen, zu lehren, sich zu versammeln, sich zu organisieren, sowie die Gesellschaft und die öffentlichen Angelegenheiten prägen zu wollen – und dies sowohl als Individuen als auch im Zusammenschluss als Glaubensgemeinschaften. Das bedeutet freie Ausübung der Religion.
Lesen Sie hier den vollständigen Text von Erzbischof Chaput auf Englisch.

Der Text ist ein Beitrag aus der Publikation „Exiting a Dead End Road. A GPS for Christians in Public Discourse“ (2011, Kairos Publications, herausgegeben von Gudrun and Martin Kugler). Sie können das vollständige Buch als eBook oder im Hardcover-Format erwerben. – zur Beschreibung und den Verkaufsbedingungen klicken Sie bitte hier.

Die Bibel - heute für mich

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Die Ziehung hat folgende Textstelle ergeben
 
Die Psalmen 18, 33
 
Gott hat mich mit Kraft umgürtet, 
er führte mich auf einen Weg ohne Hindernis.
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Dienstag, 3. Mai 2011

Dieser Frau passierte, wovor sich alle fürchten

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04.12.2010 12:14 Uhr
Von Susanne Leinemann* – Foto: Eva Leitolf / ZEITmagazin
 
Es ist eine Urangst vieler Menschen: nachts überfallen, brutal niedergeknüppelt zu werden. Susanne Leinemann (41), Autorin beim „Zeit-Magazin“, ist dies widerfahren. Was sie erlebte, hat sie aufgeschrieben. BILD druckt Auszüge:

Eine Frau läuft spätabends eine Straße in Berlin entlang. Es ist kurz vor 23 Uhr. Die Frau beeilt sich, sie ist ein bisschen spät dran, um elf wollte sie zu Hause sein. Plötzlich hört sie dicht hinter sich zwei Männerstimmen. Im nächsten Moment springt der innere Alarm an. Die überholen mich nicht, kleben hinter mir. Etwas stimmt hier nicht. 

Diese Frau bin ich. Am 29. April 2010 bricht kurz nach 23 Uhr Gewalt über mich herein. Hemmungslos, mitleidlos, maßlos. Als ich zu mir komme, liege ich auf dem Bürgersteig in meinem Blut. Meine Handtasche, keine Ahnung, wo die ist. 

Später im Krankenhaus stellen die Ärzte ein Schädel-Hirn-Trauma, Schädelbruch über der Augenhöhle und einen Hirnhautriss fest.


DIE TÄTER
Es dauert gar nicht lange, bis sie gefasst werden. Zwölf Tage. Da haben sie einen räuberischen Amoklauf hinter sich, sechs Überfälle. Drei jugendliche Täter seien es, sagt mein Polizist, „Brandenburger“. Die meisten Überfälle geschahen im Wedding, da ist dieses Täterprofil rar. Türken und Araber sind dort der Standard.

Nach ihrer Entlassung aus dem Krankenhaus sind Susanne Leinemann und ihr Mann zur Zeugenaussage im Poli­zeipräsidium.


BEI DER POLIZEI
Wir sitzen auf dem Flur des Präsidiums. Da öffnet sich eine Tür, ein schlaksiger junger Kerl wird von zwei Beamten auf den Gang geführt. Ob er nicht wissen wolle, ob die Frau noch lebe, die sie überfallen hätten, wird der Kerl später von Polizisten gefragt. Da lehnt sich der Siebzehnjährige zurück, grinst und sagt: „Und? Lebt sie noch?“


DER ÜBERFALL
Am Abend des 29. April ziehen die drei los. Sie brauchen Geld. Aus einer Tasche holen sie eine dicke Treppensprosse hervor. Auf Höhe einer Laterne holen sie mich ein, schlagen mir von hinten auf den Schädel, ich falle zu Boden. „Wie ein Klappstuhl“, werden sie später in der U-Bahn feixen. Der Zweite tritt mir ins Genick. Völlig benommen komme ich mit dem Kopf hoch. Da schlägt mir der Jüngste mit dem Treppenteil frontal ins Gesicht. Ein knackendes Geräusch, der Schädelbruch.


DIE FLUCHT
Der Haftrichter ordnet statt U-Haft bis zum Prozess ein offenes Heim an. Alle drei hauen in den folgenden 48 Stunden ab.


DER PROZESS

Niko K. (16), Steffen G. (17) und Tobias L. (17) werden wieder geschnappt, zu Haftstrafen zwischen zwei und fünf Jahren verurteilt. 

Ich sehe die Täter an – und fühle nichts. Im Grunde interessiert es mich nicht, wer sie sind und warum sie so geworden sind, wie sie sind. Eine kaputte Kindheit ist kein Freifahrtschein für Mord und Totschlag.


*Susanne Leinemann ist Autorin des Magazins der Wochenzeitung „Die Zeit“. Der Abdruck erfolgte mit freundlicher Genehmigung.

Quelle

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Jugendgewalt - Strafe muss wehtun

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Von Jan Fleischhauer

Nach dem Gewaltexzess in einer Berliner U-Bahn-Station diskutiert die Politik über den "Warnschussarrest" für Jugendliche. Kritiker sagen, dass Haft noch niemanden gebessert habe, doch genau da beginnt das Missverständnis: Sinn von Strafe ist nicht Besserung, sondern Vergeltung. 


Eines der nachhaltigsten Reformvorhaben der Nachkriegsgeschichte, dessen Bedeutung im öffentlichen Bewusstsein nie seinen angemessen Platz fand, ist die grundlegende Modernisierung des Strafrechts. Die im Epochenjahr 1969 von der ersten sozialliberalen Koalition ausgelöste Generalüberholung hat die Strafzumessung in Deutschland tiefgreifend verändert. 

Die Zahl der Menschen, die wegen schwerer Vergehen ihre Freiheit einbüßten, ging schlagartig und dauerhaft zurück. Wurden 1968, also ein Jahr vor Beginn der Reform, 172.000 Straftäter zu Gefängnis verurteilt, sind es seitdem, mit geringen Schwankungen, nur noch knapp 70.000 im Jahr. Ein schöner Humanisierungseffekt, der sich allerdings nicht der gewachsenen Gesetzestreue der Deutschen verdankt, sondern ausschließlich der gestiegenen Milde der Gerichte.

Den Enthusiasmus der Praktiker für die Strafzurückhaltung haben die Bürger nie wirklich geteilt. Im gemeinen Volk hält sich bis heute hartnäckig die Vorstellung, dass dem Verbrechen eine Vergeltung folgen sollte. Dieses Verlangen flammt bei Gelegenheit immer wieder auf, so sehr sich die Experten auch mühen, die Vorzüge des Vergeltungsverzichts zu preisen. In der vergangenen Wochen waren es die Gewaltbilder aus einem U-Bahnhof in Berlin, die viele nach einer entschiedeneren Aburteilung rufen ließen, in diesem Fall durch die Entscheidung des zuständigen Haftrichters befördert, den Delinquenten sofort wieder auf freien Fuß zu setzen.

Das Problem ist dabei gar nicht so sehr die Haftverschonung für den jugendlichen Exzesstäter - auch wenn man Zweifel haben kann, ob die Verhältnisse bei einem 18-Jährigen, der mal eben einen Passanten auf einem U-Bahnhof fast zu Tode tritt, wirklich so "geordnet" sind, wie die Berliner Staatsanwaltschaft dem Abiturienten nach der erste Anhörung sogleich bescheinigte. Das Problem ist eine Justiz, die weitgehend von Strafen absieht, die von den Tätern und, vielleicht wichtiger noch, auch den Opfern als solche empfunden werden.

Besserung des Übeltäters?

Wer heute seiner Gewaltneigung freien Lauf lässt, wobei die Anlässe meist völlig nichtig sind, kann darauf vertrauen, dass sein Leben keine empfindliche Störung durch den Sanktionsapparat erfährt. Selbst in Fällen, in denen der Tod oder zumindest eine schwere Behinderung des Zufallsopfers in Kauf genommen wird, steht am Ende in der Regel eine Bewährungsstrafe, verbunden mit der Auflage, einige Stunden in einem Altenheim soziale Dienste zu verrichten oder beim örtlichen Gartenamt auszuhelfen. 

Wir haben uns angewöhnt, Strafe als pädagogische Maßnahme zu sehen. Weil im Vordergrund des modernen Strafrechts, wie es sich nach 1969 durchgesetzt hat, die Resozialisierung, also Besserung des Übeltäters, steht, misstrauen die Experten dem Gefängnis, das ja von seinem Wesen her noch immer weniger Therapie- denn Strafanstalt ist. So laufen alle Argumente gegen "Warnschussarrest", den die Bundesregierung nun als Reaktion auf die Berliner Vorfall durchsetzen will, auch darauf hinaus, die sozialpädagogisch bedenklichen Wirkungen des kurzfristigen Freiheitsentzuges herauszustellen. "Wenn jugendliche Gewalttäter ins Gefängnis müssen, kommen sie meistens nicht besser raus", erklärte der grüne Bundestagsabgeordnete Hans-Christian Ströbele folgerichtig die Ablehnung seiner Partei. 

 
Strafe soll Gewalt sein
In den Hintergrund getreten ist dabei die Idee, dass Strafe Gewalt ist, ja ursprünglich auch sein soll. Sie vergilt das Übel grob asozialen Verhaltens mit einem anderen Übel. Oder wie es bei Karl Binding, einem der Hauptvertreter der bis 1969 gültigen Gerechtigkeitstheorie, heißt:
"Der Zweck der Strafe kann also nicht sein, den Rebellen gegen die Rechtsordnung in einen braven Bürger zu verwandeln… (Die Strafe soll) nicht heilen, sondern dem Sträfling eine Wunde schlagen."
Vor allem bei den Opfern von Straftaten und ihren Angehörigen überwiegt allen Strafrechtsreformen zum Trotz der Wunsch, den Täter leiden zu sehen für das, was er ihnen angetan hat. Sie erwarten von den Vollzugsorganen, ihnen eine Genugtuung zu verschaffen, die sie sich selbst nicht verschaffen dürfen. Ganz unberechtigt ist diese Erwartung nicht: Das Gewaltmonopol des Staates gründet schließlich ganz wesentlich auf dem Versprechen, im Schadensfall nicht nur Appellationsstelle, sondern auch Satisfaktionsinstanz zu sein. 



Der doppelte Nachteil des braven Bürgers
 
Selbst aufgeklärten Menschen kommen mitunter Zweifel, ob wir es mit dem Verständnis für die Täter nicht zu weit getrieben haben - das gilt spätestens, wenn sie selbst zum Opfer einer Gewalttat geworden sind. In einer beeindruckenden Reportage hat die "Zeit"-Redakteurin Susanne Leinemann kürzlich über einen Überfall berichtet, bei dem sie nur knapp mit dem Leben davonkam.

Drei jugendliche Schläger hatten ihr auf dem Nachhauseweg aufgelauert und sie mit der Sprosse eines Treppengeländers so zugerichtet, dass sie sich in einer Blutlache wiederfand. "Dabei sind alle drei das Produkt von lauter gut gemeinten Absichten - einer weitverzweigten Sozial- und Therapieindustrie, von Sozialpädagogen, Psychotherapeuten, Erziehern, Angestellten der Jugendämter", wie Leinemann anschließend schrieb. "Wenn ich ihre Geschichte erzähle, dann weil ich am eigenen Leib erfahren musste, dass im weiten, von der Öffentlichkeit blickdicht abgeschotteten Feld der Heimerziehung und Intensivpädagogik etwas furchtbar schiefläuft". 

Man kann nur froh sein, dass sich der Vergeltungswunsch derer, denen der Staat keine Satisfaktion mehr gewährt, nicht öfter außerhalb der vorgeschriebenen Verfahrenswege Bahn bricht. Der Rechtsfriede hält auch deshalb, weil der Staat auf die Aggressionshemmung der Geschädigten vertrauen kann, die sich schon beim ersten Mal nicht wehren konnten. Es ist die Gesetzestreue, die den braven Bürger von seinem Peiniger unterscheidet.

Wie die Dinge liegen, setzt ihn diese Treue im modernen Strafverfahren ein zweites Mal in Nachteil.



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