Sonntag, 1. Juli 2012

Den Euro retten? Für wen überhaupt

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Ohnmacht gegenüber der internationalen Finanzwelt

Auf der von George Soros unterstützten Website Open Democracy wurde von Tony Curzon Price argumentiert:
Das Spiel ist aus, nicht weil Europa gewonnen hat, sondern weil sich herausgestellt hat, wie ohnmächtig die Nationen in Wirklichkeit sind. Schauen Sie sich Rajoy, Hollande, Merkel, Tsipras und andere an, wie sie von Krise zu Krise stolpern und versuchen, den Mythos ihrer Macht bis zum bitteren Ende zu führen.
Ich stimme insofern zu, dass sich die Ohnmacht der Nation herausgestellt hat. Doch für mich handelt es sich um eine Ohnmacht nicht gegenüber Europa, sondern vielmehr gegenüber der internationalen Finanzwelt. Und die Ohnmacht ist nicht so sehr eine finanzielle, sondern eine politische.
Es gibt einfach keinen politischen Willen, es durchzusetzen, dass Verluste durch diejenigen zu tragen sind, die sie produziert haben. Dies könne man nicht zulassen, heißt es. Aber natürlich können wir es. Wir haben Menschen auf den Mond geschickt und sie wieder nach Hause gebracht. Es liegt somit nicht jenseits unserer Kräfte, insolvente Banken zu schließen und neue zu eröffnen. Wir brauchen ein funktionierendes Bankensystem. Aber es darf nicht aus solchen Banken, aus insolventen Banken, bestehen, wie das derzeit der Fall ist und um deren "Rettung" wir uns in lähmender Weise bemühen.


Schuldenbesichertes Vermögen der Superreichen würde untergehen
Würde dies die Zerstörung des Euro bedeuten? Ja, das könnte der Fall sein. Es würde auf diese Weise sehr viel durch Schulden gesichertes Vermögen zerstört werden, das sich derzeit in Besitz des reichsten Prozents der Bevölkerung befindet und in den Bilanzen der größten Banken Europas aufscheint. Und klar ist natürlich, dass, wenn ein Staat aus dem Euro ausscheidet, diejenigen Banken, die seine auf Euro lautenden Staatsschulden gezeichnet haben, beim Eintreiben dieser Schulden keinen leichten Stand haben werden.
Die Deutsche Bundesbank beispielsweise hält Obligationen unter der sogenannten europäischen Target-2-Vereinbarung, wonach die Zentralbanken Schuldscheine von anderen Zentralbanken und Staaten in Höhe von mehr als 600 Milliarden Euro innehaben, gezeichnet also in einer Währung, die im Falle eines Zusammenbruchs des Euro gar nicht mehr existieren würde. Das allein ist somit Grund genug, um ein Überleben des Euro in irgendeiner Form realistisch erscheinen zu lassen.

Einfache Tatsachen als Fackel in dunkler Nacht
Natürlich ist dies nur ein Aspekt einer komplizierten Situation. Das ist mir schon klar. Aber ich denke, dass man in einer Welt, in der es einige darauf anlegen, möglichst viel Verwirrung zu stiften und in wirtschaftlichen Angelegenheiten, insbesondere in Bezug auf ihr Vermögen und unsere Schulden, die Dinge als zu kompliziert für uns "kleinen Leuten" darzustellen, geschweige denn uns eine eigene Meinung zu zubilligen, gut daran tut, an bestimmten einfachen Tatsachen festzuhalten. Solche Fakten haben dieselbe Funktion wie eine Fackel in dunkler Nacht: Wenn auch die meisten Dinge nach wie vor in Dunkelheit gehüllt sind, beleuchten sie zumindest einen Weg nach vorn.

Unsere gegenwärtige Krise ist in viel höherem Maße eine Krise der Demokratie als eine Krise der Finanzen. Es geht um mangelnde Ehrlichkeit ebenso wie um Mangel an Wachstum. Schulden und Unehrlichkeit sind miteinander daran, die europäische Demokratie zu erwürgen.

Wir sollten uns von beiden befreien.



Dieser Artikel wurde im Rahmen einer Debatte verfasst, die derzeit von Open Democracy unter dem Titel "Menetekel für die Eurozone" geführt wird. Weitere Artikel zu dieser Debatte finden Sie auf der Website von Open Democracy:
http://www.opendemocracy.net/freeform-tags/writing-on-wall-for-eurozone





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