.....
Ohnmacht gegenüber der internationalen Finanzwelt
Auf der von George Soros unterstützten Website Open Democracy wurde von Tony Curzon Price argumentiert:
Das Spiel ist aus, nicht weil Europa gewonnen hat, sondern weil sich herausgestellt hat, wie ohnmächtig die Nationen in Wirklichkeit sind. Schauen Sie sich Rajoy, Hollande, Merkel, Tsipras und andere an, wie sie von Krise zu Krise stolpern und versuchen, den Mythos ihrer Macht bis zum bitteren Ende zu führen.
Ich stimme insofern zu, dass sich die Ohnmacht der Nation
herausgestellt hat. Doch für mich handelt es sich um eine Ohnmacht nicht
gegenüber Europa, sondern vielmehr gegenüber der internationalen
Finanzwelt. Und die Ohnmacht ist nicht so sehr eine finanzielle, sondern
eine politische.
Es gibt einfach keinen politischen Willen, es durchzusetzen, dass
Verluste durch diejenigen zu tragen sind, die sie produziert haben. Dies
könne man nicht zulassen, heißt es. Aber natürlich können wir es. Wir
haben Menschen auf den Mond geschickt und sie wieder nach Hause
gebracht. Es liegt somit nicht jenseits unserer Kräfte, insolvente
Banken zu schließen und neue zu eröffnen. Wir brauchen ein
funktionierendes Bankensystem. Aber es darf nicht aus solchen Banken,
aus insolventen Banken, bestehen, wie das derzeit der Fall ist und um
deren "Rettung" wir uns in lähmender Weise bemühen.
Schuldenbesichertes Vermögen der Superreichen würde untergehen
Würde dies die Zerstörung des Euro bedeuten? Ja, das könnte der Fall
sein. Es würde auf diese Weise sehr viel durch Schulden gesichertes
Vermögen zerstört werden, das sich derzeit in Besitz des reichsten
Prozents der Bevölkerung befindet und in den Bilanzen der größten Banken
Europas aufscheint. Und klar ist natürlich, dass, wenn ein Staat aus
dem Euro ausscheidet, diejenigen Banken, die seine auf Euro lautenden
Staatsschulden gezeichnet haben, beim Eintreiben dieser Schulden keinen
leichten Stand haben werden.
Die Deutsche Bundesbank beispielsweise hält Obligationen unter der
sogenannten europäischen Target-2-Vereinbarung, wonach die Zentralbanken
Schuldscheine von anderen Zentralbanken und Staaten in Höhe von mehr
als 600 Milliarden Euro innehaben, gezeichnet also in einer Währung, die
im Falle eines Zusammenbruchs des Euro gar nicht mehr existieren würde.
Das allein ist somit Grund genug, um ein Überleben des Euro in
irgendeiner Form realistisch erscheinen zu lassen.
Einfache Tatsachen als Fackel in dunkler Nacht
Natürlich ist dies nur ein Aspekt einer komplizierten Situation. Das
ist mir schon klar. Aber ich denke, dass man in einer Welt, in der es
einige darauf anlegen, möglichst viel Verwirrung zu stiften und in
wirtschaftlichen Angelegenheiten, insbesondere in Bezug auf ihr Vermögen
und unsere Schulden, die Dinge als zu kompliziert für uns "kleinen
Leuten" darzustellen, geschweige denn uns eine eigene Meinung zu
zubilligen, gut daran tut, an bestimmten einfachen Tatsachen
festzuhalten. Solche Fakten haben dieselbe Funktion wie eine Fackel in
dunkler Nacht: Wenn auch die meisten Dinge nach wie vor in Dunkelheit
gehüllt sind, beleuchten sie zumindest einen Weg nach vorn.
Unsere gegenwärtige Krise ist in viel höherem Maße eine Krise der
Demokratie als eine Krise der Finanzen. Es geht um mangelnde Ehrlichkeit
ebenso wie um Mangel an Wachstum. Schulden und Unehrlichkeit sind
miteinander daran, die europäische Demokratie zu erwürgen.
Wir sollten uns von beiden befreien.
Dieser Artikel wurde im Rahmen einer Debatte verfasst, die derzeit von Open Democracy unter dem Titel "Menetekel für die Eurozone" geführt wird. Weitere Artikel zu dieser Debatte finden Sie auf der Website von Open Democracy:
http://www.opendemocracy.net/freeform-tags/writing-on-wall-for-eurozone
....
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen