Liebling, steht der Sekt schon kalt?
Denk dran, die Gäste kommen bald.
Der Braten riecht verführerisch
und festlich gedeckt ist unser Tisch.
Sollen sie ruhig die Augen aufreißen,
wenn sie es seh'n, das Geschirr aus Meißen.
Und das Silber, wie wunderschön,
ist eine Pracht, es anzuseh'n.
Um das Fest noch abzurunden,
ich habe was für Dich gefunden!
War beim größten Juwelier der Stadt,
der die schönsten Dinge hat.
Hier ein Brillant vom Allerfeinsten,
das kann ich mir ja wohl noch leisten.
Vom Kirchturm verkünden die Glocken mit Schall:
"Heute ist Weihnachten - überall!"
Da, jetzt klingelt's an der Tür:
Ein kleines Kind, was will das hier?
Steht in Lumpen da - zerschunden,
bluten tut's aus vielen Wunden.
"Komm aus fernem Land hierher,
habe keine Heimat mehr.
Vater, Mutter, beide tot,
alle sind in größter Not!
Gebt mir nur ein warmes Plätzchen,
dort am Ofen, bei dem Kätzchen.
Will nicht eure Weihnacht stören,
möcht nur gerne einmal hören,
wie die Glocken hell erklingen,
und von Freud und Frieden singen.
Dort draußen zerbersten Bomben mit lautem Knall!
Doch ist heut' nicht Weihnachten - überall?"
.
Seht dort draußen auf der Bank den Mann,
ob er sich noch erinnern kann,
an all den Luxus und all die Pracht,
wie war sie doch schön, die heilige Nacht,
die er erlebt hat im Kreis seiner Lieben!
Was ist ihm heut' noch davon geblieben?
Er ist gestürzt und blieb am Boden,
und keiner war da, der ihn aufgehoben!
Nun sitzt er da mit der halbleeren Flasche,
hat keinen Cent mehr in der Tasche
um Frau und Kinder zu beschenken.
Ob die überhaupt noch an ihn denken?
Träumen kann er nur noch von seinem Zuhaus,
Prost liebe Leute, mein Leben ist aus!
Vom Turm erklingt es mit lautem Schall:
"Heute ist Weihnachten - überall!"
.
.
Die Tische sich von Geschenken biegen,
und Kinder sich in die Haare kriegen.
"So einen Computer wie Fritz will ich haben,
was soll ich mit einem Puppenwagen?
Meint ihr, ich ging damit spazieren,
soll ich mich vor den andern blamieren?
Dem Christkind werd' ich mal eine Email senden,
das Ding da, das könnt ihr anderen schenken.
Es läuten die Glocken mit lautem Schall::
"Heute ist Weihnachten - überall!"
Einen Soldaten man im Graben sieht liegen,
um ihn herum Granaten fliegen.
Er kämpft für Volk und Vaterland,
hält eine Kerze in der Hand.
Singt ganz leise und ganz sacht:
"Oh du stille, heilige Nacht!"
Und hört von Ferne einen leisen Schall:
"Heute ist Weihnachten - überall!"
.
Tief im Herzen soll Weihnachten sein
und nicht nur ein äußerer Schein.
Heute ist uns der Heiland geboren,
haben wir den Sinn darin verloren?
Denken wir nur noch an Macht und Geld,
tun wir nur noch, was uns gefällt?
Schenkt Liebe und Frieden den Menschen in Not,
die oft nicht mehr haben als ein Stück Brot.
Den Alten und Kranken gebt Mut und Kraft,
dem einsamen Mann, der es allein nicht mehr schafft!
Denkt an die Kriege, den Terror der Welt.
Heut' aber zum Feste nur eines zählt:
Das Kind in der Krippe, die Hirten am Stall!
"Denn das ist Weihnachten - überall!"
© Rita Venhues
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