Samstag, 23. Juni 2012

Selbstbewusst und offensiv

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Islamische Missionierungskampagnen im Westen werden inzwischen mit gros­ser Professionalität betrieben. Genutzt werden die Mittel moderner Kommunikation wie Internet, Film, Comic, Plakatkampagnen, Verteilaktionen und Merchandising-Artikel.

Thomas Lachenmaier

Die Zeiten, in denen islamische Missionierung sich auf die Predigten von Mullahs in den Moscheen beschränkten, sind offenbar vorbei. Mit gros­sem Selbstbewusstsein werben Muslime im Westen für ihre Religion.

Die aufwändige Aktion zur Verteilung von Millionen Ausgaben des Koran in Deutschland, der Schweiz und Österreich hatte ein kritisches Medienecho gefunden, nachdem bekannt wurde, dass radikale Salafisten hinter dieser Aktion stehen. Aber es gibt darüber hinaus eine ganze Reihe von islamischen Missionierungskampagnen in westlichen Ländern.

In den USA stösst der Comic «The 99» auf grosses Interesse. «The 99» erzählt die Geschichte von einem Team muslimischer Superhelden, die heroisch gegen das Böse in der Welt antreten. Die Zahl 99 bezieht sich auf die 99 Namen Allahs, die im Koran vorkommen, wie zum Beispiel «der Majestätische», «der Unverwundbare» oder auch der «Verursacher von Tod». In diesen 99 Namen repräsentieren sich damit Tugenden wie etwa Weisheit, Treue und Stärke. Der Comic ist ein Werk von Naif al-Mutawa vom jordanischen Royal Islamic Strategic Center, der damit im Westen «den Ruf des Islam retten» will.

Die britische «Times» kritisierte, der Auftrag der Serie sei die Einflössung «altmodischer islamischer Werte in christliche, jüdische und atheistische Kinder». Diese Kampagne wird von der Teshkeel Media Group aus Kuwait produziert, berichtet der Direktor des «Middle East Forums», Daniel Pipes. Er kritisierte US-Präsident Obama, nachdem dieser das Comicbuch dafür gelobt hatte, dass es «die Vorstellungskraft so vieler junger Menschen mit Superhelden eroberte, die die Lehren und die Toleranz des Islam verkörpern». Der Film «Wham! Bam! Islam!» dokumentiert die Erfolgsgeschichte des Comics. Der Mann, der den Comic initiiert hat, Naif al-Mutawa, wird in der Liste der «500 einflussreichsten Muslime der Welt» geführt.

Inzwischen ist «The 99» auch als Online-Comic und als Spiel verfügbar. Geplant ist die Verfilmung des Comic. Eine islamische Investmentbank, die damit wirbt, dass ihre Produkte «den Prinzipien der Scharia voll entsprechen», hat fast 16 Millionen Dollar in Teshkeel investiert.

In Deutschland haben ausser den Salafisten auch Ahmadiyya-Muslime eine grosse Image-Kampagne in deutschen Fussgängerzonen gestartet. Sie postulieren, einen friedlichen Islam zu vertreten. Auf ihrer Internetseite schreiben sie, der ­Terrorismus habe «in der Religion des Islam noch nie einen Platz» gehabt. Auf ihrem Faltblatt «Frieden Freiheit Loyalität» prangt gross die Deutschlandfahne. Mit ihren Verteilaktionen, breitflächigen Plakaten und muslimischen Botschaften auf Info-Screens an Bahnhöfen und in U-Bahnstationen, einem eigenen Fernsehsender, Websites und Koranausstellungen finden sie beträchtliche öffentliche Resonanz. Teils bekommen sie auch öffentliche Unterstützung. So etwa in Freiburg im Breisgau, wo ihre Koran-Ausstellung in einem öffentlichen Gebäude, dem Bürgerhaus Zähringen, gezeigt wurde.

Die Missionskampagnen wenden sich auch mit modischen Produkten an die Öffentlichkeit. So vertreibt die Firma «Style Islam» T-Shirts, Taschen, und sogar Babystrampler mit islamischen Aufdrucken wie etwa «I love my prophet». Ein T-Shirt mit dem Spruch «Jesus Was A Muslim» nahmen sie nach Protesten wieder aus dem Programm.

Ausdruck des offensiven islamischen Selbstbewusstseins ist auch das Buch des türkisch-stämmigen Österreichers Inan Türkmen «Wir kommen!». In einem Aufsatz für die «Financial Times» schrieb Türkmen: «Unser Trost ist, dass der türkische Einfluss wächst, und ihr Europäer nichts dagegen tun könnt.» Er ist sich sicher: «Egal, ob ihr Europäer uns Türken mögt, egal, ob ihr uns in der EU haben wollt oder nicht: Die Zukunft Europas ist türkisch.» Diese Botschaft verkündet er in seinem Buch und in zahlreichen Interviews. Kapitelüberschriften in seinem angriffigen Buch lauten: «Wir sind mehr», «Wir sind jünger», «Wir sind stärker». Da mag auch viel Wunschdenken dabei sein. Ein türkischer Journalist empfahl dem Autor: «Sehen Sie sich doch nicht zu viele Filme wie ‹Die Eroberung (von Konstantinopel; Anm.) 1453›, ‹Süleyman der Prächtige› oder ‹Tal der Wölfe› an.»

Dieser Artikel erschien in factum 4/2012.


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