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Eine hervorragende Frau wird in die Nazi-Ecke gestellt – aber die Staats-Faschisten erhalten “Feuer frei!”. Von Jürgen Elsässer
Man kann gar nicht so viel fressen, wie man kotzen möchte.
Selten ist die Meinungsdiktatur, die Verkommenheit der Intellektuellen
und der schlichte Wahnsinn in diesem Land so ekelhaft zum Ausdruck
gekommen wie in der Hetzjagd auf die deutsche Ruderin Nadja Drygalla.
Man schämt sich wirklich, mit diesem Gesindel die gleiche Luft zu atmen
und denselben Pass zu haben.
Nicht, dass mich die Olympiade in London bisher besonders
interessiert hätte. Aber das hier muss interessieren: Eine deutsche
Athletin wird von Verbandsfunktionären und Pressemeute zur Abreise
gezwungen. Und zwar nicht eine von denen, die – Beispiel Schwimmen – bei
den Wettkämpfen so erbärmlich versagt haben und jetzt eigentlich durch
ihre Rückkehr dem Steuerzahler ein paar Euro sparen könnten. Nein, es
geht um eine hervorragende Athletin, neben der in den letzten Jahren die
Politiker des Landes Mecklenburg-Vorpommern gerne auf Fotos posierten,
weil sie in dieser deindustrialisierten Armutszone offensichtlich ein
Vorbild für die Jugend war. In der Tat: Nadja Drygalla wählte den Beruf
einer Polizeibeamtin, was doppelt verdienstvoll ist, da zum einen Dienst
an der Allgemeinheit und zum anderen für eine Frau in einer
Männerdomäne bestimmt kein Zuckerschlecken. Daneben trainierte sie für
Olympia, London sollte der erste Höhepunkt ihrer Karriere werden.
Nun ist es aus damit. Sie ist auch für weitere Wettbewerbe
“nicht mehr vorgesehen”, wie es zynisch in der Sprache des Vierten
Reiches heißt. Der einzige Grund für den Rausschmiss, man fasst es
kaum: Sie hat den falschen Freund. Der ist wohl bei den Rostocker
Rechten aktiv. Sie selber, das sagen alle ohne jede Ausnahme, hat sich
in dieser Richtung nie etwas zu schulden kaum lassen. Sie ist kein
Mitglied, war nie auf Demos, nicht einmal auf Partys, es gibt keine
Zitate von ihr, auch die Facebook-Gestapo hat nicht das mindeste
gefunden, nicht einmal im privaten Gespräch – so gestern ihr
Team-Kollege Rudi Sauer in der Tagesschau – fielen von ihr irgendwelche
Äußerungen, die man ihr ankreiden könnte (wobei das ankreiden ja schnell
geht, die Blogwarte der political correctness ahnden jeden “Neger”…).
Eine junge Frau wie sie, Jahrgang 1989, mit einer
Selbstdisziplin und einm klaren, ehrlichen Gesicht – schaut Euch das
Foto an! -, wie sie heute so dringend in diesem Deutschland gebraucht
würde, wird kaputtgemacht, weil die Medienmeute wieder einmal Blut sehen
will. Aus dem Polizeidienst ist sie schon rausgedrängt worden, nun
kommt auch das sportliche Aus. Das alles wäre ihr erspart geblieben,
wenn sie sich von ihrem Freund getrennt hätte, als sie – zuerst als
Beamtenanwärterin, jetzt bei der Olympiade – von den Herren des
Morgengrauens ins Gebet genommen wurde. Aber dass sie das NICHT gemacht
hat, dass sie zu ihrer Liebe steht und lieber alle Karriereträume
abschreibt – das ist genau das, was Nadja Drygalla noch mehr als alles
andere als Vorbild auszeichnet. Offensichtlich setzt sie nicht ihr Ego
an die erste Stelle, sondern nimmt die Liebe ernst – und genau deswegen
ist sie den seelenlosen Androiden verhasst, die uns regieren, und den
Tintenkulis, die deren Speichel lecken.
Sagen wir es deutlich: Die Hetzjagd auf Nadja Drygalla – das
ist Nazismus pur! Jemand zur Unperson zu machen, weil er oder sie den
falschen Partner hat – das ist Sippenhaft! Die verlogenen Antifaschreier
– das sind die neuen Faschisten! Wie die Nazis das Wort Sozialismus
missbrauchten, um das Gegenteil ins Werk zu setzen, so missbrauchen sie
das Wort Antifaschismus. Und bevor jemand das allen Linken anrechnet: In
der DDR wäre das nicht passiert. Da hätte Nadja eine Goldmedaille
geholt – und ihr Freund, der wohl auch ein guter Ruderer ist, wäre nicht
rechtsaußen gelandet, sondern im Olympiaförderkader der NVA in die
Gemeinschaft integriert worden. So geht nämlich Antifaschismus, der den
Namen verdient.
Kein Fußbreit den Rechten, heult der politisch korrekte Mob.
Ach ja? Während Nadja Drygalla aus Polizei und Olympa wegen Nichts
rausfliegt, werden die echt verdächtigen Jungs verschont und auf ihren
Posten gelassen. Zwei aktuelle Beispiele: Was ist mit dem hessischen
Verfassungsschützer Andreas Temme, der bei dem angeblichen NSU-Mord an
einem türkischen Internetbetreiber 2006 bis zuletzt am Tatort war?
Selbst die ZEIT schrieb: “Hat ein Verfassungsschützer einen der
NSU-Morde begangen?” Aber Andreas Temme wurde nur behördenintern
versetzt, keineswegs wie Nadja rausgeworfen. Anderes Beispiel: Der
ebenfalls der NSU zugeschriebene Mord an der Heilbronner Polizistin
Michele Kiesewetter 2007. Gerade kam raus, dass zwei Polizisten aus
ihrem Zug in den Vorjahren beim KuKluxKlan waren. Aber keine Rede von
Entlassung, geschweige denn von U-Haft – die Dödel wussten angeblich gar
nicht, was der Kukluxklan ist… Schlussfolgerung: Der Staat schützt die
Faschisten, die ihm nützlich sind. Andreas Temme und die KKK-Jungs
werden geschont, weil sie offensichtlich zu viel über die NSU-Morde
wissen. (Weiterlesen in COMPACT-Magazin 8/2012: “Beate Zschäpe war Agentin”.)
Die Staats-Faschisten erhalten “Feuer frei!” – während ansonsten jedem,
der unliebsam ist, die Nazi-Schelle umgehängt wird, bis hin zu Nadja
Drygalla und Thilo Sarrazin!
Nadja hat die verpestete Luft von Olympia verlassen. Gut so!
Hoffentlich kann sie etwas Ruhe tanken irgendwo an der Ostsee. Und wenn
einer ihrer Team-Kollegen in London einen Arsch in der Hose hat, dann
macht er sich JETZT ein großes Porträt von ihr aufs T-Shirt. Bei der
Siegerehrung wird dann das Trikot ausgezogen und das Gesicht von Nadja
lächelt vom Siegertreppchen. Das wär’s doch… So wie die Black Panther
bei der Olympiade 1968 mit dem Schwarzen Handschuh auf dem Podest gegen
IHRE Unterdrückung protestierten, wäre das ein Protest gegen UNSERE
Unterdrückung. Zuviel verlangt?
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