Donnerstag, 11. Oktober 2012

Die Wutsoziologin ist zurück: Naika Foroutan und die Rassismuskeule



Thomas Baader
 
“Wird man doch noch sagen dürfen” - diesen sehr passenden Titel hat sich Naika Foroutan für ihre im SPIEGEL abgedruckte Kampfschrift ausgesucht. Passend deshalb, weil er entgegen der Absicht der Verfasserin zur ungewollten Selbstbeschreibung geworden ist: Denn Naika Foroutan wird doch wohl noch sagen dürfen, dass Buschkowsky ein verdammter Rassist ist. 

Es tobt und bebt in ihr, das kann man aus jedem Satz herauslesen. Naika Foroutan spielt ihre Lieblingsrolle: Mit dem Pathos der Verteidigerin geschändeter Migrantenehre tritt sie in den Ring, um es mit Heinz Buschkowsky aufzunehmen, einer jener düsteren Gestalten, die von Zeit zu Zeit ihr garstiges Haupt erheben, um den Einwanderern in Deutschland das Leben schwer zu machen. Ohne Buschkowsky, da ist sie sich sicher, wäre die Multikulti-Idylle noch intakt. Oder sagen wir: ohne Buschkowsky und seinesgleichen. Die Wutsoziologin ist wieder da, und sie schreibt eigentlich gar nicht selbst; vielmehr schreibt es in ihr aus ihr heraus. Im (selbst)gerechten Zorn inszeniert Naika Foroutan sich als Heilige Johanna der Hinterhofmoscheen, eine Darbietung freilich, um die sie eigentlich keiner so richtig gebeten hat. 

Als erstes Argument müssen die NSU-Opfer herhalten, als zweites die Opfer von Kindesmissbrauch. Denn diese Dinge geschehen in Deutschland und man könnte sie deshalb wohl irgendwie als Teil der deutschen Kultur begreifen. Nein, könnte man natürlich doch nicht, heißt es dann schnell. Denn frei nach der Methode Hohmann ergeht sich Naika Foroutan in einem ersten Schritt in Absurditäten, um sie dann in einem zweiten Schritt zu verneinen. Denn wenn Kindesmissbrauch nicht mit deutscher Kultur erklärt werden kann, dann wohl Ehrverbrechen auch nicht mit türkischer Kultur, so Foroutans Logik, die als naive Kinderlogik zu bezeichnen wäre, wenn sie nicht so berechnend eingesetzt würde. Eines beweist sie aber: Von Verbrechen, die im Namen der Ehre begangen werden, versteht Naika Foroutan nichts. Was sie freilich nicht daran hindert, eine Meinung dazu zu haben. 




Wovon Frau Foroutan keine Ahnung hat

Thomas Baader


Ich dachte ja eigentlich, zum Buschkowsky-Artikel von Naika Foroutan im SPIEGEL hätte ich alles Wesentliche gesagt. Da mich nun einige Nachfragen und Bitten um Konkretisierung erreicht haben, muss ich wohl etwas weiter ausholen. 

Auf gerade mal zwei Seiten Text verwendet Naika Foroutan neunmal das Wort “rassistisch” bzw. “Rassismus”. Im Sinne einer klassischen Textanalyse würde man wohl sagen, dass Foroutan durch ständiges Wiederholen bestimmter Schlüsselbegriffe den Leser auf einer emotionalen Ebene ansprechen und somit von der Dürftigkeit ihrer Argumentation ablenken möchte. Wer so schreibt wie Foroutan, will keine Debatte führen, sondern diffamieren. Buschkowsky ist ein Rassist. Das ist die Botschaft, die hängen bleiben soll. 

Und irgendwann kommt der absurde Vergleich zwischen Ehrenmorden und Kindesmissbrauch. Die Deutschen sind ja nicht schließlich alle Kinderschänder und die Türken daher auch nicht alle Ehrenmörder. Letzteres hat natürlich auch niemals irgendjemand behauptet. Foroutan tut aber ganz gerne mal so, als ob. 

Dass allerdings das Phänomen Ehrenmord in bestimmten Einwanderergruppen verbreitet ist und in anderen eben nicht, hätte auch Naika Foroutan stutzig werden lassen können. Dabei hätte sie das Wesentliche zu dem Thema auch bei Deniz Yücel in der taz nachlesen können: “[...] dass Geschwister oder Väter einen Mord begehen, weil sie einen archaischen Ehrenkodex verletzt sehen, ist im 21. Jahrhundert nur in bestimmten Kulturkreisen verbreitet – und in anderen nicht.” Oder anders ausgedrückt: Kennt Naika Foroutan irgendwelche Internetforen, in denen Deutsche den letzten Fall von Kindesmissbrauch feiern und sich darüber auslassen, dass dies dem Opfer recht geschieht, ja sogar ankündigen, demnächst selbst zu Täter zu werden? Nein, es gibt keine Solidarität mit dem Kinderschänder und auch nicht mit dem Verursacher eines Familiendramas. Der Täter ist isoliert. 

Was es aber gibt, ist die unbändige Freude über einen vollzogenen Ehrenmord - und das, Frau Foroutan, gibt es eben leider nur bei bestimmten Bevölkerungsgruppen. Vietnamesische Ehrenmord-Fans werden Sie nicht finden. 

Dafür aber das hier… afganischstämmige Internetnutzer schrieben nach den Ehrenmord an Morsal Obeidi in Hamburg: “hat der gut gemacht und jetzt was wollt ihr machen”; “du scheiß deutscher du verstehst nicht die kultur der afghaner du bastard sie hat aus den schlägen nichts gelernt”; “Wenn ich mit einen Jungen gesehen werden würde, würde mir vielleicht das selbe zustoßen”; “bin selbst ein Bruder und würde das selbe machen wenn meine Schwester was falsches begehen würde”. 

Mehr O-Töne gefällig? Jesidische Nutzer nach dem Mord an Arzu Özmen: “Wenn meine Schwestern sowas machen sind die TOT .so ist das bei uns yeziden”; “arzu hat es teilweise auch selbst provoziert”; “was für ein stück dreck,hat nicht nur ihr leben zerstört sondern das von 5”; “wie kann man nur eine tochter haben die so viel unheil über einen bringt”. 

Das ist nur eine sehr kleine Auswahl aus einer Flut gut dokumentierter Aussagen. Sie belegen vor allem eines: dass die Soziologin Naika Foroutan das Phänomen Ehrenmord nicht versteht. Der Freiburger Psychologie-Professor Jan Ilhan Kizilhan, der im Gegensatz zu Foroutan im Bereich Ehrenmorde umfangreiche Forschungen betrieben hat, kommt richtigerweise zu dem Schluss: “Es dreht sich alles um die Frage: Was denken die Verwandten? Sind wir schwach?” Und somit sollte klar sein: Kindesmissbauch IST überall. Er kommt in allen Kulturen vor. Und Ehrenmord nun einmal nicht. 

Doch im Fall von Naika Foroutan erzeugt das Weltbild die Wahrnehmung anstatt umgekehrt. So fragt sie etwa, warum es eine Plakataktion gegen Salafisten gebe, aber keine vergleichbare Plakataktion gegen Rechtsextremisten. An der Stelle fragt man sich wirklich, in welchem Land Foroutan lebt. An Schulen und in Vereinen sind ständig und in großer Zahl Aktivitäten gegen Rechtsextremismus üblich, während man vergleichbare Projekte zum Thema Islamismus mit der Lupe suchen muss. Und wäre die achtzehnjährige Jesidin Arzu Özmen in Detmold von Rechtsextremen ermordet worden statt von ihren eigenen Verwanden, so darf man annehmen, dass der Trauermarsch von allerhöchster Parteiprominenz begleitet worden wäre anstatt von B- und C-Politikern. 

Aber wo Schwarz-Weiß-Denken vorherrscht, kommt man natürlich auch zu die Realität massiv verkennenden Behauptungen wie: “Wir leben in einem Land, in dem viele glauben, muslimische Männer würde hier ihre Frauen unters Kopftuch zwingen.” Aber wer wie ich seit Jahren aktiv in einem Verein arbeitet, der muslimische Opfer patriarchalischer Strukturen betreut, der glaubt nicht nur, der weiß um den Kopftuchzwang, den es hierzulande gibt. Ich vermute, dass Naika Foroutan selbst niemals mit solchen Betroffenen gesprochen hat. Geschichten von jungen Frauen, die im Grundschulalter irgendwann gesagt bekommen haben “Jetzt wird es langsam aber mal Zeit, dass du ein Kopftuch trägst”, interessieren sie vermutlich auch nicht. In diesem Bereich gibt es viel zu erforschen und zu dokumentieren. Man muss es nur wollen. 

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