Samstag, 20. Oktober 2012

Energiewirtschaft - der lange Schatten der DDR

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Es gibt Ausdrücke, die nicht in eine politische Kolumne einer honorigen Zeitung gehören. Doch was sich in den letzten Tagen an Heuchelei, politischem Opportunismus und Orientierungslosigkeit in Berlin rund um das Erneuerbare-Energien-Gesetz abspielt, ist mehr als unanständig – es ist, verzeihen sie mir: eine Verar…

Seit Beginn der Zwangseinspeisung von Fotovoltaik-, Wind- und Biogasstrom, also der totalen Planwirtschaft in der Stromerzeugung, warnen Marktwirtschaftler vor Milliardenkosten für die Verbraucher und vor einer nachhaltigen Beschädigung der Wettbewerbsfähigkeit des Industriestandortes Deutschland. Sie wurden verleumdet und mit den Weltuntergangsszenarien der Klimakatastrophe mundtot gemacht. Die jetzt ins Gespräch gebrachte Quotenregelung haben wir in dieser Kolumne schon vor Jahren gefordert. Sie könnte wenigsten einen Wettbewerb um die billigste erneuerbare Energie bringen und nicht die am höchsten subventionierte fördern.

Seit Monaten ist bekannt, dass im nächsten Jahr die Umlage pro Kilowattstunde für Otto Normalverbraucher auf 5,3 Cent plus Mehrwertsteuer steigen wird. Und jetzt, da diese Abzocke offiziell umgesetzt werden muss, verkündet Umweltminister Peter Altmaier, er wolle bis 2020 jedem Bürger eine kostenlose Energieberatung anbieten. Bei so viel Chuzpe bleibt mir die Spucke weg. Er will auch die staatlichen Eingriffe neu regeln. Der Plan soll neu geplant werden. Schade, dass DDR-Planungschef Günter Mittag schon verstorben ist. Der hat gewusst, wie unerfüllbare Vorgaben immer wieder neu aufgestellt werden können.

Altmaier hat auch gesagt, dass die Energie dem Markt nicht überlassen werden kann. Der Markt habe auch nicht verhindert, dass in seiner Jugend die Saar dreckig war. Auf der Suche nach den Lehrmeistern dieses CDU-Ministers bin ich vielleicht fündig geworden. „Die Wirtschaft kann sich nicht selbst überlassen bleiben. Der Traum vom ausgleichenden, segensreichen Spiel der freien Kräfte ist ausgeträumt. Der Staat muss?… durch eine Planung in großen Umrissen weisen.“ Beschluss der SPD während ihres Parteitages in Düsseldorf im September 1948.

Die FDP hat sich auch zu Wort gemeldet. Das EEG müsse weg, sagt sie. Aber: Sie will jetzt die Stromsteuer senken. Wen will sie denn damit überzeugen? Im Endeffekt läuft auch der FDP-Plan nur auf andere Staatseingriffe hinaus, der das besserverdienende Publikum der FDP zu Lasten der Allgemeinheit schont. Solange die FDP am Planziel 80 Prozent erneuere Energie bis 2050 festhält, macht sie sich an dem Debakel mitschuldig.

Nur der grüne Machiavelli Jürgen Trittin bleibt sich und den Seinen treu, wenn er die Ausnahmegenehmigungen für die großen Stromverbraucher für den schnellen Anstieg der Strompreise verantwortlich macht. Das sind etwa neun Milliarden Euro. Dazu eine zynische Anmerkung: Jawohl, weg mit diesen Begünstigungen. Damit werden hunderttausende Arbeitsplätze in Deutschland gleich mit verschwinden und unsere europäischen Nachbarn müssen nicht mehr vor dem starken Deutschland Angst haben. In der Dialektik ist der gelernte Kommunist Trittin seinen widersprüchlichen CDU-Kontrahenten halt weit überlegen.

Die Akteure dieses Verwirrspiels hat Ludwig Erhard 1977 in einer Rede treffend beschrieben: „Es gibt drei Kategorien von Menschen, die ich, im Grunde genommen und zurückhaltend ausgedrückt, einfach nicht leiden kann. Das sind die Nur-Pragmatiker: Zwar weiß ich auch, dass man nicht immer durch die Wand gehen kann; aber Pragmatiker aus geistiger und charakterlicher Haltung zu sein, ist der Verachtung wert. Den Pragmatikern, die sich sogar weise dünken, folgen die Opportunisten, denen nur mit Abscheu zu begegnen ist. Und schließlich sind da noch die Konformisten als das wahrscheinlich ärgste Übel zu nennen. So viel an Widerwärtigkeit kann kein anständiger Mensch vertragen.“
 




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