Donnerstag, 20. März 2014

Selber reden

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Selber denken! Sieben Wochen ohne falsche Gewissheiten
 
3. Woche:  „Selber reden“ (Hiob 13,1–13)

Siehe, das hat alles mein Auge gesehen und mein Ohr gehört, und ich hab's verstanden. Was ihr wisst, das weiß ich auch, und ich bin nicht geringer als ihr. Doch ich wollte gern zu dem Allmächtigen reden und wollte rechten mit Gott. Aber ihr seid Lügentüncher und seid alle unnütze Ärzte. Wollte Gott, dass ihr geschwiegen hättet, so wäret ihr weise geblieben. Hört doch, wie ich mich verantworte, und merkt auf die Streitsache, von der ich rede! Wollt ihr Gott verteidigen mit Unrecht und Trug für ihn reden? Wollt ihr für ihn Partei nehmen? Wollt ihr Gottes Sache vertreten? Wird's euch auch wohlgehen, wenn er euch verhören wird? Meint ihr, dass ihr ihn täuschen werdet, wie man einen Menschen täuscht? Er wird euch hart zurechtweisen, wenn ihr heimlich Partei ergreift. Werdet ihr euch nicht entsetzen, wenn er sich erhebt, und wird sein Schrecken nicht über euch fallen? Was ihr zu bedenken gebt, sind Sprüche aus Asche; eure Bollwerke werden zu Lehmhaufen. Schweigt still und lasst mich reden; es komme über mich, was da will.


Liebe Fastengemeinschaft!

Ich hoffe, dass Sie auch die zweite Woche über Freude beim Selbsttun hatten. Wir haben bereits selbst gedacht und selbst gesucht, ab nun sollen wir auch noch selbst reden. Wieder bekommen wir ein biblisches Vorbild dafür, und diesmal ist es Hiob. Eine gute Wahl, wenn ich so sagen darf, denn Hiob macht wie kaum jemand sonst den Mund auf. Er hat allen Grund dazu, schließlich tun Gott und Satan in einem ungewöhnlichen Bündnis ihm die schlimmsten Dinge an. In einem „Menschenexperiment“ wollen sie schauen, wie weit man es treiben muss, bis ein frommer Mensch seinem Gott abschwört. Hiob wird sein Hab und Gut genommen, seine Familie und schließlich seine Gesundheit. Doch Hiob wendet sich nicht von Gott ab, sondern er wendet sich gegen ihn. Er will mit seinem Peiniger ins Gericht gehen.

Als seine Freunde von Hiobs entsetzlichem Unglück erfahren, kommen sie ihn besuchen. Als sie das Häuflein Elend sehen, das einmal ihr Freund war, setzen sie sich zu ihm auf die Erde, und zunächst reden sie kein Wort. Sieben Tage und Nächte lang sitzen sie einfach da. Dann beginnt Hiob zu reden. Er verflucht sein ganzes Leben, das ihm nur Qual ist. Und dann beginnt das lange Gespräch. Die Freunde können anscheinend nicht ertragen, dass Hiob einerseits so leidet und andererseits so redet. Nacheinander sprechen sie Hiob an und er antwortet ihnen jeweils. Spannend für unser Motto „Selber reden“ ist dabei, dass sie beginnen, sich über das Reden des anderen zu ereifern. Ich habe für Sie mal Sätze aus den Reden zusammengestellt, in denen es um das Schweigen und das Reden geht und die bis zu dem Punkt führen, an dem unser Wochentext steht.

Zuerst spricht Elifas, und seine ersten Worte sind eine glatte Unterstellung: „Du hast's vielleicht nicht gern, wenn man versucht, mit dir zu reden; aber Worte zurückhalten, wer kann's?“ (Hiob 4,2) Als Hiob antwortet, geht er noch nicht direkt darauf ein. Er klagt weiter sein Schicksal, doch sagt er: „Belehrt mich, so will ich schweigen.“ (6,24) Sein Freund Bildad will ihm dann tatsächlich den Mund verbieten. Er fährt ihn an: „Wie lange willst du so reden und sollen die Reden deines Mundes so ungestüm daherfahren?“ (8,2) Hiob nimmt das noch hin, doch er will reden, unbedingt reden will er. Er ruft aus: „Dass es doch zwischen uns einen Schiedsmann gäbe, der seine Hand auf uns beide legte! Dass er seine Rute von mir nehme und mich nicht mehr ängstige! So wollte ich reden und mich nicht vor ihm fürchten, denn ich bin mir keiner Schuld bewusst.“ (9,33–35) Das ist nun zu viel für Zofar. Es entfährt ihm: „Muss langes Gerede ohne Antwort bleiben? Muss denn ein Schwätzer immer recht haben? Müssen Männer zu deinem leeren Gerede schweigen?“ (11,2–3) Nun wird Hiob ironisch: „Ja, ihr seid die Leute, mit euch wird die Weisheit sterben!“ (12,2)

So ist die Stimmung, als Hiob die Sätze sagt, die uns für diese Woche Mut machen sollen, „selbst zu reden“. Wäre es nicht besser gewesen, die vier Männer hätten einfach weiter geschwiegen, wie sie es sieben Tage lang getan haben? Hätten nicht wenigstens die Freunde den Mund halten können, anstatt zu versuchen, Hiob zu erklären, warum er leiden muss? Hätten sie nicht einfach mit aushalten können? Und wenn sie schon reden, warum nur wollen Sie einander zum Schweigen bringen? Hiob hat zunächst durchaus meine Sympathie, denn schließlich will er sich nicht anhören, er sei selbst schuld an seinem Leid. Es ist, als würde man einem Krebskranken ständig etwas von Psychosomatik erzählen. Aber er mutet mit seinen unbarmherzigen Worten seinen Freunden eine Menge zu. Wie soll ich es aushalten, wenn ein geliebter Mensch den Tag seiner Geburt immer wieder verflucht? Hätten Sie nun reden oder schweigen sollen? Ich schlage Ihnen wieder zwei kleine Gedankenübungen vor.

Die erste Übung „Wenn du geredet hättest“
Erinnern Sie sich an eine Situation, in der Sie geschwiegen haben, obwohl Sie etwas hätten sagen können. Was war der Anlass? Wer war mit dabei? Was war es, das Sie hätten sagen können? Wie groß war der Drang in Ihnen, etwas zu sagen? Warum haben Sie geschwiegen? Wenn Sie sich an die Situation wieder gut erinnern können, kommt nun die Frage zum Selberdenken:
Was wäre wohl geschehen, wenn Sie geredet hätten?


Die zweite Übung "Wenn du geschwiegen hättest"
Suchen Sie in Ihrer Erinnerung nach einer Situation, in der Sie sehr wohl selbst geredet haben. Sie haben Ihren Mund aufgemacht und gesagt, was Sie denken. Was war der Anlass? Wem gegenüber haben Sie geredet? Was war es, das Sie sagten? Wie haben Sie es gesagt? Wie ging es Ihnen dabei?
Haben Sie die Situation? Dann denken Sie selber weiter und fragen Sie sich:
Was wäre wohl passiert, wenn ich geschwiegen hätte?


Vielleicht verstehen wir Hiob und seine Freunde nun ein wenig besser. Ich empfehle Ihnen für die kommende Woche, dass Sie sich dieses Buch einmal vorknöpfen und ganz lesen. Hiob selbst schweigt übrigens am Ende gegenüber Gott. Warum? Nun, darüber haben sich schon so viele Generationen die Köpfe heiß geredet, dass wir es für diese Woche lieber mit den Reden der Freunde belassen sollten. Aber glauben Sie nicht, dass ich Ihnen den Mund verbieten möchte.

Ich wünsche Ihnen, dass Sie in dieser Woche Reden und Schweigen gut mischen können und vor allem, dass Sie selbst sehr bewusst entscheiden können, wann Sie was davon tun.
Alles Gute!

Ihr Frank Muchlinsky
 

Frank Muchlinsky ist Pastor der Nordkirche. Er hat viele Jahre in der Erwachsenenbildung und in der Diakonie gearbeitet. Sein Schwerpunkt liegt darauf, Glaube und Theologie erfahrbar und verständlich zu machen. Das tut er in seinen Seminaren mit Erziehungsfachkräften an evangelischen Kitas ebenso wie mit der Methode des "Bibliologs", die er seit 1999 anwendet und lehrt. Seit 2012 arbeitet er bei evangelisch.de und betreut dort die Bereiche Glauben und Fragen.

  



Internet: http://www.7wochenohne.de/

 

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