Mittwoch, 18. Februar 2015

7 Wochen ohne - 2015

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Du bist schön! Sieben Wochen ohne Runtermachen




1. Woche: Du bist wunderbar gemacht! (Psalm 139,14–18) 




Ich danke dir dafür, dass ich wunderbar gemacht bin; wunderbar sind deine Werke; das erkennt meine Seele. Es war dir mein Gebein nicht verborgen, als ich im Verborgenen gemacht wurde, als ich gebildet wurde unten in der Erde. Deine Augen sahen mich, als ich noch nicht bereitet war, und alle Tage waren in dein Buch geschrieben, die noch werden sollten und von denen keiner da war. Aber wie schwer sind für mich, Gott, deine Gedanken! Wie ist ihre Summe so groß! Wollte ich sie zählen, so wären sie mehr als der Sand: Am Ende bin ich noch immer bei dir.


Willkommen, liebe Fastengemeinde!


Ich freue mich, dass Sie in diesem Jahr lesen möchten, was ich Ihnen zu den ausgesuchten Wochentexten schreibe. Sieben Wochen lang dürfen und sollen wir darauf verzichten "runterzumachen". Ich nutze dieses Wort eigentlich nicht, aber es leuchtet mir ein, worum es geht: Sieben Wochen lang, dürfen wir stehen lassen, was steht, und müssen es nicht gleich wieder einreißen. Bis Ostern sollen wir schön nennen, was schön ist, und nicht sofort nach Makeln suchen. Darauf zu verzichten, ist in der Tat nicht so leicht, wie es sich zunächst anhört, vor allem, wenn es uns selbst betrifft. Die schöne Tugend der Bescheidenheit ist längst zu einem Zwang zur Kritik geworden. Nutzen wir also die Passionszeit, um uns vom Kritikzwang fernzuhalten.


Wie im letzten Jahr werde ich Ihnen jede Woche eine kleine Übung anbieten, die mit dem jeweiligen Motto und dem dazugehörigen Bibeltext zu tun hat. Darum heute: "Du ist wunderbar gemacht!" Dazu gehört ein Ausschnitt aus Psalm 139. Der Text dort lautet allerdings gleich zu Beginn entscheidend anders als das Motto. Nicht "du bist wunderbar gemacht" heißt es, sondern "ich bin wunderbar gemacht". Ich wage die These, dass es den meisten Menschen weniger schwer fällt, jemand anderem ein Kompliment zu machen, als sich selbst zu loben. "Ich bin wunderbar gemacht!" klingt leicht selbstgefällig und eitel. Eigenlob stinkt schließlich, und man soll sich nicht selbst auf die Schulter klopfen. So sind wir erzogen, so leben wir. Aber Achtung, in Psalm 139 geht es ja nicht um Eigenlob, sonders es geht vielmehr um das Lob Gottes. Gott ist es, der mich gemacht hat, und wenn ich sage, Gott habe das wunderbar hingekriegt, dann gilt ihm das Lob, nicht mir. Andererseits braucht es wiederum ein gewisses Maß an Selbstbewusstsein, in sich selbst etwas Wunderbares zu erkennen, für das man Gott loben möchte.


Die Übung für diese Woche soll darum das Selbstbewusstsein stärken, und um sich seiner selbst bewusst zu werden, ist ein Spiegel sehr hilfreich. Natürlich gilt, dass Sie keine der Übungen unbedingt "durchhalten" müssen. Wenn es Ihnen unbehaglich wird, machen Sie in Gedanken weiter. Am besten allerdings funktioniert das, was ich Ihnen vorschlage, wenn Sie es tatsächlich tun.


Schritt 1: Lernen Sie den ersten Vers des Bibeltextes für diese Woche auswendig. "Ich danke dir dafür, dass ich wunderbar gemacht bin; wunderbar sind deine Werke; das erkennt meine Seele." Sagen Sie diesen Satz in Gedanken vor sich hin, während Sie im Geiste den größten Spiegel in ihrer Wohnung suchen.


Schritt 2: Gehen Sie zu dem Spiegel und schauen Sie sich eine Weile an. Achten Sie darauf, dass Sie ungestört sind. Stellen Sie sich so hin, dass Sie möglichst viel von sich sehen können. Holen Sie einmal tief Luft und sagen Sie dann mit deutlich vernehmbarer Stimme diesen Satz: "Ich danke dir dafür, dass ich wunderbar gemacht bin; wunderbar sind deine Werke; das erkennt meine Seele." Beobachten Sie sich dabei möglichst freundlich. Es schaut ihnen niemand zu. Lächeln Sie, wenn es Ihnen ein wenig peinlich wird, machen Sie Ihrem Spiegelbild Mut, den Vers noch einmal zu sagen. Lassen Sie sich Zeit und probieren Sie, sooft Sie mögen.


Schritt 3: Lassen Sie den Spiegel zurück und lesen Sie den ganzen Ausschnitt aus Psalm 139, der für diese Woche dran ist. Beantworten Sie dann diese beiden Fragen:


Wie schaue ich mich an? ____________________________


Wie schaut Gott mich an? ___________________________


Schreiben Sie Ihre Gedanken auf – entweder hier oder irgendwo, wo Sie mehr Platz haben.


Schritt 4: Wiederholen Sie die Übung vor dem Spiegel täglich einmal und steigern Sie den Schwierigkeitsgrad dabei, indem Sie sich im Spiegel ganz genau betrachten. Denken Sie daran, Sie sind allein mit Ihrem Gott, dem Sie dafür danken wollen, dass er Sie wunderbar gemacht hat. Sie müssen nichts verheimlichen, nichts beschönigen. Gehen Sie ruhig einmal ganz nah heran und schauen Sie auf all die Stellen, die Sie eigentlich nicht so mögen an sich. Wenn Sie sich trauen, ziehen Sie sich aus. Sich selbst länger nackt im Spiegel anzuschauen, ist anstrengend, denn unsere Augen sind Kritikeraugen. Sie finden mit absoluter Zielgenauigkeit die Stellen an unserem Körper, die nicht dem entsprechen, was wir gern anderen zeigen möchten. Aber es guckt Ihnen niemand zu außer Sie selbst. Und dann sagen Sie ihrem nackten Gegenüber wieder den Vers aus dem Psalm: "Ich danke dir dafür, dass ich wunderbar gemacht bin; wunderbar sind deine Werke; das erkennt meine Seele."


Schritt 5: Wiederholen Sie die Übung weiter täglich. Nach fünf Tagen lesen Sie noch einmal die Psalmverse für diese Woche durch und beantworten Sie sich selbst eine letzte Frage:


Wie will ich mich anschauen? ______________________


Ich wünsche Ihnen eine gute Begegnung mit Ihrem Spiegelbild. Haben Sie eine schöne Woche mit einem freundlichen Blick "ohne Runtermachen".



Ihr Frank Muchlinsky

Frank Muchlinsky ist Pastor der Nordkirche. Er hat viele Jahre in der Erwachsenenbildung und in der Diakonie gearbeitet. Sein Schwerpunkt liegt darauf, Glaube und Theologie erfahrbar und verständlich zu machen. Das tut er in seinen Seminaren mit Erziehungsfachkräften an evangelischen Kitas ebenso wie mit der Methode des "Bibliologs", die er seit 1999 anwendet und lehrt. Seit 2012 arbeitet er bei evangelisch.de.

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