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Selber denken! Sieben Wochen ohne falsche
Gewissheiten
2. Woche: Selber suchen (Philipper 3,12-14)
2. Woche: Selber suchen (Philipper 3,12-14)
„Nicht, dass ich`s schon ergriffen habe
oder schon vollkommen sei; ich jage ihm aber nach, ob ich's wohl
ergreifen könnte, weil ich von Christus Jesus ergriffen bin. Meine
Brüder, ich schätze mich selbst noch nicht so ein, dass ich's
ergriffen habe. Eins aber sage ich: Ich vergesse, was dahinten ist, und
strecke mich aus nach dem, was da vorne ist, und jage nach dem vorgesteckten
Ziel, dem Siegespreis der himmlischen Berufung Gottes in Christus
Jesus.“
Werte Fastengemeinde!
Ich hoffe, dass Sie eine gute erste Fastenwoche hinter sich haben und dass
Sie Lust haben, in der kommenden Woche ähnliche kleine Übungen zu
machen wie beim Selberdenken. Dieses Mal sollen wir selber suchen
und begleiten wird uns wieder Paulus. Paulus ist nicht Vordenker gewesen,
sondern sicherlich auch Pfadfinder, darum will ich ihn wieder mit Vorsicht
genießen. Schließlich soll ich selber suchen.
Paulus jagt. Ja, das kann man sich gut vorstellen. Ich habe häufig
das Bild eines Paulus vor Augen, der mit wehendem Gewand von Antiochia nach
Tarsus jagt, kurz die Gemeinde auf den rechten Stand bringt, um dann
weiterzurasen nach Ankyra. Vermutlich stimmt das so gar nicht, man kann nur
den Eindruck bekommen, weil er so eine enorme Reisetätigkeit und
Korrespondenz hinlegte. Aber in diesem Abschnitt aus dem Brief an die
Philipper geht es nicht um Reisen zum nächsten Ort, sondern es geht um
die Jagd nach dem „vorgesteckten Ziel, dem Siegespreis“. Er hat
ihn nicht, kriegt ihn einfach nicht zu fassen, hat ihn aber anscheinend vor
Augen. Und dann geht er darauf los: „Eins sag ich euch, ich gucke nur
noch nach vorne.“ Man möchte „Vorsicht vor dem
Tunnelblick!“ rufen. Aber Paulus ist sich anscheinend immerhin sicher,
wo er hinwill.
Wenn wir also mit Paulus und dennoch selbst suchen sollen, dann geht es
weniger darum, das Ziel zu finden, sondern vielleicht mehr darum, dass man
eben nicht aufhört, dem Ziel nachzujagen. Es geht auch darum zu schauen,
wie man dorthin gelangt.
Also möchte ich Ihnen und mir erlauben, an dieser Stelle eine kleine Übung zu Zielen und Wegen zu machen. Ich hoffe, dass Sie, wenn Sie dies hier lesen, entweder einen Blick nach draußen haben oder sogar selbst gerade draußen sind.
Also möchte ich Ihnen und mir erlauben, an dieser Stelle eine kleine Übung zu Zielen und Wegen zu machen. Ich hoffe, dass Sie, wenn Sie dies hier lesen, entweder einen Blick nach draußen haben oder sogar selbst gerade draußen sind.
Schritt 1 – Das Ziel finden
Strecken Sie Ihren stärkeren Arm gerade vor sich aus und machen Sie aus Ihrer Hand eine Faust, wobei der Daumen nach oben zeigt.
Peilen Sie nun ein beliebiges Ziel über Ihren Daumen an. Bewegen Sie den Arm ruhig ein wenig länger und schauen Sie einmal, was alles über Ihrer Daumenspitze erscheint. Dann entscheiden Sie sich für das Ziel, nehmen den Daumen herunter und schauen weiter zu diesem Ort hin.
Schritt 2 – Die Entfernung schätzen
Wie groß ist der Abstand von Ihrem Auge bis zu dem Ziel, das Sie gerade gewählt haben? Sie brauchen es nicht genau zu wissen, schätzen Sie einfach.
Schritt 3 – Den Weg dorthin vermuten
Stellen Sie sich vor, dass Sie tatsächlich zu dem Ort gelangen wollen, den Sie da angepeilt haben. Was müssten Sie alles dafür tun? Vermutlich zunächst aufstehen. Müssen Sie sich etwas anziehen, weil es draußen kalt ist? Was müssen Sie alles mitnehmen? Ihren Wohnungsschlüssel? Wie kommen Sie von dem Zimmer, in dem Sie gerade sind, zur Wohnungstür? Wie geht es danach weiter? Gehen Sie in Gedanken den Weg bis zu Ihrem Ziel. Vermutlich werden Sie Umwege machen müssen, um dorthin zu gelangen. Müssen Sie Straßen überqueren? Treppen steigen? Welche Türen müssen Sie öffnen?
Schritt 4 – Tatsächlich hingehen
Stehen Sie auf und gehen Sie tatsächlich zu dem Ziel, das Sie sich ausgesucht haben. Zögern Sie? Geht Ihnen diese Übung nun zu weit? Wird Ihnen plötzlich bewusst, dass Sie da gar nicht hinkommen können, weil es sicherlich Türen gibt, die Ihnen den Weg versperren? Oder hatten Sie sich auf eine Lektüre und nicht auf einen Ausflug eingestellt? Jeder Grund zählt und wird sofort akzeptiert. Oder gehen Sie einfach?
Damit ist die kleine Übung zu Ende.
Da das große Motto der Fastenaktion in diesem Jahr lautet: Selber denken – 7 Wochen ohne falsche Gewissheiten, überlasse ich Ihnen die Schlüsse, die Sie aus diesem Experiment ziehen wollen, gebe Ihnen aber gern noch einen weiteren Gedankenanstoß:
Wenn ich den Text für diese Woche auch über seine
vorgeschlagenen Ränder hinaus lese, scheint mir recht klar, wohin Paulus
will, was sein Ziel ist, dem er nachjagt: Paulus will schlichtweg in den
Himmel, er will zu Gott.
Und nun kommen Sie.
Alles Gute für diese Woche und Gottes Segen!
Ihr Frank Muchlinsky
Ihr Frank Muchlinsky
Frank
Muchlinsky ist Pastor der Nordkirche. Er hat viele Jahre in der
Erwachsenenbildung und in der Diakonie gearbeitet. Sein Schwerpunkt liegt
darauf, Glaube und Theologie erfahrbar und verständlich zu machen. Das
tut er in seinen Seminaren mit Erziehungsfachkräften an evangelischen
Kitas ebenso wie mit der Methode des "Bibliologs", die er seit 1999
anwendet und lehrt. Seit 2012 arbeitet er bei evangelisch.de und betreut dort
die Bereiche Glauben und Fragen.
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