Mittwoch, 3. Februar 2010

Die Klage eines Engels


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Oh wüsstest Du,
wie sehr dein Anlitz sich verändert,
wenn du mitten in dem Blick,
dem stillen reinen, der sich mir vereint,
dich innerlich verlierst und von mir kehrst!

Wie eine Landschaft, die noch eben hell,
bewölkt es sich und schließt mich von dir aus.
Dann warte ich.
Dann warte schweigend ich oft lange.

Und wäre ich ein Mensch wie du,
mich tötete verschmähter Liebe Pein,
so aber gab unendliche Geduld,
der Vater mir,
und unerschütterlich erwarte ich dich, wann immer du kommst.
Und diesen sanften Vorwurf selber, nimm als Vorwurf nicht,
als keusche Botschaft nur.

Christian Morgenstern

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