„Advent ist im Dezember“ heißt mit Recht die Forderung der gleichnamigen Aktion der evangelischen Kirche, aber manchmal ist Advent auch schon ein bisschen im November.
So wie in diesem Jahr 2009. Da ist der kommende Sonntag, der 29. November, der erste Adventssonntag. Dass es vier Sonntage Vorbereitung auf Weihnachten sind, war nicht immer so. Früher in der Alten Kirche war die Adventszeit deutlich länger, da begann es schon Mitte November und es gab mindestens sechs Adventssonntage. Unsere heutige Praxis mit den vier Sonntagen ist seit dem Beginn des 8.Jahrhunderts in Westeuropa belegt.
Von Anfang an hatte die Adventszeit den Charakter der Bußzeit als Vorbereitung auf das Christfest, den "Geburtstag" Jesu Christi. Das ist heute im konsumschwangeren Lichtergewirr der Großstädte, wo süßliche Jingle im Fernsehen eine „schöne Vorweihnachtszeit“ wünschen, häufig in Vergessenheit geraten. Die Lebkuchen waren längst nicht immer so süß wie heute und mit Schokolade oder Zuckerguss überzogen. Nein, Lebkuchen waren Fastenspeise! Denn den Menschen früher war in viel drastischerer Weise bewusst, dass die Christen im Advent nicht nur dem ersten Kommen Gottes in die Welt gedenken und sich auf das große, prächtige Weihnachtsfest vorbereiten, sondern gleichzeitig und gleichberechtigt wurde die Erwartung der zweiten Ankunft, des zweiten Advents Jesu am Ende der Zeiten mit bedacht.
Advent als Buß-und Fastenzeit erscheint heute eine recht exotische Vorstellung zu sein. Aber einige der schönsten und wertvollsten Adventslieder geben in ihren Texten darüber Aufschluss, manchmal auch in ihrer Melodie. Ein gutes Beispiel ist „Mit Ernst o Menschenkinder“ (Evangelisches Gesangbuch, Nr.10). Die Melodie ist alles andere als lustig oder süßlich, sondern klar und herb. Der Text auch, der eifrig zur Buße aufruft. So ist zum Beispiel die letzte Strophe ein Loblied der Demut: „Ein Herz das Demut liebet / bei Gott am höchsten steht / Ein Herz das Hochmut l übet, mit Angst zugrunde geht; / ein Herz, das richtig ist und folget Gottes Leiten, / das kann sich recht bereiten.“
Die Buß- und Fastenpraxis der alten Kirche, die zum Beispiel durch diesen Choral symbolisiert wird, erscheint heute recht fremd. In der Glitzerwelt unser Advents- oder besser „Vorweihnachtszeit“ haben solche kontemplativen Anwandlungen kaum noch einen Platz. Aber es lohnt sich daran zu erinnern, dass der Beginn des neuen Kirchenjahres am Ersten Advent ja begrüßen, ein Stück des Themas vom Ende des alten Kirchenjahres, mit Volkstrauertag, Buß-und Bettag und Ewigkeitssonntag, weiter mit sich trägt: Die Erwartung der zweiten Ankunft Christi am Ende der Zeiten. Advent trägt immer einen doppelten Akzent.
Ob es schöner ist, diese getragenen, ernsten Aspekte der Adventszeit auszublenden und sich in der Adventszeit nur im Lichterglanz der Konsumwelt und vorzeitigem Absingen von „Stille Nacht“ und „Süßer die Glocken nie klingen“ zu ergehen? Sicher nicht. Gesteigertes Vorweihnachtsgewusel führt zu Unzufriedenheit, Stress und Enttäuschung, wenn Weihnachten dann endlich da ist. Advent ist eigentlich eine dunkle Zeit, die dann plötzlich, ja schlagartig, vom weihnachtlichen Lichterglanz abgelöst wird. Wenn dagegen schon ab dem Ersten Advent gleißendes Licht scheint, dann ist Weihnachten gar nichts Besonderes mehr. Insofern: Mut zum Dunkel und zum Ernst in der Adventszeit. Wenn Licht inflationär wird, verliert es seinen Wert.
Auf dem Adventsportal der EKD sind nach der "Stillen Zeit" auch die Rubriken zu Advent erschienen. So findet man Liedtexte, Erklärungen zu Brauchtum, Buchtipps für die Advents- und Weihnachtszeit und einiges mehr.
Wer seinen Lieben einen individuellen Adventskalender erstellen möchte, ist herzlich eingeladen, die "Bastelwerkstatt" zu besuchen oder den fertigen multimedialen Kalender der evangelischen Kirche mit stimmungsvollen Texten und Bildern zu abbonieren.
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