Sonntag, 21. März 2010

Die Geschichte der langen Löffel

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Ich war stets ein gottesfürchtiger und braver Mann gewesen, der nie jemandem Leid zufügte oder schlechtes gegen jemanden unternommen hat. So hatte ich auch keine Angst, als meine letzte Stunde kam.

Wie ich es erhofft und gewünscht hatte stand ich dann vor dem großen Tor. Ich sah Petrus, der mich schon erwartete.


"Willkommen an der Him
melspforte", sagte er und wies mich hinein.

"Ich habe alles über dein Leben nachgelesen und ich muss sagen, du bist ein wahrlich würdig in den Himmel zu kommen. Mir wurde aufgetragen, dir eine besondere Ehre zuteil kommen zu lassen, weil du ein ausgesprochen frommer Mensch gewesen bist. Es soll dir ein Wunsch gewährt sein, den du erfüllt bekommen sollst, ehe du den Himmel betrittst."

Ich wusste nicht, was ich mir wünschen sollte.
Meine liebe Frau war vor mir gegangen, sie wieder zu sehen würde sich erfüllen, wenn ich im Himmel bin. Auch meine Kinder würde ich wiedersehen, denn auch sie sind des Himmels würdig.

Eine Sache, doch ich hatte einen Wunsch.

"Lieber Petrus, ich freue mich in den Himmel zu kommen, ich habe mein ganzes Leben danach gestrebt. Ich habe mir immer vorzustellen versucht, wie es im Himmel sein würde. Aber ich konnte mir nie vorstellen, wie die Hölle aussehen könnte. Ich würde gerne einen Blick in die Hölle werfen, das ist mein Wunsch."

Petrus nahm mich bei der Hand und wir gingen einen langen Gang entlang. Am Ende des Ganges dann, sah ich zwei Türen. Die eine wies nach links, die andere nach rechts.

"Wenn Du die Hölle sehen willst, so öffne diese T
ür," sagte Petrus. "Hab keine Furcht, dir kann nichts geschehen. Doch ich sage dir gleich, es wird fürchterlich sein."

Etwas mulmig war mir schon, als ich die Tür öffnete.

Ich sah einen großen, weißen Raum. In Mitten dieses Raums sah ich eine Gruppe Männer und Frauen stehen, die in einem Kreis standen. Ich erschauderte. Sie trugen nur einen Schurz und so sah ich ihre ausgemergelten Körper. Ihre Gesichter waren eingefallen und die Augen quollen aus den Höhlen. Wirre Augen, voller Verzweiflung. Seit Ewigkeiten mussten diese Menschen hungern.

Dann sah ich in der Mitte dieses Kreises einen riesigen Topf mit Suppe. Ich verstand nicht, warum sie solchen Hunger litten, obwohl vor ihnen ein Topf mit herrlichste Suppe stand. Doch dann erkannte ich es.

In ihren Händen hielten sie Löffel, mit denen sie immer wieder in der Suppe schöpften, doch diese Löffel hatten lange Stiele. Ich beobachtete ihr verzweifeltes Bemühen, sich einen Löffel Suppe zum Mund zu führen, doch es war aussichtslos. Die Löffel waren zu lang, länger als die Arme, so war es ihnen nicht möglich zu essen.

Ich konnte nicht länger hinsehen. Welch eine Qual, welch ein Leid. Ich wandte mich ab.

"Schrecklich", stammelte ich zu Petrus, doch ich war außer Stande mehr zu sagen.

"Komm nun, du sollst nun den Himmel sehen."

So öffnete Petrus die andere Tür und ich betrat den Himmel.

Doch was war das? Der gleiche Raum, die gleichen Menschen in einem Kreis. Auch hier ein Topf mit duftender Suppe in der Mitte, und auch sie hatten alle diese langen Löffel...

Ich rieb mir die Augen und sah genauer hin.

Diese Leute waren nicht abgemagert, sie waren alle wohlgenährt und ihre Gesichter spiegelten Zufriedenheit und Wohlbehagen wider.

Gerade wollte ich mich umdrehen um Petrus z
u fragen, warum sie nicht hungern, wo sie doch auch diese langen Löffel haben, dann sah ich es ..

... jemand schöpfte in die Suppe und steckte den Löffel seinem Gegenüber in den Mund ....


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