Vor langer Zeit bestellte der große Herrscher der Wüste einen seiner Verwalter zu sich:
„Mein Knecht, du weißt, ich lasse viele grünen Wiesen in der Wüste wachsen und habe fruchtbare Gärten in der trockenen Einöde geschaffen. In einem entlegenen Seitental wächst eine neue grüne Wiese zwischen all den Felsen. Geh hin uns pflege sie, damit sich das Gras dort trotz der widrigen Umstände entwickeln kann.“
Der Verwalter machte sich auf und erreichte nach einer langen Reise das besagte Seitental. Er fand dort tatsächlich eine frische und noch sehr junge Blumenwiese, die der Herrscher dort wachsen ließ. Sofort machte er sich gemäß seinem Auftrag an die Gärtner-Arbeit:
Zuerst streute er guten Dünger auf die Wiese und trug ein paar Steine weg. Dann baute er mühevoll einen stabilen Zaun um die Wiese, um sie zu schützen. Direkt daneben errichtete er sich ein Gärtner-Häuschen. Es war eine harte, mühevolle Arbeit. Jeden Morgen freute er sich über die immer kräftigeren, grüneren Halme und die bunten Blumen, die unter seiner Pflege gediehen. Die Wüste war heiß und tödlich, aber im Zaun und unter der liebenden Hand des gärtnernden Verwalters war mitten in diesem Seitental der Wüste ein schöner, bunter und lebendiger Garten entstanden.
Nach langen, fruchtbaren Jahren berief der Herrscher den Verwalter aus dem Seitental ab. Er gab ihm zu Ehren im Palast einen großen Empfang und zeichnete ihn aus, weil er die Pflanzen, die der Herrscher wachsen ließ, gut gehegt und gepflegt hatte.
Stattdessen schickte der Herrscher andere Verwalter, die sich um die weitere Pflege kümmern sollten. Es wurden mehr Verwalter dorthin gesandt. Diese bauten weitere Gärtnergebäude. Die Jahrhunderte kamen und gingen und mit ihnen immer neue Verwalter, die jeweils von ihren Vorgängern die Arbeit übernahmen.
Lange Zeit später reiste ein Inspekteur des Herrschers in dieses Seitental der Wüste. Er wollte nachzusehen, wie es den Pflanzen des Herrschers dort ginge. Er brachte schlechte Nachrichten zurück in den Palast des Herrschers:
„Mein Herrscher, deinen Gewächsen in diesem entfernten Seitental geht es schlecht. Die Verwalter kümmern sich immer noch um den Garten. Sie mühen sich ab in dem Gebiet, dass die ersten Verwalter eingezäunt haben.
Doch die Wüste hat sich den größten Teil der Wiese zurück geholt. Innerhalb des Zauns wachsen nur noch an wenigen Stellen grüne Pflanzen, das meiste ist kahles Geröll und trockener Wüstensand. Deinem Garten in dem Seitental geht es schlecht!”
Doch der Herrscher entgegnete ihm:
„Du irrst dich wie die heutigen Verwalter! Wärst du etwas im Tal umhergezogen, hättest Du wunderbare fruchtbare Wiesen gesehen, die ich wachsen lasse.
Leider wird all das von den heute arbeitenden Verwaltern nicht mehr gesehen, weil es auf der anderen Seite außerhalb ihres selbst errichteten Zauns wächst.
Während die ersten Verwalter sich um das Gras kümmerten, dass ich an einer von mir gewählten Stelle wachsen ließ, kümmern sich die heutigen Verwalter nur noch um den Teil des Tales, den die ersten Verwalter eingezäunt haben. Sie orientieren sich nur noch an dem, was Menschen einmal organisiert haben.
Aber meine Wiese ist lebendiger als es die Verwalter sehen, die nur diesen Platz der Vergangenheit pflegen.“
Quelle
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