Samstag, 30. Juli 2011

»Wenn Worte zu Waffen werden«: Norwegen-Attentat als Aufstandsbekämpfung

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Gerhard Wisnewski

Wieder einmal setzt sich ein schießender Dunkelmann an die Spitze einer politischen Bewegung, in diesem Fall der konservativen oder »rechtspopulistischen«. Wie immer mit verheerenden Folgen ...


Wie ich es hasse, immer recht zu behalten. Na gut: fast immer. Oft. Aber jedenfalls manchmal: »Mit deinen Argumenten wird geschossen«, würde man demnächst Leuten um die Ohren hauen, wenn sie irgendeinen Standpunkt vertreten würden, der zufällig auch von dem Norwegen-Attentäter Anders Breivik vertreten wird, hatte ich in meinem letzten Artikel geschrieben. Und in dem 1500 Seiten starken »Breivik-Manifest« kommen schließlich eine ganze Menge Standpunkte vor. So viele, dass Konservative oder »Rechte« in Zukunft praktisch den Mund halten müssen, wenn sie nicht in einen Topf mit einem Massenmörder geworfen werden wollen.

Und siehe da: Kaum hat der Norwegen-Attentäter die propagandistische Waffe geladen, wird sie auch schon abgefeuert: »Phänomen Rechtspopulismus: ›Aus Worten können Waffen werden‹«, überschreibt die Website der Tagesschau ein Interview mit Anton Maegerle, einem Journalisten der führenden Propagandamagazine Report Mainz und Panorama.

Der Text des Attentäters enthalte »an vielen Stellen rechtspopulistische Argumentationen oder ist sogar direkt aus solchen Quellen kopiert«, wendet sich tagesschau.de an Maegerle: »Rechtspopulistische Parteien und Blogger distanzierten sich zwar entschieden von ihm. Aber inwiefern legen sie die Basis für solche Gewalt?«

Eine schöne Vorlage. Die Antwort von Maegerle kommt denn auch so sicher wie das Amen in der Kirche:

»Sich da im Nachhinein zu distanzieren, ist schlicht und ergreifend ein Witz. Die Gewalt ist in der Rhetorik angelegt, auch in derjenigen der rechtspopulistischen Parteien und Bewegungen. Wer Hass schürt, muss davon ausgehen, dass dieser Hass irgendwann explodiert. Aus Worten können Waffen werden.«

Das heißt: Wer irgendwelche »rechtspopulistischen« Positionen vertritt, ist praktisch genauso kriminell wie derjenige, der mit solchen Argumenten schießt. Nachträgliche Distanzierungen nützen da gar nichts. Und genauso wie der Besitz physischer Waffen muss demnach auch der Besitz verbaler oder intellektueller »Waffen« wohl bald verboten werden.


Maegerle macht klar, wo die herrschenden Eliten der Schuh drückt und gegen wen sich das Norwegen-Massaker richtet:

»Es gab spektakuläre Wahlergebnisse: die dänische Volkspartei, die Schwedendemokraten, die Wahren Finnen, die Wilders-Partei in den Niederlanden, die Tea Party in den USA. Auch nicht zu vergessen: Die FPÖ in Österreich oder die Schweizerische Volkspartei. In den USA sind zwischenzeitlich zigtausende Personen in einem großen Netzwerk verbunden. Das ist eine Bewegung, die immer größer wird.«

Genau diese Bewegung wird von dem Norwegen-Killer mit seinem »Manifest« umarmt und vereinnahmt. Mit seinen klebrigen ideologischen Tentakeln greift er nach allem »Rechten«, was er finden kann. Schon spüren Europas »Rechtspopulisten« die verheerenden Einschläge: ob Lega Nord, Front National, FPÖ oder Partei für die Freiheit (PVV, Niederlande). »Es erfüllt mich mit Abscheu, dass der Täter in seinem Manifest auf die PVV und mich verweist«, fühlt sich der holländische »Rechtspopulist« Geert Wilders zu erklären genötigt.

Aber das ist kein Zufall, sondern Absicht. Genau dieses Muster haben wir in den siebziger bis neunziger Jahren bei der »RAF« erlebt. Kaum vertrat jemand unbequeme Meinungen, setzten sich die Dunkelmänner der »RAF« an die Spitze der Bewegung und fingen in ihrem Namen zu schießen an. Damit waren diese Meinungen und Bewegungen natürlich nachhaltig kompromittiert.
So etwas nennt man Aufstandsbekämpfung, und auf diese Weise wurde beispielsweise der Aufstand gegen die Treuhandanstalt niedergeschlagen – mit dem »RAF«-Attentat auf den Treuhand-Chef Detlev Karsten Rohwedder 1991. Wo immer eine gefährliche Protestbewegung auftrat, meldete sich die »RAF«, entweder mit Worten oder mit Waffen – oder mit beidem. Und schon wurde die Protestbewegung zum »geistigen Umfeld« des Terrorismus erklärt und auf diese Weise kriminalisiert und zerstört.

Und zweifellos stehen wir im Zeitalter der Globalisierung, der »Rettungspakete«, der Transferunion, der Einheitserziehung und -bildung, der Gleichmacherei, kurz: der Entstehung der EUdSSR, vor einem neuen Aufstand, diesmal allerdings von rechts: Konservative wie Thilo Sarrazin, Eva Herman und Kirsten Heisig klagten die Auswüchse der neokommunistischen Gesellschaft an, Politiker und Rechtsanwälte wie Peter Gauweiler, Karl Albrecht Schachtschneider und andere klagten vor dem Bundesverfassungsgericht gegen die Euro-«Rettungsschirme«, den Vertrag von Lissabon, die Transferunion und Tornado-Einsätze in Afghanistan.

Und siehe da: Schon wieder klebt ein falscher Prophet viele dieser Standpunkte in einem Pamphlet zusammen und ermordet mit diesen oder ähnlichen Argumenten 76 Menschen (nach derzeitiger Polizeizählung). »Wenn man lange genug hetzt, dann findet man Leute, die zur Tat schreiten«, so der Politikwissenschaftler Thomas Schmidinger laut Spiegel Online.

Nun sind politische Standpunkte allerdings relativ und eine Frage der Perspektive. Wer alles um sich herum per se als »rechtsradikal« erlebt, kann eigentlich nur linksradikal sein. Denn dann ist links von ihm nur noch die Wand. Damit ist die herrschende Ideologie der EU und der ihr angeschlossenen Regierungen auch schon hinreichend beschrieben. Und wenn die EU nun verstärkt den »Rechtsextremismus« bekämpfen will, kann das nur heißen, dass damit alles gemeint ist, was sich rechts von ihrem eigenen Neo-Stalinismus befindet.



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