Als ich in der Univ. Frauenklinik in Heidelberg von allen 
Patientinnen mit gynäkologischen Erkrankungen Beschwerdebögen ausfüllen 
ließ, war ich überrascht, dass ca. 80% Darmprobleme hatten. Das hätte 
ich nie erfahren, wenn ich sie wie üblich nur nach dem Grund ihres 
Arztbesuches gefragt hätte.
Wenn Sie schon einige Zeit die Artikel in diesem Webmagazin verfolgen, wird Ihnen aufgefallen sein, wie oft ich die Bedeutung einer normalen Verdauung oder einer gesunden Darmflora betone: sei es bei den Artikeln zur Endometriose oder wiederkehrenden Scheideninfektionen oder bei chronischen Erkrankungen, wie Krebs.
Aber wie können Sie wissen, ob Sie einen gesunden Darm haben und ob Ihre Beschwerden, wie Konzentrationsstörungen oder Allergien mit Ihrem Darm zusammenhängen könnten? Um das herauszufinden, gibt es seit einigen Monaten ein umfassendes Buch von einem renommierten Umweltmediziner. Es heißt „Der Darm denkt mit“ und wurde von dem Umweltmediziner Klaus-Dietrich Runow verfasst. Ich habe es voller Begeisterung verschlungen, überwältigt von den modernen Methoden, die es heute in der Diagnostik gibt, und den weitgreifenden Behandlungsmöglichkeiten.
Sie werden sich erinnern, dass genau vor zwei Jahren einer der ersten Artikel dieses Webmagazins den Titel trug: “Und unser Bauch denkt wirklich mit“.
 In der Zwischenzeit gibt es viele neue Erkenntnisse, die beweisen, wie 
bedeutend unsere Darmgesundheit ist. Um Ihnen Ihren Darm als Schlüssel 
für Ihre Gesundheit näher zu bringen, habe ich mit dem Umweltmediziner Klaus-Dietrich Runow
 ein Interview geführt. Hierbei konnte ich natürlich nur die mir 
wichtigsten Fragen stellen, viele Antworten auf Ihre  persönlichen 
Fragen und Grundlagen zum Verständnis finden Sie in seinem Buch.
Ursache von Darmproblemen
Woher kommt es, dass heute so viele Menschen Probleme mit dem Darm und der Verdauung haben?
 Aufgrund des zunehmenden Verzehrs prozessierter Nahrungsmittel und 
der übermäßigen Verwendung von Farb-, Konservierungs- und Aromastoffen, 
steigt die biochemische und immunologische Belastung der Darmökologie. 
Die Folge sind nicht nur Beschwerden im Darmtrakt. Nahrungsmittel und 
Zusatzstoffe können Reaktionen in allen Organen verursachen.
Zu wenig Beachtung im medizinischen Alltag findet auch die Tatsache, 
dass Pollenallergiker sehr häufig auf Nahrungsmittel reagieren. Zielorgan Nr. 1 bei Nahrungsmittelunverträglichkeiten ist mit über 40% die Haut. An zweiter und dritter Stelle folgen der Darm und die Lunge.
 Darüber hinaus gibt es auch klassisch immunologische und 
pseudoallergische Reaktionen im Gehirn. Synthetische Farbstoffe und 
Zusatzstoffe wie Glutamat (Geschmacksverstärker) können – besonders bei Kindern – zum ADHS führen, zum Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitäts-Syndrom.
Was ist ein Reizdarm?
Wenn Sie Ihrer Patientin sagen: Ihr Darm reagiert gereizt, weil 
Sie „überreizt“ sind, wird sie dafür sicher wenig Verständnis haben. Wie
 erklären Sie ihr diesen Zusammenhang?
Meinen Patientinnen erkläre ich, dass der „Reizdarm“
 für mich zunächst keine Krankheit sondern ein Symptom darstellt. Die 
Aufgabe des Arztes/der Ärztin ist es herauszufinden, welche Gründe 
hierfür in Betracht kommen.
Meistens sind es eben nicht psychische Ursachen, sondern es liegen 
„organische“ Störungen im Darm vor: Allergien bzw. Pseudoallergien, 
Enzymschwächen oder mikrobiologische Fehlbesiedelungen durch Pilze, 
Parasiten, pathogene Bakterien  und auch Würmer. Moderne genetische 
Stuhlanalysen decken hier pathogene Keime in einer bisher ungeahnten 
Präzision auf. Ab Herbst dieses Jahres werden wir auch auf diesem Gebiet neue Blutuntersuchungen anbieten können.
So lange Patienten nicht heftige Bauchschmerzen haben, sondern nur Blähungen, mal Verstopfung, mal Durchfall, nehmen sie diese Symptome ja nicht ernst. Wann sollten Patienten mit diesen Beschwerden zum Arzt gehen?
Grundsätzlich dürfen wir den Darm eigentlich gar nicht spüren,
 d.h. Durchfall, Verstopfung und Blähungen sind immer Krankheitszeichen,
 die näher abgeklärt werden müssen. Bei Beschwerden wie häufiges 
Aufstoßen, Grummeln im Bauch, Völlegefühl und Sodbrennen sollten 
zunächst Nahrungsmittelunverträglichkeiten ausgeschlossen werden.
Oft treten Darmstörungen nach einer Antibiotikumtherapie auf –
 und das manchmal sogar erst nach drei Monaten. Da die Patienten 
meistens nicht mehr daran denken, sollten wir Ärzte immer die Frage nach
 einer vorausgegangenen Antibiotikumtherapie stellen. Als Folge kann 
sich eine mikrobiologische Fehlbesiedelung und einer deutlich 
geminderten Zahl freundlicher Darmbakterien, der Probiotika, eingeschlichen haben. Ein Stuhltest ist hier unbedingt zu empfehlen.
Der Darm und Neurologische Erkrankungen
In Ihrem Buch beschreiben Sie ja, dass auch die Zunahme neurologischer Erkrankungen, wie Parkinson oder Alzheimer , mit dem Darm zusammenhängen. Wie erklären Sie das und was sagen die Neurologen dazu?
Es gibt direkte anatomische, biochemische und immunologische 
Verbindungen zwischen dem Darm und dem Gehirn. Jüngere Beobachtungen 
zeigen, dass Umweltgifte (z.B. Pestizide) nicht nur über den 
Blutkreislauf, sondern direkt über das enterale Nervensystem in das 
Gehirn gelangen und dort zu neurodegenerativen Prozessen führen können. 
Auch Entzündungen im Darm können sich direkt auf das zentrale 
Nervensystem auswirken. Die Immunzellen des Darmes sind assoziiert mit 
den Gliazellen im Gehirn. Kurz: Wenn die Darmimmunzellen entzündet sind, sind es auch die Immunzellen im Gehirn.
Der Darm und Psychische Erkrankungen
Gibt es auch einen Zusammenhang zwischen dem Darm und Depression, bzw. Burn-out? 
Depression oder Burn-Out
 sind für mich zunächst nur Symptome und keine Krankheiten. Ich möchte 
wissen, ob Entzündungen, Umweltgifte, Störungen der Verdauung, 
Nahrungsmittel und Nährstoffmangel den Gehirnstoffwechsel beeinflussen.
In meinem Buch habe ich den Fall eines 28- jährigen „Burn-Out“- 
Patienten beschrieben. Heftige Darmkrämpfe und daraufhin eingesetzte 
Antibiotikuminfusionen führten schließlich zu einer Gewichtsabnahme um 
20 kg innerhalb von drei (!) Monaten. Da man weder im Blutbild noch bei 
radiologischen Untersuchungen (MRT) pathogene Befunde erheben konnte, 
wurde die Diagnose „Depression“ gestellt und Antidepressiva verordnet. 
Meine Untersuchungen ergaben eine Kuhmilch/Casein-Unverträglichkeit und 
eine starke Pilzbesiedelung des Darmes. Der Patient, der an den heftigen
 Darmbeschwerden / „Depressionen“ immerhin schon 2 Jahre litt, war 
innerhalb von einer  Woche beschwerdefrei. Er ist es bis heute.
Der Darm und ADHS
Millionen von Kindern und zunehmend mehr Erwachsene werden wegen ADHS mit
 Psychopharmaka behandelt, oder sagt man besser „vergiftet“? Wo  sehen 
Sie die Ursachen dieser Erkrankung, und was würden Sie Eltern mit  
unruhigen Kindern empfehlen?
Bei ADHS empfehle ich die  Untersuchung von maskierten Allergien  
(Nahrungsmittelunverträglichkeiten). Farb-, Konservierungsstoffe sowie  
Geschmacksverstärker  und Aromen sind zu meiden. Eine  
Stoffwechselanalyse (organische Säuren im Urin) kann einen erhöhten  
zellulären Bedarf an Nährstoffen aufdecken. Auf der Basis solcher Tests 
 stelle ich eine Vitamin und Nährstofftherapie zusammen.  Hier arbeiten 
 wir mit US-amerikanischen Laborpartnern zusammen. Nicht fehlen dürfen  
umweltmedizinische Analysen (Schwermetalle, Porphyrine, Bisphenol A  
etc.).
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Der Darm und Rheuma
Kann man auch Rheuma über den Darm beeinflussen?
Eine  mikrobiologische Fehlbesiedelung im Darm durch z.B. Yersinien, 
 Campylobacter, Salmonellen, Pilze etc. kann zu systemischen 
Entzündungen  führen – auch zu Arthritis.
Bei rheumatischen Beschwerden
 sollte  u.a. auch an die Kreuzreaktivität zwischen Darmzellen  
(Colon-Epithelzellen) und Knorpelzellen gedacht werden. Wenn sich das  
Darm- Immunsystem aufgrund von Entzündungen, Allergien, Antibiotikagaben
  bzw. Umweltgifte durch Bildung von Antikörpern gegen eigene Strukturen
  wehrt, können diese auch andere Gewebe angreifen.
Eine  Unterstützung der Darmflora mit freundlichen Bakterienstämmen 
und die  Eliminierung von allergenen Nahrungsmitteln kann dazu 
beitragen,  rheumatische Beschwerden zu lindern oder zum Abklingen zu 
bringen.
Sodbrennen - Folgen für den Darm
Die einen Ärzte verschreiben bei Sodbrennen Natron,
 die anderen  Säureblocker, warum haben diese Mittel einen Einfluss auf 
unseren Darm?  Was kann man noch gegen Sodbrennen tun?
Starke Säure, nämlich  Salzsäure, gehört zur sinnvollen Ausstattung 
unseres Magens und ist  unentbehrlich für eine vollständige 
Verdauungsleistung.
Den  aktuellen Trend zur Blockierung der Säure durch Protonenpumpenhemmer (PPI),
 „Basenpulver“ etc. betrachte ich sehr kritisch. PPI gehören  
mittlerweile zu den am häufigsten verordneten Arzneimitteln in  
westlichen Industriestaaten.
Im Jahr 2009 wurden fast 2 Milliarden  (!) Tagesdosen Säureblocker 
(PPI) verordnet – eine Versechsfachung  gegenüber dem Jahr 2000. Die 
Hälfte wird nicht indikationsgerecht  eingesetzt. Nicht nur bei 
„Reizmagen“ und Reflux werden die Präparate  verwendet, sondern auch 
flankierend zu anderen Medikamenten als  sogenannter „Magenschutz“ 
eingesetzt.
In der Folge kommt es zu  Verdauungsstörungen, Immunsuppression, 
Resorptionsstörungen (z.B.  Calcium) und einem erhöhten 
Osteoporoserisiko. Da die Patienten meistens  kein Säureproblem haben, 
sondern nur dyspeptische Beschwerden, die  durch 
Nahrungsmittelunverträglichkeiten oder eine Verdauungsschwäche  
(Enzymmangel) verursacht sind, sollten zunächst differenzierte  
Untersuchungen erfolgen. Säureblocker sollten grundsätzlich nur  kurzfristig verordnet werden.
Medikamente - Folgen für den Darm
Bei Antibiotika und Cortison wissen
 schon viele, dass diese  Medikamente die guten Darmbakterien zerstören,
 aber was ist mit so  gängigen, millionenfach verordneten Mitteln wie Aspirin oder Ibuprofen?Viele  Medikamente führen zu einer Reizung der Darmschleimhaut und 
erhöhen die  Durchlässigkeit des Darms. Beim „Leaky-Gut-Syndrom“ kommt 
es über einen  verstärkten Einstrom von Nahrungsbestandteilen, Bakterien
 und Toxinen  in den Blutkreislauf zu einer Immunbelastung, Allergien 
und Förderung  von systemischen Entzündungsprozessen. In der Folge 
reagieren auch  extraintestinale Organe, die häufig gar nicht mit dem 
Darm in Verbindung  gebracht werden und deshalb nur symptomatisch 
behandelt werden.
Selbstverständlich sind es nicht nur Medikamente, die den Darm so 
reizen können. Viel häufiger sind es Bestandteile von Nahrungsmitteln 
und Zusatzstoffe. Da man auf die ja nicht verzichtet und man meistens 
auch gar nicht weiß, welche die Darmschleimhaut so angreifen, kann man 
auch keine Besserung der daraus resultierenden Leiden erwarten.
Nahrungsmittelallergien
Sie unterscheiden ja in Ihrem Buch  Nahrungsmittelunverträglichkeiten von Nahrungsmittelintoleranzen.  Welchen Unterschied macht das im Alltag für den Patienten?
Fast  keinen. Den Patienten interessieren die akademischen 
Unterscheidungen  nicht. Er muss wissen, welche Nahrungsmittel für eine 
bestimmte Zeit  gemieden werden müssen, und wann er sie wieder im Rahmen
 einer 4-Tage  Rotationsdiät dem Ernährungsplan hinzufügen kann. Bei den
 Intoleranzen  können heftige Beschwerden auftreten, ohne dass 
immunologische  Reaktionen ablaufen bzw. ohne dass Antikörper im Blut 
nachgewiesen  werden können. Erschwerend kommen die Spätreaktionen 
hinzu. In der Regel  steht der Mensch etwa 3-4 Tage unter dem Einfluss dessen, was er heute  gegessen hat. Manche reagieren noch später. Hier wird es mit der  Zuordnung und natürlich auch der Diagnostik schwierig.
Diagnostik von Darmerkrankungen
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