Eurovision Song Contest
Wütende Zuschauer-Proteste gegen Politisierung des ESC
Das Publikum reagierte wütend auf die völlig unerwartete Politisierung
des ESC. Der Vorwurf an die öffentlich-rechtlichen Sender: Ein
Musik-Contest werde für politische Agitation missbraucht.
Hunderte Kommentare beschwerten sich auf Facebook und Twitter nach dem Sieg der Ukraine beim Eurovision Song Contest
über die unerwartete Politisierung des ESC durch die
öffentlich-rechtlichen Sender. Die Kritik kam aus praktisch allen
Ländern Europas: Aus Schweden, Italien, Frankreich, Polen,
Großbritannien und Deutschland wurde angemerkt, dass das Siegerlied so
politisch angelegt war, dass ein schwerwiegender Verdacht nicht
auszuräumen sei: Die Jurys, die im Auftrag der Sender erstmals
eingesetzt wurden, hätten kein künstlerisches, sondern ein politisches Urteil gefällt.
Die Kommentare auf Facebook waren authentisch, so dass es den Sendern
schwerfallen dürfte, Putin-Trolle hinter der Kritik zu vermuten.
Einhelliges Urteil der Kommentare: Es sei bisher guter Usus gewesen, politische Texte vom Wettbewerb auszuschließen.
Man habe sich am ESC wegen der Musik und wegen der Lyrik erfreut und
den Contest als einen Ort angesehen, bei dem die Politik außen vor
bleibe. Nun aber sei der ESC mitten in den Streit zwischen der Ukraine
und Russland gezogen worden – unter anderem auf Kosten der musikalischen
Qualität. Dies könne dem Geist des ESC in Zukunft vergiften.
Auch diplomatisch könnte die Neuausrichtung beim nächsten ESC zu Komplikationen führen:
Denn die Siegerin trug ein Lied über ihre Vorfahren vor, die als
Tartaren auf der Krim gelebt hätten. Ein ukrainischer politischer
Beamter hatte im Vorfeld bereits angekündigt, dass der ESC 2017 von der
Ukraine auf der Krim ausgerichtet werde. Der staatliche russische Sender
RT konterte, dass dies ein Problem sei – weil die Krim in einer
Volksabstimmung für den Beitritt zu Russland gestimmt habe und eine
Ausrichtung auf der Krim folglich nur möglich gewesen wäre, wenn der
russische Kandidat gewonnen hätte.
Die ARD verschwieg auf ihrer Eurovisions-Website die Tatsache, dass der russische Sänger das Votum des Publikums gewonnen hatte.
Die ARD schreibt: „In Stockholm gab es ein neues, zweiteiliges
Abstimmverfahren, das bis zum Schluss für Spannung sorgte: Zunächst
wurden die Punkte der Jurys verteilt. Demnach hätte Australien vor der
Ukraine und Frankreich gewonnen. Die sich anschließende Wertung des
Publikums wirbelte das Ergebnis noch einmal durcheinander und brachte
Jamala an die Spitzenposition.“ Diese Formulierung ist hochgradig manipulativ, weil sie den Eindruck erweckt, als hätte die Jamala die Publikumswertung gewonnen.
Im übrigen betonte die ARD, dass dem ESC die „Völkerverständigungs-Idee“
zugrunde liege. Wenn man sich die aufgebrachten Reaktionen der Zuseher
ansieht, die wegen der Politisierung auch aufeinander losgingen, muss
man konstatieren, dass diese Idee beim ESC 2016 eindeutig Schaden
genommen hat.
Deutsche Wirtschaftsnachrichten
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