Donnerstag, 13. Oktober 2011

Frisch von der Kanzel weg

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Wir haben bei Pfarrers nachgefragt




Sechs Pfarrer bzw. Pfarrerinnen, zwei Pfarrers­ehefrauen und drei Pfarrerkinder aus Hessen-Nassau, Württemberg, Rheinland, Kurhessen-Waldeck und Sachsen gaben uns Auskunft. ­Ihnen gilt unser Dank.     –  die Redaktion


Was bringt uns zur Strecke?
 
  • „Schon-immer“-Aussagen
Das Pochen auf das Gewohnte vergällt einem das kreative Planen und lässt jeden frischen Wind abflauen. Gremien, die immer erst Schwierigkeiten und Stolpersteine sehen, ­machen mürbe. Wenn Herausforderungen nicht als Chancen wahrgenommen werden, sind bald alle überfordert

  • Prinzipien vor Personen
Individuelle Vorstellungen, Wünsche und Vorlieben können nicht immer berücksichtigt und schon gar nicht den gemeinschaftlichen Anliegen vorgezogen werden. Zu wenig Miteinander, zu viel Nebeneinander zerstört die Kommunikation: E-Mails und Memos ersetzen nicht das persönliche Gespräch.

  • Einmischung ins Familienleben
Der Vorgarten des Pfarrhauses ist kein Marktplatz, und das Pfarrhaus keine Durchgangshalle. Wenn die Privatsphäre nicht geachtet und der Familienrhythmus ständig unter­brochen wird, geht es den Pfarrerskindern bald wie Müllers Vieh. Sie möchten auch nicht ständig nur als „Pfarrerskinder“ zusortiert werden. Besonders treffen die spitzen Bemerkungen und das Gerede über die Ehepartner. Das kann dazu führen, dass sich die Familie ganz von der Gemeinde abschottet. Nerv­tötend sind langwierige Umbauten in Pfarrhaus oder -garten und kleine wie große Reparaturen, die ewig verschoben werden.
  • Besserwisserei
Kritteln vorne- wie hintenherum unterhöhlt das Vertrauen. Vor allem, weil es nicht zur Klärung beiträgt. Das wird auch nicht besser, wenn einige dabei auf ihre Bibelkenntnisse pochen oder sich mit theologischen Spitzfindigkeiten gegen den Pfarrer einschießen. Es ist  ganz und gar unnötig und hinderlich, Statusgehabe aus der Arbeitswelt in das Gemeindeleben hineinzutragen.
  • Kein Respekt vor der Freizeit
Pausen, Rückzug und Urlaube braucht es für die Inspiration! Anrufe am Sonntag oder am üblicherweise freien Montag vernichten die für Rekreation und Familie reservierten Zeiten. (Auch die Essenszeiten sollten unbehelligt bleiben...). Fragen wie: „Ach, schon wieder ­Urlaub?!“ „Ach, da sind Sie NICHT dabei?!“ lassen jegliches Verständnis dafür vermissen, wie kräftezehrend und zeitintensiv der Pfarrberuf ist.

Was bringt uns auf den Weg?
  • Konstruktive Kritiker
Wenn die Sonntagspredigt nicht im Kirchenschiff verhallt. Persönliche – gerne auch kritische – Rückmeldungen sind willkommen. Ein Aufsteller ist Feedback nach Veranstaltungen und kreative Ideen fürs nächste Mal. Stärken und Schwächen bitte möglichst behutsam ansprechen. Bloßstellen ist ein Killer.

  • Engagierte Freiwillige
Menschen, die sich einbringen und bereitwillig große und (vermeintlich) kleine Aufgaben übernehmen, sind pure Energiespender. Es spornt auch Pfarrer nicht an, wenn sie für Laufburschen gehalten werden. Ein großer Dank an alle, die Kollekte zählen, Gemeindeblätter austragen, Feste vorbereiten, Kranke besuchen oder die Gemeinde-Website pflegen.
  • Beharrliche Beter
Absolute Rückenstärkung gibt das Gebet für Pfarrer und Pfarrfamilie; besonders in Zeiten von Krankheit und anderen Krisen bedeutet es sehr viel.
  • Liebende Wertschätzung
Auch Pfarrer freuen sich über Zeichen der ­Anerkennung: ein selbstgebackener Kuchen, kleine Gutscheine, Tipps für einen Kino/Konzert/Theater-Abend zu zweit – Babysitter inklusive – oder gebrauchte Kinderkleidung fürs kinderreiche Pfarrhaus machen die Verbundenheit greifbar. Ein schlichtes Dankeschön ab und an wärmt das Herz.

  • Freundschaft auf Augenhöhe
Wer immer nur als Hochwürden wahrgenommen wird, fühlt sich bald isoliert; echter Teamgeist entsteht durch Herzensnähe. Staffellauf beflügelt mehr als ein einsamer Marathon. Bei Pfarrers Fehlern, Versäumnissen und schlechter Laune sollten auch mal mildernde Umstände gelten dürfen. Freundschaft ist ein kostbares Gut, erst recht in der eigenen Gemeinde!


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