Freitag, 13. September 2013

Israel - zwanzig Jahre nach Oslo

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Manfred Gerstenfeld (direkt vom Autor)

Am 13. September werden zwanzig Jahre seit der Unterzeichnung der Oslo-Vereinbarungen vergangen sein. Die heutige politische Situation im Nahen Osten ist weit entfernt von der, die Abba Eban wahrnahm, als ich ihn ein paar Monate später interviewte. Er sagte damals: „Niemals haben sich Israelis und Araber auf so viele Weisen in Washington, Tokio, Moskau, Ottawa, Rom und in unserer Region getroffen. Militärisch sind die Araber gegen Israel sehr erfolglos gewesen. Jetzt wollen sie von den Traumata der Niederlagen frei sein.“

Das Interview mit Eban war eines von 16 mit prominenten Israelis für mein Buch Israel’s New Future, das Anfang 1994 veröffentlicht wurde. Es behandelte sowohl interne als auch externe israelische Ausblicke nach Oslo. So stark sich Israels interne Situation auch geändert hat, die gegenwärtige Realität der Welt außerhalb ist sogar deutlich anders als vor 20 Jahren.

Israels derzeitige Position im Nahen Osten ist komplexer als sie es lange Zeit gewesen ist. Viele Jahrzehnte lang waren Israels Beziehungen mit einer oder mehr der drei Mächte, die die Region dominieren – Türkei, Iran und Ägypten – gut oder zumindest angemessen. Das ist nicht länger der Fall. Die Beziehungen zum Iran, unter dem Schah Israels Verbündeter, sind grottenschlecht, seit Ayatollah Khomeini 1979 an die Macht kam. Doch zur Zeit der Oslo-Vereinbarungen gab es keine signifikanten Zeichen für die völkermörderischen Absichten der Führung des Iran.

Wäre dieser Artikel vor dem Sturz des ägyptischen Präsidenten Mohammed Morsi im Juli 2013 geschrieben worden, wäre aufgrund seiner Agenda klar gewesen, dass zunehmende Feindseligkeit gegen Israel eine herausragende Rolle gegeben würde. Die Lage mit der derzeitigen, temporären ägyptischen Regierung kann bestenfalls als verwirrend beschrieben werden.

Die Beziehungen Israels zu früheren türkischen Regierungen waren normalerweise gut. Allerdings arbeitete der türkische Premierminister Recep Tayyip Erdoğan seit vielen Jahren daran die türkisch-israelischen Beziehungen zu schwächen. Der beschuldigte bereits 2004 Israel fälschlich des Staatsterrorismus. Steven Merley, der auf das Studium politischen Extremismus spezialisiert ist, deckte Fakten auf, die zeigten, dass die türkische Regierung an vielen Aspekten der Vorbereitung der Gaza-Flottille von 2010 stark beteiligt war.

Eine weitere wichtige Veränderung im Vergleich zu 1993 besteht darin, dass Israels Ansehen in der öffentlichen Meinung Europas in diesem neuen Jahrhundert stark beschädigt ist. Israels den Palästinensern gegenüber gemachte Zugeständnisse in den Oslo-Vereinbarungen wie auch sein einseitiger Abzug aus dem Gazastreifen im Jahr 2005 sind dort seit langem vergessen. Studien zeigen, dass mindestens 150 Millionen Bürger der Europäischen Union im Alter ab 16 Jahren eine dämonische Sicht Israels haben. Sie stimmen der Äußerung zu: „Israel führt einen Vernichtungskrieg gegen die Palästinenser.“ In Norwegen glauben 38% der Erwachsenen-Bevölkerung, dass Israel sich den Palästinensern gegenüber verhält wie die Nazis gegenüber den Juden.

Im aufschlussreichen Interview des Originalbuchs mit dem Politologen Dan Segre (Titel: „Kann Israel Europa jemals vertrauen?“) sagte dieser bereits, dass Europa einigen Aspekte seiner „Shylock-Politik“ nicht abgeschworen zu haben scheint. „Es erwartet von Israel ein Pfund territorialer Zugeständnisse, ohne dem Schaden Aufmerksamkeit zu schenken, den diese dem Gesamtstaat zufügen könnten, was die Verteidigungsmöglichkeiten Israels angeht.“ Segre fügte hinzu, dass Israel „in den 45 Jahren seiner Geschichte gezeigt hat, dass ein nicht entwickeltes Land sich modernisieren kann, während viele der europäischen Kolonien kollabieren“. Das kennzeichnet Erfolg, während Europa versagt hat, was viele Europäer frustriert.

Bereits vor zwanzig Jahren war klar, dass viele der politischen, militärischen, kulturellen und wirtschaftlichen Erfahrungen Israels Vorläufer dessen waren, was später in der westlichen Welt stattfinden sollte. Mit anderen Worten: Bis zu einem gewissen Ausmaß fungierte Israel als „Labor für den Westen“. Dem kann man inzwischen hinzufügen, dass Israel eine neue Rolle annahm. Es ist zunehmend zu einem Indikator des Zustands der westlichen Welt geworden, ebenso für dessen weit verbreitete und weithin fragwürdige Moral.

Blickt man zwanzig Jahre zurück, dann gibt es etwas, das die Interviewten nicht bemerkten: Die Art, wie die palästinensische Autonomiebehörde ihre Kinder erzieht, war ein Schlüsselindikator ihrer wahren Absichten. Dass die damals interviewten prominenten Israelis, die Bedeutung davon nicht vorherzusehen in der Lage waren, sollte Grund großer Sorge bezüglich der Genauigkeit aktueller Voraussagen zu wichtigen Fragen sein.

Noch eine weitere entscheidende Entwicklung der letzten zwanzig Jahre ist die riesige, fortgesetzte Hetze gegen Israel durch palästinensische Quellen gewesen. Als die PLO und Arafat im Exil waren, konnten sie Hass gegen Israel nicht in dem massiven Maße vorantreiben, wie es sowohl die Palästinensische Autonomiebehörde als auch die Hamas seitdem getan haben. Die Palästinenser haben durch diese Hetze viele Verbündete gewonnen.

Israel hat aus den Oslo-Vereinbarungen einigen Nutzen gezogen, beispielsweise diplomatische Beziehungen zu mehr Ländern. Langfristig allerdings dürfte der von der massiven palästinensischen und arabischen Hetze verursachte Schaden weit über jeglichen Nutzen hinausgehen, den Israel je aus den Vereinbarungen ziehen konnte.

Dr. Manfred Gerstenfeld ist emeritierter Vorsitzender des Jerusalem Center of Public Affairs. Er hat mehr als 20 Bücher veröffentlicht. Vor kurzem wurde sein Buch „Israel’s New Future“ mit einer neuen Einleitung als „Israel’s New Future Revisited“ veröffentlicht.


Israel abseits vom manistream
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