Merkels gefühlte Sicherheit
von Thomas Rietzschel 
Hurra! Angela Merkel hat jetzt die menschliche Größe 
besessen, eigene Fehler einzugestehen. Man kann, man darf ihr doch 
vertrauen. Und wie groß muss erst das Vertrauen der Kanzlerin zu uns 
sein, da sie frei heraus zugab: „Wenn ich könnte, würde ich die Zeit um 
viele, viele Jahre zurückspulen.“ Wer hätte das noch vor wenigen Tagen 
geglaubt. Wer hätte sich vorstellen können, dass die mächtigste Frau der
 Welt nicht mächtig genug ist, nach Blieben über den Lauf der Zeit zu 
verfügen. Wahrlich, hier hat sich eine Seele offenbart, ein Mensch wie 
Du und Ich.
Wir sind zu Tränen gerührt. Es ist zum Heulen, mit welchem Schmus wir
 da abermals für dumm verkauft werden. Denn tatsächlich hat die 
Bundeskanzlerin keinen Zweifel daran aufkommen lassen, dass auch 
weiterhin alles beim alten bleibt, in der Flüchtlings-, in der Energie- 
und in der Europapolitik. Von politischen Fehlern, die sie korrigieren 
müsste, war nicht die Rede. Kein Gedanke daran, dass die Regierung 
zukünftig mehr darauf achten müsste, was das Volk von seinen politischen
 Angestellten erwartet. 
„Wir müssen uns selbst übertreffen, auch ich.“
Ganz im Gegenteil soll es gelingen, die Bürger fortan 
widerspruchsloser auf Linie zu bringen, den kleinen Dummerchen besser zu
 „vermitteln“, was sie zu schlucken haben, weil es die Politik so will. 
Dass man es daran, an der nötigen Gehirnwäsche, habe fehlen lassen, gab 
die Kanzlerin gern zu. Mit anderen Worten, bei der Indoktrination und 
der Propaganda ist nicht alles so gelaufen, wie es hätte laufen müssen. 
Da ist die einstige FDJ-Aktivistin mehr Zucht und Ordnung gewöhnt. 
Zukünftig will sie sich „gerne darum bemühen“, Versäumtes auf diesem 
Gebiet nachzuholen.
Zweifel an ihrer Berufung quälen sie heute so wenig vor einem Jahr. 
Weiter spricht sie, als habe sie die Vorsehung zum Medium des 
Weltgeistes erkoren, so wenn sie uns etwa versichert: „Ich habe das 
absolut sichere Gefühl, dass wir aus der zugegeben komplizierten Phase 
besser herauskommen werden, als wir in diese hineingegangen sind.“ Oder 
wenn sie sagt: „Wir müssen uns selbst übertreffen, auch ich.“ Nun ja, 
dann brauchen wir uns wohl weiter keine Sorgen machen, nur fest an die 
heilige Angela glauben. Mit ihrer gefühlten Sicherheit steht sie für 
unser aller Zukunft ein.
Wer mit solchem Gesumms auf Stimmenfang geht, muss entweder die 
Bürger bereits für völlig verblödet halten oder selbst schon bis zur 
Unzurechnungsfähigkeit geistig verarmt sein, so angeschlagen wie der 
Genosse Honecker, als er im Sommer 1989 klarstellte: „Den Sozialismus in
 seinem Lauf hält weder Ochs noch Esel auf.“  Auch dabei handelte es 
sich schließlich um den Ausdruck eines Gefühls. Lange getragen hat es 
nicht mehr; nur der doofe Rest wollte es noch teilen. So wenig wie sich 
die Zeit zurückspulen lässt, lässt sie sich aufhalten, schon gar nicht 
durch demagogische inszenierte Gefühlsduseleien. Mit jedem Tag, der 
vergeht, Frau Bundeskanzlerin, rückt auch ihre nächste Wahl einen Tag 
näher.
Bei Philippi sehen wir uns wieder.
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