Samstag, 23. Oktober 2010

Die Sankt Petri Kirche in Wörlitz


Eine wunderschöne kleine Kirche, die unter Fürst Franz zu dem wurde, was wir auch heute noch sehen. Im vorigen Jahr konnte ich mich ein wenig mehr damit beschäftigen. Ein Ergebnis daraus ist der folgende Bericht, der aus vielen Quellen zu einem kurzen Überblick von mir, entstanden ist.

Die Elbe: Landschaft und Geschichte - von Hansjörg Küster / Seite 4 + 9

http://www.belocal.de/woerlitz/sehenswertes/gartenreich_dessau-woerlitz unesco_welterbe/seite_1,29855,2,260.htmInverzeichnis

http://de.wikipedia.org/wiki/Leopold_III._Friedrich_Franz_(Anhalt-Dessau)"


http://paper.olaf-freier.de/leopold.htm


http://www.princegermany.com/history1.htmlhttp://www.anhalt-askanien.de


Anhalts Bau- und Kunstdenkmäler von Dr. Büttner Pfänner zu Thal. 1892 / Seite 12


Dr. Martin Luther Sämmtliche schriften, Band 9 / Seite 13


• Geschichte

Weithin sichtbar weist der mächtige und ein wenig fremdartige Turm der Pfarrkirche St. Petri den Weg nach Wörlitz. Die Geschichte des Gotteshauses geht bis ins Hochmittelalter zurück.

Das alte niedersächsische Fürstengeschlecht der Askanier herrschte seit der Anfangszeit des Reiches im mitteldeutschen Raum. Albrecht der Bär - der berühmte askanische Markgraf von Brandenburg - gab im Jahre 1160 den Befehl, eine steinerne Kirche, zur Förderung des kirchlichen Lebens im Wörlitzer Winkel, zu bauen. Es wird vermutet, dass sich an gleicher Stelle vormals eine Kirche aus Holz befand. Albrecht selbst erlebte den Bau der Kirche nicht mehr - er verstarb am 18. November 1170.

Bauherr der im romanischen Stil errichteten Kirche wurde sein Sohn - Fürst Bernhard von Sachsen. Es entstand ein mächtiger Bau in der typischen Form der Romanik, der einen durchaus wehrhaften Eindruck vermittelte. Am ersten Weihnachtsfeiertag des Jahres 1201 wurde die Kirche - die zwischen 1196 und 1200 erbaut wurde - von Bischof Norbert von Brandenburg als Stellvertreter des Magdeburger Erzbischofs in Gegenwart des Herzogs Bernhard auf den Heiligen Petrus geweiht. Er handelte im Auftrag des Papstes Cölestin III.

Aus dieser Zeit sind uns heute noch die Grundmauern bis in Höhe der Fenster, der Triumphbogen, das Südportal mit zwei romanischen Säulen, das Gewölbe des Westausgangs sowie die dort liegenden Bodenfliesen und der Sakramentenschrein (jetzt in der Nähe des Altars) erhalten.

Aus dem 16. Jahrhundert stammen die vier Epitaphien (Erinnerungsmale zum Gedenken an einen Verstorbenen) an der Außenwand. Sie wurden zu Ehren vermögender Wörlitzer Bürger angebracht, die für ihre Kirche größere Summen gespendet hatten.

Trotz der wechselvollen Geschichte des Mittelalters blieb die Kirche sowohl vor Blitzschlag als auch von Kriegsverwüstungen verschont.

Die erste bildliche Darstellung des Gotteshauses datiert aus dem Jahr 1710 und entstand für das große anhaltische Geschichtswerk „Historie des Fürstentums Anhalt..." von J. Chr. Beckmann. Über bauliche Veränderungen dieser Zeit ist wenig bekannt und fast noch ein Jahrhundert sollte vergehen ....

Martin Luther

Die Reformation nahm ihren Einfluss auch auf das Haus Askanien. Die Nähe zu Wittenberg machte sich bemerkbar - Martin Luther und Philipp Melanchthon sind oftmals in Anhalt. Der Dessauer Fürst Wolfgang (1492 - 1566) stellte sich schon 1526 auf die Seite der Protestanten.

Bereits 1532 - der Thesenanschlag Luthers an die Wittenberger Schloßkirche war 1517 - predigte Martin Luther vor den askanischen Fürsten in der Wörlitzer Kirche. 1536 hielt Luther hier noch einmal einen Gottesdienst „vor sieben Bauern und zwei alten Weiblein" (aus einem Zitat Luthers) .

Das gesamte Fürstentum Anhalt ist im Jahrhundert der Reformation zunächst lutherisch geprägt.

Die Umgestaltung zur neugotischen Kirche unter Fürst Franz

Beflügelt von Ideen der Aufklärung kehrte der junge Fürst von seiner ersten Englandreise zurück. Er wollte Veränderung und hatte unter anderem den Entschluss gefasst, die Elbauenlandschaft zwischen Dessau und Wörlitz, in ein Gartenreich umzuwandeln.

Ein neugotisches Gebäudeensemble am Kirchhof entstand über mehrere Jahrzehnte als reizvolle Ergänzung, des ganz in der Nähe gelegenen klassizistischen Landhauses. Nun steht die mittelalterliche Kirche St. Petri inmitten moderner Gebäude der Franz - Zeit. Von vielen Punkten der Anlagen laufen Sichtachsen zur Kirche und beziehen sie in die stimmungsvollen Bilder mit ein.

Vielfältig mögen die Gründe gewesen sein, die den Fürsten zu dem Entschluss führten, die mittelalterliche Kirche zum größten Bauwerk der Neugotik in Anhalt - Dessau, umzugestalten. Einer dieser Gründe liegt in seiner Faszination der englischen Tudor - Gotik. Und gemessen am Ergebnis erscheint uns heute die Umbauzeit von 1804 - 1808 als erstaunlich kurz.

Sein langjähriger Freund und Baumeister Erdmannsdorff war 1800 verstorben und so übernahm der vom Kammerherrn zum Baudirektor beförderte Georg Christoph Hesekiel dessen Arbeit.

Begonnen wurde mit dem Ostteil, wie bei den meisten mittelalterlichen Kirchen. Erhalten blieben die romanischen Mauern bis in Höhe der neugotischen Fenster, im Chorbereich weniger, dafür in den Langhauswänden mehr.

Das schöne rundbogige Säulenportal mit Palmettenkapitellen in der Südwand ließ der Bauherr ebenso bestehen, wie den imposanten Triumphbogen. Die Kirche bekam ein Seitenschiff und der ehemals eher gedrungen wirkende Westturm bekam durch eine bedeutende Erhöhung eher schlanke Proportionen, unterstützt durch je zwei hohe Blendbögen in zwei Etagen ringsum.

Um den vertikalen Eindruck zu verstärken, erhielt der Turm als Abschluss eine spitze Backsteinhaube, deren Ansatz vier Türmchen markieren. Diese Ebene kann als erste Aussichtsplattform benutzt werden und eröffnet großartige Rundblicke.

Schmale Spitzbogenfenster geben dem Chor eine beabsichtigte Lichtfülle. Ein ebenfalls interessanter Aspekt ist der zinnengekrönte äußere Anbau, der einen möglichst sicheren Weg der Fürstin vom Grauen Haus - Wohnhaus der Fürstin - in das Gotteshaus gewährleisten sollte.

Es fällt auf, dass die Gestaltung der Nordseite im Gegensatz zur Südseite (also Gartenseite) der Kirche aufwendiger ausgeführt ist. Hintergrund war ein Gedanke des Fürsten, die Menschen vom Alltag ihres Lebens - der Stadt - ihrer Beschäftigung hinein in „das Himmelreich" - das Gartenreich treten zu lassen.

Ganz im Sinne seines Lebenszieles, das Leben seiner Untertanen durch Bildung, Kultur sowie soziale Verbesserungen, auf eine höhere Stufe zu stellen. Ein optisches Verbindungsstück sollte dabei die Kirche St. Petri, das Gotteshaus sein. Ein schöner Gedanke des Fürsten wie ich meine.

Vielfältig wurde die Gartenseite in die Gestaltung des Parkes mit einbezogen. Und vom gegenüberliegenden sogenannten Zedernberg, hat der Betrachter eine erhöhte und damit reizvolle Aussicht auf den Kirchhof.

Das Kircheninnere erreicht man durch das West- oder durch das Südportal. Jeder Besucher wird zunächst von der anmutigen Farbgestaltung des Raumes beeindruckt sein, wozu man auch den Fußboden zählen muss. Auffallend ist sein rot - weißes Muster. Diesen Effekt erzielte man durch gebrannte aneinander gelegte Ziegel, deren Zwischenräume mit Kalk und Sand ausgefüllt wurden.

Gegen Osten ist der Fußboden um zwei Stufen angehoben, so dass der darauf stehende schlichte Altartisch besonders betont wird. Unter den Stufen befindet sich ein Gruftgewölbe - in der Georg Alibert mit seiner Familie ruht. Er stammte aus einer Nebenlinie Anhalt - Dessau - Wörlitz und regierte bis 1643 in Wörlitz. Der Altar selbst ist das Geschenk eines italienischen Fürsten, der von einem Besuch in der St. Petri Kirche so begeistert gewesen sein soll, dass er dem Rechnung tragen wollte durch eine Schenkung.

Besonders hochwertig gearbeitet wurde die Kanzel, eine Arbeit des Wörlitzer Tischlers Friedrich Naumann von 1809. Dieser nutzte dafür verschiedene Holzarten wie Eiche, Taxus, Birnbaum und Schwarzpappel.

Der wunderschöne Taufstein besteht aus demselben Material wie der Altartisch - aus rot gesprenkelten künstlichen Marmor und einer Taufschale aus Zink. Mit kleinen Engelköpfchen, aus Gips geformt die sich auch am Fuß des Steines befinden, wurde der Taufstein verziert.

Im Westteil der Kirche führt eine hölzerne Treppe auf beide Emporenebenen. Gebaut wurden die Emporen aus Kiefemholz und mit reichlich Blüten und Blättern aus Stuck verziert. Diese Elemente finden sich in der gesamten Kirche.

Von hier aus hat man einen schönen Blick in das Kirchenschiff. An dessen Ostwand über dem Triumphbogen ein rundes anhaltisches Wappen, aus Holz geschnitzt und bunt bemalt, hängt.

Dieses Wappen ist mit dem von Georg dem III. identisch und stammt aus dem 17. Jahrhundert. Es zeigt:

  • den gekrönten Bären der sagenhaften Gehringer als Urahnen
  • das askanische Schachbrett, dessen zwölf Felder in Schwarz und Silber wechseln für die Grafschaft Askanien
  • ein viergeteiltes Feld in Rot und Gold steht für die Herrschaft Waldersee
  • in der Mitte (der vornehmste Platz des Schildes - Herzschild) finden wir ein zweigeteiltes Feld: rechts der halbe brandendurgische Adler und links der sächsische Rautenkranz über den Balken in goldenem Felde als gemeinsamer Ursprung der Häuser Sachsen, Brandenburg und Anhalt
  • zwei schräg liegende goldene Balken im blauen Feld für die hohe Grafschaft Warmsdorf
  • einen weißen Adler im blauen Feld für die Grafschaft Mühlingen
  • im Schildfuss ein rotes Feld - der sogenannte Blutschild weist auf die Regalien
  • einen nach rechts aufsteigenden Bären - für Bernburg

Das reich geschnitzte Orgelprospekt vor der Turmwand auf der Westempore stammt aus der Zeit der neugotischen Erweiterung. Aus der Werkstatt des Orgelbauers Adolph Zuberbiers stammen sowohl die Orgel selbst als auch ihre Hülle.

Bereits im Jahr 1890 wurde diese durch eine neue Orgel der Orgelbau - Anstalt W. Rühlmann aus Zörbig ersetzt. Allerdings finden wir diese Orgel heute nicht mehr in ihrem Originalzustand vor. Denn im Jahr 1972 während einer Generalüberholung wurde einiges am Instrument verändert.

Heute besitzt sie insgesamt 18 Register mit 1065 klingenden Pfeifen, die auf zwei Manuale (Tastaturen) und ein Pedal verteilt sind. Die Pfeifen stehen auf einer pneumatisch gesteuerten Kastenlade (versorgt die Pfeifen mit Wind). Dadurch sind einzelne Klangfarben möglich. Die Intonation der einzelnen Register ist gut dem Raum und dem Gesamtklang der Orgel angepasst. Ein wunderbares Klangerlebnis für jeden Besucher der Wörlitzer Kirche.

Direkt unter der Orgel kann man erneut ein Spruchband finden. „Singet dem göttlichen Propheten. Der den Trost vom Himmel bringet, dass der Geist sich aufwärts schwinget, Erdensöhne, singt im Dank!". Ein Textstück aus dem Auferstehungsoratorium von C. G. Graun, einem Zeitgenossen von Johann Sebastian Bach.

Neben der Orgel findet sich der Einstieg in den Turm. Insgesamt 203 Stufen sind zu überwinden, ehe man die Aussichtsplattform erreicht.

Beide Querschiffsarme und das Längsschiff besitzen zweietagige hölzerne Emporeinbauten auf schlanken wie Bündel aussehenden Säulen. Die Brüstungsfelder sind mit verschiedenen neugotischen Motiven ausgefüllt. Das Kreuzgewölbe des Chors geht über in Bögen, wobei der westliche, rundbogige der romanische Rest des Innenraumes ist.

Im Chor ist der zweigeschossige Fürstenstuhl eingebaut. Eigentümlich betont er den Chorbereich und erinnert dabei fast ein wenig an einen Lettner (eine steinerne oder hölzerne Schranke, die den Priesterraum vom übrigen Kirchenraum trennt) katholischer Klosterkirchen. Ein besonders auffälliges und in der Ausführung höchst anspruchsvolles Detail der neugotischen Ausstattung. Der bereits erwähnte äußere zinnenbekrönte Anbau, ermöglichte es dem Fürsten unabhängig von der Gemeinde seine „Fürstenempore" zu betreten.

Unterhalb des Fürstenstuhls kann man geschrieben mit goldener Schrift auf blauen Untergrund - folgenden Spruch lesen: „Gott schenke Glauben, Frieden, Ruhe, Eintracht allen guten Menschen."

Den Kirchenältesten vorbehalten war das weiße Gestühl, das sich unterhalb des Fürstenstuhls befindet. Die Kirchenbänke stammen nicht aus dieser Zeit des Umbaus. Sie kommen zwei anderen Kirchen - einer Akener und der Holzdorfer.

Die im Querschiff an der Nord- und Südseite hängenden Gemälde stammen von den Brüdern Ferdinand und Heinrich Olivier und wurden 1810 im Auftrag des Fürsten in Paris gemalt.

Hatten die Brüder zunächst zwei altdeutsche Gemälde kopieren sollen, so entschied der Fürst später, dass sie „zwei Gemälde ihrer Empfindung, in der Art und dem Geiste der altdeutschen Meister behandelt" fertigen sollten (Passavant - Kunsthistoriker 1787 bis 1861). Heinrich Olivier malte die Figuren - sein Bruder Ferdinand die Landschaftspartien.

Das eine zeigt die Taufe Jesu - das andere das Abendmahl. Bei genauer Betrachtung der „Taufe" erkennt man eine bemerkenswerte Auffassung vom „altehrwürdigen" Wald - die Baumstämme mit den Ästen erinnern an das Stütz- und Gewölbesystem einer gotischen Kathedrale. Das deutet darauf hin, dass die Maler, entgegen der damaligen Auffassung, die Gotik als „natürlichen" Stil ansahen.

Beide Brüder gehörten mit ihrer Stilrichtung zu den Nazarenern. Als Nazarenische Kunst wird eine romantisch - religiöse Kunstrichtung bezeichnet, die zu Beginn des 19. Jahrhunderts deutsche Künstler in Wien und Rom gründeten und die sich zum Ziel gesetzt hatte, die Kunst im Geist des Christentums aus der Wiederentdeckung alter italienischer und deutscher Kunst heraus zu erneuern.

In einer Hinsicht gleicht die nazarenische Kunst der klassizistischen Schule, aus der sie sich entwickelt hat: Die klare, konturierte Form hat Vorrang vor der Farbe, das Zeichnerische hat Vorrang vor dem Malerischen.

Innerhalb der Kirche finden sich vier weitere Grabmale (Epitaphen):

  • von 1511 eine betende Frauengestalt, mit vier Wappen in den Ecken
  • von 1533 unter der Kanzel; ein großes Wappen darunter - Nicolaus Slegell
  • von 1576, links am Eingang zur Sakristei, Frauenfigur
  • von 1593 am Triumphbogen im Schiff - eine männliche Figur.

Ursprünglich stammen sie aus der Marienkirche Dessau. Fürst Franz wollte damit seiner Kirche ein wenig Altertümlichkeit verleihen. Auch erinnern sie an Familiengeschichte und gewachsener Tradition.


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