Mittwoch, 27. Oktober 2010

Luther und die Auseinandersetzung mit dem Islam (II)

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Rundansicht der Stadt Wien zur Zeit der Ersten Türkenbelagerung 1529. - Farblithografie von Albert Camesina nach dem kolorierten Holzschnitt, 1530, von Niklas Meldemann.


Die erneute Bedrohung Wiens durch die Türken im Jahr 1541 ließ Luther in einen tiefen Pess
imismus verfallen. Er sah das Weltende gekommen, rief zu Buße und Gebet auf - machte sich aber auch daran, den Gegensatz des Evangeliums gegen den Koran voll herauszukehren.

Kann Luther für die Begegnung mit dem Islam heute Wegweisung und Hilfestellung geben? Wenn man mit dieser Fragestellung an Luther herangeht, erlebt man eine große Ernüchterung. Der Ton Luthers in seinen Schriften zu diesem Thema ist schroff, polemisch und polarisierend. Für unsere Bemühungen um Verständnis und Dialog hätte er wohl wenig Verständnis aufgebracht. Ihm geht es nicht um Gespräch, sondern um Abwehr, Auseinandersetzung, Bekämpfung einer Gefahr.

Dies hatte Gründe: In der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts waren die muslimischen Türken aus mitteleuropäischer Sicht äußerst gefährliche Aggressoren, die ihre Religion mit Macht und Grausamkeit ausbreiteten und den unterworfenen Völkern aufzwangen. Luther sah in den Türken die Feinde Gottes, denn des Mohammed-Schwert und Reich sei »stracks gegen Christus gerichtet«. *

1529 konnte die Türkengefahr gebannt, Wien erfolgreich verteidigt werden, und die Türken zogen sich auf den Balkan zurück (Sonntagsblatt-Ausgabe 18). Aber zehn Jahre später verschärfte sich die Lage wieder dramatisch. Als Luther unter dem Eindruck der neuen Bedrohung Deutschlands durch Suleiman II. sich wieder der Türkenfrage zuwandte, sah er die Welt düsterer an als 1530. Deshalb wurde die »Vermahnung zum Gebet wider die Türken«, die er 1541 auf Wunsch seines Landesherrn Johann Friedrich schrieb, keine »Heerpredigt« mehr; er ging nun daran, den Gegensatz des Evangeliums gegen den Koran voll herauszukehren.

Luther fragt: Was soll eigentlich gegen die Türken verteidigt werden?, und antwortet selbstkritisch: »Zum rechten Abwehrkrieg gehört die Buße der Christen sowie ihr gutes Gewissen, im Dienst Christi zu streiten.« Darum beginnt Luther diese Schrift mit einem ausführlichen Sündenregister aller Stände. Er hat fast keine Hoffnung mehr auf Besserung der irdischen Zustände: »Ich habe auch bei solchen Treiben keinen anderen Trost noch Hoffnung, als dass der Jüngste Tag vor der Tür sei; denn es überschlägt sich allzu sehr, dass Gott es nicht länger wird dulden können.«

Trotzdem sollen die Christen nicht verzagen: »Wollen wir uns nun helfen und raten lassen, so lasst uns Buße tun und die bösen Stücke, die oben aufgezählt sind, bessern«, riet Luther. Wenn das geschehen ist, dann gilt: »So gebührt einem jeden von uns, seinem alten bisherigen Beruf nach, sich zu wehren und zu tun, was er kann, bis auf den letzten Atemzug.« Auf jeden Fall aber sollen Christen durch die Türkengefahr und wegen ihrer Sünde zum Gebet getrieben werden.


DENNOCH GERÄT LUTHER in dieser Schrift in die Gefahr, seine Unterscheidung des weltlichen und des geistlichen Regiments zu relativieren und den Kampf gegen die Türken doch als einen apokalyptischen Heiligen Krieg zu beschreiben: »Denn wir streiten nicht darum, dass wir Land und Leute, Gut und Ehre gewinnen ..., sondern damit wir Gottes Wort und die Kirche erhalten wollen, besonders für unsere liebe Jugend und unsere Nachkommen, und wir gedenken dem Türken zu wehren, dass er ... Mohammed nicht an unseres lieben Herrn Jesu Christi Statt setzt. Darum führen wir einen gottseligen Krieg gegen die Türken und sind heilige Christen und sterben selig.« Selbst wenn man berücksichtigt, dass für Luther mit den Türkenkriegen der endzeitliche Kampf »der Kinder des Lichts gegen die Kinder der Finsternis« beginnt, so ist es doch bedauerlich, dass er hier in die Nähe der vorreformatorischen Konzeption des Glaubenskriegs gerät.

Im Frühjahr 1542 gelang es Luther nach langem vergeblichen Bemühen endlich, den Text einer lateinischen Übersetzung des Korans zu erhalten. Er las sie mit großem Interesse und fand dadurch seine ablehnende Haltung gegenüber dem Islam bestätigt. Er war davon überzeugt, dass dieses Buch sich selbst bloßstellte und widerlegte. Deshalb befürwortete er eine von Theodor Bibliander in Basel geplante, aber umstrittene Druckausgabe des Korans und schrieb für sie eine Vorrede. Er forderte darin dazu auf, den Koran gründlich zu lesen und mit der Heiligen Schrift zu vergleichen - eine Aufforderung, die auch heute noch gültig ist.

Für den alten Luther rücken der Türke (der Islam) und der Papst immer mehr in enge Nachbarschaft als die beiden großen Feinde der Christenheit: der Türke als der grobe, äußere Feind, der den Glauben mit dem Schwert bekämpft; der Papst als der innere, geistige und geistliche Feind. Dabei sei der eigentliche Antichrist nicht der Türke, vielmehr der Papst, der im Heiligtum selbst herrscht und sein Unwesen treibt.

DIESE DOPPELTE BEDROHUNG der Christenheit hatte Luther im Auge, als er sein Gebetslied »Erhalt uns, Herr, bei deinem Wort ...« schrieb. Es lautete nämlich ursprünglich in der Fortsetzung folgendermaßen: »und steur des Papst und Türken Mord, die Jesus Christus, deinen Sohn, wollen stoßen von deinem Thron.« Letztlich ging es Luther also in der Auseinandersetzung mit der Türkengefahr um das Ringen um den rechten Glauben an Jesus Christus. Luther stellt mit aller Deutlichkeit die Gegensätze zwischen Islam und christlichem Glauben heraus und damit die Unvereinbarkeit beider Religionen.

Er begründet das mit schwerwiegenden theologischen Aussagen: Mohammed stellt sich als »Siegel der Propheten« (letzten, endgültigen Propheten) über Christus und degradiert ihn damit zu seinem Vorläufer, kritisiert ihn und macht aus ihm einen Gesetzesprediger, wie er selbst es war. Mohammed leugnet den Kreuzestod Jesu und damit natürlich auch die Heilsbedeutung des Kreuzes; überhaupt die Notwendigkeit einer Erlösung für den Menschen aus Sünde und Schuld. Mohammed leugnet im Zusammenhang damit auch, dass Jesus Christus Gottes endgültige Offenbarung, Gottes geliebter Sohn ist, und wirft dem Glauben an Christus vor, Götzendienst (»Beigesellung«) zu sein.

Mohammed predigt nur Gesetz, das der Mensch zu erfüllen hat und durch dessen Erfüllung er sich selbst den Zugang zum Paradies verschaffen muss; das Evangelium kennt er nicht; damit führt Mohammed den Menschen zurück in die Werkgerechtigkeit und den Zwang zur Selbsterlösung. Mohammed widerspricht damit zentralen Aussagen des Neuen Testaments und reduziert die christliche Botschaft, verstümmelt sie bis zur Unkenntlichkeit. Da er behauptet, es besser zu wissen als Jesus Christus, will er die Bibel - die angeblich von den Christen verfälscht wurde - korrigieren und im Sinne seiner eigenen Botschaft »wiederherstellen«.

ALLE GEGENSÄTZE ZWISCHEN ISLAM und christlichem Glauben gehen damit auf Mohammed zurück, der ca. 600 Jahre nach Christus eine »bessere Religion« verkündigen wollte. Damit wird die von ihm gepredigte nachchristliche Religion zur antichristlichen Religion, die dem christlichen Glauben das Herz herausreißt, ihn seiner Schätze beraubt und ihn einer einschneidenden Reduktion unterwirft. Der Islam ist - so gesehen - für Luther in erster Linie Abfall von Christus, Irrlehre, Lästerung Christi und seines Geschenks.

Wie ist die Lage heute? Die Situation der Christen in Ländern mit muslimischer Mehrheit ist weltweit schwierig, beengt, benachteiligt, unterdrückt. Denn der Dhimmi-Status (Stellung der Christen und Juden als Schutzbefohlene) in muslimischen Ländern bedeutet keineswegs religiöse Gleichberechtigung oder gar Religionsfreiheit, vielmehr die Stellung als Bürger zweiter Klasse mit sehr eingeschränkten Rechten.

Darüber hinaus ist christlicher Glaube in einigen muslimischen Ländern wie Saudi-Arabien gänzlich verboten, ebenso die Mission oder äußerliche Ausübung des christlichen Glaubens. Außerdem nehmen die Christenverfolgungen mit der Zerstörung von Kirchen, Angriffen auf Häuser und Eigentum von Christen bis hin zu gezielten Mordanschlägen immer mehr zu (in letzter Zeit in Indonesien, Pakistan und Irak). In einigen teilweise muslimischen Länder herrscht seit Jahren blutiger Bürgerkrieg mit Tausenden (Nigeria), ja sogar Millionen von Toten (Süd-Sudan). Außerdem muss man auf den islamischen Terrorismus verweisen, der eben durchaus etwas mit dem Islam zu tun hat, wie auch der aufgeklärte Moslem Basam Tibi bestätigt.

Wir können auch nicht die Augen davor verschließen, dass der Islam einen weltweiten Missionsanspruch erhebt, ferner ausdrücklich einen Weltherrschaftsanspruch: Er will die ganze Erde zum »dar alislam« (Haus des Islams) machen. Das gilt übrigens besonders für Europa, das von islamischen Fundamentalisten als besonders günstiges Missionsgebiet angesehen wird, da eine große Vorhut von Muslimen schon hier lebt und die christliche Religion sich - nach ihrer Meinung - sowieso in Auflösung befindet.

Wir haben auch in Deutschland keine Garantie dafür, dass wir in Zukunft ein mehrheitlich von Christen bewohntes Land bleiben werden. Das Wort Martin Luthers, dass das Evangelium ein fahrender Platzregen ist, der heute hier und morgen da niedergeht, gilt auch in heutiger Zeit.

Hanns Leiner

Quelle


Jani's Anmerkung

* Der Autor schreibt hier, dass es Luther nicht um das Gespräch ging. Wie auch, war die Bedrohung durch den Islam doch sehr konkret. Leiner meint, Luther würde wohl wenig Verständnis aufbringen für die heutige Art unserer Verantwortlichen, um Gespäch zu ringen. Auch hier könnte ich Luther verstehen. Fehlt es doch auch mir so manches Mal am Verstehen der Dialogbereitschaft seitens unserer Kirchen.

Denn diese Bereitschaft beinhaltet so oft das aushalten ... sich selbst aufgeben ... die eigene Meinung hintenanstellen, um des bloßen Dialoges - Kompromisses. Dabei wird scheinbar übersehen , dass zum einen die Bibel dazu aufruft, das Wort nicht um des Menschen willen - sondern um Gottes willen weiterzusagen. Auch wenn es wehtut. Siehe Galaterbrief!

Und zum anderen wird nicht erkannt, dass gerade Moslems wenig Verständnis für diese Selbstaufgabe haben. Ganz im Gegenteil, für sie zeigt sich darin ihre eigene Überlegenheit ihrer Ideologie.


Und so wünsche ich uns allen das Wachsen im Glauben und den Verantwortlichen die Gabe der Geisterunterscheidung, auf dass sie erkennen, welcher Geist es ist, der den Islam umhertreibt. Es ist mitnichten der Geist der Wahrheit.

Nicht Anpassung ... nicht Ausgleichen bis zur Unkenntlichkeit sind gefragt - sondern ein klares Bekenntnis gegenüber allen Menschen.

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