Dresden/Hannover/Triefenstein (idea) – Mit  Bestürzung und Trauer haben Bischöfe und andere Christen auf die  Ermordung von zwei deutschen Entwicklungshelfern in Afghanistan  reagiert. Die Leichen von Siegbert Stocker (69) aus Wilsdruff bei  Dresden und Willi Ehret (59) aus Ditzingen-Heimerdingen bei Stuttgart  waren am 5. September in der Provinz Parwan nördlich der Hauptstadt  Kabul gefunden worden. Nach der Bergung und Obduktion der Toten stand  fest, dass es sich um die beiden Deutschen, die am 19. August beim  Wandern spurlos verschwunden waren.
Sie wurden vermutlich Opfer eines Raubmords. Stocker  war Mitglied der evangelischen Christusträger-Bruderschaft mit  Hauptsitz im unterfränkischen Triefenstein bei Würzburg; in Wilsdruff  betreibt sie ein Gästehaus. In Kabul, wo die Bruderschaft zwei ambulante  Kliniken und Lehrwerkstatt unterhält, bildete Stocker Jugendliche zu  Metallbauern aus. 
Tief im Glauben verwurzelt 
In ihrer Mitteilung über den Tod Stockers heben die  Christusträger dessen „tiefe Verwurzelung im Glauben und sein Vertrauen  auf Gott“ hervor. Er sei ein Mann gewesen, „der gerne zupackte und sich  für andere einsetzte, wo er konnte“. Seit einem Besuch 2008 in  Afghanistan sei es sein großer Wunsch gewesen, „von ganzem Herzen den  Ärmsten in diesem geschundenen Land zu dienen“. Für seine Berufung als  Christusträger sei ein Wort Jesu aus dem Markusevangelium wichtig  gewesen: „Ich sage euch: Es ist niemand, der Haus oder Brüder oder  Schwester oder Mutter oder Vater verlässt um meinetwillen oder um des  Evangeliums willen, der nicht hundertfach empfange: jetzt in dieser Zeit  Häuser und Brüder und Schwestern und Mütter und Kinder und Äcker mitten  unter Verfolgungen – und in der zukünftigen Welt das ewige Leben“  (Markus 10,28). Im sächsischen Meißen versammelten sich trauernde  Christen in der Sankt-Afra-Kirche zum Gebet und zündeten Kerzen an. In  der Stadt hatte Stocker vor seinem Einsatz in Afghanistan acht Jahre  lang den Haushalt der später nach Wilsdruff umgezogenen  Christusträger-Station geführt sowie als Seelsorger vielen Menschen  beigestanden. 
Kirchenleiter: Entsetzt und traurig 
Der sächsische Landesbischof Jochen Bohl (Dresden)  reagierte mit Entsetzen auf die Nachricht über den gewaltsamen Tod  Stockers und äußerte zugleich „große Dankbarkeit“ für dessen  vielfältiges Wirken in Sachsen. Er habe unter anderem die  Pfadfinderschaft in Meißen aufgebaut, die bis heute dort eine wertvolle  Arbeit leiste. Von der geistlichen Ausstrahlung der Christusträger  hätten die Meißener Kirchengemeinden und die Arbeit der Evangelischen  Akademie sehr profitiert. Stockers Berufung sei es gewesen, „in der ihm  eigenen praktischen Art Menschen zu begleiten und sie etwas von der  Kraft des Evangeliums erfahren zu lassen“. Der Auslandsbischof der EKD,  Martin Schindehütte (Hannover), brachte ebenfalls seine Trauer zum  Ausdruck. Er bete dafür, „dass auch in Afghanistan Frieden und  Sicherheit für alle Menschen mehr und mehr wachsen“, sagte er gegenüber  idea. 
Ehret: Erst Missionar, dann Entwicklungshelfer 
Auch Ehret war christlich motiviert. Nach dem Besuch  der Bibelschule Wiedenest (Bergneustadt bei Gummersbach) ging er als  Missionar der Deutschen Missionsgemeinschaft (Sinsheim bei Heidelberg)  nach Nigeria – in die islamisch geprägte Hauptstadt des Bundesstaats  Plateau, Jos. Später wurde er Entwicklungshelfer im Auftrag der  Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) im ostafrikanischen  Malawi, einem der ärmsten Länder der Erde. Als er dann in Afghanistan  gebraucht wurde, sagte er zu. Ditzingens Oberbürgermeister Michael  Makurath würdigte die Arbeit Ehrets. Es sei tragisch, dass er als  Entwicklungshelfer in einem Land umgekommen sei, das die  Entwicklungshilfe nötig habe. 
Immer wieder Entführungen  
In den vergangenen Jahren ist es in Afghanistan  immer wieder zu Entführungen gekommen, der nicht nur westliche  Entwicklungshelfer und Geschäftsleute zum Opfer fallen, sondern oft auch  vermeintlich wohlhabende Afghanen. In der Regel wurden die Betroffenen  gegen die Zahlung eines Lösegeldes wieder auf freien Fuß gesetzt. Im  Jahr 2007 sorgte die Entführung von zwei deutschen Bauingenieuren  wochenlang für Aufsehen. Eine Geisel wurde erschossen, die andere kam im  Oktober 2007 nach 85 Tagen frei. Wenig später wurde eine deutsche  evangelikale Entwicklungshelferin verschleppt. Christina Meier, damals  Büroleiterin der Hilfsorganisation „Ora International“ in Kabul, wurde  nach rund 36 Stunden von afghanischen Sicherheitskräften aus den Händen  ihrer Entführer befreit. Ein blutiges Ende fand vor gut einem Jahr ein  Einsatz eines augenmedizinischen Teams des christlichen Hilfswerks  International Assistance Mission (IAM). Zehn Mitarbeiter, darunter die  sächsische Dolmetscherin Daniela Beyer, wurden bei der Rückkehr von  einem Einsatz in der Provinz Badakstan erschossen. Die Täter sind bis  heute nicht ermittelt. 
Fotos: PR
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