Mittwoch, 11. Februar 2015

Der Bürgermeister von Neukölln

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Buschkowsky schlägt Alarm: Islamismus auf dem Vormarsch







Der Bürgermeister von Neukölln hört auf. Im stern erzählt er von muslimischen Sittenwächtern, kritisiert "Multi-Kulti-Romantik" und sagt, warum der Islam für ihn nicht zu Deutschland gehört. Von Frauke Hunfeld und Tilman Gerwien


E
r sieht blass aus und erschöpft. Die paar hundert Meter vom Rathaus zum Café Selig in Neukölln hat er sich fahren lassen. Am frühen Morgen war Heinz Buschkowsky in einem Self-Storage-Gebäude und hat für sich Lagerfläche angemietet. Er räumt gerade sein Büro leer und er kann einfach nichts wegwerfen. All die Gedankenskizzen, Konzepte, Zahlensammlungen. Er hat es versucht in den letzten Tagen, ist die meterhohen Stapel durchgegangen - aber am Ende hat er dann doch nur die Blätter von einem Stapel auf den anderen gelegt. "Da drin ist mein ganzes Wissen", sagt er. "Das schmeiß’ ich doch nicht weg."

Dreizehn Jahre "Frontschwein"

Buschkowsky hört auf. Heinz Buschkowsky, Bezirksbürgermeister von Neukölln, und sicher einer der bekanntesten Berliner, gibt sein Amt als "Frontschwein", wie er sich selbst nannte, aus gesundheitlichen Gründen auf. Gewählt ist er eigentlich bis 2016, aber er ist immerhin schon 66, die Ärzte haben ihm eine "multiple Krankenakte" ausgestellt, erzählt er. Und, dass er nicht "in den Stiefeln des Amtes sterben" will.
Gut 13 Jahre war der Sozialdemokrat Bürgermeister von Neukölln, wirkte aber weit über seinen Stadtteil mit rund 325.000 Einwohnern hinaus. Sein Buch "Neukölln ist überall" war ein Bestseller - eine vernichtende Abrechnung mit Multi-Kulti-Illusionen und den Fehlern deutscher Integrationspolitik.
Mit dem stern traf sich Heinz Buschkowsky jetzt zum großen Abschiedsgespräch. Dieses Interview, zu lesen in der aktuellen Ausgabe, ist so etwas wie sein persönliches Vermächtnis.

"Neukölln ist keine Erfolgsgeschichte"

Buschkowsky berichtet über kriminellen Araber-Clans, die in Neukölln ganze Straßenzüge kontrollieren. Er erzählt von Schulkindern in der fünften Klasse mit allenfalls rudimentären Deutsch-Kenntnissen, er schildert Tristesse und Perspektivlosigkeit im Hartz-IV-Milieu. Und: Er regt sich auf. Über Denkfaulheit und Sprachverbote in der Integrationsdebatte, über die Wirklichkeitsferne der etablierten Politik, nicht zuletzt die seiner eigenen Partei, der SPD.
Aber er wehrt sich auch gegen jeglichen Versuch der Vereinnahmung von rechts, zum Beispiel durch Teile der Pegida-Bewegung: "Die betrachten mich ja als ihren Kronzeugen. Dieser Gedanke lässt mich Pickel kriegen." Allerdings äußert er Verständnis für Demonstranten in Dresden oder Leipzig, die Zustände wie in Neukölln verhindern wollten. "Die Leute haben doch nicht unrecht. Als Bürgermeister einer anderen Stadt würde ich so eine Entwicklung auch nicht wollen. Neukölln ist keine Erfolgsgeschichte, sondern bittere Realität: organisierte Kriminalität, Islamismus, Salafismus, Bildungsferne und hohes Armutsrisiko."

Der Islam gehört zu Deutschland? "Falsch!"

Eindringlich warnt der langjährige Bezirksbürgermeister vor dem Vordringen des gut organisierten Islamismus in der Migranten-Community seines Stadtteils. Buschkowsky erzählt, dass morgens vor den Schulen Islamisten Flugblätter an Mädchen verteilen. "Man fordert sie auf, keine Kleidung der Nichtmusliminnen zu tragen, Hosen wie die Männer. Keine Kleidung, bei der man mehr sieht als Gesicht und Hände. Auch in der Begegnung der Menschen spielt plötzlich eine Rolle, warum die Tochter kein Kopftuch trägt, welche Moschee jemand besucht und dass die Tochter vom Turnen, Schwimmen, Biologieunterricht und der Klassenfahrt ferngehalten werden soll."
Den Satz "Der Islam gehört zu Deutschland" - vom früheren Bundespräsidenten Christian Wulff in die Welt gesetzt, von Kanzlerin Angela Merkel unlängst wiederholt - findet Buschkowsky "so was von falsch". Er schiebt hinterher: "Der Beitrag des Islam zu Reformation, Aufklärung und zum Humanismus ist mir nicht präsent, sorry."
Buschkowsky ist ein Sozialdemokrat alter Schule, einer, der von "meinen Kindern" spricht, wenn er die Neuköllner Jugend meint, einer, der Chancengerechtigkeit will und unerschütterlich glaubt an die Möglichkeit sozialen Aufstiegs durch Bildung und Fleiß. Doch die neuen Herausforderungen mit sozialem Elend und den Verlockungen islamistischer Radikalisierung passen nicht mehr in dieses überlieferte sozialdemokratische Aufstiegsmodell. Insofern ist das stern-Gespräch mit dem Neuköllner Bürgermeister auch ein Hilferuf - der Hilferuf eines Kommunalpolitikers, der sieht, dass die soziale und politische Balance bedroht ist - nicht nur in seinem Stadtteil, sondern in ganz Deutschland.

Was kommt jetzt? Noch ein Buch?

Wie wird es sein, wenn so einer zu Hause ist? Kann er das überhaupt? 50 Dienstjahre streift man nicht ab wie einen alten Mantel. Vielleicht will er noch ein Buch schreiben. Aber nicht mehr zum Thema "Integration". Dazu, findet Buschkowsky, hat er alles gesagt. Vorerst jedenfalls.
Am Ende kommt die evangelische Pfarrerin zum Tisch im Café Selig. Sie verspricht, eine Kerze für Buschkowsky anzünden. Er hat nichts dagegen. Er glaubt zwar nicht an Himmel und Hölle und das Jüngste Gericht, auch nicht an Jungfrauen in einem Land, wo Milch und Honig fließen und erst recht nicht an seine Wiedergeburt als Tsetse-Fliege am Kilimandscharo. Aber vielleicht hilft das mit der Kerze ja, meint Heinz Buschkowsky. Vielleicht sogar dann, wenn man selber nicht so richtig daran glaubt.


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