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von Manfred Seifert - Pfarrer in Dessau
Der Lärm spielender Kinder zählt nun nicht mehr als schädigender Umwelteinfluss. Das wurde am Mittwoch in Berlin für Deutschland beschlossen - eine Kinderfreundlichkeit. Eine Zeitschrift titelte: "Kinderlärm ist Zukunftsmusik".
Trotzdem beibt die Sehnsucht nach Stille - nicht nur bei Senioren - auch bei Kindern selbst. Stilleübungen in Kitas und Grundschulen werden gerne gemacht.
Überall umgibt uns Geräusch und Lärm, selbst Musik in Kaufhäusern wird nicht mehr als Musik empfunden, sondern als ständiges Hintergrundrauschen.
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John Cage hat die Stille im Konzertsaal aufgeführt. Sein Werk "4'33" wurde 1952 von einem Pianisten uraufgeführt. Es hatte drei Sätze und der Pianist öffnete und schloss drei mal den Klavierdeckel. Nichts war zu hören - nicht einmal der Deckel. Stille für 4 Minuten und 33 Sekunden.
Stellen Sie sich vor, wie Stille im rauschenden Blätterwald aussehen könnte - hier, wo Sie diese Sätze lesen, eine weiße Spalte - nichts. Stille.
Aber mal ernsthaft: Stille tut gut und wir brauchen sie hin und wieder. Denn der Dauerlärm, der auch leise sein kann wie ein ständiges Wassertropfen in der Nacht, verklebt Ohren, Herzen und Münder. Unsere Worte kommen nicht mehr an und keiner hört uns mehr zu. Alles wird oberflächlich, unwesentlich. Stille dagegen, ist die Voraussetzung für alles Wesentliche.
Gott sei Dank, gibt es Orte und Zeiten für sie. Sonntags, wenn in den Einkaufspassagen die Lautsprecher schweigen und sich die Kirchentüren öffnen. Zeiten und Räume für die Stille - für Wesentliches - schweigen, hören, reden, singen. So erfahren zwei bis drei Millionen Menschen in Deutschland jeden Sonntag sich selbst und Gott.
Ich wünsche Ihnen einen gesegneten Sonntag, Zeit für Stille und vielleicht irgendwo eine geöffnete Kirchentür. Denn wie sagt der Anhalter: "In der Ruhe läht die Kraft".
Quelle: Gelesen in der MZ vom 19. Februar 2011
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