Montag, 6. Dezember 2010

Sonntagsblatt-Serie: Das Beste aus der Bibel

........

Anbetung der Hirten, Perugino, Collegio del Cambio in Perugia, 1497


Hirten an der Krippe Keine Hebamme, kein Priester, kein Theologe, nein: Hirten waren die ersten Zeugen der Geburt Jesu.

Hirten an der Krippe - Lukas 2

Zu Zeiten Jesu gehören die Hirten zu den am wenigsten angesehenen Berufen, auf einer Stufe etwa mit Zöllnern, Banditen und Betrügern. Nur in der Weihnachtsgeschichte tauchen sie auf: Da »waren Hirten auf dem Felde, die hüteten des Nachts ihre Herde«. Der »Engel des Herrn« trat zu ihnen und verkündigte ihnen »große Freude«: »Euch ist heute der Heiland geboren, welcher ist Christus, der Herr, in der Stadt Davids.« Die Hirten beschlossen, der Verkündigung auf den Grund zu gehen und fanden »Maria und Josef, dazu das Kind in der Krippe liegen«. Dann »breiteten sie das Wort aus«, wurden also zu den ersten menschlichen Verkündigern der frohen Botschaft. Anzunehmen ist, dass die Hirten ihre Schafe nicht alleine ließen, sondern sie mit zum Stall nahmen, in dem diese sonderliche Geburt stattfand, die die Welt verändern sollte. ( Lukas 2)

Zitat:

» Und es waren Hirten in derselben Gegend auf dem Felde bei den Hürden, die hüteten des Nachts ihre Herde.«

Der Herr ist mein Hirte - Psalm 23; Johannes 10, 1-8

Der wohl bekannteste, weil trostreichste Psalm der Bibel handelt von Schafen, obwohl keines genannt wird. Der Grund: Es ist quasi aus Sicht eines Schafes geschrieben. Das Schaf lobt die Geborgenheit und die Wohlgefühle, die sein Hirte ihm bietet, es fürchtet kein Unglück, weil »Stecken und Stab« es trösten. Die Übertragung ist einfach: Der Gläubige schlüpft in die Rolle eines Schafes, Gott wird zum Hirten. Diesem Psalm haben heutige Christen es zu verdanken, dass sie manchmal despektierlich als »Schäfchen« bezeichnet werden, als Christenherde, die sich dümmlich oder ohne eigenen Willen einem Pastoren oder Gott unterordnet. Den unpersönlichen Herdencharakter versucht der Evangelist Johannes zu mildern. In einem Gleichnis erzählt er von einem Hirten, der jedes Schaf bei seinem Namen ruft. Demnach ist Jesus der gute Hirte. ( Psalm 23,  Johannes 10, 1-8)

Zitat: »Er weidet mich auf einer grünen Aue und führet mich zum frischen Wasser.«

Aufgaben des Hirten - Amos 3, 12

Die Arbeitsplatzbeschreibung eines Hirten ist lang und anspruchsvoll: Nicht nur, dass er die Herde zum Wasser und durch dunkle Täler führen muss. Kommt es hart und greifen Raubtiere an, hat er den Löwen - wenn schon nicht das ganze, so doch wenigstens Teile des gerissenen Tieres aus dem Maul zu reißen. Und sei es nur ein Ohrläppchen.Zitat:»Gleichwie ein Hirte dem Löwen zwei Beine oder ein Ohrläppchen aus dem Maul reißt…«Jesus als der gute HirteJohannes 10,11-16»Ich-bin-Worte« werden jene Selbstbezeichnungen Jesu genannt, die der Evangelist Johannes überliefert: »Ich bin die Tür…«, »… der Weinstock«, »…. die Auferstehung« - und eben auch: »Ich bin der gute Hirte.« Im Gegensatz zu einem Lohnarbeiter (»Mietling«), der bei Gefahr seine Herde den Wölfen überlässt, gibt der Hirte Jesus sogar sein Leben für die Schafe. Außerdem zeichnet ihn aus, dass er fremde Schafe in seine Herde führen will, also noch mehr Verantwortung übernehmen möchte. ( Amos 3, 12)

Zitat: »Ich bin der gute Hirte. Der gute Hirte lässt sein Leben für die Schafe.«

Schlechte und gute Hirten - Jesaja 56, 9-12; Jeremia 3, 15; Hesekiel 34, 23; Sacharja 11, 16

Wer heute wie einst der Prophet Jesaja mit so harschen Worten Priester und Herrscher kritisieren würde, bekäme kräftig Gegenwind: »zu plakativ«, »ungerecht«, »kann man doch so nicht sagen«… Die Hirten des Volkes seien ohne Verstand, schimpfte Jesaja, wie »gierige Hunde, die nie satt werden können« und sich »vollsaufen«, statt auf die Herde zu achten. Prophetenkollege Sacharja sagt sogar einen schlechten Hirten voraus, den Gott als Strafe schickt: einen, »der nach dem Verlorenen nicht sehen, das Verlaufene nicht suchen, der das Zerbrochene nicht heilen und das Gesunde nicht versorgen wird; aber das Fleisch der Fetten wird er fressen und ihre Klauen zerreißen«. Hoffnungsfroh blicken allerdings Jeremia und Hesekiel in die Zukunft. »Ich will euch Hirten geben nach meinem Herzen, die euch weiden sollen in Einsicht und Weisheit.« ( Jesaja 56, 9-12,  Jeremia 3, 15,  Hesekiel 34, 23,  Sacharja 11, 16)

Zitat:

»Ich will ihnen einen einzigen Hirten erwecken, der sie weiden soll, nämlich meinen Knecht David. Der wird sie weiden und soll ihr Hirte sein.«


Gleichnis vom verlorenen Schaf - Lukas 15, 1-7

»Der isst mit den Sündern!«, ereiferten sich Pharisäer und Schriftgelehrte über Jesus. Der antwortet souverän mit einem Gleichnis. Welcher Hirte denn ein verlorenes Schaf nicht suche und sich nicht freue, wenn er es finde?, fragt er sie. Die Deutung des Gleichnisses liefert er gleich mit: »So wird auch Freude im Himmel sein über einen Sünder, der Buße tut, mehr als über neunundneunzig Gerechte, die der Buße nicht bedürfen.« Ein bekanntes Motiv der kirchlichen Kunst geht auf dieses Gleichnis zurück: Jesus, der ein Schaf auf seinen Schultern trägt. ( Lukas 15, 1-7)

Zitat: »Freut euch mit mir; denn ich habe mein Schaf gefunden, das verloren war.«


Pastoren - Epheser 4, 11; 1 Petrus 2, 25; Johannes 21, 16f.

Im Berufsnamen »Pastor« ist die Verbindung zwischen der christlichen Kirchen und der Bibel unmittelbar greifbar: Als Hirten sollen berufene Menschen die christliche Gemeinde in ihren Urtagen wie heute in guter Weise hüten. Jesus habe die Menschen je nach ihren Fähigkeiten in verschiedene Ämter eingesetzt: als Propheten, Evangelisten, Lehrer oder Hirten, Und Simon Petrus habe er in besonderer Weise ins Hirtenamt eingesetzt, indem er ihm gesagt habe: »Weide meine Schafe!« ( Epheser 4, 11,  1. Petrus 2, 25,  Johannes 21, 16f.)

Zitat:

»Ihr wart wie die irrenden Schafe; aber ihr seid nun bekehrt zu dem Hirten und Bischof eurer Seelen.«


Uwe Birnstein


»Das Beste aus der Bibel« - eine Bibelkunde der besonderen Art.

Der Theologe Uwe Birnstein macht sich in der Sonntagsblatt-Serie »Das Beste aus der Bibel« Woche für Woche auf die Suche nach den bewegendsten und außergewöhnlichsten Geschichten der Bibel. »Das meistgedruckte Buch der Welt verstaubt in den Bücherregalen«, klagt er. Der Grund: Die Heilige Schrift ist kein Roman und eignet sich nicht zur raschen Lektüre. Die Perlen, die sie birgt, müssen erst entdeckt werden. »Das Buch der Bücher birgt Geschichten, die es mit jedem Liebesroman und jedem Thriller, mit jedem Krimi und jeder Generationen-Saga mühelos aufnehmen kann.« Das Beste der Bibel - eine Bibelkunde der besonderen Art.




Quelle
.

Keine Kommentare: